OGH 13Os121/98

OGH13Os121/9830.9.1998

Der Oberste Gerichtshof hat am 30. September 1998 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel, Dr. Rouschal, Dr. Habl und Dr. Ratz als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Urban als Schriftführer, in der Finanzstrafsache gegen Johann R***** wegen des Finanzvergehens der teils beim Versuch gebliebenen Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 1, 13 FinStrG, AZ 29 Vr 2039/97 des Landesgerichtes Linz, über die vom Generalprokurator erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen den Beschluß des Präsidenten des Landesgerichtes Linz vom 20. Mai 1998, Jv 1816-17c/98, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Kirchbacher, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten und eines Vertreters des Finanzamtes Wels als Finanzstrafbehörde erster Instanz, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

In der Finanzstrafsache AZ 29 Vr 2039/97 des Landesgerichtes Linz verletzt der Beschluß des Präsidenten dieses Gerichtshofes vom 20. Mai 1998, AZ Jv 1816-17c/98 (ON 7), das Gesetz in der Bestimmung des § 195 Abs 1 FinStrG.

Der Beschluß wird aufgehoben und dem Präsidenten des Landesgerichtes Linz die neuerliche Entscheidung aufgetragen.

Text

Gründe:

In der bezeichneten Finanzstrafsache verneinte der Präsident des Landesgerichtes Linz die vom Vorsitzenden des Schöffengerichtes unter Hinweis auf seine vorangegangenen Tätigkeiten (unter anderem die Erlassung eines Hausdurchsuchungsbefehls nach § 93 Abs 1 FinStrG) im verwaltungsbehördlichen Untersuchungsverfahren ([teils] wegen desselben Finanzvergehens) angezeigte Ausgeschlossenheit mit der Begründung, die §§ 67 bis 69 StPO enthielten eine abschließende Regelung über die Ausschließung von Gerichtspersonen.

Die dagegen vom Generalprokurator zur Wahrung des Gesetzes erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zeigt zutreffend eine Gesetzesverletzung auf.

Rechtliche Beurteilung

Nach § 195 Abs 1 FinStrG gelten, soweit im Dritten Unterabschnitt des FinStrG nicht etwas Besonderes vorgeschrieben ist, für das strafgerichtliche Verfahren wegen Finanzvergehen die allgemeinen Vorschriften über das strafgerichtliche Verfahren.

Ist aber gemäß § 68 Abs 2 erster Satz StPO, wer in derselben Sache als Untersuchungsrichter tätig gewesen ist, von der Mitwirkung und Entscheidung in der Hauptverhandlung ausgeschlossen und ordnet § 72 Abs 1 lit c FinStrG Entsprechendes im verwaltungsbehördlichen Finanzstrafverfahren für Mitglieder eines Spruchsenates in jenen Strafsachen an, in denen sie im Untersuchungsverfahren, "insbesondere auch nach den §§ 85 Abs 2, 86 Abs 1, 89 Abs 5 und 93 Abs 1", tätig waren, wird im Blick auf die gemäß § 66 Abs 2 zweiter Satz FinStrG Richtern des Dienststandes vorbehaltene Funktion des (zu diesen Tätigkeiten berufenen) Vorsitzenden des Spruchsenates, dann, wenn sich nachträglich die gerichtliche Zuständigkeit ergibt (§ 54 FinStrG), eine (demnach planwidrige) Lücke der Verweisungsbestimmung des § 195 Abs 1 FinStrG offenbar.

Diese ist dadurch zu schließen, daß die im § 72 Abs 1 lit c FinStrG genannten (Tätigkeiten eines Untersuchungsrichters im strafgerichtlichen Verfahren entsprechenden) Entscheidungen des Spruchsenatsvorsitzenden zu dessen Ausgeschlossenheit nach § 68 Abs 2 erster Satz StPO führen (vgl auch Dorazil/Harbich FinStrG § 195 E 5 sowie 15 Ns 7/97 , 15 Ns 14/97).

Infolge Aufhebung des solcherart das Gesetz verletzenden Beschlusses vom 20.Mai 1998 wird der Präsident des Landesgerichtes Linz erneut zu entscheiden haben.

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