OGH 4Ob244/98f

OGH4Ob244/98f29.9.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei T***** Company, L.P., New York, *****, vertreten durch Dr. Franz Wohlfahrt, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei PT. *****, Jakarta, *****, Indonesien, wegen Unterlassung und Beseitigung (Streitwert S 500.000.-), infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 10. August 1998, GZ 11 R 190/98k-6, womit der Beschluß des Landesgerichtes Linz vom 13. Juli 1998, GZ 30 Cg 122/98i-2, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

1. Das Verfahren wird bis zum Einlangen der Vorabentscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften im Sinne des § 90a Abs 1 GOG ausgesetzt.

2. Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften wird gemäß Art 177 EGV folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Ist Artikel 1 der Verordnung (EG) Nr. 3295/94 des Rates vom 22. 12. 1994 über Maßnahmen zum Verbot der Überführung nachgeahmter Waren und unerlaubt hergestellter Vervielfältigungsstücke oder Nachbildungen in den zollrechtlich freien Verkehr oder in ein Nichterhebungsverfahren sowie zum Verbot ihrer Ausfuhr und Wiederausfuhr (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. L 341 vom 30. 12. 1994) dahin auszulegen, daß diese Verordnung auch auf solche Sachverhalte anzuwenden ist, bei denen Waren der in der Verordnung näher bezeichneten Art, die auf der Durchfuhr (Transit) aus einem nicht der Europäischen Gemeinschaft angehörenden Staat in einen nicht der Europäischen Gemeinschaft angehörenden Staat auf Antrag eines eine Verletzung seiner Rechte behauptenden Rechtsinhabers, dessen Unternehmen seinen Sitz in einem Drittstaat hat, von Zollbehörden eines Mitgliedstaates unter Berufung auf die genannte Verordnung in einem Mitgliedsstaat vorläufig angehalten werden?

Text

Begründung

I. Sachverhalt

Die Klägerin besitzt Markenrechte an mehreren Wort- und Bild-Marken und hat unter Berufung auf diese Rechte bei den österreichischen Zollbehörden einen Bescheid gemäß Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 3295/94 des Rates vom 22. 12. 1994 (im folgenden: Antipiraterieverordnung) erwirkt, wonach ihr "die Aussetzung der Überlassung bzw. die Zurückbehaltung von Waren durch die Zollämter, wenn sie zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr, zur Ausfuhr oder Wiederausfuhr angemeldet werden", bewilligt wird, sofern es sich bei den Waren um Nachahmungen oder unerlaubt hergestellte Vervielfältigungsstücke oder Nachbildungen im Sinne des Artikels 1 Absatz 2 lit a der genannten Verordnung handelt.

II. Anträge der Klägerin

Die Klägerin begehrt die Verurteilung der Beklagten, es zu unterlassen, Waren, insbesondere Textilien, mit zugunsten der Klägerin geschützten Wort- oder Bildmarken zu Zwecken des Wettbewerbes in Verkehr zu bringen, und die Klägerin zu ermächtigen, auf Kosten der Beklagten die von der Zollbehörde zurückbehaltenen 633 Polo-T-Shirts, die mit geschützten Wort- oder Bildmarken der Klägerin versehen sind, zu vernichten. Sie sei Inhaberin verschiedener in Österreich registrierter Wort- und Bildmarken, die weltweit, jedenfalls aber im Gebiet der Europäischen Union, Verkehrsgeltung genießen. Die Beklagte habe dadurch unzulässigerweise in diese Markenrechte eingegriffen, daß sie 633 Polo T-Shirts, die Nachahmungen der Marken der Klägerin aufwiesen, nach Österreich in der Absicht eingeführt habe, sie ins Ausland weiterzuveräußern, wobei sowohl Absender als auch Empfänger der Waren Unternehmen seien, die ihren Sitz in Staaten außerhalb der Europäischen Union hätten. Die Ware sei aufgrund eines Bescheides des Zollamtes Arnoldstein, der sich auf die Antipiraterieverordnung stütze, vorläufig angehalten worden und befinde sich in einem zollamtlichen Speditionslager in Linz, Zweigstelle Hörsching, sohin im Sprengel des Erstgerichtes. Der Anspruch auf Unterlassung ergebe sich aus § 9 Abs 3 iVm §§ 15, 24 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb [im folgenden: UWG], hilfsweise auch aus § 1 UWG (Ausbeutung durch Nachahmung fremder Erzeugnisse), der Anspruch auf Beseitigung beruhe auf Artikel 8 der zitierten Verordnung.

III. Bisheriger Gang des Verfahrens

Das Erstgericht wies die Klage wegen örtlicher

Unzuständigkeit mit der Begründung zurück, aus dem Klagevorbringen und den mit der Klage vorgelegten Urkunden ergäbe sich, daß die Waren nicht in Hörsching, sondern in Arnoldstein eingeführt worden seien; der letztgenannte Ort sei demnach als jener anzusehen, an dem die Ware iS des § 83c Abs 3 Jurisdiktionsnorm (im folgenden: JN) eingelangt sei.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung, sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 260.000.- übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs mangels höchstgerichtlicher Rechtsprechung zu einem vergleichbaren Sachverhalt zulässig sei. Zu Unrecht gehe das Erstgericht - entgegen dem Klagevorbringen - davon aus, daß die Waren in Arnoldstein eingeführt worden seien; sie seien vielmehr von der Zollbehörde erstmals in Linz-Hörsching angehalten worden, wo sie sich noch befänden. Da die Beklagte im Inland weder ein Unternehmen noch einen allgemeinen Gerichtsstand oder ihren Aufenthaltsort habe, komme für die örtliche Zuständigkeit (als gemäß § 27a JN einzige positive Voraussetzung für die inländische Gerichtsbarkeit) nur § 83c Absatz 3 JN in Betracht, gehe es doch um einen Eingriff in Markenrechte mittels vom Ausland abgesendeter Gegenstände; auch lasse die zitierte gemeinschaftsrechtliche Verordnung die nationalen Vorschriften über die Zuständigkeit der Justizbehörden unberührt. Nach allgemeinem sprachlichen Verständnis liege es näher, bezüglich des in § 83c JN verwendeten Begriffes des Einlangens auf das Ende des Transportweges abzustellen; andernfalls hinge die örtliche Zuständigkeit vornehmlich vom gewählten Transportweg ab, und der Gerichtsstand würde in unabsehbarer Weise ausgeweitet. Als Empfänger der Waren sei eine Firma in Polen angegeben; die Waren seien daher lediglich auf dem Transport angehalten worden. Eine entsprechende Nahebeziehung im Sinne des § 83c Absatz 3 JN zum Sprengel des angerufenen Gerichtes liege damit nicht vor.

Gegen diese Entscheidung erhob die Klägerin Revisionsrekurs; sie stellte weiters den Eventualantrag, gemäß § 28 JN das Landesgericht Linz oder ein anderes Gericht als örtlich zuständig zu bestimmen.

Rechtliche Beurteilung

IV. Österreichische Rechtslage

Inländische Gerichtsbarkeit besteht nach § 27a JN in der Fassung Bundesgesetzblatt 1997 I/140 in bürgerlichen Rechtssachen ohne weitere Voraussetzung immer dann, wenn die örtliche Zuständigkeit eines Gerichts gegeben ist und Völkerrecht nichts anderes bestimmt. Die Klägerin macht Ansprüche aus gewerblichem Rechtsschutz geltend; es käme daher - weil die Beklagte ihren Sitz nicht im Inland hat - allenfalls der Gerichtsstand des § 83c Absatz 1 letzter Satz JN in Betracht, der jenes Gericht für zuständig erklärt, in dessen Sprengel die gesetzwidrige Handlung begangen worden ist. Wird diese Handlung - wie hier - durch vom Ausland abgesendete Gegenstände bewirkt, gilt nach § 83c Absatz 3 JN für die Zuständigkeit - soweit hier in Betracht kommend - jeder Ort des Inlandes als Begehungsort, wo der Gegenstand eingelangt ist. Es stellt sich demnach die Frage, ob das von Zollbehörden in Anwendung einer gemeinschaftsrechtlichen Verordnung verursachte Anhalten von Transitwaren im Inland auch dann, wenn Absender und Empfänger der Waren ihren Sitz in Drittländern haben, als Einlangen der Ware im Sinne des § 83c Absatz 3 JN zu beurteilen ist. Sind aber für eine bürgerliche Rechtssache die Voraussetzungen für die örtliche Zuständigkeit eines inländischen Gerichts nicht gegeben, so hat der Oberste Gerichtshof gemäß § 28 Absatz 1 Zahl 1 JN aus den sachlich zuständigen Gerichten eines zu bestimmen, welches für die fragliche Rechtssache als örtlich zuständig zu gelten hat, wenn Österreich auf Grund eines völkerrechtlichen Vertrages zur Ausübung der Gerichtsbarkeit verpflichtet ist.

V. Vorlagefrage

Die Klägerin vertritt den Standpunkt, die Antipiraterieverordnung verpflichte österreichische Gerichte, bei der Entscheidung in der Sache (fiktiv) so vorzugehen, als ob die Eingriffsgegenstände im Inland hergestellt und dort die Rechte des Rechtsinhabers verletzt worden wären. Demnach sei bei gemeinschaftskonformer Auslegung der Bestimmung des § 83c Absatz 1 letzter Satz JN als Ort der Handlung jener Ort anzusehen, an dem die beanstandete Ware im Inland von der Zollstelle in Vollzug der Bestimmungen der genannten Verordnung angehalten worden sei. Jedenfalls ergäbe sich aber die Zuständigkeit des angerufenen Gerichtes aus § 83c Absatz 3 JN, wobei es keinen Unterschied machen könne, ob die für den ausländischen Empfänger bestimmten Eingriffsgegenstände lediglich auf dem Transit angehalten worden seien oder tatsächlich mit Wissen der Beklagten im Inland hätten in Verkehr gebracht werden sollen. Eine andere Auslegung würde einen effizienten Vollzug der Verordnung in jenen Fällen unmöglich machen, in denen weder Absender noch Empfänger der Ware ihren Gerichtsstand im Inland hätten und die Ware während des Transits durch Österreich von der Zollstelle angehalten worden sei. Artikel 6 der Verordnung bestimme, daß die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten, in deren Hoheitsgebiet der geregelte Tatbestand vorliege, für die Befassung der zuständigen Stellen in der Sache zu gelten hätten. Inländische Gerichtsbarkeit bestehe deshalb unmittelbar aufgrund der Verordnung, die ihrerseits auf dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, somit auf einem völkerrechtlichen Vertrag, beruhe. Es lägen deshalb hilfsweise die Voraussetzungen für die Ordination eines örtlich zuständigen Gerichtes durch den Obersten Gerichtshof gemäß § 28 JN vor.

Dieser Argumentation könnte entgegengehalten werden, daß Ziel der genannten Verordnung die wirksame Bekämpfung des illegalen Inverkehrbringens solcher Waren ist; es soll verhindert werden, daß solche Waren auf den Markt gelangen (zweiter Erwägungsgrund); soweit derartige Waren aus Drittländern eingeführt werden, soll ihre Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr oder in ein Nichterhebungsverfahren in der Gemeinschaft verhindert werden (dritter Erwägungsgrund). Artikel 1 Buchstabe a der VO knüpft daher die Voraussetzungen für ein Tätigwerden der Zollbehörden hinsichtlich bedenklicher Waren an die Voraussetzung, daß die Waren zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr, zur Ausfuhr oder zur Wiederausfuhr oder zur Überführung in ein Nichterhebungsverfahren angemeldet werden. Die von Gemeinschaftsorganen geschaffenen Rechtsnormen ("sekundäres Gemeinschaftsrecht"), zu denen auch die Antipiraterieverordnung zählt, stehen nun aber in der Normenhierarchie des Gemeinschaftsrechts unterhalb der Vorschriften des EG-Vertrages (EGV). Die Ziel-, Aufgaben- und Tätigkeitsbestimmungen sowie die Grundsätze des Vertrages sind geltendes Recht, binden unmittelbar die Gemeinschaftsorgane und die Mitgliedstaaten und fungieren zugleich als oberster Maßstab für die Auslegung des Gemeinschaftsrechtes (EuGH Rs 14/68 - Walt Wilhelm, Slg 1969, 1, 14; Rs 27/76 - United Brands, Slg 1978, 207; Rs 85/76 - Hoffmann-La Roche, Slg 1979/461, 520 uva). Der EGV hat der Gemeinschaft die Aufgabe gestellt, einen Gemeinsamen Markt zu errichten (Art 2), also einen Wirtschaftsraum, in dem Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital im Rahmen einer einheitlichen Wettbewerbsordnung frei zirkulieren können. Die Tätigkeit der Gemeinschaft umfaßt daher unter anderem alle Maßnahmen zur Herstellung und Aufrechterhaltung eines Systems, das den Wettbewerb innerhalb des Binnenmarkts vor Verfälschungen schützt (Artikel 3 Buchstabe g EGV). Der räumliche Anwendungsbereich des Vertrages entspricht - mit hier nicht interessierenden Ausnahmen - dem Gebiet seiner Mitgliedstaaten (Artikel 227 EGV). Der Europäische Gerichtshof stellt daher bei Prüfung internationaler Sachverhalte in erster Linie darauf ab, ob die beanstandete Handlung - und sei es nur mittelbar oder nur teilweise - auch innerhalb der Gemeinschaft begangen wurde (Territorialitätsprinzip, vgl. Rs 48/69 - Imperial Chemical Industries, Slg 1972, 619; Rs 6,7/73 - Commercial Solvents, Slg 1974, 233). Besonders deutlich wird dieser Grundsatz im Bereich des Wettbewerbsrechts, wo der Geltungsbereich des Gemeinschaftsrechts von jenem der nationalen Rechte durch die sogenannte "Zwischenstaatlichkeitsklausel" im Sinne einer Kollisionsnorm abgegrenzt wird: Wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen, Beschlüsse und abgestimmte Verhaltensweisen werden nur dann vom Kartellverbot des Artikels 85 Absatz 1 EGV erfaßt, wenn sie geeignet sind, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen. Eine konkrete Maßnahme unterliegt nur dann dem Gemeinschaftsrecht, wenn sie aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände geeignet ist, die Freiheit des Handels zwischen den Mitgliedstaaten in einer Weise zu gefährden, die der Verwirklichung der Ziele eines einheitlichen zwischenstaatlichen Marktes nachteilig sein kann. Eine Beeinträchtigung liegt immer nur dann vor, wenn sich bei einem Vergleich des Wirtschaftsverkehrs infolge der wettbewerbsbeschränkenden Maßnahme mit dem (hypothetischen) Wirtschaftsverkehr ohne diese Maßnahme ergibt, daß der Wirtschaftsverkehr sich ohne diese Maßnahme anders entwickelt hätte oder anders hätte entwickeln können, der Wirtschaftsverkehr also von seinem normalen, von Wettbewerbsbeschränkungen freien Weg abgelenkt wurde oder abgelenkt worden sein könnte (Bleckmann, Das Recht der Europäischen Gemeinschaft5 Rz 1268ff mwN). Diese Praxis der Gemeinschaftsorgane bei Anwendung von Gemeinschaftsrecht auf Sachverhalte mit exterritorialem Bezug entspricht damit den in Lehre und Praxis unstreitigen allgemeinen Grundregeln des Völkerrechts über Hoheitsausübung mit exterritorialem Bezug, wonach staatliches Recht nur dort extraterritorial gelten kann, wo anerkannte Anknüpfungspunkte zu einer Person, einer Sache, einem Sachverhalt oder einem Rechtsverhältnis vorliegen, um für diese Adressaten oder Regelungsgegenstände eine hoheitliche Regelung zu erlassen. Die Anknüpfungsprinzipien im Wirtschafts-Ordnungsrecht werden dabei aufgrund ihrer spezifischen Regelungsziele unter anderen Gesichtspunkten (etwa denen der Eignung zur Steuerung) zu bewerten sein als jene im Strafrecht (Meng in Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EWG-Vertrag4 Vorbemerkungen zu Art. 85-89 Rz 43ff).

Aus diesen grundsätzlichen Überlegungen folgt, daß man mit guten Gründen den Standpunkt vertreten kann, die Antipiraterieverordnung knüpfe nur an solche Sachverhalte an, durch die Waren der dort näher definierten Art in den gemeinsamen Markt gelangen können, oder die sonst geeignet sind, eine Wirkung auf diesem Markt hervorzurufen. Das Vorliegen dieser Voraussetzung ist bei einem reinen Transitvorgang, bei dem Waren aus einem Drittland durch einen Mitgliedstaat in ein anderes Drittland befördert werden, jedenfalls dann fraglich, wenn - wie hier - weder Absender noch Empfänger noch der Markenrechtsinhaber, der eine Verletzung seiner Rechte behauptet, seinen Sitz in einem Mitgliedstaat haben. Der in Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe a der Antipiraterieverordnung genannte Tatbestand der Anmeldung zur Ausfuhr setzt ja nach dem Gesagten voraus, daß die Ware entweder im Binnenmarkt erstmals in Verkehr gesetzt oder zuvor in den Binnenmarkt nicht nur zu dem ausschließlichen Zweck eingeführt worden ist, von dort wieder in ein Drittland weiterbefördert zu werden; beides ist bei dem hier vorliegenden reinen Transitvorgang nicht der Fall. Bejaht man aber im Sinne dieser Argumentation das Fehlen von Auswirkungen des vorliegenden Sachverhaltes auf den Binnenmarkt, wäre sowohl die völkerrechtliche Regelungskompetenz der Gemeinschaftsorgane, als auch das Vorliegen eines der genannten Verordnung zu unterstellenden Sachverhaltes fraglich.

IV. Verfahrensrechtliches

Die Frage der Anwendbarkeit der Antipiraterieverordnung auf den vorliegenden Sachverhalt ist Vorfrage für die hier gebotene Beurteilung, ob für die Klage der Gerichtsstand des § 83c Absatz 3 JN vorliegt oder ob Österreich im angerufenen Fall auf Grund eines völkerrechtlichen Vertrages zur Ausübung der Gerichtsbarkeit verpflichtet ist. Von der Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens hätte nur dann Abstand genommen werden können, wenn die Anwendbarkeit des Gemeinschaftsrechts auf den vorliegenden Sachverhalt so hinreichend hätte beurteilt werden können, daß keinerlei Raum für einen vernünftigen Zweifel an der Entscheidung der gestellten Frage bleibt (Dauses, Das Vorabentscheidungsverfahren nach Artikel 177 EG-Vertrag**2 116 mwN; Gamerith, Das Vorabentscheidungsverfahren nach Art 177 EGV in Wettbewerbssachen, ÖBl 1995, 51 [57] mwN; ÖBl 1997, 83 - Football Association; ZfRV 1997, 245). Davon kann aber mangels Rechtsprechung des EuGH zu dieser Frage keine Rede sein.

Der Ausspruch über die Aussetzung des Verfahrens gründet sich auf § 90a Abs 1 GOG.

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