OGH 4Ob255/98y

OGH4Ob255/98y29.9.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk und den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Franz Krainer, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagten Parteien 1. G***** GmbH, 2. Mag. Arthur S*****, 3. Dr. Alfred G*****, alle vertreten durch Kammerlander, Piaty & Partner, Rechtsanwälte in Graz, wegen Unterlassung, Widerruf und Veröffentlichung des Widerrufs (Streitwert im Provisorialverfahren S 600.000,--), infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der Beklagten gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgericht vom 19. August 1998, GZ 6 R 168/98t-11, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs der Beklagten wird gemäß §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Der erkennende Senat hat in der Entscheidung ÖBl 1992, 265 - Product Placement ausgesprochen, daß Printmedien und elektronische Medien in Ansehung entgeltlicher Werbeeinschaltungen Mitbewerber sind. Das bedeutet nicht, daß ein Wettbewerbsverhältnis nur dann anzunehmen wäre, wenn der behauptete Wettbewerbsverstoß durch eine entgeltliche Werbeeinschaltung begangen wurde. Das zwischen den Parteien in Ansehung entgeltlicher Werbeeinschaltungen bestehende Wettbewerbsverhältnis führt vielmehr dazu, daß die Klägerin als Mitbewerberin der Erstbeklagten berechtigt ist, gegen deren wodurch immer begangene Wettbewerbsverstöße gerichtlich vorzugehen.

Die Klägerin ist als Betreiberin eines Privatradios ebenso an Werbeeinschaltungen interessiert wie die Erstbeklagte als Medieninhaberin einer Gratiszeitung. Beide bemühen sich um denselben Kundenkreis; sie sind daher Mitbewerber. Die Klagelegitimation der Klägerin nach § 14 UWG besteht unabhängig davon, ob das im konkreten Fall beanstandete Verhalten dazu geführt hat, daß die Klägerin Werbekunden verloren und die Erstbeklagte Werbekunden gewonnen hat.

Warum der beanstandete Artikel nicht dazu geeignet sein soll, Werbekunden zu veranlassen, nicht nur das Privatradio "Antenne Steiermark", sondern auch die Gratiszeitung der Erstbeklagten dem Privatradio der Klägerin vorzuziehen, ist nicht ersichtlich. Daß der beanstandete Bericht auch in dieser Richtung wirken soll, zeigt die Kolumne des Zweitbeklagten, die sich mit dem "während der ersten Apriltage in der Medienlandschaft" "wie eine Primel im Morgenfrost" eingehenden Stadtradio befaßt. Sie endet mit dem Satz "Wie gut, daß es da noch Zeitungen gibt!".

Bei abfälligen Äußerungen über einen Mitbewerber wird die Wettbewerbsabsicht vermutet (stRsp ua ecolex 1991, 261 = JBl 1991, 390 = MR 1991, 159 - Zahnprothetiker mwN). Die Bescheinigungslast für die Wettbewerbsabsicht traf daher nicht die Klägerin, sondern es wäre Sache der Beklagten gewesen, das Fehlen von Wettbewerbsabsicht zu bescheinigen. Das Erstgericht hat dazu nur festgestellt, daß die Erstbeklagte und der Zweitbeklagte nicht in der Absicht berichtet haben, das "Grazer Radio 107,5" zu schädigen oder die "Antenne Steiermark" zu fördern. Die Feststellung über die mangelnde Schädigungsabsicht beruht auf der Aussage der Auskunftsperson Mag. Arthur S*****. Dieser hat ausgesagt, keinerlei Absicht oder auch keinen Grund gehabt zu haben, die Klägerin irgendwie herabzusetzen bzw. zu schädigen. Die Aussage über die fehlende Herabsetzungsabsicht ist durch den Inhalt des Artikels widerlegt; aus dem Fehlen von Schädigungsabsicht folgt noch nicht die fehlende Wettbewerbsabsicht. Der Inhalt des Artikels läßt vielmehr auch insoweit auf das Gegenteil schließen. Die fehlende Absicht, fremden Wettbewerb zu fördern, bedeutet nicht, daß die Erstbeklagte und der Zweitbeklagte nicht auch eigenen Wettbewerb fördern wollten. Die Absicht, eigenen Wettbewerb zu fördern, reicht aus; es hilft den Beklagten daher nicht, daß das Erstgericht das Fehlen der Absicht, fremden Wettbewerb zu fördern, festgestellt hat.

Die Wettbewerbsabsicht muß nicht der einzige oder auch nur der wesentliche Beweggrund sein; es genügt, daß sie gegenüber anderen Beweggründen nicht völlig in den Hintergrund tritt (stRsp ua ecolex 1991, 261 = JBl 1991, 390 = MR 1991, 159 - Zahnprothetiker mwN). Im vorliegenden Fall kann keine Rede davon sein, daß die Wettbewerbsabsicht völlig in den Hintergrund träte. Die Erstbeklagte hat sich keineswegs darauf beschränkt, über den Privatradiomarkt korrekt zu berichten und auf die Diskrepanz zwischen der Einleitungswerbung der Klägerin und deren eigenen Marktergebnissen hinzuweisen, sondern sie hat den Start des Privatradios der Klägerin in polemischer Weise als Mißerfolg hingestellt. Zwar kann auch bei polemisch überspitzten, subjektiv einseitigen oder gar gewollt herabsetzend gehaltenen Beiträgen durchaus die Absicht einer öffentlichen Information und Meinungsbildung bestehen oder eine andere Motivation im Spiele sein, die ihrerseits keinen Wettbewerbsbezug aufweist (Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht20 EinlUWG Rz 239 mwN); im vorliegenden Fall kann aber die Informationsabsicht nicht völlig vom Wettbewerb losgelöst werden, weil es gerade die Information über die geringe Reichweite ist, die auch im Wettbewerbsinteresse der Beklagten liegt.

Die Beklagten haben sich nicht darauf beschränkt, über die Ergebnisse der Reichweitenumfrage sachlich zu berichten. Das gilt auch für die von Punkt c des Unterlassungsgebotes erfaßte Äußerung, von 700 Befragten hätten sich nur 7,1 % in die Frequenz 107,5 "verirrt". Diese Äußerung beschränkt sich ebensowenig auf eine wahre Tatsachenmitteilung wie die Aussage, daß "die Mannen beim Stadtradio bereits neue Eigenwerbungsspots in Auftrag gegeben hätten - so etwas wie eine erste Verzweiflungstat". Von einer "puren Zitierung des Ergebnisses einer Reichweitenumfrage" kann demnach keine Rede sein. Inwiefern die von den Beklagten vermißte Berücksichtigung der Rechtsprechung zur "bloßstellenden, herabsetzenden, wahren vergleichenden Werbung" zu einer anderen Beurteilung geführt hätte, ist nicht zu ersehen.

Stichworte