OGH 8ObA141/98p

OGH8ObA141/98p17.9.1998

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer und Dr. Rohrer sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr. Peter Zeitler und Ignaz Gattringer als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Thomas C*****, vertreten durch Dr. Georg Grießer und Dr. Roland Gerlach, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei D***** Versicherungs AG, *****, vertreten durch Dr. Georg Hahmann, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 8.211,-- brutto sA und Feststellung, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 23. Jänner 1998, GZ 9 Ra 396/97i-15, mit dem infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 29. Jänner 1997, GZ 21 Cga 380/96x-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 4.871,04 (darin S 811,84 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war seit 1. 9. 1984 bei dem beklagten Versicherungsunternehmen zunächst als Innendienstmitar- beiter, vom 1. 8. 1994 bis 31. 3. 1996 im Versicherungs- außendienst beschäftigt und wurde mit 1. 4. 1996 von der Direktion gemäß § 2 Abs 2 des Kollektivvertrages für Angestellte der Versicherungsunternehmen im Innendienst (KVI) wieder in den Innendienst rückversetzt, wo er noch heute tätig ist.

Aufgrund der bei dem beklagten Versicherungsunternehmen bestehenden Regelungen ist es Mitarbeitern des Innendienstes erlaubt, auf nebenberuflicher Basis Versicherungsverträge zu vermitteln, sofern dadurch keine wesentliche Beeinträchtigung ihrer Dienstleistung eintritt. Der Kläger schloß im Jahr 1985 mit der beklagten Partei für seinen nebenberufliche Vermittlungstätigkeit eine Provisionsvereinbarung auf unbestimmte Zeit ab, welche bisher nicht gekündigt wurde. Er betreute in dieser Zeit seiner Innendiensttätigkeit etwa 40 Kunden und erhielt für diese die üblichen Provisionen, nämlich die Abschluß- und in weiterer Folge die Betreuungsprovisionen ausbezahlt und erhält sie auch jetzt noch ausbezahlt.

Anläßlich des Wechsels in den Außendienst, durch den aber das bestehende Dienstverhältnis nicht berührt wurde, schlossen die Vertragsteile einen schriftlichen Dienstvertrag. Der Kläger sollte laut Punkt C1 dieser Vereinbarung Anspruch auf Provisionszahlungen für die durch ihn vermittelten Geschäfte laut der beiliegenden Provisionszusage nach Maßgabe der jeweils in Kraft befindlichen Richtlinien der beklagten Partei erhalten. Der Anspruch auf Betreuungsprovisionen sollte mangels anderer vertraglicher oder gesetzlicher Bestimmungen "mit dem Außerkrafttreten des Dienstverhältnisses erlöschen". Im Zeitraum seiner Außendiensttätigkeit betreute der Kläger ca 130 Kunden.

Nachdem sich der Kläger mit einer von der beklagten Partei angestrebten Änderung der Provisionsvereinbarung nicht einverstanden erklärt hatte, versetzte diese den Klägern einseitig in den Innendienst zurück, wozu sie gemäß § 2 Abs 2 KVI, der insofern auch für Außendienstmitarbeiter gilt, berechtigt ist, und weigerte sich ab diesem Zeitpunkt, dem Kläger die als Betreuungsprovision errechneten Ansprüche aus der Zeit der Außendiensttätigkeit auszubezahlen, obwohl er - mit der Ausnahme von zehn Kunden, die er aus Kollegialität einem Kollegen überließ, - die Kunden weiterhin im bisherigen Umfang betreute.

Infolge Nichtauszahlung der Provisionen, die aus Vertragsabschlüssen aus der Zeit seiner Außendiensttätigkeit resultieren, stellte der Kläger ein Leistungsbegehren von S 8.211,-- brutto sA und ein Feststellungsbegehren dahingehend, daß die beklagte Partei verpflichtet sei, die als Betreuungsprovision berechnete Provision gemäß dem Dienstvertrag vom 11. 7. 1994 für die von ihm vermittelten Geschäfte während deren Bestanddauer auch in Hinkunft zu bezahlen.

Die beklagte Partei stellte sich auf den Standpunkt, daß er infolge Rückversetzung in den Innendienst aufgrund seines Dienstvertrages sowie des Kollektivvertrages für Angestellte der Versicherungsunternehmen im Außendienst (KVA) keinen Anspruch auf eine derartige Provision mehr habe.

Das Erstgericht bejahte den Anspruch des Klägers.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und ließ die Revision an den Obersten Gerichtshof zu, weil die Auslegung eines Kollektivvertrages von Bedeutung sei.

Gegen das Berufungsurteil richtet sich die Revison der beklagten Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die Entscheidung im klagsabweisenden Sinn abzuändern, hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag.

Der Kläger beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt. Da die ausführliche rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes zutreffend ist, genügte es an sich, auf diese zu verweisen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Im Hinblick darauf, daß einschlägige oberstgerichtliche Judikatur zur entscheidungswesentlichen Frage fehlt, ob einem Versicherungsangestellten, der gemäß § 2 Abs 2 KVI vom Außendienst wieder in den Innendienst rückversetzt wird, Betreuungsprovision für die im Außendienst akquirierten Verträge gebührt, insbesondere wenn er die Kunden weiter betreut, wird hiezu sowie zu den diesbezüglichen Revisionsausführungen wie folgt Stellung genommen:

Durch die Versetzung in den Außendienst und die gemäß § 2 Abs 2 KVI zulässige einseitige Rückversetzung durch den Dienstgeber in den Innendienst blieb das Dienstverhältnis aufrecht; der Kläger erhielt anläßlich der Versetzung in den Außendienst lediglich einen der neuen Tätigkeit angepaßten Dienstvertrag, der insbesondere die Provisionsansprüche im Sinn des KVA regelte. Er unterlag während dieser Zeit dem KVA, wobei allerdings bestimmte Bestimmungen des KVI weiterhin auch für die ansonsten dem KVA unterliegenden Mitarbeiter, insbesondere auch der die Rückversetzung in den Innendienst ermöglichende § 2 Abs 2, Geltung hatten. Durch die Rückversetzung in den Innendienst trat das Dienstverhältnis des Klägers zur beklagten Partei nicht "außer Kraft", was laut Dienstvertrag zum Erlöschen des Anspruchs auf Betreuungsprovision führen sollte.

Wenn die beklagte Partei die Vermittlung von Versicherungsverträgen durch Innendienstmitarbeiter grundsätzlich als erwünscht ansieht und dem Kläger auch laufend aus der ersten Provisionsvereinbarung als Innendienstmitarbeiter Provisionen auszahlt, ist unverständlich, warum die Provisionsvereinbarung für die Außendienstätigkeit des Klägers infolge seiner Rückversetzung durch den Dienstgeber nicht ebenfalls weiter zum Tragen kommen sollte, wenn dieser die Kunden wie bisher weiter betreut.

Aus dem KVI und dem KVA ergibt sich nichts Gegenteiliges; letzterer sieht nur eine Sonderregelung für Provisionszahlungen nach Auflösung des Dienstverhältnisses vor. Eine solche liegt aber nicht vor. Der Kläger wird nur vom gleichen Dienstgeber zu einer anderweitigen Tätigkeit herangezogen, die zwar einen Wechsel in der Kollektivvertragszugehörigkeit zur Folge hat, aber hinsichtlich vereinbarter und verdienter Provisionen aus der Zeit der früheren Tätigkeit als Außendienstmitarbeiter keine Schmälerung oder gar den Entfall anordnet. Dem Kläger sind daher die ihm laut KVA zustehenden Betreuungsprovisionen weiter zu bezahlen.

Die von der beklagten Partei weitwendig ins Treffen geführte Abwägung des verringerten Entgelts mit den Vorteilen der Bestandschutzregelung und der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall ist unzulässig. Im Rahmen des Günstigkeitsvergleichs kann nur Gleichartiges gegenübergestellt werden (Arb 10.729 uva).

Da der Kläger die von ihm während seiner Außendiensttätigkeit akquirierten Kunden, mit Ausnahme von wenigen, die er aus Kollegialität abgetreten hat, weiterhin unverändert betreut - die Behauptung der beklagten Partei, diese Kunden hätten anderen Außendienstmitarbeitern zur Betreuung zugewiesen werden müssen, hat sich als unzutreffend herausgestellt -, steht dem Kläger für diese ebenso wie für die bereits in seiner ersten Zeit als Innendienstmitarbeiter akquirierten Kunden die Betreuungsprovision grundsätzlich unverändert zu. Es wäre Sache der beklagten Partei gewesen, in concreto zu behaupten und unter Beweis zu stellen, für welche Kunden der Kläger nunmehr keine Betreuungsleistungen mehr erbringe, und in welchem Ausmaß sich dies auf den geltend gemachten Provisionsanspruch auswirke; dies hat sie aber im erstinstanzlichen Verfahren zur Gänze unterlassen und nicht einmal andeutungsweise derartiges vorgebracht, weil sie sich auf den unrichtigen rechtlichen Standpunkt gestellt hat, daß dem Kläger infolge des Kollektivvertragswechsels überhaupt keine Betreuungsprovision mehr für die in der Zeit seiner Außendiensttätigkeit akquirierten Kunden zustehe, sodaß nunmehr im Revisionsverfahren auf einen solchen Einwand nicht mehr darauf Bedacht zu nehmen ist.

Feststellungen darüber, inwieweit die als Betreuungsprovisionen bezeichneten Folgeprämien echte Betreuungsprämien seien und inwieweit sie als echte Folgeprämien zum Abschluß gehörten, erübrigen sich schon deshalb, weil der Kläger stets alle provisionsbegründeten Tätigkeiten ausübte und überhaupt nicht ersichtlich ist, wieso eventuell nach den Richtlinien der beklagten Partei (siehe Provisions/Produktions-Regulativ 1972) noch auf den Abschluß entfallende Provisionsteile (echte Folgeprovisionen) infolge der Versetzung in den Innendienst entfallen sollten, besteht doch das Dienstverhältnis fort, sodaß ein Rückgriff auf § 6 KVA ausscheidet.

Der Revision der beklagten Partei muß daher ein Erfolg versagt bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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