OGH 5Nd507/98

OGH5Nd507/9815.9.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann und Dr. Baumann als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. Carolina G*****, geboren am 24. März 1993, GZ 1 P 32/96s des Bezirksgerichts Schladming, wegen § 111 Abs 2 JN, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Übertragung der Zuständigkeit vom Bezirksgericht Schladming an das Bezirksgericht Oberndorf wird genehmigt.

Text

Begründung

Am 28. 4. 1998 gab der Kindesvater bekannt, daß sich die Minderjährige seit 14. 4. 1998 bei ihm in Bürmoos und nicht mehr bei seiner Mutter (der Großmutter der Minderjährigen) in Schladming befindet. Daraufhin trat das Bezirksgericht Schladming mit Beschluß vom 10. 6. 1998 die Akten gemäß § 111 Abs 1 JN an das Bezirksgericht Oberndorf ab. Dieses lehnte die Übernahme des Aktes insbesondere deshalb ab, weil über den Unterhaltsherabsetzungsantrag der Kindesmutter ON 24 noch nicht entschieden worden sei. Das Bezirksgericht Schladming legte die Akten dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung über die Wirksamkeit der Abtretung gemäß § 111 Abs 2 JN vor.

Rechtliche Beurteilung

Eine Zuständigkeitsübertragung ist grundsätzlich zu genehmigen, wenn der Lebensmittelpunkt des Kindes in den Sprengel eines anderen als des bisher zuständigen Bezirksgerichts verlagert wird (EFSlg 75.979, 79.100, 82.110). Ein offener Antrag hindert grundsätzlich die Zuständigkeitsübertragung nicht (EFSlg 75.992, 79.124, 82.122). Es kann aber eine Sachbearbeitung durch das bisher zuständige Gericht etwa wegen besonderer Sachkenntnisse, eines stärkeren Sachbezuges oder schon durchgeführter, insbesondere unmittelbarer Beweisaufnahmen unter dem Gesichtspunkt des Kindeswohles vorteilhafter sein (vgl EFSlg 75.997, 79.113 ff, 82.129).

Im vorliegenden Fall hat das Bezirksgericht Schladming zum Unterhaltsherabsetzungsantrag der Kindesmutter schriftliche Erhebungen durchgeführt, der Kindesvater wurde im Rechtshilfeweg durch das Bezirksgericht Oberndorf vernommen, die Kindesmutter leistete Ladungen nicht Folge. Durch die Zuständigkeitsübertragung gehen somit aus unmittelbaren Beweisaufnahmen gewonnene persönliche Eindrücke nicht verloren. Der Fall weist auch keine Schwierigkeiten auf, die eine Verzögerung durch die erforderliche Einarbeitung des neuen Gerichts befürchten ließen. Der offene Antrag spricht daher nicht dagegen, das entscheidende Gewicht auf den Lebensmittelpunkt der Minderjährigen zu legen.

Die Zuständigkeitsübertragung war demnach gemäß § 111 Abs 2 JN zu genehmigen.

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