OGH 10ObS306/98t

OGH10ObS306/98t15.9.1998

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Martin Gleitsmann (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Anton Degen (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in den zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Sozialrechtssachen der klagenden Partei Sally G*****, Großbritannien, vertreten durch Dr. Andreas A. Lintl, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, im Revisionsverfahren nicht vertreten, wegen Alterspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 29. Juni 1998, GZ 10 Rs 152/98s-15, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 15. Jänner 1998, GZ 7 Cgs 91/97s-11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß sie - einschließlich des unbekämpften und damit in Rechtskraft erwachsenen Teiles - insgesamt zu lauten haben wie folgt:

Der Anspruch der Klägerin auf Alterspension ab dem 1. 1. 1990 besteht dem Grunde nach zu Recht.

Der beklagten Partei wird aufgetragen, der Klägerin vom 1. 1. 1990 bis zur Erlassung des die Höhe der Leistung festsetzenden Bescheides eine vorläufige Zahlung, und zwar vom 1. 1. 1990 bis 31. 8. 1996 in Höhe von S 3.000,-- sowie seit 1. 9. 1996 in Höhe von S 4.065,50 monatlich zu erbringen, und zwar die bis zur Zustellung dieses Urteils fälligen vorläufigen Zahlungen binnen 14 Tagen, die weiteren jeweils am Monatsersten im vorhinein.

Das Mehrbegehren auf Leistung einer Alterspension im gesetzlichen Ausmaß vom 1. 2. 1986 bis 31. 12. 1989 wird abgewiesen.

Die beklagte Partei ist weiters schuldig, der klagenden Partei zu Handen ihres Vertreters binnen 14 Tagen die mit S 4.058,88 (hierin enthalten S 678,48 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes, daß aufgrund der Übergangsbestimmung des Art VI Abs 12 der 48. ASVG-Novelle BGBl 1989/642 der Pensionsanspruch der Klägerin erst ab 1. 1. 1990 zusteht, ist zutreffend (§ 510 Abs 3 zweiter Satz ZPO), weil die Klägerin erst aufgrund des § 502 Abs 6 idF dieser Novelle (zu den Erwägungen des Gesetzgebers s ausführlich Justizausschußbericht 1142 BlgNR 17. GP, 3 ff) die Voraussetzungen für die begünstigte Anrechnung erfüllte und gemäß der zitierten Übergangsbestimmung die Leistung in einem solchen Fall erst ab dem 1. 1. 1990 gebührt. Der Frage der Antragstellung kommt damit für einen allfälligen früheren Pensionsbeginn keinerlei Bedeutung zu. Auch aus dem Abkommen zwischen der Republik Österreich und Großbritannien über Soziale Sicherheit BGBl 1981/117 idgF ist für dieses Ergebnis nichts abzuleiten, weil es sich hier um einen Sonderfall der Begünstigung handelt, in welchem kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung der Anspruch eben erst ab einem bestimmten Zeitpunkt (1. 1. 1990) zusteht.

Dieses Ergebnis läßt sich auch aus dem übrigen Text- und Sinnzusammenhang der Regelung in der zitierten Übergangsbestimmung ableiten: Während nämlich im ersten Satz der Leistungsbeginn ausdrücklich mit (frühestens) 1. 1. 1990 bestimmt wird, stellt der zweite Satz auf den Eintritt des Versicherungsfalles ab und normiert, daß nur die Anspruchsvoraussetzungen (abweichend von § 223 Abs 2 ASVG) nach diesem Zeitpunkt zu prüfen sind. Dem Eintritt des Versicherungsfalles wird daher nur im Zusammenhang mit der Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen Bedeutung zuerkannt; der Leistungsbeginn wird hingegen ausdrücklich mit dem im Gesetz genannten Zeitpunkt statuiert. Ebenso ergibt sich aus Abs 13 der zitierten Übergangsbestimmung, der die Auswirkungen der Neuregelung des § 502 Abs 6 auf bereits bestehende Leistungsansprüche behandelt, daß solche (Erhöhungen von bestehenden Leistungen) aufgrund der Neuregelung ebenfalls erst ab dem 1. 1. 1990 zustehen; eine Rückwirkung auf den Zeitpunkt des Eintrittes des Versicherungsfalles ist auch hierin nicht vorgesehen.

Abschließend ist der Revisionswerberin noch zu entgegnen, daß die in SSV-NF 7/103 ausgesprochenen Grundsätze auf den vorliegenden Fall deshalb nicht übertragen werden können, weil dieser Entscheidung ein Fall zugrundelag, in welchem die Begünstigung nicht aufgrund des § 502 Abs 6 ASVG idF der 48. ASVG-Novelle erfolgte und daher Art VI Abs 12 dieser Novelle, der einen Leistungsbeginn erst ab dem 1. 1. 1990 vorsieht, auch nicht zur Anwendung kam. Aufgrund dieser klaren und eindeutigen Gesetzeslage bleibt schließlich für eine von der Revisionswerberin gewünschte abweichende "verfassungskonforme Interpretation" kein Raum.

Trotzdem kommt der Revision - im Ergebnis - teilweise Berechtigung zu. Das Berufungsgericht hat nämlich übersehen, daß durch die vorliegende Klage der Bescheid der beklagten Partei vom 26. 3. 1997, womit der Anspruch der Klägerin auf Gewährung einer Alterspension ab dem 1. 9. 1996 anerkannt wurde, außer Kraft getreten ist (§ 71 Abs 1 ASGG; SSV-NF 2/42, 131), und durch die Entscheidung des Berufungsgerichtes bloß ein Pensionsanspruch der Klägerin für die Zeit vom 1. 1. 1990 bis einschließlich 31. 8. 1996 - wie er vom Erstgericht zuerkannt worden war - bestätigt wurde. Ein Leistungsanspruch darüber hinaus wurde jedoch nicht ausgesprochen. Dieser Leistungszuspruch ist daher im Sinne des außer Kraft getretenen Bescheides wiederherzustellen, wobei die beklagte Partei im Verfahren den Anspruch der klagenden Partei über ihren bekämpften Bescheid hinaus ab dem 1. 1. 1990 ausdrücklich anerkannt hat (ON 8). Gemäß § 90 Z 3 ASGG war daher einerseits von Amts wegen das Klagebegehren als dem Grunde nach ab diesem Datum (im Sinne der insoweit auch nach dem Vorgesagten als zutreffend bestätigten Rechtsansicht der Vorinstanzen) zu Recht bestehend zu erkennen (§ 89 Abs 2 ASGG) (SSV-NF 2/42, 131) und andererseits nach eben dieser Gesetzesstelle in Anwendung des § 273 Abs 1 ZPO eine vorläufige Zahlung bis zur Erlassung des die Höhe der begehrten Leistung festsetzenden Bescheides aufzuerlegen. Die Höhe dieser Zahlung ab dem 1. 9. 1996 entspricht dabei im Bescheid vom 26. 3. 1997 von der beklagten Partei ausgeworfenen Höhe.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit a ASGG.

Die Klägerin hat wohl letztlich gegenüber dem bescheidmäßigen bzw erstinstanzlichen Zuspruch keinen Erfolg erzielt, doch war die Erhebung der Revision notwendig, weil ohne die mit Urteil des Obersten Gerichtshofes vorgenommene Abänderung für den Anspruch auf die laufende Pensionsleistung ab 1. 9. 1996 kein Titel vorläge.

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