Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Text
Gründe:
Im Verfahren über selbständige Anträge der Ernestine K***** gegen die K*************** auf Entschädigung ordnete das Landesgericht für Strafsachen Wien am 30. Juli 1996 die Veröffentlichung einer kurzen Mitteilung über das eingeleitete Verfahren an (§ 8a Abs 5 MedienG), welche am 4. September 1996 erfolgte.
Mit Beschluß des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 17. Dezember 1996, GZ 9 b E Vr 7.928/96-21, wurden zwei auf die Nummern vom 4. bis 10. September 1996 bezogene Anträge, der Antragsgegnerin die Zahlung von Geldbußen wegen nicht gehöriger Entsprechung der Veröffentlichungsanordnung aufzuerlegen, abgewiesen.
Einer dagegen erhobenen Beschwerde der Antragstellerin gab das Oberlandesgericht Wien mit dem - erst am 29. August 1997 der Antragsgegnerin zugestellten - Beschluß vom 30. Juli 1997, AZ 18 Bs 102/97, Folge.
Für die vom 11. September 1996 bis 4. August 1997 erschienenen Nummern wurden vier weitere Anträge (§ 20 Abs 1 MedienG) gestellt, welchen das Landesgericht für Strafsachen Wien mit Beschluß vom 27. Oktober 1997, GZ 9 b E Vr 7.928/96-57, bis einschließlich jener vom 16. Jänner 1997 stattgab, wogegen es im übrigen abweislich entschied, weil infolge eines Größenschlusses aus § 20 Abs 4 zweiter Satz MedienG die Auferlegung von Geldbußen für den Zeitraum des (vorerwähnten) Beschwerdeverfahrens nicht in Betracht komme. Dieser Rechtsansicht schloß sich das Oberlandesgericht Wien in seinem Beschluß vom 30. Jänner 1998, AZ 18 Bs 373/97, nicht an.
Nach Ansicht des Generalprokurators stehen die Beschlüsse des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 27. Oktober 1997, GZ 9 b E Vr 7.928/96-57, und des Oberlandesgerichtes Wien vom 30. Jänner 1998, AZ 18 Bs 373/97, "insoweit mit dem Gesetz nicht im Einklang, als mit ihnen der Antragsgegnerin die Zahlung von Geldbußen für Zeiträume auferlegt wurde, hinsichtlich derer ein rechtswirksamer - wenn auch nicht rechtskräftiger - Ausspruch des Erstgerichtes dahin vorlag, daß dem Veröffentlichungsauftrag gehörig entsprochen worden sei:
Gemäß § 8a Abs 5 erster Satz MedienG hat das Gericht im Verfahren über einen selbständigen Antrag auf Entschädigung nach den §§ 6, 7, 7a oder 7b MedienG auf Antrag des Betroffenen die Veröffentlichung einer kurzen Mitteilung über das eingeleitete Verfahren anzuordnen, wenn anzunehmen ist, daß die Anspruchsvoraussetzungen vorliegen; im übrigen ist § 37 MedienG sinngemäß anzuwenden. Infolge der Verweisung auf § 34 MedienG im § 37 Abs 3 MedienG sind die Bestimmungen der §§ 13 und 20 MedienG auch im Verfahren über die Veröffentlichung nach § 8a Abs 5 MedienG sinngemäß anwendbar (§ 34 Abs 4 MedienG; vgl Hager-Walenta, Persönlichkeitsschutz im Straf- und Medienrecht3, 60, MR 1988/1, 9).
Während § 13 MedienG Zeitpunkt und Form der Veröffentlichung bestimmt, regelt § 20 MedienG die Durchsetzung der Veröffentlichung. Nach § 20 Abs 1 MedienG hat das Gericht auf Verlangen des Antragstellers nach Anhörung des Antragsgegners durch Beschluß dem Antragsgegner die Zahlung einer Geldbuße an den Antragsteller aufzuerlegen, wenn auf Veröffentlichung einer Gegendarstellung oder einer nachträglichen Mitteilung erkannt und dem gerichtlichen Veröffentlichungsauftrag nicht rechtzeitig oder nicht gehörig entsprochen wurde (erster Satz). Eine Geldbuße bis zu S 10.000,-- gebührt für jede erschienene Nummer (oder für jeden Sendetag) ab dem im § 13 Abs 1 MedienG (§ 17 Abs 3 MedienG) bezeichneten Zeitpunkt, in dem eine gehörige Veröffentlichung der Gegendarstellung oder nachträglichen Mitteilung hätte erfolgen sollen (zweiter Satz). Für die Bestimmung der Höhe der Geldbuße gilt § 18 Abs 3 erster Satz MedienG (dritter Satz).
Gemäß § 20 Abs 4 MedienG steht gegen Beschlüsse des Gerichtes über die Auferlegung oder Nachsicht von Geldbußen die Beschwerde an den übergeordneten Gerichtshof zu (erster Satz). Wurde eine Geldbuße auferlegt, weil die Veröffentlichung nicht gehörig erfolgt sei, und wurde gegen den Beschluß über die Geldbuße Beschwerde erhoben, so sind für die Dauer des Beschwerdeverfahrens keine weiteren Geldbußen aufzuerlegen, wenn die Veröffentlichung, deren Gehörigkeit strittig ist, in einer Weise erfolgte, die einer gehörigen Veröffentlichung nahekommt (zweiter Satz).
Der Anspruch nach § 20 MedienG ist wesensmäßig zivilrechtlicher Natur. Die Geldbuße ist primär Beugemittel, darüber hinaus aber auch Abgeltung für die vom Antragsteller erlittene Unbill durch Nichtbeachtung eines Veröffentlichungsauftrags des Gerichtes (JAB 851 BlgNR 18. GP, 8, MR 1987/6, 201, Hager-Walenta aaO 92, Foregger-Litzka MedienG3 § 20 Erl I, Weis, Handbuch der Gegendarstellung, 145 f; vgl Hartmann-Rieder, MedienG, § 20 Anm I). Das Überwiegen des Charakters der Geldbuße als Zwangsmittel zeigt auch die Regelung des zweiten Satzes des Abs 4, die unter den erwähnten Bedingungen die Auferlegung der Geldbuße für die Dauer des Beschwerdeverfahrens ausschließt.
Die Formulierung des § 20 Abs 4 erster Satz MedienG, daß die Beschwerde gegen Beschlüsse des Gerichtes über die Auferlegung oder Nachsicht von Geldbußen zusteht, spricht dafür, daß der Rechtszug nicht nur gegen die Auferlegung oder Nachsicht, sondern auch gegen die Ablehnung einer dieser Maßnahmen offen steht. Dies entspricht auch der erklärten Absicht der Regierungsvorlage zur Mediengesetz-Novelle 1992 (503 BlgNR 18. GP, 17), während der Bericht des Justizausschusses keine Aussage zur Rechtsmittelbefugnis trifft (851 BlgNR 18. GP, 8). Sowohl Lehre (Hager-Walenta aaO 93, Foregger-Litzka aaO § 20 Anm V) als auch die Rechtsprechung (vgl 13 Os 53/95) teilen diese Ansicht.
Die Anwendung eines Beugemittels wegen nicht rechtzeitiger oder nicht gehöriger Entsprechung eines Gerichtsauftrages setzt wesensmäßig voraus, daß eine gerichtliche Handlungsanordnung vorliegt. Erklärt jedoch ein Gericht, daß seinem Auftrag voll entsprochen wurde, so trifft die Partei keine Handlungspflicht mehr. Dies muß auch für den Fall gelten, daß die gerichtliche Entscheidung über die Frage der Erfüllung des Gerichtsauftrages (noch) nicht in Rechtskraft erwachsen ist, denn auch eine solche Entscheidung entfaltet gegenüber der betroffenen Partei - zumindest in diesem Umfang - Rechtswirksamkeit. Der Normunterworfene muß auch darauf vertrauen können, daß er so lange nicht wegen Ungehorsams gegenüber dem Gericht zur Verantwortung gezogen wird, als das Gericht kein bestimmtes Verhalten von ihm verlangt. Erst wenn der Partei eine andere gerichtliche Entscheidung bekanntgemacht wird, die an die Stelle der die (weitere) Handlungspflicht verneinenden Entscheidung tritt, ist (wieder) eine Handlungspflicht gegeben, die allenfalls mit einem Beugemittel durchgesetzt werden könnte.
Für die Durchsetzung einer Veröffentlichung gemäß § 20 Abs 1 MedienG bedeutet dies, daß über den Antragsgegner für die Zeit, in der das Gericht rechtswirksam - wenn auch nicht rechtskräftig - das Vorliegen einer Veröffentlichungspflicht verneint hat, bis zur Bekanntmachung der gegenteiligen Entscheidung keine Geldbuße verhängt werden darf. Dies gilt insbesondere dann, wenn erst das Beschwerdegericht dahin erkennt, daß dem Veröffentlichungsauftrag nicht gehörig entsprochen wurde, weil in einem solchen Fall der Antragsgegner bis zu dieser Entscheidung von der Gehörigkeit seiner Veröffentlichung ausgehen kann. Die gegenteilige Ansicht hätte zur Folge, daß der Antragsgegner, dessen Veröffentlichung vom Erstgericht als gehörig angesehen wurde, im Falle der Bekämpfung dieses Beschlusses durch den Antragsteller die Veröffentlichung im Sinne der Beschwerde neuerlich vornehmen müßte, um das Risiko der nachträglichen Verhängung von Geldbußen für die Zeit des Beschwerdeverfahrens hintanzuhalten.
Der Gesetzgeber war sich der Problematik der Verhängung einer Geldbuße für die Zeit des Beschwerdeverfahrens voll bewußt, als er mit der Mediengesetz-Novelle 1992 die Regelung des § 20 Abs 4 zweiter Satz MedienG einführte (JAB 851 BlgNR 18. GP, 8). Der Umstand, daß er sich hiebei auf den Fall beschränkte, daß der Antragsgegner Beschwerde gegen einen ihm eine Geldbuße auferlegenden Beschluß des Erstgerichtes erhebt, zeigt deutlich, daß er hinsichtlich des Falles der Beschwerdeführung des Antragstellers gegen einen abweislichen Beschluß des Erstgerichtes - in dem dem Antragsgegner eine ungleich stärkere Rechtsstellung zukommt - davon ausgegangen ist, daß die Verhängung von Geldbußen während der Zeit der Rechtswirksamkeit der Entscheidung erster Instanz unter keinen Umständen in Betracht kommt. Damit erübrigt sich aber auch die Anwendung der Regelung des § 20 Abs 4 zweiter Satz MedienG kraft Größenschlusses in einem solchen Fall, sodaß auch deren Einschränkungen nicht zum Tragen kommen.
Vorliegend hätte daher das Landesgericht für Strafsachen Wien in seinem Beschluß vom 27. Oktober 1997 (ON 57) der Antragsgegnerin für die Zeit ab dem 17. Dezember 1996 keine Geldbuße wegen nicht gehöriger Veröffentlichung der ihr mit Beschluß vom 30. Juli 1996 aufgetragenen Veröffentlichung mehr verhängen dürfen, sondern den Antrag auf Verhängung einer Geldbuße für den Zeitraum vom 17. Dezember 1996 bis einschließlich 16. Jänner 1997 (gleichfalls) abweisen müssen.
Das Oberlandesgericht Wien als Beschwerdegericht hätte hingegen der Beschwerde der Antragsgegnerin in bezug auf den oben bezeichneten Zeitraum Folge geben und die Beschwerde der Antragstellerin zur Gänze verwerfen müssen."
Rechtliche Beurteilung
Der Oberste Gerichtshof hat erwogen:
Wurde der gerichtlichen Veröffentlichungsanordnung (§ 8a Abs 5 MedienG) nicht gehörig entsprochen, gebührt dem Antragsteller für jede erschienene Nummer oder für jeden Sendetag ab dem Zeitpunkt, in dem eine gehörige Veröffentlichung hätte erfolgen sollen, eine Geldbuße (§ 20 Abs 1 zweiter Satz MedienG).
Für die Dauer eines (auf die erstmalige Beschlußfassung über ein derartiges Verlangen bezogenen) Beschwerdeverfahrens sind jedoch, wenn eine Geldbuße - sei es auch erst durch das Oberlandesgericht (vgl § 20 Abs 4 erster Satz MedienG) - auferlegt wurde, weil die Veröffentlichung nicht gehörig erfolgt sei, nur dann weitere Geldbußen aufzuerlegen, wenn die Veröffentlichung, deren Gehörigkeit strittig ist, nicht wenigstens in einer Weise erfolgte, die einer gehörigen Veröffentlichung nahekommt (§ 20 Abs 4 zweiter Satz MedienG).
Das Durchsetzungsverfahren des § 20 MedienG ist hinsichtlich gleichartiger (§ 20 Abs 2 dritter Satz MedienG) Anträge solcherart durch zwei unterschiedliche Beurteilungskriterien für die Auferlegung einer Geldbuße nach Maßgabe der Tatsache gekennzeichnet, ob sich der Antrag auf erschienene Nummern oder Sendetage während der Dauer des Beschwerdeverfahrens bezieht oder nicht. Der materielle Maßstab "gehörige Veröffentlichung" gilt nur für diesen. Für jenen aber reicht es zur (kostenpflichtigen) Abweisung hin, daß die Veröffentlichung "einer gehörigen Veröffentlichung nahekommt" (§ 20 Abs 4 zweiter Satz MedienG).
Hatte der Erstrichter - wie hier - (bei erstmaliger Beschlußfassung) in der Annahme einer (sogar vollends) gehörigen Veröffentlichung auf Antragsabweisung entschieden, ist dem Antragsgegner - über die im Durchsetzungsverfahren geltende Privilegierung des § 20 Abs 4 zweiter Satz MedienG hinaus - aus Billigkeitsgründen grundsätzlich zuzugestehen, im Vertrauen darauf bis zur Zustellung der Beschwerdeentscheidung, welche die endgültige Klärung der strittigen Frage enthält, zuzuwarten.
Teilt das Oberlandesgericht die Ansicht des Erstrichters nicht, liegt für das auf diese Zeit bezogene Verlangen ein berücksichtigungswürdiger Fall vor, für den, soweit nicht ohnehin nach § 20 Abs 4 zweiter Satz MedienG vorzugehen ist (vgl § 20 Abs 3 zweiter Satz MedienG), unter der Voraussetzung einer (uU erst jetzt anhand der Kriterien der Beschwerdeentscheidung nachgeholten) gehörigen Veröffentlichung das Nachsichtsverfahren Erfolg verspricht, weil das Wort "kann" in § 20 Abs 3 MedienG ein bedingtes Müssen zum Ausdruck bringt.
Auch der Generalprokurator räumt ein, der historische Gesetzgeber sei "sich der Problematik der Verhängung einer Geldbuße für die Zeit des Beschwerdeverfahrens voll bewußt" gewesen. In diesem Bewußtsein hat er, wie dargelegt, eine ausdrückliche Anordnung getroffen, die eine ungewollte Lücke bei erstmaliger Auferlegung von Geldbußen durch das Beschwerdegericht nicht erkennen läßt, womit die angestrebte - nicht weiter erörterungsbedürftige - Rechtsfortbildung einer methodischen Grundlage entbehrt.
Bleibt, der Äußerung der Antragsgegnerin (§ 292 zweiter Satz StPO) gegenüber anzumerken, daß das Gesetz für das Verfahren aufgrund einer zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde, welche kein Rechtsmittel darstellt, eine Kostenersatzpflicht nicht vorsieht (§ 390a StPO).
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)