OGH 11Os93/98 (11Os99/98)

OGH11Os93/98 (11Os99/98)15.9.1998

Der Oberste Gerichtshof hat am 15. September 1998 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kuch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Schmucker, Dr. Habl und Dr. Zehetner als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Urban als Schriftführer, in der Strafsache gegen Franz Johann P***** wegen des Verbrechens der Beteiligung an einer kriminellen Organisation nach § 278a Abs 1 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 1.Dezember 1997, GZ 39 Vr 1713/96-229, sowie die (implizierte) Beschwerde des Angeklagten gegen den gemäß § 494a Abs 1 Z 2 und Abs 6 StPO gefaßten Beschluß auf Verlängerung der Probezeit, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch wegen des Verbrechens der Beteiligung an einer kriminellen Organisation gemäß § 278a Abs 1 StGB (Punkt A des Urteilssatzes) und demzufolge auch im Strafausspruch (jedoch unter Aufrechterhaltung der Vorhaftanrechnung, des Ausspruchs nach § 20a Abs 2 Z 2 StGB und der Einziehung nach § 16a SGG) sowie dem damit in untrennbarem Zusammenhang stehenden Beschluß nach § 494a Abs 1 Z 2 und Abs 6 StPO aufgehoben und die Strafsache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde im übrigen wird zurückgewiesen.

Mit ihren Berufungen werden der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.

Dem Angeklagten fallen auch die auf den erfolglos gebliebenen Teil seiner Nichtigkeitsbeschwerde entfallenden Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen in Rechtskraft erwachsenen Teilfreispruch enthält, wurde Franz Johann P***** der Verbrechen (A) der Beteiligung an einer kriminellen Organisation nach § 278a Abs 1 "Z 1" StGB und (B) nach § 12 Abs 1, Abs 2 und Abs 3 Z 3 SGG, teilweise im Stadium des Versuchs nach § 15 StGB, schuldig erkannt.

Danach hat er in Salzburg und anderen Orten

(A) in der Zeit von Februar bis Oktober 1996 sich an einer auf längere Zeit angelegten unternehmensähnlichen Verbindung einer größeren Anzahl von Personen, nämlich der abgesondert verfolgten Johann Hac*****, Rainer Scha***** sowie weiterer namentlich unbekannter Personen, sohin an einer Verbindung als Mitglied beteiligt, die, wenn auch nicht ausschließlich auf die wiederkehrend geplante Begehung schwerwiegender strafbarer Handlungen im Bereich des unerlaubten Verkehrs mit Suchtmitteln ausgerichtet ist, die beabsichtigte, mittels LKW fortgesetzt (mindestens jeweils ca 1.700 kg) Haschisch von Marokko über Spanien, Frankreich in die Niederlande zu schmuggeln, wobei bereits im Februar und im Juli 1996 Lastkraftwagen mit präparierten Kühlanhängern, gelenkt von den abgesondert verfolgten Hermann Z***** und Friedrich V*****, in Casablanca waren; auf Grund von Schwierigkeiten bei der Grenz- bzw Zollabfertigung kam es jedoch zu keiner Haschischübernahme;

(B) den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer großen Menge nach Österreich eingeführt, indem er die folgend angeführten Personen zur Einfuhr des Suchtgiftes bestimmte und dieses sodann großteils an unbekannte Personen, zum Teil in unbekannten Mengen an die abgesondert verfolgten Johann A*****, Rainer Po***** und Helmut Scho***** weitergab, sohin in Verkehr gesetzt, er die einzelnen Taten in der Absicht beging, sich durch wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahmsquelle zu verschaffen, und die Taten mit Beziehung auf ein Suchtgift begangen wurden, dessen Menge zumindest das 25fache der in Abs 1 des § 12 SGG angeführten Menge ausmachte, wobei es teilweise beim Versuch geblieben ist, und zwar:

(I) am 13.August 1996 Erwin Hag***** zur Einfuhr von ca 600 Gramm Kokain aus der BRD nach Österreich (Übernahme von 600 Gramm Kokain durch Erwin Hag***** in Berlin über Vermittlung des Roman D***** von Christoph L*****);

(II) am 18.September 1996 Erwin Hag***** zur Einfuhr von 463,8 Gramm Kokain aus der BRD, wobei es beim Versuch geblieben ist (Übernahme von 463,8 Gramm Kokain durch Erwin Hag***** am 18.September 1996 über Vermittlung des Roman D***** durch Wieslaw J*****);

(III) am 20.November 1996 Udo He***** und Helmut Scho***** zur Einfuhr von 331,4 Gramm Kokain-Amphetamingemisch von Jugoslawien nach Österreich, wobei es beim Versuch geblieben ist;

(IV) Udo H***** und Zeljka Sa***** zur Einfuhr nachstehender Kokainmengen nach Österreich, und zwar:

(1) am 2.Dezember 1996 gemeinsam mit dem abgesondert verfolgten Markus G***** ca 150 Gramm Kokain aus Holland über Deutschland und

(2) am 10.Jänner 1997 ca 200 Gramm Kokain gleichfalls aus Holland über Deutschland.

Dagegen richtet sich die auf die Z 5, 5a, 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die sich in Ansehung des Schuldspruches zu A als berechtigt erweist.

Zum Schuldspruchfaktum A:

Rechtliche Beurteilung

Bei dem hier in Rede stehenden Verbrechen der kriminellen Organisation nach § 278 a Abs 1 StGB (auf Grund der Urteilsfällung I.Instanz am 1.Dezember 1997 idF BGBl 1996/762) sind die Tatbildmerkmale der Z 1, 2 und 3 des Abs 1 kumulativ anzuwenden (Foregger/Kodek StGB § 278a Anm I, 409 d BlgNR XX.GP, S 9, 10 und 11).

Der Beschwerdeführer rügt - gestützt auf den Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO - mit Recht, daß die Urteilsannahmen zu den objektiven Tatbestandserfordernissen unzureichend seien, weil das angefochtene Urteil jegliche Feststellung zur Frage der Voraussetzungen des § 278a Abs 1 Z 2 und Z 3 StGB, nämlich ob die Verbindung unter den im Abs 1 genannten Voraussetzungen eine Bereicherung im großen Umfang oder erheblichen Einfluß auf die Politik oder Wirtschaft anstrebt, und andere zu korrumpieren oder einzuschüchtern oder sich auf besondere Weise gegen Strafverfolgungsmaßnahmen abzuschirmen sucht, vermissen läßt.

Dem Urteil haften somit zum Faktum A in Ansehung der objektiven Tatseite zutreffend gerügte Feststellungsmängel an, die eine Verfahrenserneuerung im bezeichneten Umfang in erster Instanz unumgänglich machen, weshalb schon bei einer nichtöffentlichen Beratung das Urteil spruchgemäß zu beheben und insoweit die Verfahrenserneuerung anzuordnen war (§ 285e StPO). Ein Eingehen auf die weiteren Beschwerdeausführungen zum Schuldspruchfaktum A ist daher entbehrlich.

Zum Schuldspruchfaktum B:

Die - wortident - ausgeführten Mängel- und Tatsachenrügen (Z 5 und 5a) vermögen weder formelle Begründungsmängel noch erhebliche, sich aus den Akten ergebende Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Schuldspruch zugrundeliegenden entscheidenden Tatsachenfeststellungen aufzuzeigen, sondern versuchen nach Art einer im Nichtigkeitsverfahren gegen schöffengerichtliche Urteile unzulässigen Schuldberufung die tatrichterlichen Konstatierungen dadurch in Zweifel zu ziehen, daß durch Hervorheben einzelner, für den Standpunkt des Beschwerdeführers günstig erscheinender Passagen in den Aussagen der Zeugen bzw illustrativer Heranziehung bestimmter Punkte der Ergebnisse der Telefonüberwachung spekulativ selbst Beweiswerterwägungen angestellt werden.

Die Tatrichter haben jedoch - unter Berücksichtigung des Gebotes zur gedrängten Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) - die entscheidenden Tatsachen bezeichnet und schlüssig sowie zureichend begründet, warum sie von der Richtigkeit dieser Annahme überzeugt sind, ohne dagegen sprechende wesentliche Umstände mit Stillschweigen zu übergehen. Daß aus den formell einwandfrei ermittelten Prämissen für den Angeklagten allenfalls auch günstigere Schlußfolgerungen möglich gewesen wären, sich die Erkenntnisrichter aber dennoch für die dem Angeklagten ungünstigeren entschieden haben, ist ein mit Nichtigkeitsbeschwerde unanfechtbarer Akt der freien richterlichen Beweiswürdigung, gegen deren Ergebnisse auch keine erheblichen Bedenken bestehen.

Soferne die Beschwerde eine unzureichende Begründung (arg: Scheinbegründung) dahingehend behauptet, daß die Verwendung des Wortes "eindeutig" zur Heranziehung der im Rahmen der Telefonüberwachung ermittelten, den Angeklagten belastenden Gesprächsinhalte als Beweisgrundlage nicht ausreiche, übersieht sie, daß keine oder eine offenbar unzureichende Begründung nur dann vorliegt, wenn für den Ausspruch über eine entscheidende Tatsache entweder überhaupt keine oder nur solche Gründe (Scheingründe) angegeben sind, aus denen sich nach Denkgesetzen und allgemeiner Lebenserfahrung ein Schluß auf die zu begründende Tatsache entweder überhaupt nicht ziehen läßt oder der logische Zusammenhang kaum noch erkennbar ist (Mayerhofer aaO § 281 Z 5 E 114). Das Erstgericht hat jedoch die Täterschaft des Angeklagten nicht nur aus den Ergebnissen der Telefonüberwachung, sondern auch aus den (belastenden) Angaben der Zeugen D*****, W***** und S***** abgeleitet und formell einwandfrei dargelegt, warum es der leugnenden Verantwortung des Angeklagten keinen Glauben schenkte, sodaß die behauptete Nichtigkeit nicht vorliegt.

Das Vorbringen, das Erstgericht habe "weder die Zeugenaussage des Erwin Hag*****, noch die damit im wesentlichen übereinstimmende Verantwortung des Angeklagten, noch die Tonbandprotokolle analytisch herangezogen", wodurch die Überzeugungskraft der Grundlagen für den Schuldspruch wesentlich berührt würden, reicht für eine prozeßordnungsgemäße Darstellung des Nichtigkeitsgrundes nicht aus, da die Ausführung einer Tatsachenrüge - entsprechend der uneingeschränkt auch hiefür geltenden Bestimmung des § 285a Z 2 - einer deutlichen und bestimmten Bezeichnung jenes Tatumstandes, der den angerufenen Nichtigkeitsgrund bilden soll (Mayerhofer aaO § 281 Z 5a E 21, 22), bedarf.

Letztlich versagt auch die einen Feststellungsmangel zur subjektiven Tatseite reklamierende Rechtsrüge (Z 9 lit a). Denn die bloße Behauptung, "die diesbezüglichen Ausführungen des Urteils (US 14) gäben nur sinngemäß die verba legalia wieder", läßt den für eine prozeßordnungsgemäße Ausführung dieses Nichtigkeitsgrundes erforderlichen Hinweis vermissen, welche Konstatierungen nach Ansicht des Beschwerdeführers vom Schöffengericht für die Annahme des Vorsatzes noch zu treffen gewesen wären (Mayerhofer aaO § 281 Z 9a E 5c).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher, soweit sie sich gegen den Schuldspruch zu Punkt B richtet, schon bei der nichtöffentlichen Sitzung zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 Z 2 StPO).

Mit ihren Berufungen waren der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a StPO.

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