OGH 14Os101/98

OGH14Os101/988.9.1998

Der Oberste Gerichtshof hat am 8. September 1998 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Massauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer, Dr. Holzweber, Dr. Ratz und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Urban als Schriftführer, in der Strafsache gegen Chi Vinh T***** und Chi Kuong T***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der beiden Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 22. April 1998, GZ 3 b Vr 8.477/95-61, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Den Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Verfahrens über ihre Rechtsmittel zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Chi Vinh T***** des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB (1., 2.) und Chi Kuong T***** des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 2 StGB (2.) schuldig erkannt.

Darnach haben in Wien im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit den abgesondert verfolgten und mittlerweile rechtskräftig verurteilten Mike A*****, Ngok Leong C*****, Josef P***** und Mahmoud Al***** mit dem Vorsatz, sich bzw einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, die Verfügungsberechtigten des C***** Casinos durch Täuschung über Tatsachen, und zwar durch Verwendung präparierter Spielkarten, wodurch jeweils im vorhinein bestimmte Spieler den Jackpot gewannen, zu Handlungen, die das Vermögen des C***** Casinos bzw anderer Spieler, die regulär den Jackpot gewonnen hätten, am Vermögen schädigten, nämlich zur Auszahlung des jeweiligen Jackpots, verleitet, und zwar:

1. Chi Vinh T*****, A***** und C***** am 17.Dezember 1994 zur Auszahlung eines Betrages von 410.221 S; sowie

2. Chi Vinh T***** und Chi Kuong T***** mit A*****, C*****, P***** und Al***** am 12.Mai 1995 zur Auszahlung eines Betrages von ca 500.000 S,

wobei Chi Vinh T***** den jeweils schweren Betrug in der Absicht beging, sich durch dessen wiederholte Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen.

Den gegen diesen Schuldspruch von beiden Angeklagten gemeinsam ausgeführten, auf § 281 Abs 1 Z 3, 4, 5, 5a und 9 lit a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerden kommt keine Berechtigung zu.

Rechtliche Beurteilung

Der Verfahrensrüge (Z 3) ist zuzugeben, daß die Formulierung im Hauptverhandlungsprotokoll: "Verlesen wird der wesentliche Akteninhalt" (S 382) zwar undeutlich ist, weil daraus - der Vorschrift zur Beurkundung aller wesentlichen Förmlichkeiten des Verfahrens (§ 271 Abs 1 StPO) zuwider - nicht zu ersehen ist, welche Aktenstücke verlesen worden sind und daher nicht beurteilt werden kann, inwieweit die Verlesungen zulässig (§ 252 Abs 1 Z 1 bis 4 StPO) oder geboten (§ 252 Abs 2 StPO) waren. Indem die Beschwerdeführer aber ihrerseits nicht deutlich und bestimmt bezeichnen, welche Aktenteile nicht verlesen wurden oder nicht hätten verlesen werden dürfen und sich folglich auch nicht über die Relevanz der behaupteten Verletzung von Verfahrensvorschriften äußern, verfehlen sie eine prozeßordnungsgemäße Darstellung des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes. Im übrigen betrafen die Vorhalte an die Zeugen C***** und K***** entweder deren frühere Aussagen oder jene A*****s und wurden daher ebenso korrekt in die Hauptverhandlung eingeführt (§ 252 Abs 1 Z 1 und 2 StPO) wie die Aufstellung der Jackpotgewinner (S 43 in ON 38; § 252 Abs 2 StPO).

Der Antrag auf Bestellung eines in den Sprachen kantonchinesisch und vietnamesisch versierten Sprachwissenschaftlers zum Beweis dafür, daß "eine Verständigung auf diesem qualifizierten Sachgebiet zwischen den beiden (gemeint Angeklagte und C*****) nicht möglich" wäre, verfiel zu Recht der Abweisung (Z 4), sind die Tatrichter doch nachvollziehbar davon ausgegangen, daß ein Sprachsachverständiger dann nicht zur Wahrheitsfindung beitragen kann, wenn die zu begutachtenden Personen, wie es der Verteidigungslinie der Angeklagten entspricht, Kenntnisse in einer Sprache in Abrede stellen. In Ansehung der als glaubwürdig erachteten Aussage des Zeugen C*****, er habe sich mit den Angeklagten in kantonesisch unterhalten, und des Umstandes, daß die Beschwerdeführer als Stammgäste des Casinos ersichtlich auch bislang keine Verständigungsschwierigkeiten mit den Dealern hatten, war eine maßgebliche Verbreiterung der Entscheidungsgrundlage durch das reklamierte Sachverständigengutachten nicht zu erwarten.

Der ohne Beweisthemenangabe gestellte Antrag auf Beiziehung eines Sachverständigen für Pokerspiele (S 321) wurde in der neu durchgeführten Hauptverhandlung nicht wiederholt, sondern "dem Gericht überlassen" (S 381), weshalb schon die formelle Berechtigung zur Erhebung der Verfahrensrüge fehlt.

Die Mängelrüge (Z 5) bekämpft in unzulässiger Weise die Beweiswürdigung des Schöffengerichts, ohne formelle Begründungsmängel aufzeigen zu können. Gewisse Widersprüche in den Aussagen der Zeugen Al***** und C*****, die auf die Tatrichter einen ausgezeichneten und überzeugenden Eindruck machten (US 10), wurden im Urteil ebenso angesprochen (US 12), wie die Angaben des intervenierenden Polizeibeamten Kr***** über die Deutschkenntnisse der zum Zeitpunkt der Einvernahme ca 15 Jahre in Österreich aufhältigen Angeklagten. Die Art der Aufteilung der betrügerisch herausgelockten Jackpotbeträge betrifft keine entscheidungswesentliche Tatsache. Nach dem Kontext ist klar, daß hinsichtlich des Vorfalles vom 12.Mai 1995 der Bruder des Erstangeklagten als Gewinner firmieren sollte, um die Auffälligkeit zu vermeiden, daß Chi Vinh T***** innerhalb weniger Monate zweimal einen sehr hohen Jackpot erlöst hätte.

Nach Prüfung des Beschwerdevorbringens anhand der Akten ergeben sich auch keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen (Z 5a).

Insoweit die Angeklagten unter dem Titel der Rechtsrüge (Z 9 lit a, sachlich Z 5) ihr Vorbringen über Verständigungsschwierigkeiten mit C***** und die Art der Verteilung der betrügerisch herausgelockten Gelder wiederholen, bringen sie einen materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund nicht zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung.

Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Wien zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung ist in § 390a StPO begründet.

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