OGH 12Os58/98

OGH12Os58/983.9.1998

Der Oberste Gerichtshof hat am 3. September 1998 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rzeszut als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler, Dr. E. Adamovic, Dr. Holzweber und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Urban als Schriftführer, in der Strafsache gegen Dipl. Ing. Johann von E***** wegen des Finanzvergehens der teils vollendeten, teils versuchten Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 1 und 13 FinStrG und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Wels als Schöffengericht vom 11. Dezember 1997, GZ 13 Vr 1.026/96-28, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Fabrizy, des Vertreters der Finanzämter Linz und Vöcklabruck als Finanzstrafbehörde erster Instanz, Dr. Weiler, des Angeklagten Dipl. Ing. Johann von E***** und der Verteidigerin DDr. Stoiber-Adler zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird dahingehend teilweise Folge gegeben, daß die über den Angeklagten verhängte Geldstrafe auf 1,200.000 S (eine Million und zweihunderttausend Schilling), für den Fall der Uneinbringlichkeit auf drei Monate Freiheitsstrafe herabgesetzt wird.

Gemäß § 26 Abs 1 FinStrG iVm § 43a Abs 1 StGB wird ein Teil der Geldstrafe von 800.000 S (achthunderttausend Schilling) für eine Probezeit von zwei Jahren bedingt nachgesehen.

Im übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Dipl.Ing. Johann von E***** wurde der Finanzvergehen (I.) der teils vollendeten, teils versuchten Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 1 und 13 FinStrG und (II.) der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG schuldig erkannt.

Darnach hat er in Mondsee als Verwaltungsrat und Alleinaktionär der V***** AG vorsätzlich

I. unter Verletzung der abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht

(1.a und b) eine Verkürzung an Umsatz-, Körperschafts- und Gewerbesteuer in den Jahren 1984 bis 1986 in Höhe von 924.781 S bewirkt und im Jahre 1987 in Höhe von 319.899 S zu bewirken versucht;

(2.a und b) eine Verkürzung an Einkommensteuer in den Jahren 1984 bis 1986 in der Höhe von 635.277 S bewirkt und in den Jahren 1987 und 1988 in Höhe von 1,211.360 S zu bewirken versucht;

II. unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des Umsatzsteuergesetzes 1972 entsprechenden Voranmeldungen für die Zeit von Jänner bis April 1988 eine Verkürzung an Umsatzsteuer in Höhe von 383.743 S bewirkt, wobei er dies nicht nur für möglich, sondern für gewiß gehalten hat.

Der dagegen aus Z 5, 5a, 9 lit a und 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu.

Rechtliche Beurteilung

Die Frage der Datierung des in der Mängelrüge (Z 5) bezeichneten untersuchungsrichterlichen Beschlusses betrifft keine entscheidende Tatsache, weil die Hemmung der Verjährung nach § 31 Abs 4 lit b FinStrG (im Detail siehe unten) fallbezogen nicht erst dadurch eintrat, sondern bereits zuvor durch die mit der Vernehmung des Beschwerdeführers als Verdächtigen wegen des Verdachtes der Abgabenhinterziehung, betreffend die Fiskaljahre bis 1987, durch die Finanzstrafbehörde am 14. April 1988 vorgenommene Verfolgungshandlung (§ 14 Abs 3 FinStrG; Strafakt des Finanzamtes Vöcklabruck S 7). Die Mängelrüge (Z 5) geht daher - abgesehen davon, daß sie keine Aktenwidrigkeit, sondern nur einen berichtigungsfähigen Schreibfehler aufzeigt - von vornherein ins Leere.

Die vom Erstgericht zur Begründung der dem Schuldspruch in objektiver und subjektiver Hinsicht zugrundegelegten entscheidenden Tatsachen herangezogenen zahlreichen Prämissen (US 7 bis 14) erweisen sich in ihrem Zusammenhalt als tragfähig. Dagegen vermag die Beschwerde mit dem Hinweis auf die bloß subjektive Einschätzung des auf seine Steuerpflicht bezogenen Wissensstandes des Angeklagten durch den Zeugen Dr. Johann B***** (270, 273) ebensowenig erhebliche Bedenken (Z 5a) aufzuzeigen wie mit dem Umstand, daß der Abgabenhinterziehungsvorsatz des Beschwerdeführers in den Urkunden über die Jahre vor dem Deliktszeitraum erfolgte Gründung der Firma V***** AG keinen objektiven Niederschlag findet. Daß sich die Fa. F***** zur direkten Abführung der Umsatzsteuer verpflichtete, welche aus dem mit dem Angeklagten am 7. September 1987 abgeschlossenen Vertrag (113 d umseits) resultierte, kann angesichts der vom Zeugen Dipl.Ing. Wolfgang M***** behaupteten Nichterfüllung des Vertrages auf Seiten des Angeklagten und der Modalitäten der Auszahlung der Vertragssumme (225 f) gegen den Schuldspruch im gegebenen Zusammenhang gleichfalls nicht erfolgreich ins Treffen geführt werden.

Die von der Beschwerde unter dem Prätext eines Feststellungsmangels (der Sache nach allein Z 5) vermißte Erörterung des Schreibens des Finanzamtes Vöcklabruck vom 23. November 1995 (45) konnte unterbleiben, weil dieses - ohne solcherart die Tatgewichtung durch den strafbestimmenden Wertbetrag zu tangieren - bloß die nachträgliche Schadensgutmachung durch den Angeklagten betrifft, bei welcher sich die Finanzbehörde aufgrund der Aussichtslosigkeit von Exekutionsmaßnahmen, mag diese Motivation in diesem Schreiben auch nicht zum Ausdruck kommen, mit einer Abschlagszahlung von 300.000 S begnügte (5).

Unzutreffend ist schließlich die in der Rechtsrüge (Z 9 lit b) aufgestellte Behauptung der Verjährung der Strafbarkeit:

Nach § 31 Abs 1 zweiter Satz FinStrG beginnt die Verjährungsfrist, sobald die mit Strafe bedrohte Tätigkeit abgeschlossen ist oder das mit Strafe bedrohte Verhalten aufhört, bei Unterlassungsdelikten demnach erst mit dem Aufhören der Pflicht zum Handeln, somit dann, wenn die Steuerschuld nicht in der vorgeschriebenen Frist erklärt wurde oder festgesetzt werden konnte (Dorazil-Harbich, FinStrG § 31 E 3).

Im vorliegenden Fall war der Beschwerdeführer nach § 1 Abs 1 EStG 1988 bis zur Verlegung seines Wohnsitzes nach Meran am 28. April 1988 in Österreich voll steuerpflichtig. Nach § 134 Abs 1 BAO hätte er daher die Einkommensteuererklärung für 1988 bis zum 31. März 1989 einreichen müssen, ohne daß die Frist etwa durch den Umstand der Wohnsitzverlegung ins Ausland verkürzt wurde. Im Gegensatz zum Beschwerdestandpunkt war daher das strafbare Verhalten des Angeklagten jedenfalls nicht vor dem 1. April 1989 abgeschlossen, sodaß auch die Verjährungsfrist vorher nicht zu laufen begann.

Die erste die Verjährung hemmende Verfolgungshandlung wurde - wie dargelegt - bereits am 14. April 1988 durch die Vernehmung des Beschwerdeführers als Verdächtiger seitens der Finanzstrafbehörde erster Instanz gesetzt. Dadurch wurde das Strafverfahren bei der Finanzstrafbehörde, wenn auch noch nicht hinsichtlich der das Fiskaljahr 1988 betreffenden Tathandlungen (siehe die formelle Einleitungsverfügung vom 27. Juni 1988, S 13 des Strafaktes des Finanzamtes Vöcklabruck), im Sinne des § 31 Abs 4 lit b FinStrG anhängig (Dorazil-Harbich aaO Punkt 7, sowie E 19a und 19b).

Da wegen des Verdachtes der versuchten Hinterziehung der Einkommensteuer für das Jahr 1988 die erste Verfolgungshandlung gegen den Angeklagten am 28. Juni 1993 durch den Beschluß des Untersuchungsrichters des Landesgerichtes Wels auf Ausforschung des Beschwerdeführers und Abbrechung des Verfahrens gemäß § 412 StPO (ON 2/ S 1 verso) gesetzt und das Strafverfahren wegen des Finanzvergehens nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG in Bezug auf die Monate Jänner bis April 1988 am 8. September 1993 durch die Einbeziehung der diesbezüglichen Anzeige des Finanzamtes Linz gemäß § 56 StPO eingeleitet wurde (ON 2 S 1a), sind alle vom Schuldspruch erfaßten Taten jeweils innerhalb der Verjährungsfrist des § 31 Abs 2 und Abs 3 FinStrG bei Gericht bzw der Finanzstrafbehörde anhängig gemacht worden und demnach nicht verjährt.

Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Bei der Strafbemessung wertete das Schöffengericht die Fortsetzung der strafbaren Handlungen durch längere Zeit und den sich in der gänzlichen Ignorierung der Steuerpflicht manifestierenden Gesinnungsunwert der dem Angeklagten angelasteten Taten als erschwerend, die Unbescholtenheit, das lange Zurückliegen der strafbaren Handlungen und die Bezahlung einer Abschlagszahlung von 300.000 S demgegenüber als mildernd und verhängte über den Angeklagten gemäß § 33 Abs 5 FinStrG eine Geldstrafe von 2 Mio S (für den Fall der Uneinbringlichkeit 4 Monate Freiheitsstrafe), wovon es gemäß § 26 Abs 1 FinStrG, § 43a Abs 1 StGB einen Teil von 1,6 Mio S unter Bestimmung einer zweijährigen Probezeit bedingt nachsah.

Die dagegen gerichtete Berufung des Angeklagten ist nur teilweise begründet.

Die Fortsetzung der strafbaren Handlungen während eines Zeitraumes von nahezu fünf Jahren unter gänzlicher Mißachtung der Steuerpflicht fällt bei Gewichtung der Schuld des Angeklagten maßgeblich ins Gewicht und ist daher - jedenfalls nach § 23 Abs 2 FinStrG (§ 32 Abs 2 und 3 StGB) - zum Nachteil des Beschwerdeführers beachtlich.

Da nicht die Unbescholtenheit allein, sondern nur im Zusammenhalt mit einem ordentlichen Lebenswandel und einem auffallenden Widerspruch der Tat zum Vorleben den - vom Erstgericht ohnehin angenommenen - Milderungsgrund des § 34 Z 2 StGB begründet, vermag die Berufung auch mit dem Hinweis auf die beiden zuletzt bezeichneten Faktoren keine Revisionsbedürftigkeit der Strafzumessungsgründe aufzuzeigen.

Von dem weiters behaupteten tatkausalen, einem Rechtsirrtum nahekommenden Versehen des Angeklagten kann nach dem Urteilssachverhalt keine Rede sein. Ebensowenig läßt die Aktenlage die Beurteilung zu, daß die gänzlich leugnende Verantwortung des Angeklagten wesentlich zur Wahrheitsfindung beigetragen hat.

Wenn auch der erstgerichtliche Strafausspruch in Relation zu gleichgelagerten Fällen ohnehin von einer atypisch großzügigen Bemessung des bedingten Strafteils geprägt ist und daher entgegen den Berufungsintentionen eine Anhebung desselben nicht in Betracht kommt - eine gänzlich bedingte Nachsicht der Geldstrafe verbietet sich schon allein aufgrund der hier im Vordergrund stehenden generalpräventiven Erwägungen - so erweist sich die verhängte Geldstrafe von 2 Mio S fallbezogen, vor allem bei gebührender Berüchsichtigung der überwiegend nur versuchten Vergehen, als überhöht.

Sie war daher unter Bedachtnahme auf die Höhe des strafbestimmenden Wertbetrages von rund 3,5 Mio S (unter gleichzeitiger Reduzierung der Ersatzfreiheitsstrafe auf drei Monate) auf ein tat- und schuldangemessenes Ausmaß von 1,2 Mio S herabzusetzen.

Im übrigen war der Berufung nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

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