Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.
Der Berufung des Angeklagten Christian J***** wird teilweise, nämlich dahin Folge gegeben, daß die über ihn verhängte Freiheitsstrafe auf 4 (vier) Jahre herabgesetzt wird.
Im übrigen wird seiner Berufung ebenso wie zur Gänze der Berufung der Angeklagten Roswitha R***** nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390a StPO fallen beiden Angeklagten die sie betreffenden Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Christian J***** wurde der Verbrechen des Beischlafs mit Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB, der teils vollendeten, teils versuchten Unzucht mit Unmündigen nach §§ 207 Abs 1 erster und dritter Fall und 15 StGB und des Vergehens des Mißbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 StGB, Roswitha R***** des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1 erster Fall StGB und des Vergehens des Mißbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 StGB schuldig erkannt.
Danach haben sie von 1995 bis August 1997 in Ulmerfeld
"I) Christian J***** mit der am 5.Februar 1987 geborenen unmündigen Ingrid R***** den außerehelichen Beischlaf unternommen;
II) nachgenannte unmündige Personen auf andere Weise als durch Beischlaf zur Unzucht mißbraucht, und zwar
1) Christian J***** und Roswitha R***** als Mittäter (§ 12, erste Alternative), die am 5.Februar 1987 geborene Ingrid R***** dadurch, daß diese an einer entblößten Brust ihrer Mutter Roswitha R***** saugte, während Roswitha R***** mit einer Hand den entblößten Penis Christian J*****s bis zur Ejakulation stimulierte und Christian J***** an der anderen entblößten Brust Roswitha R*****s saugte und deren Geschlechtsteil streichelte;
2) Christian J***** allein
a) die am 5.Februar 1987 geborene Ingrid R***** dadurch, daß er diese an ihrem Geschlechtsteil und an ihren Brüsten betastete sowie einen Finger in die Scheide (gemeint:) der Ingrid R***** einführte, während er masturbierte und das Mädchen dazu veranlaßte, auch sein Glied zu betasten und es zumindest zweimal in den Mund zu nehmen,
b) vor dem 17.September 1995 den am 17.September 1981 geborenen Sascha F***** dadurch, daß er an diesem einen Oralverkehr vornahm und Sascha F***** dazu veranlaßte, daß dieser auch sein - Christian J*****s - Glied in den Mund nahm;
III) Christian J***** die am 25.September 1986 geborene Maria Fl***** dadurch, daß er diese aufforderte, sein Glied zu betasten, auf andere Weise als durch Beischlaf zur Unzucht zu mißbrauchen versucht;
IV) Christian J***** vor dem 17.September 1995 den am 17.September 1981 geborenen unmündigen Sascha F*****, um sich geschlechtlich zu erregen, durch die Aufforderung, Sascha F***** solle sich bis zum Samenerguß selbst befriedigen, damit er - Christian J***** - den Samen Sascha F*****s trinken könne, dazu zu verleiten versucht, eine unzüchtige Handlung an sich selbst vorzunehmen;
V) Christian J***** unter Ausnützung seiner Stellung gegenüber der
auch seiner Erziehung und Aufsicht unterstehenden, am 5.Februar 1987 geborenen minderjährigen Ingrid R***** diese durch die zu den vorangeführten Punkten II)1) und 2)a) angeführten Tathandlungen zur Unzucht mißbraucht,
VI) Roswitha R***** ihre am 4.Februar 1987 geborene minderjährige Tochter Ingrid R***** durch zum vorangeführten Punkt II)1) angeführte Tathandlung zur Unzucht mißbraucht."
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten
J*****:
Rechtliche Beurteilung
Die hinsichtlich des Vergehens des Mißbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 StGB jegliche Begründung zur Annahme (hier) tatbestandsessentieller Pflicht zur Beaufsichtigung in sittlicher Hinsicht vermissende Beschwerdeargumentation (Z 5) entbehrt der prozeßordnungsgemäßen Ausführung, weil sie die konstatierte Lebensgemeinschaft des Angeklagten mit der Mutter des Tatopfers (US 6 - Leukauf/Steininger Komm3 § 212 RN 6) übergeht.
Die angestrebte Verdrängung des Vergehens des Mißbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 StGB durch das Verbrechen des Beischlafs mit Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB (Z 10) steht im Widerspruch zur herrschenden Lehre und gefestigten Rechtsprechung, wonach diese Tatbestände (wie im übrigen auch jene nach §§ 207 Abs 1 und 212 Abs 1 StGB) zueinander weder im Verhältnis der Spezialität noch in dem der Subsidiarität stehen und auch eine Konsumtion nicht in Betracht kommt, wenn (wie hier) durch das Verhalten des Täters beide Tatbestände verwirklicht werden, weil nur durch die Unterstellung unter beide Strafnormen sämtliche Komponenten des verwirklichten Unrechts erfaßt werden (Leukauf/Steininger Komm3 § 206 RN 14 und § 207 RN 30; Foregger/Kodek/Fabrizy StGB6 § 212 Anm VII; Mayerhofer StGB4 § 206 E 10 und § 207 E 22).
Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten
R*****:
Da die Beschwerde mit der Behauptung unzureichender Begründung der vom Erstgericht festgestellten jahrelangen Duldung von ihr beobachteter Unzuchtshandlungen des Erstangeklagten mit ihrer Tochter (Z 5) - wie sie selbst einräumt - lediglich auf Strafbemessungsumstände und damit nicht auf schuldrelevante, im Sinne des § 281 Abs 1 Z 5 StPO entscheidende Tatsachen betreffende Begründungspassagen abstellt, entbehrt auch diese Mängelrüge der prozeßordnungsgemäßen Ausführung (Mayerhofer StPO4 § 281 Z 5 E 24 ff).
Mit ihrem auf ein Scheinkonkurrenzverhältnis zwischen dem Verbrechen der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB und dem Vergehen des Mißbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 StGB abstellenden Vorbringen (Z 10) ist die Zweitangeklagte auf das zur Subsumtionsrüge des Angeklagten J***** Gesagte zu verweisen.
Das Erstgericht verhängte über den Angeklagten J***** nach §§ 28, 206 Abs 1 StGB eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren, über Roswitha R***** nach §§ 28, 207 Abs 1 StGB eine Freiheitsstrafe von achtzehn Monaten, wovon es gemäß § 43 a Abs 3 StGB einen Teil von zwölf Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachsah.
Bei der Strafbemessung wertete es beim Angeklagten J***** das Geständnis und den Umstand, daß es in einem Fall beim Versuch blieb, bei der Angeklagten R***** den bisher ordentlichen Lebenswandel als mildernd, als erschwerend hingegen bei beiden Angeklagten das Zusammentreffen strafbarer Handlungen, beim Angeklagten J***** überdies die Wiederholung der Tathandlungen, die Verführung mehrerer Kinder und das einschlägige getrübte Vorleben.
Nur der Berufung des Angeklagten J***** kommt teilweise Berechtigung zu.
Soweit dieser Angeklagte zu seinem Antrag auf Reduktion der Strafe und deren zumindest teilbedingte Nachsicht ausführt, der Milderungsumstand des Geständnisses sei im Hinblick auf seine schon zu Beginn des Strafverfahrens gezeigte Schuldeinsicht unterbewertet geblieben, als mildernd sei ferner zu berücksichtigen, daß er die Notwendigkeit ärztlicher Behandlung erkannt habe und sich ihr sofort nach Entlassung aus der Strafhaft unterziehen werde, und schließlich darauf verweist, daß auch der Umstand, daß Dritte ein Mitverschulden treffe, weil mehrere Personen seine Täterschaft bewußt oder unbewußt "in Kauf genommen hätten", vermag er damit im einzelnen keine überzeugenden Apsekte für die angestrebte Strafkorrektur aufzuzeigen.
Dem Geständnis wurde an sich durch Orientierung der Sanktionsfindung im mittleren Bereich des gesetzlichen Strafrahmens trotz gravierendem Tatunrecht deutlich Rechnung getragen. Die Bereitschaft, sich ärztlicher Behandlung zu unterziehen, wird durch den Umstand paralysiert, daß der Angeklagte (wenngleich nachdem sein Arzt verstorben war) seit Februar 1992 diesem - von ihm selbst als notwendig erkannten - Erfordernis nicht entsprach.
Das relevierte "Mitverschulden Dritter" schließlich wurde von den Tatrichtern, soweit es die Mitangeklagte R***** betrifft, ohnehin berücksichtigt (US 8 f), findet aber darüber hinaus im Akteninhalt keine Deckung.
Wenn sich der Oberste Gerichtshof dennoch zur Herabsetzung der über Christian J***** verhängten Freiheitsstrafe auf vier Jahre verstand, so geschah dies primär im Hinblick auf den Umstand, daß die im Rechtsmittelverfahren neu eingeholte Strafregisterauskunft für diesen Angeklagten (nunmehr) keine strafgerichtlichen Vorverurteilungen ausweist und die Beurteilung der Strafzumessungsgründe insoweit eine im Vergleich zur Urteilsfällung in erster Instanz modifizierte Gewichtung erfährt. Auch vor dem Hintergrund durch geraume Zeit fortgesetzter sexueller Täterdevianz stellt sich die spruchgemäß reduzierte, nach wie vor mehrjährige und insgesamt unbedingt ausgesprochene Freiheitsstrafe als in sowohl spezial- als auch generalpräventiver Hinsicht angemessene Sanktion dar, deren (selbst teil-) bedingter Nachsicht der massive Störwert der abgeurteilten Tathandlungen und jene Komponenten der Täterpersönlichkeit entgegenstehen, die die Annahme ausgeprägter Rückfallsgefahr nahelegen (mehrjährig manifeste einschlägige Anfälligkeit).
Die über die Angeklagte R***** verhängte Freiheitsstrafe ist - ihrem Berufungsstandpunkt zuwider - tatschuldangemessen. In ihrem Fall hindert insbesondere schon die vom Erstgericht zutreffend angenommene (von der Angeklagten zuletzt partiell nicht mehr bestrittene - 213) durch Duldung der nicht nur gegen die eigene Tochter gerichteten sexualbezogenen Aktivitäten ihres Lebensgefährten und die ihr zur Last liegenden Taten manifestierte gestörte Einstellung zum Verbot geschlechtlichen Umgangs mit unmündigen Personen die angestrebte Herabsetzung der Freiheitsstrafe und deren gänzliche bedingte Nachsicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)