Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen (Schuldpruch B und darauf beruhender Ausspruch einer Geldstrafe sowie Freisprüche I bis III) als unbekämpft unberührt bleibt, im Schuldspruch A wegen des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 und 2 StGB sowie in dem darauf beruhenden Strafausspruch aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Mit seiner Berufung wird der Angeklagte darauf verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem bekämpften Urteil, das auch unangefochten gebliebene Freisprüche enthält, wurde Ing.Helmut K***** (zu Punkt A) des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 und 2 StGB und - insoweit unangefochten - (zu Punkt B) des Vergehens - richtig: der Finanzvergehen - der Abgaben- hinterziehung nach § 33 Abs 1 und Abs 2 lit a FinStrG schuldig erkannt.
Inhaltlich des angefochtenen Schuldspruches wegen des Verbrechens der betrügerischen Krida liegt ihm zur Last, als Geschäftsführer der nunmehr jeweils in Konkurs befindlichen "Ehrenfried K***** GesmbH" und "Helmut K***** GesmbH" in Langenlois in zehn verschiedenen zwischen 19. Jänner 1993 und dem 29. März 1996 gelegenen, im Urteil im einzelnen angeführten Angriffen dadurch, daß er Zahlungen der zehn namentlich genannten Kunden für von den beiden Gesellschaften gelieferte Maschinen nicht in die Buchhaltung dieser Firma aufnahm, einen Bestandteil des Vermögens der Gesellschaften beiseitegeschafft und dadurch die Befriedigung der Gläubiger der genannten Gesellschaften zumindest geschmälert zu haben, wobei der Schaden in der Höhe von zumindest 3,855.000 S den Betrag von 500.000 S übersteigt.
Gegen diesen Schuldspruch richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und Z 5a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.
Eingangs der Mängelrüge wird zwar vorgebracht, sie richte sich bloß gegen die Annahme der Verwirklichung des Tatbildes in den Urteilsfakten A 1 bis 5, in der Folge wird jedoch eine Mangelhaftigkeit des Urteils in der "Frage der Schadenshöhe hinsichtlich aller Fakten" (S 7 der Nichtigkeitsbeschwerde) releviert, allerdings inkonsequent im Rechtsmittelantrag wieder nur ein Freispruch in Ansehung der Fakten A 1 bis 5 begehrt.
Rechtliche Beurteilung
Der Oberste Gerichtshof geht unter Zugrundelegung des gesamten Inhaltes der Beschwerde davon aus, daß auch die Fakten A 6 bis 10 von der Anfechtung umfaßt sind. Abgesehen davon wäre ansonsten hinsichtlich dieser Fakten ein Vorgehen nach § 290 Abs 1 StPO erforderlich.
Die Nichtigkeitsbeschwerde ist im Ergebnis berechtigt.
Unzutreffend ist allerdings der Einwand einer Mangelhaftigkeit des Urteils, weil es sich nicht mit jenem Teil des Gutachtens des Sachverständigen Mag.B***** (S 40 des Gutachtens) auseinandergesetzt habe, der sich mit einer Umsatzsteuerbelastung der "Schwarzeinnahmen" des Angeklagten beschäftigt. Bei der Bewertung des Schadens aus Vermögensdelikten sind nämlich allfällige abgabenrechtliche Auswirkungen und dementsprechend derartige Fernwirkungen berücksichtigende Bilanzansätze unbeachtlich (13 Os 53/72; SSt 46/44 = EvBl 1976/88; SSt 59/79; EvBl 1983/73 uam).
Fehl geht auch jener Beschwerdeeinwand, wonach das Erstgericht eine
Erörterung der Frage verabsäumt habe, ob die im erstgerichtlichen
Urteil behandelten "Schuldverhältnisse" (zu mehreren Gläubigern) "aus
einer ernsthaften Zahlungsschwierigkeit ... resultierten oder ob es
sich dabei um Verbindlichkeiten handelt, wie sie jedes andere
Unternehmen auch besitzt", weil - nach Meinung der Beschwerde -
"nahezu jedes Wirtschaftsunternehmen ... ständig Gläubiger Dritter
und andererseits auch Schuldner" sei, nur "überfällige Schulden ...
in die rechtliche Beurteilung im Sinn des § 156 StGB einfließen" könnten, die BAWAG "keinerlei Betreibungsschritte gesetzt" habe und die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse "kein einziges Mal Exekution geführt" habe.
Der Beschwerdeführer geht bei diesen Ausführungen daran vorbei, daß für die Gläubigereigenschaft der mehreren Gläubiger weder ein eingeleitetes Insolvenz- oder Exekutionsverfahren Voraussetzung ist und dafür bereits das Entstehen der Forderung ausreicht, nicht aber deren Fälligkeit, geschweige denn eine "Überfälligkeit" erforderlich ist (Rainer in Triffterer StGB Komm § 156 Rz 11; Kienapfel BT II3 § 156 Rz 4).
Berechtigt sind die Beschwerdeeinwände hingegen, soweit sie Begründungsmängel zur angenommenen Schadenshöhe und - ersichtlich bloß in Bezug auf die Fakten A 1 bis 5 - in Ansehung der subjektiven Tatseite vorbringen.
Die Verantwortung des Angeklagten wurde nämlich vom Erstgericht pauschal und nur unter dem Blickwinkel seiner Behauptung, er habe nicht daran gedacht, durch Nichtverbuchung und Nichtverwendung der Schwarzgelder für die Erfüllung von Verbindlichkeiten Teile seines Vermögens zu verheimlichen, als "Schutzbehauptung" abgetan (US 15 oben). Dabei ging das Gericht, das in seinen Rechtsausführungen (US 18 oben) in einem Halbsatz ohnedies die - zutreffende - Rechtsmeinung vertrat, daß die Zahlung von bestehenden Verbindlichkeiten den Tatbestand des § 156 StGB nicht erfülle (vgl Leukauf/Steininger Komm3 § 156 RN 10; Kienapfel aaO Rz 15; Bertel/Schwaighofer BT I5 § 156 Rz 9), nicht auch auf jene Teile der Verantwortung des Beschwerdeführers ein, wonach er die eingenommenen "Schwarzgelder" zum Teil zur Bezahlung fälliger, obschon gleichfalls "schwarzer" Forderungen, insbesondere an Provisionen verwendet habe (S 159/I, 273/I; S 40 des Sachverständigengutachtens ON 64 iVm Anlage 2/2 dieses Gutachtens - dagegen allerdings S 47/I).
Einer Auseinandersetzung damit hätte es nach dem Gesagten bedurft.
Obwohl für die Verwirklichung des Tatbestandes des § 156 StGB Zahlungsunfähigkeit, Überschuldung und Einleitung eines Insolvenzverfahrens irrelevant sind (Leukauf/Steininger aaO RN 14), liegen auch die gerügten Begründungsmängel des erstgerichtlichen Urteils dahin vor, daß es sich bei Begründung der subjektiven Tatseite nicht mit dem Einfluß dieser Erkennbarkeit auseinandergesetzt hat. Die genannten Kriterien sind zwar für die äußere Tatseite unerheblich, können jedoch von Einfluß für die innere Tatseite sein, wie etwa auf das Vorstellungsbild des Täters betreffend die Benachteiligung wenigstens eines Gläubigers, was vom Tätervorsatz umfaßt sein muß (Leukauf/Steininger aaO RN 15).
Aus den angeführten Gründen zeigt sich, daß eine Kassation des Schuldspruches wegen des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 und 2 StGB unumgänglich ist.
Die Aufhebung kann sich schon deshalb nicht auf die Urteilsfakten A 1 bis 5 beschränken - nur insoweit wurde in der Beschwerde der Sache nach die Annahme der subjektiven Tatseite bekämpft -, sondern mußte schon deshalb auch die Urteilsfakten A 6 bis 10 umfassen, weil in Ansehung des sich daraus ergebenden Schadensbetrages von 1,005.000 S Konstatierungen fehlen, ob und inwieweit eingenommene "Schwarzgelder" zur Abdeckung fälliger "Schwarz- forderungen" verwendet wurden, und demnach die Schadensqualifikation des § 156 Abs 2 StGB für diese Fakten im Inhalt des erstgerichtlichen Urteils keine gesicherte Deckung hat.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)