European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1998:0080OB00182.98T.0824.000
Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Antragsteller hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Am 1.10.1997 beantragte der Antragsteller, über das Vermögen der L***** GmbH, deren Gesellschafter er mit einem Anteil von 5 % ist, den Konkurs zu eröffnen. Die Antragsgegnerin schulde ihm aufgrund einer Exekutionsbewilligung des Bezirksgerichtes Wr. Neustadt vom 6.8.1997 S 2.021,60. Sie sei zahlungsunfähig, überschuldet und habe mehrere Gläubiger; außerdem entfalte sie keine unternehmerische Tätigkeit mehr, sodaß eine Abdeckung der laufenden Verbindlichkeiten nicht möglich sei. Das Erstgericht trug in der hierauf anberaumten Tagsatzung vom 12.11.1997 nach ausführlicher Erörterung der Sach- und Rechtslage dem Vertreter der Antragsgegnerin auf, binnen 14 Tagen zu bescheinigen, daß die L***** GmbH nicht zahlungsunfähig sei, und das Vermögensverzeichnis am 27.11.1997 vor Gericht zu fertigen.
Am 12.11.1997 wurde die Forderung des Antragstellers beglichen, was der Vertreter der Antragsgegnerin dem Erstgericht schriftlich mitteilte und der Vertreter des Antragstellers bestätigte. Weiters teilte der Vertreter der Antragsgegnerin mit, daß die aktenkundigen Exekutionsverfahren erledigt seien und die Forderungen der Gebietskrankenkasse nach Exekutionsführung laufend beglichen worden seien bzw würden. In diesem Sinne gab auch der Geschäftsführer der Antragsgegnerin am 27.11.1997 an, daß offene Exekutionen gegen die Antragsgegnerin nicht mehr bestünden.
Das Erstgericht sprach daraufhin aus, daß das Konkurseröffnungsverfahren "eingestellt" werde und führte aus, daß aufgrund der "vorgelegten Akten" und der Auskunft der Gebietskrankenkasse "wenn überhaupt nur mehr ganz geringe Forderungen ausständig" seien, sodaß Zahlungsunfähigkeit der Antragstellerin nicht mehr angenommen werden könne.
Das Rekursgericht wies den Rekurs des Antragstellers zurück und sprach aus, daß der Streitwert S 260.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.
In rechtlicher Hinsicht führte es aus, daß die Geldforderung in der Höhe von S 2.021,60, die vom Antragsteller im Konkurseröffnungsantrag zur Begründung seiner Gläubigerstellung geltend gemacht worden war, bezahlt worden sei. Da der Antragsteller die Zahlung anstandslos angenommen habe, sei sein Forderungsrecht erloschen; die Ablehnung des Konkurseröffnungsantrags könne seine Rechte daher nicht berühren. Eine Stellung als Gesellschafter der Antragsgegnerin begründe kein rechtliches, sondern allenfalls nur wirtschaftliches Interesse, dessen Verletzung jedoch eine Rekurslegitimation nicht begründe. Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage der Rekurslegitimation eines Gläubigers, dessen Antrag auf Konkurseröffnung nach Befriedigung seiner Forderung abgelehnt wurde, nach Inkrafttreten des § 70 Abs 4 KO idF Insolvenzänderungsgesetz 1997 fehle.
Gegen diesen Beschluß richtet sich der Revisionsrekurs des Antragstellers aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, den Beschluß des Rekursgerichtes aufzuheben und in der Sache selbst im Sinne einer Konkurseröffnung zu entscheiden, hilfsweise die Rechtssache zur neuerlichen Beschlußfassung an das Rekursgericht, hilfsweise an das Erstgericht ‑ allenfalls unter Überbindung einer Rechtsansicht ‑ zurückzuverweisen.
Aus § 70 Abs 4 KO ergebe sich, daß die Bezahlung von Konkursforderungen nach Stellung eines Konkursantrages nunmehr keinen Einfluß mehr auf die Eröffnung eines Konkursverfahrens habe, weshalb eine solche Zahlung auch für die Rechtsmittellegitimation des befriedigten Gläubigers unerheblich sei; ihr Fortbestand werde nunmehr fingiert. Die Konkursvoraussetzungen hätten jedenfalls auch nach der ihm geleisteten Zahlung bestanden, weshalb die Konkurseröffnung sogar amtswegig erfolgen hätte müssen; die Rekurserhebung sei daher auch wegen § 2 Abs 2 AHG notwendig gewesen. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts nehme § 70 Abs 4 KO den Anwendungsbereich und sei überdies gleichheitswidrig, weil die den Gläubigerschutzverbänden im § 71 c Abs 1 KO eingeräumten Rechtsmittelrechte von einer Beschwer unabhängig seien, sodaß das des befriedigten Gläubigers aus diesem Grunde nicht verneint werden dürfe. Im übrigen werde so die erstgerichtliche Entscheidung unüberprüfbar; weiters habe er als Gesellschafter der Antragsgegnerin ein legitimes Interesse an der Konkurseröffnung, weil er - gleich einem Dritten ‑ als Konkursgläubiger aufgetreten sei.
Der Revisionsrekurs ist aus den vom Rekursgericht angeführten Erwägungen zulässig; er ist aber nicht berechtigt.
Wie das Rekursgericht zutreffend dargelegt hat, ist nach § 71 c KO idF IRÄG 1997 gegen den Beschluß auf Konkurseröffnung oder Ablehnung derselben rekurslegitimiert, wer dadurch in seinen Rechten berührt wird. Inwieweit die Rechtssphäre eines Gläubigers, dessen Forderung zur Gänze befriedigt wurde, durch Eröffnung des Konkurses über das Vermögen seines früheren Schuldners oder aber Verweigerung derselben berührt sein soll, ist nicht ersichtlich und wurde auch vom Revisionswerber nicht dargelegt. Zwar ist es richtig, daß der Gesellschafter einer verschuldeten Gesellschaft rechtsmittellegitimiert ist, wenn er "gleich einem Dritten als Konkursgläubiger der Gesellschaft auftritt" (GesRZ 1980, 93 mwN); für den Antragsteller ist hieraus jedoch nichts zu gewinnen, da er nach Befriedigung seiner Forderung eben keine Gläubigerstellung mehr hat. Das Argument, daß die Neuschaffung des § 70 Abs 4 KO, wonach keinen die Befriedigung des Antragstellers und Gläubigers keinen Einfluß auf die Fortführung des Konkurseröffnungsverfahrens haben soll, auch ein Rechtsmittelrecht dieses Gläubigers bedinge, ist insoweit verfehlt, als § 70 Abs 4 KO lediglich verhindern soll, daß ein Konkursantrag mißbräuchlich und zur gegenüber den Forderungen anderer Gläubiger bevorzugten Betreibung einer eigenen Forderung gestellt wird (RV 734 BlgNR 20. GP , 39). Eine "Aufwertung" des befriedigten Gläubigers durch Verleihen einer Rechtsmittelbefugnis ist von dieser Gesetzesstelle nicht intendiert. Daß die Entscheidung über den Konkurseröffnungsantrag dem Antragsteller jedenfalls, auch im Falle der zwischenzeitlichen Befriedigung seiner Forderung, zuzustellen ist, ergibt sich aus seiner prozessualen Stellung ‑ und nicht erst, wie der Rekurswerber meint, aus § 70 Abs 4 letzter Satz KO ‑ und läßt nicht auf seine Rechtsmittelbefugnis unabhängig vom Fortbestehen der Beschwer schließen. Auch die Ansicht, daß dadurch die konkursgerichtliche Entscheidung unüberprüfbar werde, ist verfehlt, da gemäß § 71 c KO zum einen alle Personen, die von der Entscheidung berührt sind, sohin insbesondere der (Gemein‑)Schuldner und die Konkursgläubiger (Bartsch‑Pollak 3 I 359; GesRz 1980, 93 mwN), zum anderen Gläubigerschutzverbände rechtsmittellegitimiert sind. Da deren von materieller Beschwer unabhängige Legitimation öffentlichen Interessen dient, ist darin ‑ ebenso wie in der Verbandsklage nach dem KSchG ‑ keine Gleichheitswidrigkeit zu erblicken. Zuletzt ist auch der Versuch des Revisionsrekurswerbers, aus § 2 Abs 2 AHG die Zulässigkeit seines Rechtsmittels abzuleiten, deshalb verfehlt, weil die genannte Gesetzesstelle eben nur die Ausschöpfung aller zulässigen Rechtsmittel zur Durchsetzung eines Anspruches voraussetzt, wobei sich die Zulässigkeit aus den einschlägigen Gesetzesbestimmungen ergibt.
Dem Revisionsrekurs war daher ein Erfolg zu versagen.
Gemäß § 173 Abs 1 KO ist im Konkursverfahren selbst im Falle eines - hier nicht gegebenen ‑ Rechtsmittelerfolges ein Kostenzuspruch ausgeschlossen.
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