Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Die Antragstellerin beantragte am 21. 1. 1998 die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der Antragsgegnerin. Ihr Antrag wurde nach der Zahlung von Beitragsrückständen zurückgezogen. Der sodann mangels kostendeckenden Vermögens gefaßte Beschluß auf Abweisung (§ 71b Abs 1 KO) wurde am 17. 4. 1998 öffentlich bekannt gemacht. Die Zustellung an die Antragsgegnerin erfolgte durch Hinterlegung am 21.4.1998.
Das Rekursgericht wies den am 5. 5. 1998 zur Post gegebenen, gegen den erstgerichtlichen Beschluß gerichteten, Rekurs der Antragsgegnerin zurück und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig. Es führte aus, das Erstgericht habe gemäß § 71b Abs 1 KO den Beschluß auf Abweisung des Konkursantrages mangels kostendeckenden Vermögens schon vor Rechtskraft des Beschlusses durch Anschlag an seiner Gerichtstafel (Art XII Abs 5 IRÄG 1997) öffentlich bekannt gemacht. Die Bestimmung des § 173a KO idF IRÄG 1997 über die öffentliche Bekanntmachung durch Aufnahme in die Insolvenzdatei trete erst am 1. 1. 2000 in Kraft. Hingegen sei die Bestimmung des § 174 Abs 2 KO unverändert, wonach dann, wenn neben der öffentlichen Bekanntmachung eine besondere Zustellung vorgeschrieben sei, die Folgen der Zustellung schon durch die öffentliche Bekanntmachung eintreten. Nach ständiger Rechtsprechung habe in einem solchen Fall und daher auch hier hinsichtlich des angefochtenen Beschlusses der Anschlag an die Gerichtstafel des Konkursgerichtes die Wirkung der Zustellung, während die Zustellung des Beschlusses an die Beteiligten nur eine Ersatzzustellung ohne rechtliche Wirkung sei, sodaß die Rechtsmittelfrist für alle Beteiligten unabhängig davon, ob und wann die Zustellung an sie erfolgt sei, bereits mit der öffentlichen Bekanntmachung beginne (8 Ob 172/97y; 8 Ob 18/97y; 8 Ob 124/93; EvBl 1980/367; SZ 27/281 ua); dies gelte auch für den Gemeinschuldner (5 Ob 308/78; 5 Ob 303/76).
Da die Rekursfrist auch für die Antragsgegnerin bereits mit der am 17. 4. 1998 erfolgten öffentlichen Bekanntmachung durch Anschlag an der Gerichtstafel des Erstgerichtes begonnen habe, sei der Montag, der 4. 5. 1998 der letzte Tag der 14tägigen Rekursfrist. Der erst am 5. 5. 1998 zur Post gegebene Rekurs sei daher als verspätet zurückzuweisen.
Der ordentliche Revisionsrekurs sei mangels einer Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu den hier anzuwendenden Bestimmungen des IRÄG 1997 zulässig.
Gegen diesen Beschluß richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, ihn abzuändern und dem Rekursgericht eine Sachentscheidung über den Rekurs aufzutragen.
Die Rechtsmittelfrist werde erst durch die Zustellung und nicht schon durch den Anschlag des Ediktes in Gang gesetzt; anderenfalls würde der Rechtsschutz der Antragsgegnerin in verfassungsrechtlich bedenklicher Weise beeinträchtigt. Der Betroffene müsse vom Beschlußinhalt Kennnis erlangen, was erst durch die Zustellung geschehe. Der Bestimmung des § 174 Abs 2 KO sei inhaltlich derogiert, die Insolvenzdatei (§ 173a KO) trete erst mit 1. 1. 2000 in Kraft.
Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Die Begründung der Rekursentscheidung, wonach die Frist des Rekurses im Falle der Abweisung des Antrages auf Eröffnung des Konkurses mangels kostendeckenden Vermögens ab der öffentlichen Bekanntmachung und nicht erst mit der Zustellung an die Antragsgegnerin zu laufen beginne, ist zutreffend (§ 510 Abs 3 ZPO iVm § 171 KO).
Den Ausführungen im Revisionsrekurs ist entgegenzuhalten:
Da der Inhalt der öffentlichen Bekanntmachung durch Edikt mit dem Inhalt des zugestellten Beschlusses praktisch ident ist, geht der Einwand der Rechtsmittelwerberin, sie könne erst durch Zustellung vom Inhalt des angefochtenen Beschlusses Kenntnis erlangen, ins Leere.
Die Verbesserung der öffentlichen Bekanntmachung ab 1. 1. 2000 durch Aufnahme in die Insolvenzdatei (gemäß § 173a KO) setzt noch bis dahin zu treffende organisatorische Maßnahmen voraus; durch die vorläufige Beibehaltung der öffentlichen Bekanntmachung mit Anschlag des Ediktes wird aber die Stellung der Antragsgegnerin (als "potentielle" Gemeinschuldnerin) gegenüber der bisherigen Rechtslage nicht verschlechtert.
Art XII Abs 5 IRÄG 1997 nimmt auf das spätere Inkrafttreten der Bestimmungen über die Insolvenzdatei (§ 173a KO) ausdrücklich Bedacht und ordnet bis dahin an, daß unter anderem die in § 71b Abs 1 KO angeordnete öffentliche Bekanntmachung durch Anschlag an der Gerichtstafel des Gerichtes, das den Beschluß gefaßt hat, zu erfolgen habe. Die Annahme, der Bestimmung des § 174 KO sei derogiert worden, ist daher unberechtigt. Damit ist die Rechtsprechung über die Maßgeblichkeit des Anschlages an die Gerichtstafel für die Wirkung der Zustellung weiterhin aufrechtzuerhalten (vgl neben der vom Rekursgericht zitierten Rechtsprechung auch die Zusammenstellung in E 1 zu § 174 KO in MGA8).
Die zusätzliche Zustellung einer Ausfertigung des Ediktes gemäß § 75 Abs 1 und 2 KO idF IRÄG 1997 ist gegenüber der früheren Regelung in § 75 Abs 3 und 4 KO unverändert vorgesehen. Auch daraus kann der Schluß der Rechtsmittelwerberin, es sei nunmehr auf die Zustellung des Beschlusses statt auf die öffentliche Bekanntmachung abzustellen, nicht gezogen werden. Zu den Bedenken der Rechtsmittelwerberin gegen die in § 71b Abs 1 KO bereits vor Rechtskraft vorgesehene Bekanntmachung des Beschlusses über die Abweisung des Konkursantrages mangels kostendeckenden Vermögens ist nur darauf hinzuweisen, daß die Bekanntmachung der Eröffnung des Konkurses sowohl nach alter als auch nach neuer Rechtslage vor Rechtskraft erfolgt. Im Falle der Abweisung des Konkursantrages wird den Interessen des Antragsgegners jedenfalls ausreichend dadurch Rechnung getragen, daß anders als in § 75 Abs 1 und 2 für den Fall der Eröffnung des Konkurses in § 71b Abs 1 KO die Zustellung an das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, die gesetzlichen Interessenvertretungen und die bevorrechteten Gläubigerschutzverbände erst nach Rechtskraft vorgesehen ist. Der Umstand, daß anders als im Falle der Abänderung des Beschlusses über die Eröffnung des Konkurses eine öffentliche Bekanntmachung im Falle der erfolgreichen Anfechtung des Beschlusses über die Abweisung des Konkursantrages mangels kostendeckenden Vermögens nicht vorgesehen ist, könnte allenfalls eine analoge Anwendung des § 79 Abs 1 KO rechtfertigen, aber nicht Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 71b Abs 1 KO idF IRÄG 1997 erwecken.
Das Rekursgericht hat daher zu Recht den verspäteten Rekurs der Antragsgegnerin zurückgewiesen.
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