OGH 13Os101/98

OGH13Os101/9829.7.1998

Der Oberste Gerichtshof hat am 29. Juli 1998 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Brustbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Rouschal, Dr. Schmucker und Dr. Ratz als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Kofler als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Naser E***** wegen des Verbrechens nach § 28 Abs 2, Abs 3 und Abs 4 Z 3 SMG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 18. März 1998, GZ 6c Vr 1319/98-45, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Aus deren Anlaß wird das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in der Annahme gewerbsmäßiger Begehung samt Unterstellung der Tat unter § 28 Abs 3 SMG, demnach auch im Strafausspruch einschließlich der Vorhaftanrechnung, aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht für Strafsachen Wien zurückverwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Dem Angeklagten fallen auch die auf seine erfolglose Nichtigkeitsbeschwerde entfallenden Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Naser E***** des Verbrechens nach § 28 Abs 2, Abs 3 und Abs 4 Z 3 SMG schuldig erkannt.

Inhaltlich des aus § 281 Abs 1 Z 3 (§ 260 Abs 1 Z 1) StPO ungerügt gebliebenen Erkenntnisses hat er in Wien den bestehenden Vorschriften zuwider gewerbsmäßig ein Suchtgift, dessen Menge zumindest das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge ausmachte, in Verkehr gesetzt, und zwar:

1. zwischen Anfang September 1997 und Mitte Oktober 1997 ca 100 g Kokain mit einem Reinheitsgehalt von ca 40 % durch Übergabe an den abgesondert verfolgten Mükremin Ö*****;

2. zwischen Mitte Oktober 1997 und dem 9.November 1997 ca 600 g Kokain mit einem Reinheitsgehalt von ca 40 % durch Verkauf an unbekannte Abnehmer;

3. Ende Oktober 1997 ca 8 bis 10 kg Haschisch mit einem Reinheitsgehalt von 9 % durch Übergabe an den abgesondert verfolgten Mükremin Ö*****.

Rechtliche Beurteilung

Aus Anlaß der vom Angeklagten aus Z 5, 5 a, 9 lit a (inhaltlich Z 10) und Z 11 zweiter Fall des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde mußte sich der Oberste Gerichtshof von einer zu dessen Nachteil erfolgten unrichtigen Anwendung des Strafgesetzes (Z 10) überzeugen, vermag doch die tatsächliche Feststellung, wonach es dem Angeklagten "darauf ankam, sich durch die fortlaufenden Suchtgiftverkäufe eine wiederkehrende, nicht unbeträchtliche zusätzliche Einnahmequelle zu erschließen" (US 7, 11), die Unterstellung der Tat unter § 28 Abs 3 SMG nicht zu tragen.

Dafür hätte es vielmehr der Annahme einer Absicht des Angeklagten bedurft, sich durch das wiederkehrende Inverkehrsetzen jeweils großer Mengen (= die im Abs 2 bezeichnete Tat) eine fortlaufende (und nicht bloß wiederkehrende) Einnahme zu verschaffen (Jus 2495).

Die Aufhebung der Annahme gewerbsmäßiger Begehung samt Unterstellung der Tat unter § 28 Abs 3 SMG macht eine Behandlung der diesbezüglichen Teile der Nichtigkeitsbeschwerde entbehrlich.

Diese verfehlt im übrigen ihr Ziel.

Indem die Mängelrüge (Z 5) mit ihrer Kritik an der Annahme eines die übergroße Menge des § 28 Abs 4 Z 3 SMG erfassenden Vorsatzes als unvollständig und (zu ergänzen: offenbar) unzureichend begründet nur auf einen Teil der von den Tatrichtern gewürdigten Beweismittel abstellt und insbesondere die belastenden Angaben des Mükremin Ö***** sowie die Begutachtungsergebnisse sichergestellter Suchtgifte (US 7, 9), negiert, gelangt sie nicht zu gesetzmäßiger Darstellung.

Mit dem Hinweis auf die hinsichtlich der Menge des übergebenen Haschisch (3) schwankenden Aussagen dieses Zeugen, mit dessen Glaubwürdigkeit sich das Schöffengericht eingehend auseinandergesetzt hat (US 8 f), wird eine entscheidende Tatsache (vgl Mayerhofer StPO4 § 281 Z 5 ENr 26) nicht angesprochen, weil bereits im Fall der vor dem Untersuchungsrichter angegebenen (bloß) vier bis fünf Kilogramm (S 425, Bd I; vgl aber S 311, Bd I und S 61, Bd II) das Fünfundzwanzigfache einer großen Menge Suchtgifts infolge der (hier) gebotenen Addition der in Verkehr gesetzten Suchtgifte (US 7) erheblich überschritten wäre.

Weil schließlich das die sog Übermenge des § 28 Abs 4 Z 3 SMG übersteigende Suchtgiftquantum die Strafdrohung (§ 28 Abs 4 SMG) nicht bestimmt, liegt in der darauf bezogenen Annahme eines Erschwerungsgrundes, der Sanktionsrüge (Z 11 zweiter Fall) zuwider, keine nach § 32 Abs 2 erster Satz StGB verbotene Doppelverwertung.

Das amtswegige Aufgreifen eines Feststellungsmangels in der Bedeutung des § 281 Abs 1 Z 10 StPO macht trotz Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde bereits in nichtöffentlicher Sitzung (§ 285 d Abs 1 StPO) die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung unvermeidbar (§ 285 e StPO).

Stichworte