OGH 13Os88/98

OGH13Os88/9829.7.1998

Der Oberste Gerichtshof hat am 29.Juli 1998 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Ebner, Dr.Rouschal, Dr.Schmucker und Dr.Ratz als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Kofler als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Arif A***** wegen des Verbrechens der versuchten Vergewaltigung nach §§ 15, 201 Abs 1 StGB und weiteren strafbaren Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Korneuburg als Schöffengericht vom 28.Jänner 1998, GZ 11 Vr 852/96-20, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugemittelt.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Arif A***** wurde der Verbrechen (zu I 1 und 2) der versuchten Vergewaltigung nach §§ 15, 201 Abs 1 StGB und (zu III) der schweren Nötigung nach §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 StGB sowie (zu II) des Vergehens der geschlechtlichen Nötigung nach § 202 Abs 1 StGB schuldig erkannt (die teilweise Falschbezeichnung nach § 17 StGB ist keine Nichtigkeit, SSt 47/33).

Danach hat er von März bis Ende August 1996 in Korneuburg und Enzersfeld die minderjährige Marinela P***** durch im Urteil einzeln beschriebene (zu I 1 und 2) gefährliche Drohungen mit schwerer Gewalt für Leib und Leben teilweise verbunden mit Gewaltausübung zur Duldung des Beischlafs zu nötigen versucht sowie (zu II) durch Gewaltakte zur Duldung geschlechtlicher Handlungen und (zu III) Drohungen zur Unterlassung entsprechender Mitteilungen über das Tatgeschehen (zu I) genötigt.

Die auf § 281 Abs 1 Z 4, 5, 9 lit a und 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht im Recht.

Rechtliche Beurteilung

Die unterlassene Vernehmung des beantragten Zeugen Eliu M***** wurde - entgegen den Beschwerdeausführungen - sowohl in der Hauptverhandlung (S 107) als auch noch zusätzlich im Urteil begründet (US 13); die im Rechtsmittel vorgenommene Erweiterung des Beweisthemas betreffend eine geplante Wohnungsräumung (siehe S 105) ist zudem schon formell unzulässig.

Der wiederholte Vorwurf der Aktenwidrigkeit (Z 5) scheitert, weil in den Entscheidungsgründen gar nicht in den Akten befindliche gerichtliche Aussagen wiedergegeben, sondern auf Grund derselben und weiterer Beweismittel lediglich Schlüsse gezogen wurden (Mayerhofer StPO4 § 281 Z 5 ENr 185, 191). Im übrigen hat das Tatopfer in der Verhandlung gar wohl einen Würgegriff des Angeklagten demonstriert (S 39) und auch die Furcht (Angst) vor dem Vater bei allfälliger Eröffnung ihres Fehlverhaltens bekundet (S 39). Gleiches gilt hinsichtlich der mit der schweren Drohung verbundenen Aufforderung, von der Tat nichts zu erzählen (S 42).

Die Rechtsrügen müssen von dem im Urteil festgestellten Tatsachen ausgehen, dürfen dieselben nicht bestreiten und keine Umstände verschweigen, die im Urteil festgestellt sind (Mayerhofer aaO § 281 E 26 ff). Diesem Gebot entsprechen die Rechtsrügen durchgehend nicht.

So bestand die Nötigung zur (versuchten) Duldung des Beischlafs nicht bloß in der Ankündigung strenger Erziehungsmaßnahmen, sondern auch von Schlägen (des Vaters) und insbesondere auch in dem in Aussicht gestellten Ausstechen der Augen mit einem Messer sowie einem Würgegriff (I 1 und 2), wobei entgegen der Beschwerde (auch) die Ankündigungen gar wohl ernstgemeint waren (US 16). Die Behauptung, daß das Opfer erst dann geflüchtet sei als der Angeklagte mit seinen Ausführungshandlungen (zu I 1) aufgehört habe, ist aktenwidrig. Nach den Urteilsfeststellungen konnte das Tatopfer nur durch seine Flucht der Tatvollendung (zu I 1) entgehen (US 17). Auch der Vergewaltigungsversuch des Angeklagten (zu I 2) in dessen PKW scheiterte nicht am "freiwilligem Rücktritt", sondern festgestelltermaßen (US 5, 17), weil das Opfer sich anschickte, aus dem fahrenden Auto zu springen.

Soweit die Beschwerde im Anschluß daran einen Feststellungsmangel dahingehend geltend macht, daß (ihr genehme) Konstatierungen nicht getroffen worden seien, scheitert sie daran, daß ohnedies sachbezogene Tatsachen (wenn auch gegenteilige) festgestellt wurden. Der Biß in die Brust des Tatopfers und das Betasten des Geschlechtsteils (II) wurde vom Schöffengericht auf die diesbezüglich eindeutige Aussage der Marinela P***** gegründet (siehe S 44 f). Diesen eben genannten Biß und die beschriebenen Attacken des Angeklagten trotz Gegenwehr des Opfers verschweigt die Rechtsrüge, wenn sie nur Küsse, Streicheln oder "ähnliches" (im Rechtsmittel fallbezogen nicht weiter ausgeführt) für "keine Unzuchtshandlungen" hält. Unerfindlich bleibt die im Tatsächlichen gelegene Behauptung, daß ein Biß in die Brust deren Berührung ausschließe, ganz abgesehen, daß der Angeklagte nach der ausführlichen Urteilsbegründung der Marinela P***** auch auf die Brüste griff und ihren Geschlechtsteil zusätzlich betastete (US 6).

Das Tatopfer hat unmißverständlich angegeben, daß die Drohung, mit dem Messer die Augen auszustechen, auch dazu dienen sollte, eine Erzählung vom Tatgeschehen zu unterbinden (S 42). Die Behauptung, es sei aktenwidrig, daß P***** gesagt hätte, durch die Drohung sei sie keinesfalls veranlaßt worden, niemandem (insbesondere auch der Stiefmutter) etwas zu erzählen, richtet sich daher gegen die Beschwerde selbst.

Soweit aber die Beschwerde den vom Beschuldigten gewählten Worten ein anderes Vorhaben zu unterlegen sucht, als dies vom Schöffengericht festgestellt wurde, wird nur (unzulässig) die Beweiswürdigung bekämpft. Dies gilt auch für jenen Teil der Rechtsrüge, die die Ernstlichkeit der Drohung in Zweifel zu ziehen sucht. Soweit die Rechtsrüge ferner die Person, der das Tatopfer vom Geschehen nichts erzählen sollte, vertauscht (Gattin des Angeklagten statt Stiefmutter des Opfers) ist dies urteilsfremd und im übrigen unentscheidend.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war demnach bereits in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 285 d StPO zurückzuweisen, woraus sich die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Wien zur Entscheidung über die Berufung ergibt.

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