OGH 8ObA161/98d

OGH8ObA161/98d6.7.1998

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Langer und Dr.Adamovic sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Peter Scheuch und ZS Richard Paiha in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Walter R*****, Pensionist, ***** vertreten durch Dr.Reinhard Tögl, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei Grazer Stadtwerke AG, Graz, Andreas Hofer-Platz 15, vertreten durch Dr.Dieter Zaponig, Rechtsanwalt in Graz, wegen S 5.040,-- sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 2.April 1998, GZ 8 Ra 270/97f-14, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 26.Juni 1997, GZ 34 Cga 36/97w-10, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 2.436,48 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 406,08 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Begründung der Berufungsentscheidung, aufgrund von zwei Einmalzahlungen der beklagten Partei an ihre aktiven Arbeitnehmer in den Jahren 1996 und 1997 entstehe kein Anspruch des klagenden Pensionisten auf 80 % dieser Einmalzahlungen, ist zutreffend (§ 510 Abs 3 ZPO).

Den Revisionsausführungen ist entgegenzuhalten:

Rechtliche Beurteilung

Die Ausführungen in der Zulassungsbeschwerde, es handle sich um einen Musterprozeß, wodurch über eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 46 Abs 1 ASGG zu entscheiden sei, sind unerheblich, weil die Revision auch bei Fehlen dieser Voraussetzungen über vertragliche Ruhegenüsse "jedenfalls" zulässig ist (§ 46 Abs 3 Z 3 zweiter Fall ASGG).

Nach § 203 des Kollektivvertrages für Dienstnehmer der Verkehrsbetriebe der Grazer Stadtwerke AG besteht nur eine Verknüpfung nach Art einer Wertsicherung zwischen den allgemeinen Änderungen der Löhne/Gehälter der Arbeitnehmer und den Änderungen des Ruhegeldes (§ 236 des KV); ebenso sind einmalige Zulagen der aktiven Bediensteten ohne Einfluß auf die Beitragsgrundlage (§ 215 des KV) und die Bemessungsgrundlage (§ 221 des KV). § 236 des KV nimmt in Satz 2 auf eine sich ergebende Minderung der bisher gewährten Leistungen der Pensionseinrichtung Bedacht, in welchem Fall dies durch eine Ergänzungszulage auszugleichen ist; die Rechtsgrundlage der Pensionsleistungen des Klägers schließt also Pensionsminderungen keineswegs aus, zumal die Ergänzungszulage auch den sich ergebenden Differenzbetrag unterschreiten könnte. Es mag eine Einmalzahlung "funktionell" einer Lohnerhöhung der aktiven Bediensteten entsprechen, jedoch steht die Wahl der Vorgangsweise den Kollektivvertragspartnern offen, nämlich ob als Erhöhung des laufenden Entgelts, das über die Beitrags- und Bemessungsgrundlage zu einer entsprechenden Anhebung der Pensionsleistungen führte, oder als Einmalzahlung, bei der dies nicht der Fall ist. Darin kann kein Verstoß gegen § 879 Abs 1 ABGB erblickt werden, zumal der Gesetzgeber im "Sparpaket" (Strukturanpassungsgesetz BGBl 1996/201) für den öffentlichen Dienst eine gleichartige Vorgangsweise gewählt hat.

Soweit sich der Revisionswerber darauf beruft, daß die Verhandlungsergebnisse des Magistrates der Stadt Graz für die Lohnerhöhungen der aktiven Bediensteten der beklagten Partei übernommen worden seien; daraus habe sich kraft betrieblicher Übung eine Gleichbehandlung auch der Pensionisten ergeben, ist ihm zu erwidern, daß damit noch keine betriebliche Übung im Sinne einer an der tatsächlichen Handhabung der Pensionserhöhungen für die ehemaligen Magistratsbediensteten orientierten Abweichung von den pensionsrechtlichen Bestimmungen des Kollektivvertrages geltend gemacht wird, da vom Kläger nicht einmal behauptet wurde, bei Valorisierung der Betriebspensionen der beklagten Partei seien bereits in der Vergangenheit nach der kollektivvertraglichen Pensionsregelung nicht einzubeziehende Teile des Entgeltes der Aktiven im Hinblick auf deren Einbeziehung bei Anpassung der Magistratspensionen berücksichtigt worden.

Das in § 18 Betriebspensionsgesetz normierte Gleichbehandlungsgebot - abgesehen davon, daß diese Bestimmung gemäß Art V Abs 3 BPG auf die vor dem 1.Juli 1990 erworbenen Pensionsanwartschaften des Klägers nicht anzuwenden ist (DRdA 1993/45 [R.Resch] = SZ 65/163; 9 ObA 255/97h) - verbietet keineswegs Differenzierungen zwischen den Entgelten der Aktiven und den Ruhegeldleistungen, lediglich bei Einschränkung oder Widerruf von Pensionsanwartschaften der Aktiven und Leistungen an Pensionisten begründen unsachliche Differenzierungen einen Angleichungsanspruch (§ 18 Abs 3 BPG). Darüber hinaus richtet sich das Gleichbehandlungsgebot des § 18 Abs 1 BPG an den Arbeitgeber. Bei Eingriff durch Kollektivvertrag oder Betriebsvereinbarung ist der verfassungsrechtliche Gleichheitssatz anzuwenden (SZ 65/163 = DRdA 1993/45 [R.Resch]; 9 ObA 255/97h).

Der Revisionswerber behauptet zwar einen Verstoß gegen "Grundsätze der Rechtsordnung", ohne aber dazu ein anderes Argument zu bieten, als die von ihm als unbefriedigend empfundene Wortinterpretation des Kollektivvertrages. Eine "Lücke" im Kollektivvertrag, daß dieser eine Einmalzahlung an Aktive ohne gleichartige Begünstigung für Pensionisten ermögliche, besteht nicht, da § 215 des Kollektivvertrages ausdrücklich "alle anderen Zulagen" (außer der allgemeinen Dienstzulage und der Dienstalterszulage) von der Einbeziehung in die Beitragsgrundlage und damit iVm § 221 KV auch von der Einbeziehung in die Bemessungsgrundlage für die Leistungen der Pensionseinrichtung ausschließt.

Ein Grund für eine rechtliche Beschränkung der Regelungsbefugnisse der Kollektivvertragspartner, nur den Aktiven eine Zulage zuzuwenden, ist nicht ersichtlich. Ein grobes Mißverhältnis zwischen Beitragsleistungen - für die Zulage (Einmalzahlung) wird gemäß § 215 des KV kein Beitrag des Arbeitnehmers bezahlt - und Firmenpensionszuschußleistung entsteht dadurch nicht. Eine maßvolle Änderung (Verschlechterung) des kollektivvertraglichen Pensionssystem ist rechtlich zulässig (zur DOA: WBl 1996, 456 = Arb 11.476).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

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