OGH 13Os78/98

OGH13Os78/981.7.1998

Der Oberste Gerichtshof hat am 1.Juli 1998 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Markel, Dr.Rouschal, Dr.Habl und Dr.Ratz als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramts- anwärterin Mag.Kofler als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Ing.Fritz U***** und andere wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßig schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall und 15 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten Hans Peter W*****, Dieter K***** und Martin R***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt als Schöffengericht vom 16.September 1997, GZ 15 Vr 707/95-77, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerden und aus deren Anlaß wird das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt,

hinsichtlich Ing.U***** in der Annahme (auch) vollendeten Betruges und gewerbsmäßiger Begehung samt Unterstellung der Ing.U***** zur Last liegenden Tat unter § 148 zweiter Fall StGB (A),

hinsichtlich H***** in der Annahme vollendeten Betruges (B/2),

in den W*****, K*****, Johann und Aurelia P***** sowie R***** betreffenden Schuldsprüchen (B/1, 3 und 4),

demnach auch in den Strafaussprüchen,

in der W*****, K*****, Johann und Aurelia P***** sowie R***** betreffenden Kostenentscheidung

und in der Verurteilung des Ing.U***** zur Zahlung von 971.856 S an die Gemeinde D*****

aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Eisenstadt zurückverwiesen.

Mit ihren Berufungen werden die Angeklagten auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auch rechtskräftige Freisprüche enthaltenden Urteil wurden Ing.Fritz U***** des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßig schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall und 15 StGB (A), Hans Peter W***** und Dieter K***** des Verbrechens des versuchten schweren Betruges als Beitragstäter nach §§ 12 dritter Fall, 15, 146, 147 Abs 3 StGB (B/1), Othmar H***** des Verbrechens des schweren Betruges als Beitragstäter nach §§ 12 dritter Fall, 146, 147 Abs 3 StGB (B/2), sowie Johann P***** (B/3), Aurelia P***** (B/3) und Martin R***** (B/4) des Vergehens des schweren Betruges als Beitragstäter nach §§ 12 dritter Fall, 146, 147 Abs 2 StGB schuldig erkannt.

Inhaltlich des Schuldspruches haben (zusammengefaßt) in der Zeit von Herbst 1991 bis Ende 1992 in D*****

A) Ing.Fritz U***** mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem

Vorsatz und in der Absicht, sich durch wiederkehrende Begehung schweren (§ 147 Abs 2 StGB) Betruges eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, Vertreter der Gemeinde D***** durch die (stillschweigende) Zusicherung, die Preiskalkulation von Vertragspartnern für die Errichtung des "Terrassenwohnparks D*****" leistungsbezogen und nicht nach intern vereinbarten Provisionen beurteilt zu haben, zur Begleichung von Darlehensverbindlichkeiten der Fa L***** & Co GesellschaftmbH in der Schadenshöhe von 971.856 S veranlaßt und von 901.920 S zu veranlassen versucht;

B) Hans Peter W***** und Dieter K***** zum Betrugsversuch, Othmar

H***** (hinsichtlich eines Schadens von 587.616 S), Johann und Aurelia P***** (hinsichtlich eines Schadens von 98.160 S) sowie Martin R***** (hinsichtlich eines Schadens von 286.080 S) zum Betrug Ing.U*****s durch überhöhte - Provisionen an Ing.U***** verdeckende - Preise ausweisende Anbote beigetragen.

Dagegen richten sich von W***** und K***** (gemeinsam) aus Z 5, 5 a, 9 lit a und lit b sowie von R***** aus Z 4, 5, 5 a, Z 9 lit a und b und Z 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerden, denen Berechtigung zukommt.

Zu den Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten

W***** und K*****:

Rechtliche Beurteilung

Nominell aus Z 9 lit a und b (inhaltlich nur lit b) zeigen diese zutreffend einen Feststellungsmangel zur Frage strafaufhebenden Rücktritts vom Versuch (§ 16 Abs 1 dritter Fall StGB) auf, weil aus den tatsächlichen Urteilsannahmen nicht hervorgeht, aus welchem Grund an die (von den Angeklagten vertretene) Fa T***** keine um die bezahlten Schmiergelder erhöhten Zahlungen vom Kreditkonto der Fa L***** & Co Gesellschaft mbH geleistet wurden. Damit ist offen geblieben, ob, wie im Rechtsmittel behauptet, freiwilliger Verzicht der Angeklagten, den entsprechenden Geldbetrag in Rechnung zu stellen und damit den (bereits hervorgerufenen) Irrtum der Organwalter der Gemeinde D***** auszunützen, die Ursache dafür war (vgl US 20). In diesem Fall wäre ein in der Rückzahlung der Darlehensvaluta durch die Gemeinde D***** bestehender Vermögensschaden freiwillig abgewendet worden.

Eine durch Verzicht der Angeklagten allenfalls eingetretene Schädigung der Fa T***** ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens.

Da die betrugsrelevante Täuschung von Organwaltern der Gemeinde D***** in der stillschweigenden Zusicherung U*****s bestand, die Preiskalkulation von Vertragspartner für die Errichtung des "Terrassenwohnparks D*****" leistungsbezogen und nicht nach intern vereinbarten Provisionen beurteilt zu haben, die (mit Hilfe der Angeklagten gelungene) Täuschung über Tatsachen demnach bereits Ausführungshandlung war, wäre der Betrug - was zur Klarstellung angemerkt sei - bereits ins Versuchsstadium getreten (Leukauf/Steininger Komm3 § 146 RN 65).

Die mit der Zielrichtung (mangels Pflichtwidrigkeit auch nach § 153 a StGB) straflosen Beitrages zu einer (von Ing.U***** als dem Träger der Sonderdeliktsqualität wegen Einwilligung des einzigen Mitgesellschafters infolge solcherart fehlenden Mißbrauchs [§ 14 Abs 1 zweiter Satz StGB]) nicht begangenen Untreue gegenüber der Fa L***** & Co GesellschaftmbH erhobene Mängel- und Tatsachenrüge (Z 5 und 5 a) kann wegen der Aufhebung des zu B/1 ergangenen Schuldspruchs auf sich beruhen (vgl Leukauf/Steininger Komm3 § 12 RN 50, § 14 RN 11, § 153 RN 39 und 46 f; Fabrizy WK § 12 Rz 98, § 14 Rz 14, 16 und 17).

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten

R*****:

Bereits die Verfahrensrüge (Z 4) ist im Recht.

Zutreffend kritisiert sie die vom Schöffengericht (im Urteil S 42 f; vgl aber § 238 Abs 2 StPO) gewählte Begründung für die Abweisung des (unter Verweis auf ein Leistungsverzeichnis und ein Privatgutachten gestellten) Antrages auf Beiziehung eines "Bausachverständigen, insbesondere aus dem Elektrofachwesen" zum Beweis dafür, daß die im Anbot vom 4.November 1991 enthaltenen und (später) verrechneten Leistungen einen der Anbots- und Rechnungssumme entsprechenden Gegenwert dargestellt hätten (S 491, 639/V). Erhielt nämlich die Gemeinde D***** durch die (Werk-)Leistung des Martin R***** ein vermögenswertes Äquivalent, so fehlt es an dem für die Annahme eines Betruges erforderlichen Vermögensschaden (Leukauf/Steininger Komm3 § 146 RN 41, Foregger/Kodek StGB6 § 146 Anm II 2; vgl instruktiv:

Kienapfel BT II3 § 146 Rz 59 b).

Die gegen die (tatsächliche und rechtliche) Annahme eines Vermögensschadens gerichtete Mängel-, Tatsachen- und Rechtsrüge (Z 5, 5 a und 9 lit a und lit b) kann daher ebenso auf sich beruhen wie die Feststellungen über die "tatsächliche Schadenshöhe" vermissende Subsumtionsrüge (Z 10).

Der Entfall des auf die Mitwirkung R*****s entfallenden Schadensanteils von 286.080 S könnte übrigens von Ing.U***** mangels Einflusses auf die rechtliche Unterstellung der ihm zur Last liegenden (einheitlichen) Tat nicht als Nichtigkeitsgrund geltend gemacht werden, weshalb amtswegiges Vorgehen nach § 290 Abs 1 zweiter Satz (zweiter Fall) StPO insoweit nicht in Betracht kommt.

Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerden mußte sich der Oberste Gerichtshof von Feststellungsmängeln zur Gewerbsmäßigkeit Ing.U*****s, zur (teilweisen) Vollendung des Betruges (A und B/2) sowie zur (damit verbundenen) Verjährungsfrage bei Johann und Aurelia P***** (B/3) überzeugen (§§ 290 Abs 1 zweiter Satz, 281 Abs 1 Z 10 und 9 lit b StPO).

Gewerbsmäßig handelt nur derjenige, der die strafbare Handlung in der Absicht begeht, sich durch ihre wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (§ 70 StGB). Besteht die der Absicht zugrunde- liegende strafbare Handlung - wie hier § 147 Abs 2 StGB - aber aus (Täuschungs-)Handlung und (Selbstschädigungs-)Erfolg, so genügen mehrere mit dem Ziel (§ 5 Abs 1 zweiter Satz StGB) einer einzigen, in der Rückzahlung des erwähnten Darlehens bestehenden Selbstschädigung der Gemeinde vorgenommene Täuschungshandlungen für Gewerbsmäßigkeit nicht (vgl 13 Os 8, 11/98 nv):

Für die Subsumtion des Ing.U***** zur Last liegenden Betruges unter § 148 zweiter Fall StGB reicht demnach der Hinweis auf "das geplante Vorgehen in mehreren Fällen zur Sicherung fortlaufender Einnahmen" (US 46) nicht aus.

Zudem haben die Tatrichter rechtsirrig bereits in der (wenngleich im Einvernehmen mit Organwaltern der Gemeinde) erfolgten Bezahlung der in Rede stehenden, versteckte Provisionen an Ing.U***** enthaltenden Rechnungen durch die Fa L***** & Co GesellschaftmbH den für den Schadenseintritt erforderlichen effektiven Verlust an Vermögenssubstanz der Gemeinde D***** erblickt (US 29, 45, 47) und dabei übersehen, daß die von der Gemeinde D***** gegenüber der Fa L***** & Co GesellschaftmbH eingegangene vertragliche Verpflichtung zur (nachträglichen) Rückzahlung des dieser eingeräumten Kredites (US 15 f, 29 bis 31, 47) dadurch noch nicht tatsächlich in Anspruch genommen wurde (Leukauf/Steininger Komm3 § 146 RN 40, Liebscher in WK § 146 Rz 21 und 27, Kienapfel BT II3 § 146 Rz 153 f, Bertel/Schwaighofer BT I5 § 146 Rz 34, Mayerhofer/Rieder StGB4 § 146 ENr 97 und 98 [abw ENr 101], vgl auch Foregger/Kodek StGB6 § 146 Anm II 2, Lewisch BT I 224).

Ob die Gemeinde D***** die mit der Fa L***** & Co GesellschaftmbH vereinbarte Zahlung an die Kreditgeberin auch tatsächlich geleistet hat, hat das Schöffengericht gleichermaßen festzustellen unterlassen wie die für die rechtsrichtige Annahme vollendeten Betruges erforderliche Tatsache, daß die Zahlung aufgrund des täuschungsbedingten Irrtums erfolgte (vgl US 30 f; Kienapfel aaO Rz 87 ff, 106 f).

Die durch Ausstellung von Pfandbestellungsurkunden übernommene "Realhaftung" für den Kredit (US 15) kann übrigens schon deshalb außer Betracht bleiben, weil sie nicht erlistet worden war.

Weil schließlich (nach Urteilsspruch und Entscheidungsgründen) die einzige Täuschungshandlung Ing.U*****s, zu der Johann und Aurelia P***** - wenngleich durch "überhöhte Anbote" und "überhöhte Rechnungen" (vgl US 4) - beigetragen hätten, darin bestand, die Organwalter der Gemeinde D***** über die leistungsbezogene Prüfung der "vorgelegten Anbote" (US 2, 16 f, 25 f, 28 bis 30), nicht aber der Rechnungen, in Irrtum zu führen, der in der Anbotserstellung bestehende Tatbeitrag aber auf den 4.November 1991 fällt (US 25) und vor Einbringung der Anklageschrift am 5.Dezember 1996 (S 1 g [verso] des Antrags- und Verfügungsbogens) keine strafgerichtliche Maßnahme gegen diese ergriffen wurde (Mayerhofer/Rieder StGB4 § 58 ENr 3 und 4), wäre dann, wenn der Rechnung tatsächlich kein weiterer (von ihnen gewollter) Einfluß auf den hervorgerufenen Irrtum zugekommen sein sollte, die solcherart (bloß) beim Versuch gebliebene (mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bedrohte) Tat des Johann und der Aurelia P***** verjährt (§ 57 Abs 3 dritter Fall StGB; anders bei eingetretenem Erfolg: § 58 Abs 1 StGB).

Die fehlenden Feststellungen zwingen neben der gänzlichen Kassierung der zu B/1 und 4 ergangenen Schuldsprüche zur Aufhebung der Annahme gewerbsmäßiger Begehung samt Unterstellung der U***** zur Last liegenden Tat (A) unter § 148 zweiter Fall StGB und der Annahme vollendeten Betruges zu A und B/2; schließlich zur Aufhebung des Johann und Aurelia P***** betreffenden Schuldspruches (B/3).

Im zweiten Rechtsgang wird hinsichtlich des für die Vollendung des Betruges (zu A [auch bezüglich des Teilbetrages von 971.856 S] und B/2 bis 4) erforderlichen effektiven Verlustes an Vermögenssubstanz festzustellen sein, ob die (vom Zeugen L***** behauptete; S 525/V) nachträgliche Abdeckung des Kreditkontos der Fa L***** & Co Gesellschaft mbH (ebenso wie die Einwilligung der Gemeindeorgane in Auftragserteilung und Bezahlung der mit überhöhten Preisen operierenden Firmen noch immer) aufgrund des von Ing.U***** hervorgerufenen Irrtums veranlaßt wurde oder dieser bereits aufgeklärt war, in welchem Fall nur Betrugsversuch in Betracht käme.

Bloß Versuch läge auch insoweit vor, als die von L***** (aaO) behauptete Reduktion der zur Abdeckung des Kreditkontos geleisteten Zahlung um "ca 2,6 Mio S" gegenüber der Schlußrechnung auf die den überhöhten Anboten (B/2 bis 4) entsprechenden Rechnungen entfiele und die an Ing.U***** geflossenen Schmiergelder beträfe.

Mangels Betrugsvollendung und einer damit verbundenen Verlängerung der Verjährungsfrist (§ 58 Abs 1 StGB) wären Johann und Aurelia P***** dann aufgrund des persönlichen Strafaufhebungsgrundes der Verjährung freizusprechen, wenn nicht festgestellt werden sollte, daß auch deren (datumsmäßig zu konstatierende) Rechnungslegung, (ungeachtet der Intention des unmittelbaren Täters) ihrem Willen gemäß, zum Irrtum der Organe der Gemeinde D***** beigetragen hat.

Für die erneute Annahme von Gewerbsmäßigkeit Ing.U*****s bedürfte es vor allem einer Konstatierung, welche Vorstellung beabsichtigter weiterer Betrugstaten (über die angestrebte Abdeckung des Kreditkontos hinaus) zur Erzielung einer fortlaufenden Einnahme bei ihm vorlag.

Im übrigen wird (im Fall zu B/3 oder 4 ergehender Freisprüche) zu beachten sein, daß bezüglich des Teilbetrages von 971.856 S ein (teilweiser) Freispruch Ing.U***** schon wegen des unberührt gebliebenen Schuldspruches (wegen zumindest versuchten schweren Betruges) nicht in Betracht kommt.

Zu B/1 wird einerseits festzustellen sein, ob W***** und K***** nur einen (straflosen) Beitrag zu einer Schädigung der Fa L***** & Co GesellschaftmbH (§ 153 StGB) oder einen Betrug unterstützen wollten. Letzterenfalls wäre die Frage strafbefreienden Rücktritts vom Versuch, wie vorstehend dargelegt, zu beantworten.

Zu B/4 ist klarzustellen, inwieweit die in Anbot und Rechnung R*****s enthaltenen Preise ungeachtet der "Provision" U*****s den angebotenen und erbrachten Leistungen entsprochen, also ein vermögenswertes Äquivalent dargestellt haben.

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