OGH 2Ob157/98x

OGH2Ob157/98x25.6.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schinko, Dr.Tittel und Dr.Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Nedeljko V*****, vertreten durch Dr.Helmut Krenn, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1.) Gerhard K*****, und 2.) ***** Versicherungs AG, ***** beide vertreten durch Hule & Heinke Rechtsanwälte KEG in Wien, wegen S 150.000,-- sA und Feststellung (S 50.000,--), infolge Revisionsrekurses der beklagten Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 21. Jänner 1998, GZ 12 R 174/97i-20, womit das als Beschluß anzusehende Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 7. Februar 1997, GZ 25 Cg 40/96b-13, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 16.Oktober 1997, GZ 25 Cg 40/96b-17, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die Rechtsmittelwerber haben die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Der Kläger wurde am 19.Februar 1993 bei einem vom Erstbeklagten verschuldeten Verkehrsunfall verletzt. Er machte mit einer am 9.2.1994 eingebrachten Mahnklage Schmerzengeld von S 50.000,-- geltend, dessen Ausdehnung er sich ausdrücklich vorbehielt. Der Zahlungsbefehl erwuchs mangels Widerspruchs in Rechtskraft.

Mit seiner am 16.2.1996 eingebrachten Klage begehrt er (weiteres) Schmerzengeld von S 150.000,--. Die erlittenen Verletzungen rechtfertigten Schmerzengeld von S 200.000,--. Unter Berücksichtigung des bereits zuerkannten Betrages von S 50.000,-- werde daher der Klagsbetrag geltend gemacht. Außerdem stellte er ein Feststellungsbegehren.

Die beklagten Parteien bestritten an sich nicht die Haftung für die Folgen des Verkehrsunfalles, beantragten jedoch die Abweisung der Klage, weil der Kläger mit seiner ursprünglich eingebrachten Klage Schmerzengeld von S 50.000,-- gefordert und erhalten habe. Mit weiteren Unfallsfolgen sei nicht zu rechnen gewesen. Sie wendeten im Hinblick auf das Vorverfahren rechtskräftig entschiedene Streitsache ein.

Das Erstgericht gab dem Feststellungsbegehren unangefochten statt und wies mit Urteil das Leistungsbegehren ab. Es erörterte rechtlich, daß der Schmerzengeldanspruch ein Globalanspruch sei, der bei seiner Geltendmachung sämtliche bis dahin entstandenen sowie auch zukünftig zu erwartenden Schmerzen zu umfassen habe. Die Schmerzperioden hätten im Februar 1994 geendet, weshalb zur Zeit der Einbringung der ersten Klage bereits ein globaler Schmerzengeldanspruch hätte geltend gemacht werden können. Wenngleich sich der Kläger eine Ausdehnung der Schmerzengeldforderungen vorbehalten habe, sei doch durch den rechtskräftigen Abschluß des seinerzeitigen Verfahrens dieser Anspruch bereits rechtskräftig und endgültig entschieden, sodaß diesbezüglich entschiedene Rechtssache vorliege.

Über Anregung des Rechtsmittelgerichtes faßte das Erstgericht nachstehenden in Rechtskraft erwachsenen Berichtigungsbeschluß.

"1.) Gemäß § 261 Abs 1 ZPO wird der Einrede der beklagten Parteien bezüglich des Leistungsbegehrens als "res judicata" stattgegeben.

2.) Gemäß § 419 ZPO wird sohin das Urteil vom 7.2.1997, 25 Cg 40/96b-13, im Punkt (fehlt) seines Spruches berichtigt wie folgt:

'Im Sinne der Stattgebung der Einrede der res judicata wird sohin das Mehrbegehren, die beklagten Parteien seien zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei einen Betrag von S 150.000,-- samt 4 % Zinsen seit 1.3.1994 zu zahlen, zurückgewiesen'; sowie auch in den Entscheidungsgründen in der rechtlichen Beurteilung anstelle des Satzes 'Das Leistungsbegehren mußte hingegen abgewiesen werden' berichtigt wie folgt: 'Da demnach der Einrede der res judicata stattzugeben war, war das diesbezügliche Leistungsbegehren zurückzuweisen'".

Das Rechtsmittelgericht gab dem gegen die Zurückweisung des Leistungsbegehrens gerichteten Rekurs des Klägers Folge und wies den "gegen die Geltendmachung eines Schmerzengeldanspruches von S 150.000,-- samt Anhang erhobenen Einwand der rechtskräftig entschiedenen Streitsache" zurück.

Es erörterte rechtlich, daß die Möglichkeit der Teileinklagung von Schmerzengeld von der Judikatur etwa seit 1970 grundsätzlich verneint werde, doch bestünden in der Literatur gegen diese Ansicht erhebliche Bedenken. Bei der Ablehnung der Teileinklagung von Schmerzengeld sei durchwegs mit materiell-rechtlichen Gründen argumentiert worden. Soweit überblickbar, sei vom Obersten Gerichtshof über nachträglich erhobene Schmerzengeldansprüche nach der Änderung seiner Judikatur Ende der 60iger Jahre immer sachlich entschieden und nicht etwa die Klage in amtswegiger Wahrnehmung eines Nichtigkeitsgrundes wegen rechtskräftig entschiedener Streitsache zurückgewiesen worden. Dazu komme, daß nach ständiger Judikatur die Rechtskraft nur bis zur Höhe des im Vorprozeß eingeklagten Betrages reiche, der Klage der Einwand der entschiedenen Streitsache nicht entgegengehalten werden könne, auch wenn aus dem gleichen Rechtsverhältnis und dem gleichen Tatbestand ein weiterer Anspruch erhoben werde, und sich die Rechtskraft nur auf den im Vorprozeß geltend gemachten Streitgegenstand erstrecke und somit die Restklage nicht hindere. Das Erstgericht habe daher der Einrede der rechtskräftig entschiedener Streitsache zu Unrecht stattgegeben.

Das Rekursgericht sprach aus, daß der Revisionsrekurs zulässig sei, weil sich der Oberste Gerichtshof mit der Frage, ob bei Teileinklagung von Schmerzengeld einer Nachklage die Einrede der rechtskräftig entschiedenen Streitsache mit Erfolg entgegengehalten werden könne, soweit überblickbar, noch nicht befaßt habe.

Rechtliche Beurteilung

Der von den beklagten Parteien erhobene Revisionsrekurs ist entgegen dem gemäß § 526 Abs 2 ZPO nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichtes unzulässig.

Es trifft zunächst zu, daß nach der Judikatur des Obersten Gerichtshofes die Teileinklagung von Schmerzengeld nur ausnahmsweise zulässig sein soll (vgl RIS-Justiz RS0031300; RS0031307; RS0031015) und diese Rechtsprechung in der Lehre auf erhebliche Kritik gestoßen ist (Klicka, Keine Teilklage bei Schmerzengeld? ÖJZ 1991, 435; Ertl, Noch immer nicht Veraltetes zur Teileinklagung von Schmerzengeldansprüchen, RZ 1997, 146). Diese Frage muß hier allerdings nicht erörtert werden. Es entspricht nämlich ebenfalls der bereits vom Rekursgericht zitierten ständigen Rechtsprechung, daß das Prozeßhindernis der rechtskräftig entschiedenen Streitsachen die Identität des Anspruches voraussetzt (Fasching, ZPR2 Rz 1515; Rechberger in Rechberger ZPO § 411 Rz 7 mwN). Identität des Anspruches, bei der eine neue Klage ausgeschlossen ist, liegt aber nur dann vor, wenn der Streitgegenstand der neuen Klage und der Urteilsgegenstand des schon vorliegenden Urteiles gleich sind, also sowohl das Begehren inhaltlich dasselbe fordert, was bereits rechtskräftig zuerkannt oder aberkannt wurde. Wird daher nur ein Teil einer Forderung eingeklagt, schließt die Rechtskraft des Urteiles eine weitere Forderung auch dann nicht aus, wenn die erste Klage nicht als Teilklage bezeichnet war (Fasching aaO Rz 1516; SZ 49/114; EFSlg 25.326; ZVR 1992/26).

Der Kläger macht eine (weitere) Schmerzengeldforderung von S 150.000,-- mit der Begründung geltend, daß die erlittenen Schmerzen tatsächlich S 200.000,-- rechtfertigten, wovon ein bereits zugesprochener Betrag von S 50.000,-- abzuziehen sei. Diesem Begehren steht jedenfalls kein prozessuales Hindernis entgegen (ausdrücklich ZVR 1992/26).

Die vom Rekursgericht als erheblich bezeichnete Rechtsfrage wurde somit im Sinn der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes gelöst und kann daher die Zulässigkeit des Revisionsrekurses nicht begründen. Im Revisionsrekurs werden auch andere Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung im Sinn des § 528 Abs 1 ZPO nicht aufgezeigt. Die Ausführungen, die darin zur Frage enthalten sind, ob dem Kläger der eingeklagte Schmerzengeldbetrag zuzusprechen ist, gehen am Kern der hier maßgebenden Rechtsfrage vorbei, weil die angeführte Frage erst für die - vom Erstgericht noch zu fällende - Entscheidung in der Sache von Bedeutung ist.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 40, 50 ZPO.

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