Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Revision selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Im Dezember 1995 trat die Klägerin an den ihr seit Jahren bekannten Geschäftsführer der Beklagten wegen einer möglichen Beschäftigung durch die Beklagte heran, weil sie seit längerer Zeit arbeitslos sei. Sie machte ihn auf ein Förderungsprogramm des Arbeitsmarktservice H***** aufmerksam, in dessen Rahmen für die Beschäftigung von Arbeitnehmern im Alter von mehr als 40 Jahren eine sechsmonatige Einstellungsförderung in der Form gewährt werde, daß der "gesamte Bruttolohn, also Lohnkosten und Lohnnebenkosten" vom Arbeitsmarktservice getragen werde, sodaß die Beklagte nur mehr den Nettobezug zu zahlen habe. Voraussetzung für diese Förderung sei nur, daß die Klägerin von der Beklagten angestellt werde und letztere die Förderung beantrage. Die Klägerin bezog sich dabei auf eine Information einer Mitarbeiterin des AMS und war davon überzeugt, daß dieses Förderungsprogramm für sie zur Anwendung komme. Der Geschäftsführer der Beklagten erkundigte sich bei einem Mitarbeiter des AMS über diese Einstellungsförderung, wobei ihm das Bestehen einer derartigen Förderung grundsätzlich bestätigt wurde Der Mitarbeiter des AMS konnte jedoch keine konkreten Angaben machen, weil das EDV-Programm ausgefallen war. Aufgrund dieser Information vereinbarte der Geschäftsführer mit der Klägerin, daß diese unter der Voraussetzung der Gewährung der Einstellungsförderung bei der Beklagten mit einem Nettolohn von S 20.000,-- angestellt werde. "Das Förderungsprogramm war Bedingung für den Abschluß des Arbeitsvertrages". Nachdem die Klägerin bereits bei der Beklagten tätig war, erfuhr deren Geschäftsführer vom AMS, daß das Einstellungsförderungsprogramm für die Klägerin nicht zur Anwendung komme, weil sie nicht mehr im aktiven Arbeitslosenbezug gestanden sei. Daraufhin teilte der Geschäftsführer am 30. 3. 1996 der Klägerin mit, daß er sich unter diesen Umständen nicht imstande sehe, sie weiter zu beschäftigen. Die Klägerin nahm noch im Einverständnis mit dem Geschäftsführer die Buchhaltungsunterlagen mit nach Hause, um sie abzuschließen. Am 2. 4. 1996 bat sie der Geschäftsführer, die Unterlagen "in die Firma" zu bringen. "Das Arbeitsverhältnis endete daher am 2. 4. 1996". Die Beklagte zahlte für die Klägerin nur die Dienstnehmer- und Dienstgeberbeiträge, nicht aber den vereinbarten Nettolohn.
Die Klägerin, die die Auflösung des Dienstverhältnisses als unbegründete Entlassung wertete, begehrte mit ihrer Klage S 157.661,27 brutto an Gehalt und aliquoten Sonderzahlungen bis 2. 4. 1996 sowie Kündigungsentschädigung für die Zeit von 3. 4. bis 30. 6. 1996 und Urlaubsentschädigung.
Die Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. Der Dienstvertrag sei unter einem von der Klägerin veranlaßten Irrtum zustande gekommen, nämlich unter der Voraussetzung, daß das Förderungsprogramm des Arbeitsmarktservice für sie zur Anwendung komme. Ferner wendete die Beklagte aufrechnungsweise die von ihr gezahlten Dienstgeber- und Dienstnehmeranteile aus dem Titel der Bereicherung als Gegenforderung ein.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren im Umfang von S 20.000,- netto und S 11.772,62 brutto sA statt und wies das Mehrbegehren ab. Die Gegenforderung der Beklagten erachtete es - ohne dies im Spruch zum Ausdruck zu bringen - als unberechtigt. Es vertrat die Rechtsauffassung, daß der Vertrag unter einem von der Klägerin veranlaßten Irrtum zustandegekommen sei. Bei in Vollzug gesetzten Dauerschuldverhältnissen wirke die mögliche Irrtumsanfechtung nach § 871 Abs 1 ABGB nicht zurück, sondern stelle nur einen Auflösungsgrund für die Zukunft dar. Der Klägerin stünden daher die zugesprochenen Beträge für die Zeit ihrer Beschäftigung zu, während die darüber hinaus eingeklagte Schadenersatzforderung nicht berechtigt sei.
Das nur von der Klägerin angerufene Berufungsgericht bestätigt diese Entscheidung. Die von der Berufungswerberin vertretene Rechtsauffassung, im Falle der Irrtumsanfechtung komme bei einem in Vollzug gesetzten Dienstverhältnis auch eine Auflösung für die Zukunft nur in Betracht, wenn der bei Abschluß des Vertrages unterlaufene Irrtum einen Entlassungsgrund verwirkliche, könne sich zwar auf einige oberstgerichtliche Entscheidungen stützen, werde aber vom Berufungsgericht nicht geteilt. Bei den maßgebenden Entscheidungen sei es meist um die nicht vergleichbare Frage gegangen, welchen Einfluß das Verschweigen einer Schwangerschaft auf den Bestand des Dienstverhältnisses habe. Richtigerweise sei nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilen, ob das Recht auf vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht nur vom Irrtum, sondern einer darüber hinausgehenden Auflösungsbegründung abhänge. Einer der entscheidenden Gesichtspunkte werde dabei sein, ob der Anfechtungsgrund im Zeitpunkt seiner Geltendmachung noch so wichtig sei, daß eine weitere Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses nicht zumutbar erscheine. Hier müsse der Beklagten die von ihr vorgenommene Beendigung des Arbeitsverhältnisses ex nunc zugebilligt werden, weil dieses ohne ein Beschäftigungsinteresse des Dienstgebers auf Drängen der Klägerin unter einem von ihr veranlaßten Irrtum zustandegekommen sei. Das Wirksamwerden der Förderung sei mit ihrem Einverständnis zur Bedingung und Grundvoraussetzung des Arbeitsvertrages gemacht worden. Da das Arbeitsverhältnis nur einen Monat gedauert habe, sei kein Grund ersichtlich, warum sich die Beklagte nicht auf den Irrtum berufen können solle.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, es im Sinne der vollinhaltlichen Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Beklagte hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.
Die Revision ist nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Die von den Vorinstanzen erörterten Fragen über Voraussetzungen und Wirkungen der Anfechtung eines Arbeitsverhältnisses wegen Irrtums stellen sich im hier zu beurteilenden Fall nicht, weil die Parteien das Motiv ("den Beweggrund") der Beklagten zum Abschluß des Arbeitsvertrages - nämlich die Gewährung der von der Klägerin angekündigten Einstellungsförderung - ausdrücklich zur Bedingung (§ 901 ABGB) des Vertrages gemacht haben. Wie festgestellt, wurde die Klägerin vereinbarungsgemäß "unter der Voraussetzung" der Gewährung der Förderung angestellt; diese war "Bedingung für den Abschluß des Arbeitsvertrages" (S 5 des Ersturteiles). Da die Parteien die Rechtswirkungen des Geschäftes sofort eintreten ließen, ist ihre Vereinbarung dahin zu interpretieren, daß die Nichtgewährung der Förderung als auflösende ("Resolutiv"-) Bedingung vereinbart wurde.
Während ein Teil der Lehre Resolutivbedingungen beim Arbeitsvertrag generell als unzulässig erachtet (so etwa Adler/Höller in Klang V**2, 307; Kramer, Hauptprobleme des befristeten und resolutiv bedingten Arbeitsverhältnisses, DRdA 1973, 159 ff [166f]; Floretta in Floretta/Spielbüchler/Strasser, Arbeitsrecht I3, 252;
Martinek/Schwarz/Schwarz, AngG7, 356), hält der Oberste Gerichtshof
unter Berufung auf Schrammel (Resolutivbedingungen im
Arbeitsverhältnis, ZAS 1984, 221 ff) solche Bedingungen nur dann für
unzulässig, wenn nicht nur der Eintritt des als auflösende Bedingung
vereinbarten Ereignisses ungewiß ist, sondern darüber hinaus auch ein
für die Beurteilung des Eintrittes oder Nichteintrittes der Bedingung
maßgebender Stichtag nicht auch nur annähernd feststeht (SZ 64/132 =
Arb 10.985 = DRdA 1992/29 [zust. Mazal] = ZAS 1992/20 [zust. Grassl -
Palten] = ecolex 1992, 39; ARD 4809/34/97 = ZASB 1997, 9; ebenso wohl
Schwarz/Löschnigg Arbeitsrecht6 240). Ist hingegen der Eintritt der Bedingung zu einem (zumindest annähernd) bestimmten Zeitpunkt zu beurteilen, ist ihre Vereinbarung, durch die - so der OGH in SZ 64/132 ausdrücklich - lediglich das Motiv der Vertragsbeendigung zum Vertragsinhalt erhoben wird, zulässig, zumal eine solche Resolutivbedingung ohne größere Schwierigkeiten durch eine Befristungsabrede substituiert werden könnte. Der Eintritt des auflösenden Ereignisses am "Stichtag" wirkt dabei nicht wie eine plötzliche und unvorhersehbare Auflösung eines ohne Zeitbestimmung eingegangenen Arbeitsverhältnisses; vielmehr können sich die Parteien von vornherein auf die (mögliche) Beendigung des Arbeitsverhältnisses einstellen (Schrammel, aaO, 223).
An dieser Rechtsprechung hält der erkennende Senat fest. Sie führt im hier zu beurteilenden Fall zum Ergebnis, daß die von den Parteien vereinbarte Resolutivbedingung zulässig und wirksam ist, weil klar war, daß sich in den ersten Wochen des Arbeitsverhältnisses herausstellen mußte, ob die Förderung gewährt wird oder nicht, sodaß der Zeitpunkt des (möglichen) Bedingungseintrittes zumindest annähernd bestimmt war. Die Parteien, die das dargestellte Motiv zur Bedingung des Vertrages gemacht habe, konnten sich von vornherein auf die zeitlich vorhersehbare Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Falle der Nichtgewährung der Förderung einstellen. Durch den Eintritt der Bedingung (Nichtgewährung der Förderung) wurde das Arbeitsverhältnis daher beendet. Damit erweisen sich aber die Entscheidungen der Vorinstanzen, die die Ansprüche der Klägerin nur insoweit bejahten, als sie die Zeit bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses betreffen, im Ergebnis als zutreffend.
Die Entscheidung über die Kosten der Revision gründet sich auf die §§ 40, 50 ZPO.
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