OGH 5Ob57/98p

OGH5Ob57/98p23.6.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schwarz, Dr.Floßmann, Dr.Baumann und Dr.Hradil als weitere Richter in der Grundbuchssache betreffend die Verbücherung des Anmeldungsbogens des Vermessungsamtes Graz vom 12. April 1996, GZ A 186/94, betreffend die EZ ***** des Grundbuches *****, infolge Revisionsrekurses des Liegenschaftseigentümers Dr.Wilhelm S*****, Unternehmer, ***** vertreten durch Dr.Guido Lindner, Rechtsanwalt in Graz gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgerichtes vom 17.Dezember 1997, AZ 4 R 409/97i, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 20.Dezember 1996, TZ 35391/96, teilweise bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

1.) Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Absatz 1 des angefochtenen Beschlusses wird aufgehoben.

Dem Rekursgericht wird eine Sachentscheidung über den als Einspruch bezeichneten Rekurs des Liegenschaftseigentümers gegen den Beschluß des Erstgerichtes vom 2.7.1996, TZ 15612/96, aufgetragen.

2.) Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen, soweit er sich gegen Absatz 2 des Spruches des angefochtenen Beschlusses richtet.

Text

Begründung

Die Liegenschaft EZ 2***** des Grundbuches *****, bestehend unter anderem aus dem Grundstück Nr.*****2/1, steht im Alleineigentum des Dr.Wilhelm S*****.

Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgerichtes vom 30.5.1995, 6 R 146/95 (im Verfahren 41 C 2052/94 des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz), wurde er schuldig erkannt, in die Teilung des Grundstückes *****2/1 der in dieses und in ein Trennstück, das den Teil des Grundstückes umfasse, auf welchem das im Mit- und Wohnungseigentum der Eigentümer der EZ 8***** des Grundbuches ***** stehende Wohn- und Bürohaus ***** als Überbau stehe, und weiters in die lastenfreie Abschreibung sowie die grundbücherliche Zuschreibung dieses Trennstückes zur letztgenannten Liegenschaft unter Vereinigung mit dem Grundstück *****2/2 einzuwilligen.

Das Vermessungsamt Graz beurkundete am 8.3.1996 den Antrag der Eigentümer der Liegenschaft EZ 8***** des Grundbuches ***** auf Abschreibung geringwertiger Trennstücke gemäß § 13 LiegTeilG aufgrund des genannten Urteiles und des Planes von Dipl.-Ing.Breinl vom 27.1.1994, GZ 2505/94, nämlich des Trennstückes (1) von der EZ 2***** und Zuschreibung zur EZ 8***** unter Einbeziehung in das Grundstück Nr.*****2/2. Das Vermessungsamt beurkundete ferner, daß die Wertverminderung der bei dem oben angeführten Grundbuchskörper verbleibenden Grundstücke infolge der Abschreibung insgesamt offenbar nicht mehr als S 12.500,- betrage und die Summe des Flächeninhaltes des Trennstückes eines jeden Grundbuchskörpers nicht 1/100 des Flächeninhaltes des zusammenhängenden Teiles des Grundbuchskörpers übersteige (Anmeldungsbogen A 186/96 samt Beurkundung, Urteil des Berufungsgerichtes, Zurückweisungsbeschluß der außerordentlichen Revision der klagenden Parteien und Lageplan GZ 2505/94).

Aus dem Urteil des Berufungsgerichtes ergibt sich, daß die klagenden Parteien ihr Begehren auf Abschreibung eines im Lageplan GZ 2505/94 genau beschriebenen Teiles des Grundstückes *****2/1 unter Berufung auf eine Vereinbarung gestützt hatten, wobei der begehrte Grundstücksteil größer war, als vom Überbau tatsächlich in Anspruch genommen worden war. Das Berufungsgericht gab mit seinem - rechtskräftig gewordenen - Urteil dem Klagebegehren nur bezüglich jenes Teiles des Grundstückes *****2/1 statt, auf dem das in Mit- und Wohnungseigentum der Streitteile errichtete Wohn- und Bürohaus als Überbau stehe. Das darüber hinausgehende, auf die gesamte im Lageplan EZ 2505/94 ausgewiesene Fläche gerichtete Begehren wurde abgewiesen.

Dem Anmeldungsbogen ist der Lageplan EZ 2505/94 vom 27.1.1994 angeschlossen, wobei allerdings auffällt, daß sich oberhalb der sogenannten Naturdarstellung 1 : 100 der Vermerk "grün überbauter Teil des Grundstückes *****2/1 gemäß Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz vom 30.5.1995 Zahl 41 C 2052/94m (6 R 186/95)" befindet. Aus der Urkundenlage läßt sich nicht klarstellen, wie ein Lageplan vom 27.1.1994 auf Grund eines Urteiles aus dem Jahre 1995 erstellt werden konnte.

Das Erstgericht bewilligte auf Grund des genannten Anmeldungsbogens und der ihm zugrundeliegenden Beurkundung die lastenfreie Abschreibung des im Plan mit der Ziffer 1 bezeichneten Teiles des Grundstückes *****2/1 (EZ 2***** des Grundbuches *****) und die Zuschreibung dieses Trennstückes zum Gutsbestand der EZ 8***** desselben Grundbuches unter Einbeziehung in das Grundstück Nr.*****2/2.

In diesem Beschluß führte das Erstgericht aus, ein Buchberechtigter könne gegen die lastenfreie Abschreibung innerhalb von 30 Tagen vom Tag der Zustellung dieses Beschlusses an Einspruch erheben, wenn er behaupte, daß eine der Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Abschreibung (§ 13 Abs 5 LiegTeilG) nicht gegeben sei.

Das Erstgericht stellte diesen Beschluß neben dem Vermessungsamt und einzelnen Behörden sämtlichen Eigentümern der betroffenen Liegenschaften sowie den grundbücherlich eintragenen Dienstbarkeitsberechtigten und Pfandgläubigern als Buchberechtigten zu.

Gegen den Beschluß des Erstgerichtes erhob der Liegenschatseigentümer Dr.Wilhelm S***** das als "Einspruch" bezeichnete Rechtsmittel mit der Begründung, die Abschreibung entspreche nicht dem Urteil, zumal nach dem Inhalt des Beschlusses des Obersten Gerichtshofes über die Zurückweisung der außerordentlichen Revision des Beklagten ein neuer Plan eines Ingenieurkonsulenten für das Vermessungswesen erforderlich sei, um das dem Urteil entsprechende Teilstück abschreiben zu können.

Das Erstgericht legte diesen Einspruch dem Rekursgericht mit dem Bemerken vor, daß der Schriftsatz nach der Meinung des Rechtspflegers richtigerweise als Rekurs aufzufassen sei, weil der "Einspruchswerber" nicht zu den Einspruchsberechtigten Buchberechtigten im Sinne des § 14 LiegTeilG zähle.

Das Rekursgericht stellte daraufhin den als Einspruch bezeichneten Schriftsatz dem Bezirksgericht für Zivilrechtssachen Graz zur Entscheidung gemäß § 14 Abs 1 LiegTeilG zurück, weil auch der Liegenschaftseigentümer zu den Buchberechtigten gehöre und dieser daher einen Einspruch erheben dürfe. Sollte darin kein Einspruchsgrund im Sinne des § 13 Abs 5 LiegTeilG geltend gemacht worden sein, so müßte der Einspruch eben abgewiesen werden (Beschluß vom 27.11.1996, 4 R 669/96y).

Das Erstgericht hat daraufhin den Einspruch des Liegenschaftseigentümers mangels Geltendmachung von Einspruchsgründen im Sinne des § 13 Abs 5 LiegTeilG abgewiesen und den diesbezüglichen Beschluß vom 20.12.1996 (TZ 35391/96) gemeinsam mit dem vorhin genannten Beschluß des Rekursgerichtes den Beteiligten zugestellt.

Dagegen erhob der Liegenschaftseigentümer Rekurs, in dem er unter anderem auch geltend machte, daß der von ihm als Einspruch gegen den Beschluß des Erstgerichtes vom 2.7.1996, TZ 15612/96, bezeichnete Schriftsatz vom 5.8.1996 auch als Rekurs gegen den genannten Beschluß anzusehen sei.

Das Rekursgericht hat daraufhin

1.) diesen Rekurs, soweit mit ihm geltend gemacht wurde, daß der als "Einspruch" gegen den Beschluß des Erstgerichtes vom 2.7.1996, TZ 15612/96, bezeichnete Schriftsatz vom 5.8.1996 auch als Rekurs gegen diesen Beschluß anzusehen sei, zurückgewiesen (Absatz 1 des Spruches) und

2.) im übrigen dem Rekurs keine Folge gegeben (Abs 2).

Das Rekursgericht begründete Absatz 1 des Spruches seiner Entscheidung damit, daß durch den rekursgerichtlichen Beschluß vom 27.11.1996 (betreffend die Zurückstellung des als Einspruch bezeichneten Schriftsatzes zur Behandlung als solchen) ein für allemal bindend entschieden sei, daß kein Rekurs, sondern ein Einspruch vorliege.

Der Einspruch sei vom Erstgericht mangels Vorliegens der in § 13 Abs 5 LiegTeilG angeführten Einspruchsgründe zutreffend abgewiesen worden.

Das Rekursgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,- übersteigt und daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil erhebliche Rechtsfragen zu entscheiden seien.

Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes (vom 17.Dezember 1997, 4 R 409/97i = TZ 5/98 des Erstgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs des Liegenschaftseigentümers Dr.Wilhelm S***** mit den Anträgen

1.) dem Rekursgericht die sachliche Erledigung seines seinerzeit als Einspruch bezeichneten Rekurses aufzutragen, und

2.) den Abschreibungsantrag abzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist bezüglich des Absatzes 1 des Beschlusses des Rekursgerichtes berechtigt, bezüglich des Absatzes 2 der Entscheidung des Rekursgerichtes mangels Rechtsschutzinteresses unzulässig.

1.) Zum Rekurs gegen Abs 1 des Spruches:

Zutreffend erkannte der Rechtspfleger des Erstgerichtes, daß das als "Einspruch" bezeichnete Rechtsmittel des Liegenschaftseigentümers in Wahrheit einen Rekurs desselben gegen die lastenfreie Abschreibung des im Anmeldungsbogen genannten Trennstückes darstellt. Ein solcher Rekurs steht dem Liegenschaftseigentümer gemäß § 32 LiegTeilG zu. Er kann mit diesem Rechtsmittel alle aktenkundigen Umstände geltend machen, die der lastenfreien Abschreibung entgegenstehen, also jedenfalls - wie hier - die Tatsache, daß der Anmeldungsbogen nicht den Urkunden, auf die er sich beruft und die ihm angeschlossen sind, entspricht. Auf die Frage, ob der Liegenschaftseigentümer auch zu den Buchberechtigten im Sinne des § 14 LiegTeilG gehört und ob er daher die in § 13 Abs 5 LiegTeilG genannten Hindernisse gegen die lastenfreie Abschreibung nur mittels Einspruches geltend machen könnte, ist hier nicht weiter zu untersuchen, weil das Rechtsmittel des Liegenschaftseigentümers ausschließlich andere Abschreibungshindernisse geltend macht.

Es ist zwar richtig, daß das Rekursgericht den als Einspruch bezeichneten Schriftsatz des Liegenschaftseigen- tümers dem Erstgericht mit dem Auftrag zur Behandlung als Einspruch zurückstellte. Dies stellt jedoch keine Zurückweisung des Rechtsmittels des Liegenschaftseigen- tümers insoweit dar, als es in Wahrheit doch ein Rekurs ist, weil durch diesen Beschluß das Rekursgericht lediglich eine rechtliche Qualifikation dieses Schriftsatzes dergestalt vornahm, daß es eine Behandlung desselben als Rekurs - und zwar auch dessen verfahrensrechtliche Behandlung, die in einer Zurückweisung bestehen könnte - ablehnte. Daraus folgt, daß im Zuge des weiteren Verfahrens das Erstgericht diesen Schriftsatz lediglich unter dem Gesichtspunkt seiner Qualität eines Einspruches behandelte. Soweit er in Wahrheit einen Rekurs darstellte, wurde er weder durch den Beschluß des Rekursgerichtes noch durch den nachfolgenden Beschluß des Erstgerichtes (betreffend die Abweisung des Einspruches) berührt. Der Liegenschaftseigentümer war daher berechtigt, im Zusammenhang mit seinem Rekurs gegen die Abweisung des Einspruches abermals geltend zu machen, daß sein seinerzeitiger als "Einspruch" bezeichneter Schriftsatz in Wahrheit ein Rekurs sei. Darin liegt das Begehren an das Rekursgericht, über diesen seinerzeitigen Rekurs nunmehr zu entscheiden.

Durch die in Absatz 1 des Spruches des nunmehr angefochtenen Beschlusses enthaltene Zurückweisung wurde daher in Wahrheit erstmals der seinerzeit als Einspruch bezeichnete Rekurs gegen die lastenfreie Abschreibung zurückgewiesen. Diese Zurückweisung erfolgte nach dem vorhin Gesagten entgegen der Bestimmung des § 32 LiegTeilG. Es war daher der angefochtene Beschluß insoweit aufzuheben und dem Rekursgericht die sachliche Erledigung des Rekurses des Liegenschaftseigentümers Dr.Wilhelm S***** gegen den seinerzeitigen Abschreibungsbeschluß aufzutragen.

2.) Zum Rekurs gegen die Abweisung des Einspruches:

Diesbezüglich ist der Revisionsrekurs mangels Rechtsschutzinteresses unzulässig, weil der Liegenschafts- eigentümer in Wahrheit gar keinen Einspruch zwecks Geltendmachung der in § 13 Abs 5 LiegTeilG angeführten Gründe erhoben hatte und weil er daher durch Abweisung - eines gar nicht erhobenen Einspruches - nicht beschwert ist.

Insgesamt war daher wie im Spruch zu entscheiden.

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