Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Verfahrens über seine Rechtsmittel zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Günter K***** (insoweit in Abweichung von der nach § 201 Abs 2 StGB erhobenen Anklage - ON 15) des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 und Abs 3 zweiter und dritter Fall StGB (1) sowie des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (2) schuldig erkannt und über ihn unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB nach dem ersten Strafsatz des § 201 Abs 3 StGB eine siebenjährige Freiheitsstrafe verhängt.
Darnach hat er in der Nacht zum 29. Juli 1997 in Linz (1) die Rebekka R***** mit Gewalt und durch gegen sie gerichtete Drohungen mit gegenwärtiger schwerer Gefahr für Leib oder Leben mindestens fünfmal zur Duldung des Beischlafes und einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung genötigt, indem er die Genannte von hinten am Hals und an der Schulter packte, ihr das Kleid über den Kopf zog, sie in einen Rohbau zerrte, dort zu Boden warf, ihr sodann die Strumpf- und Miederhose sowie den Body herunterriß und äußerte:
"Wehe, wenn du schreist, dann bringe ich dich um!" sowie in der Folge wiederholt bekundete, er werde sie "sowieso nachher umbringen", wobei er seinen Geschlechtsteil in die Vagina bzw in den After der Rebekka R***** einführte, wobei die Genannte durch die Tat längere Zeit hindurch in einen qualvollen Zustand versetzt und in besonderer Weise erniedrigt wurde;
(2) im Anschluß an die beschriebene Vergewaltigung für Rebekka R***** ausgestellte, im Spruch detailliert angeführte Urkunden mit Gebrauchsverhinderungsvorsatz unterdrückt.
Sowohl die Staatsanwaltschaft als auch der Angeklagte bekämpfen das Urteil in seinem Strafausspruch aus dem Grunde der Z 11, der Angeklagte überdies den Schuldspruch 1 aus jenem der Z 10 des § 281 Abs 1 StPO.
Rechtliche Beurteilung
In ihrer jeweiligen Strafbemessungsrüge (Z 11) weisen beide Rechtsmittelwerber zwar grundsätzlich zutreffend darauf hin, daß das Schöffengericht rechtsirrtümlich über eine Tat abgesprochen hat, die zufolge der Strafdrohung des § 201 Abs 3 StGB in die Zuständigkeit des Geschworenengerichtes fällt (§ 14 Abs 1 Z 11 StPO). Ein solches Sachurteil ist nach (der ersten Alternative) der relevierten Gesetzesstelle jedoch nur dann bekämpfbar, wenn dem Schöffensenat ein Fehler in der Bestimmung der Unrechtsfolgen unterlaufen ist. Da der Sanktionsausspruch hier aber sowohl innerhalb des auf den angenommenen Tatbestand (§ 201 Abs 1 und Abs 3 zweiter und dritter Fall StGB) zutreffend angewendeten Strafrahmens (erster Strafsatz des § 201 Abs 3 StGB) als auch in den Grenzen der Strafbefugnis eines Schöffengerichtes liegt, ist Nichtigkeit der Strafbemessung nicht gegeben.
Im übrigen bewirkt die irrtümliche Unterlassung der Fällung eines Unzuständigkeitsurteils durch das ordnungsgemäß besetzte Schöffengericht ohne darauf abzielende Antragstellung (§ 281 Abs 1 Z 4 StPO) weder Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 1 StPO noch aus einem anderen Grunde (Foregger/Kodek StPO7 § 261 Anm 1 aE; Mayerhofer StPO4 § 261 E 30 f, 34; § 281 Abs 1 Z 1 E 10).
Die vom Angeklagten ferner in der Subsumtionsrüge (Z 10) zum Schuldspruch 1 erhobenen Einwände, mit welchen er das Vorliegen der angenommenen Qualifikationsvoraussetzungen nach dem zweiten und dritten Fall des § 201 Abs 3 StGB bestreitet, sind nicht gesetzeskonform ausgeführt.
Abgesehen davon, daß der Beschwerdeführer bei diesem insoweit schon vom Ansatz her verfehlten Vorbringen verkennt, daß es sich bei den angeführten Deliktsfällen (angesichts gewisser Gleichwertigkeit des dem Opfer zusätzlich zugefügten Ungemachs sowie mit Rücksicht auf die Unschärfe von Trennungskriterien) nicht um eigenständige strafsatzerhöhende Umstände, sondern um bloße Spielarten einer einzigen Qualifikation ohne selbständige Bedeutung handelt (EvBl 1990/119, 11 Os 182/96), läßt er bei seinen auf einzelne (punktuell herausgegriffene) Urteilsannahmen beschränkten Argumenten prozeßordnungswidrig maßgebliche Feststellungen über schwerwiegende Begleitumstände der Tat außer acht.
Aus den Entscheidungsgründen ergibt sich nämlich, daß der Angeklagte die ihm bis dahin unbekannte 29-jährige Rebekka R***** zur Nachtzeit während des fast zwei Stunden dauernden mehrphasigen Tatgeschehens gewaltsam mit ständig über ihrem Kopf und Gesicht "zusammengezogenen" Kleid und dadurch ausgelöster Atemnot ohne Sichtmöglichkeit etappenweise über mehrere Stockwerke eines Rohbaus zerrte und wiederholt zu Boden stieß, wobei die Genannte ausgedehnte Schürfwunden an zahlreichen Körperpartien erlitt, sie mehrfach nachhaltig mit dem Umbringen bedrohte und in zumindest fünf Angriffen zu variierten Beischlafshandlungen zwang (US 2 iVm US 5 ff). Unter Zugrundelegung dieser (vom Nichtigkeitswerber überwiegend vernachlässigten) Sachverhaltskonstatierungen ist das Opfer aber während des gesamten in der Gewalt des Angeklagten zugebrachten längeren Zeitraums nicht nur in einen qualvollem Zustand iS der zweiten Alternative der in Rede stehenden Gesetzesstelle versetzt gewesen (erneut EvBl 1990/91; Pallin im WK ErgH § 201 Rz 29; Leukauf/Steininger Komm3 § 106 RN 8), sondern auch - dem insoweit unsubstantiiert gebliebenen Beschwerdevorwurf zuwider - in besonderer, das Maß der mit einer Vergewaltigung typischerweise verbundenen Demütigung erheblich überschreitenden Weise erniedrigt worden (abermals EvBl 1990/91; Pallin aaO Rz 29 a aE).
Die beiderseitigen Nichtigkeitsbeschwerden waren daher schon bei einer nichtöffentlichen Beratung als nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt sofort zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 Z 1 iVm § 285 a Z 2 StPO).
Die Entscheidung über die Berufung des Angeklagten kommt mithin dem Oberlandesgericht Linz zu (§ 285 i StPO).
Die Kostenentscheidung ist in § 390 a StPO begründet.
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