Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagenden Parteien haben die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der am 15.7.1961 geborene, am 6.4.1995 in Wien verstorbene Mag.Johann S***** war der Vater der Erst- und der Zweitklägerin und der Ehemann der Drittklägerin. Nach der Pflichtschule besuchte er ein Jahr Handelsschule, begann dann eine Lehre als technischer Kaufmann und trat schließlich in ein Oberstufenrealgymnasium ein, wo er 1986 - mit krankheitsbedingter Verzögerung - die Matura ablegte. Anschließend begann er das Studium der römisch-katholischen Teleologie in Wien. Nach vier Jahren konvertierte er zum evangelischen Glauben. Sein Studium beendete er im Februar 1994. Seit März 1994 war er als Vikar der evangelischen Kirche angestellt und einer Pfarre zugeteilt. Er war seit 1989 verheiratet, aus dieser Ehe stammen die Erst- und die Zweitklägerin. Seine Ehefrau, die 1951 geborene Drittklägerin hatte sechs weitere Kinder aus einer vorangegangenen Ehe mitgebracht.
Der Versicherte Mag.Johann S***** litt an einer psychischen Erkrankung und befand sich bereits vom 22.9. bis 8.10.1981 stationär in der Niederösterreichischen Landesnervenklinik für Psychiatrie und Neurologie Mauer bei Amstetten. Er wurde damals wegen eines hypomanischen Zustandsbildes bei religiösen Wahnideen zur stationären Behandlung aufgenommen. In einem Arztbrief wird folgende psychodiagnostische Untersuchung zitiert:
"IQ = 93, im Persönlichkeitstest Hinweise auf inzipiente psychotische Verhaltenstendenz, wobei zur Zeit vor allem Zeichen einer reduzierten Urteils- und Kritikfähigkeit, eine Denkstörung mit paranoider Färbung und pseudopsychopatische Verhaltensreaktionen vor allem mit impulsivem Charakter im Vordergrund standen."
Er wurde dann mit der Diagnose, "submanisches Zustandsbild - eine endogene Psychose ist anzunehmen, eine Zuordnung jedoch mit ausreichender Sicherheit derzeit noch nicht zu stellen, fragliche Legierungspsychose" entlassen. In der Folge befand sich der Versicherte weitere dreimal in stationärer Behandlung und zwar in den Jahren 1983 und 1984 im Landeskrankenhaus Mauer-Öhling, im Landeskrankenhaus Graz und in der Landessonderkrankenheilanstalt Graz jeweils mit einem mischbildhaften Zustand. Zuletzt kam es vom 3.1 bis 7.2.1995 zu einer stationären Aufnahme an der Psychiatrischen Universitätsklinik Wien. Nach der Krankengeschichte litt der Patient sei ca 12 Jahren an einer manisch-depressiven Erkrankung; eindeutig abgegrenzte depressive Phasen konnten allerdings nicht geschildert werden. Bis zu dieser Aufnahme war es möglich gewesen, unter Medikation den Patienten in ambulanter Behandlung zu belassen. Es wurde darauf hingewiesen, daß er in den letzten Monaten jedoch die Medikation schrittweise selbst reduziert hatte.
Am 6.4.1995 verübte Mag.Johann S***** Selbstmord: Er sprang um etwa 8.00 Uhr früh aus einem Gangfenster im dritten Stock seines in Wien gelegenen Wohnhauses und verstarb kurz nach der Einlieferung in das Unfallkrankenhaus. Es kann nicht festgestellt werden, daß zum Zeitpunkt des Selbstmordes eine Berufskrankheit oder ein vorausgegangener Arbeitsunfall vorgelegen wären.
Mit Bescheid der beklagten Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt vom 12.12.1995 wurde der Anspruch der Klägerinnen auf Entschädigung nach dem verstorbenen Versicherten abgelehnt. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, der Tod sei auf eine anlagebedingte manisch-depressive Erkrankung, nicht jedoch auf einen Arbeitsunfall im Sinn des § 175 Abs 1 ASVG zurückzuführen.
Mit der gegen diesen Bescheid rechtzeitig erhobenen Klage stellen die Klägerinnen das Begehren auf Waisen- und auf Witwenpensionen. Sie bringen vor, daß der verstorbene Versicherte im Rahmen seiner Berufsausbildung als Seelsorger erkannt hätte, daß er selbst psychisch belastet und daher für andere Menschen keine Stütze sein könne; dies sei die Ursache für seinen Selbstmord gewesen. Nach der Entlassung aus dem Krankenhaus am 7.2.1995 sei er gesund gewesen, zur Prophylaxe sei das Einnehmen von Lithium verordnet worden. Berufsbedingt hätte er jedoch diese Prophylaxe unterlassen. Die unmittelbare Kausalität für das Ableben sei die Berufsausübung als Seelsorger gewesen, weshalb ein Arbeitsunfall vorliege.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Das Ereignis vom 6.4.1995 stehe nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Der letztbehandelnde Arzt hätte angegeben, daß es beim Verstorbenen aufgrund seiner schwer eingeengten depressiven Verfassung zum Selbstmord gekommen sei. Dieser Selbstmord stehe in einem eindeutigen Zusammenhang mit der Erkrankung, eine Berufserkrankung oder ein Arbeitsunfall liege jedoch nicht vor.
Das Erstgericht wies das gesamte Klagebegehren ab. Es traf die eingangs wiedergegebenen Tatsachenfeststellungen und führte in rechtlicher Hinsicht aus:
Nach der älteren Judikatur des Oberlandesgerichtes Wien sei ein rechtlich relevanter Zusammenhang zwischen einem Arbeitsunfall und einem Selbstmord nur dann angenommen worden, wenn der Selbstmord im Zustand einer durch den Arbeitsunfall verursachten Unzurechnungsfähigkeit begangen worden sei. Nur dann, wenn der Selbstmord in einem die freie Willensbildung ausschließenden Zustand der Unzurechnungsfähigkeit begangen worden sei und diese Unzurechnungsfähigkeit auf einen Arbeitsunfall oder auf eine Berufskrankheit ursächlich zurückgeführt werden könne, seien Ansprüche aus der gesetzlichen Unfallversicherung begründet. Nach der nun maßgeblichen Judikatur des Obersten Gerichtshofes (SSV-NF 5/6) stünden den Hinterblieben Ansprüche auf Leistungen der Unfallversicherung nach einem Selbstmord dann zu, wenn der Versicherte in einem die freie Willensbildung ausschließenden Zustand der Unzurechnungsfähigkeit, der auf einen Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit zurückzuführen sei, Selbstmord begangen habe. Diese Voraussetzungen würden hier nicht vorliegen. Ein Zusammenhang zwischen dem Selbstmord und einem vorausgegangenen Arbeitsunfall oder einer Berufskrankheit sei nicht gegeben. Der Selbstmord könne aber auch nicht dem § 175 Abs 1 ASVG unterstellt werden. Nach der im allgemeinen dem Unfallsbegriff zugrundeliegenden Definition müsse es sich beim Unfall um ein von außen kommendes Ereignis handeln, davon sei bei einem Selbstmord keine Rede. Im übrigen könne auch ein ursächlicher Zusammenhang mit dem Beschäftigungsverhältnis aufgrund des seit 1981 dokumentierten Krankheitsverlaufes nicht erkannt werden.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerinnen nicht Folge. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als Ergebnis eines mängelfreien Verfahrens und einer unbedenklichen Beweiswürdigung und teilte auch die Rechtsauffassung des Erstgerichtes, daß ein Selbstmord nur dann unter Versicherungsschutz stehen könne, wenn er die Folge eines Arbeitsunfalles oder einer Berufskrankheit sei. Überdies handle es sich beim Selbstmord nicht wie bei einem Unfall um ein von außen kommendes Ereignis. Beruhe der Selbstmord auf einem depressiven Syndrom, das ganz wesentlich durch die Folgen eines Arbeitsunfalles oder durch die Berufskrankheit ausgelöst und geprägt worden sei, seien Ansprüche aus der gesetzlichen Unfallversicherung begründet, wenn der Selbstmord in einem die freie Willensbildung ausschließenden Zustand der Unzurechnungsfähigkeit begangen worden sei und dies auf einen Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit ursächlich zurückgeführt werden könne. Die psychische Erkrankung des Verstorbenen sei hier aber weder auf einen Arbeitsunfall noch auf eine Berufskrankheit zurückzuführen, sondern anlagebedingt, weil der Versicherte seit 12 Jahren an einer manisch-depressiven Erkrankung gelitten und sich bereits dreimal in stationärer Behandlung befunden habe. Zwischen der Tätigkeit als Seelsorger und dem späteren Selbstmord habe somit kein kausaler Zusammenhang bestanden.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Klägerinnen wegen
unrichtiger Sachverhaltsdarstellung und unrichtiger rechtlicher
Beurteilung. Sie beantragen die Abänderung des angefochtenen Urteils
dahingehend, "daß in Übereinstimmung mit dem
Sachverständigengutachten ........... und dem Ergänzungsgutachten
......................... die Kausalität des Berufes für den
Selbstmord als Arbeitsunfall im Sinne des § 175 ASVG gewertet wird".
Dieser Revisionsantrag ist formell zwar verfehlt, aber inhaltlich zuverlässig dahin zu deuten, daß die Abänderung der angefochtenen Entscheidung im Sinne einer Stattgebung des Klagebegehrens beantragt wird.
Die beklagte Partei beantragte in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.
Die Revision ist nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Zum Rechtsmittelgrund der unrichtigen Sachverhaltsdarstellung wird zunächst ausgeführt, in arbeits- und sozialgerichtlichen Verfahren gelte kein Neuerungsverbot, weshalb auch unrichtige Feststellungen noch mit Revision bekämpft werden könnten.
Diese Ausführungen sind unzutreffend. Es entspricht herrschender Lehre und ständiger Rechtsprechung. daß das Neuerungsverbot des § 482 ZPO auch in Sozialrechtssachen gilt (Kuderna ASGG2 416 Erl. 3 zu § 63; 546 Erl. 1 zu § 90; SSV-NF 1/45, 4/24, 8/60 uva). Die in § 482 Abs 2 ZPO enthaltene Ausnahme vom Neuerungsverbot betrifft nur Tatumstände und Beweise, die zur Dartuung oder Widerlegung der geltend gemachten Berufungsgründe vorgebracht werden. Diese Vorschrift bringt keine Lockerung des Neuerungsverbotes in Ansehung der Behauptungs- und Beweisgrundlage für die Entscheidung über den Anspruch mit sich (näheres dazu Fasching, Kommentar IV 166, Anm 7 zu § 482 ZPO; SSV-NF 8/60). Nur in Rechtsstreitigkeiten nach § 50 Abs 1 ASGG und in solchen über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses gilt das Neuerungsverbot unter der weiteren Voraussetzung einer nicht qualifizierten Vertretung der das Neuerungsrecht in Anspruch nehmenden Partei vor dem Gericht erster Instanz nicht (Kuderna aaO 416). Im vorliegenden Fall geht es aber nicht so sehr darum, daß der Revisionswerber Neuerungen vorbringt, sondern er unternimmt den in dritter Instanz unzulässigen Versuch einer Bekämpfung der Beweiswürdigung der Tatsacheninstanzen. Unrichtige Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung gehört nicht zu den in § 503 ZPO erschöpfend aufgezählten Revisionsgründen. Dies gilt nach § 2 Abs 1 ASGG auch in Sozialrechtsverfahren. Auf die Rechtsmittelausführungen zur unrichtigen Tatsachenfeststellung ist daher vom Obersten Gerichtshof nicht weiter einzugehen. Im übrigen wird bei Behandlung der Rechtsrüge darzustellen sein, daß es im vorliegenden Fall auf den kausalen Zusammenhang der die Versicherung begründenden Beschäftigung mit dem Selbstmord aus rechtlichen Gründen nicht entscheidend ankommt.
Auch der Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung, der im wesentlichen dahin ausgeführt wird, daß sich der Selbstmord im örtlichen, zeitlichen und ursächlichen Zusammenhang mit der Tätigkeit des Versicherten als Seelsorger ereignet habe, liegt nicht vor.
Nach § 173 Z 2 ASVG werden Leistungen der Unfallversicherung nach Maßgabe der Bestimmungen des ASVG auch im Falle des durch einen Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit verursachten Todes des Versicherten gewährt. Arbeitsunfälle sind nach § 175 Abs 1 ASVG Unfälle, die sich im örtlichen, zeitlichen und ursächlichen Zusammenhang mit der die Versicherung begründenden Beschäftigung ereignen. Der Gesetzgeber definiert den Unfallbegriff nicht, sondern setzt ihn als bekannt voraus. Neuere Rechtsprechung und Lehre verstehen unter einem Unfall ein zeitlich begrenztes Ereignis, das zu einer Körperschädigung geführt hat (Tomandl, SV-System 8.ErgLfg 271;
Tomandl, Grundriß des österreichischen Sozialrechts4 106 f;
Grillberger, Österreichisches Sozialrecht3 53;
Brodil/Windisch-Graetz, Sozialrecht in Grundzügen3 87; SSV-NF 2/112 = ZAS 1990, 87/8 [Tomandl]; SSV-NF 9/17; DRdA 1998, 135/15 [Ritzberger-Moser] ua). Unbestritten ist, daß von einem Unfall nur gesprochen wird, wenn die Gesundheitsschädigung durch ein plötzliches, dh zeitlich begrenztes Ereignis bewirkt wurde, wobei plötzlich allerdings nicht Einmaligkeit heißen muß. Auch kurz aufeinanderfolgende Einwirkungen, die nur in ihrer Gesamtheit einen Körperschaden bewirken, sind noch als plötzlich anzusehen, wenn sie sich innerhalb einer Arbeitsschicht oder eines sich auch auf mehrere Tage erstreckenden Dienstauftrages ereignet haben (Tomandl aaO;
ebenso die Auffassung in der Bundesrepublik Deutschland: Gitter, Sozialrecht3 125; Krasney in Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung Band 3, Gesetzliche Unfallversicherung § 8 SGB VII Rz 15 mwN aus der deutschen Rechtsprechung). Der entscheidende Unterschied zu den sonstigen Krankheiten liegt in der zeitlichen Begrenztheit des Ereignisses. Der Unfall muß gegenüber anderen Gründen einer Gesundheitsstörrung, zB schicksalhafte Entwicklung eines Leidens, begrifflich abgegrenzt werden, da die Unfallversicherung grundsätzlich nur für die Folgen bestimmter Unfälle, nicht jedoch für Gesundheitsstörungen aus anderen Gründen leistungspflichtig ist. Die einzige Ausnahme sind Berufskrankheiten, als welche nach § 177 Abs 1 ASVG aber nur die in der Anlage 1 zum ASVG bezeichneten Krankheiten unter den dort angeführten Voraussetzungen gelten, wenn sie durch Ausübung der die Versicherung begründenden Beschäftigung in einem dort bezeichneten Unternehmen verursacht worden sind. Nicht als Unfall gelten daher gesundheitliche Folgen von Dauereinwirkungen, die in der Unfallversicherung nur geschützt werden, wenn sie als Berufskrankheiten anerkannt sind. Hingegen ist für den Unfallbegriff nicht relevant, ob die Körperschädigung durch eine physische oder eine psychische Wirkung (zB Nervenschock) hervorgerufen wurde. Belanglos ist auch, ob die gesundheitsschädigenden Folgen sogleich oder erst später eintreten (Tomandl, SV-System 271; vgl BSGE 61, 113, 116).
Die hier anzustellende Prüfung der Frage, ob der Tod des Versicherten die Folge eines Arbeitsunfalles war (eine Berufskrankheit scheidet aus den bereits genannten Gründen aus), hat wie immer beim Versicherungsfall des Arbeitsunfalles in drei Schritten vor sich zu gehen: 1. lag ein Unfall mit Personenschaden vor, 2. war zumindest eine Ursache des Unfalls auf die versicherte Erwerbstätigkeit zurückzuführen und 3. gab es Gründe, die dennoch eine Zurechnung des Schadens an die Unfallversicherung ausschlossen (Tomandl, Kommentar zur E ZAS 1990, 67/8).
Ausgehend von der Überlegung, daß Unfall ein zeitlich begrenztes Ereignis ist, das zu einer Körperschädigung geführt hat, und daß auch psychische Ereignisse unfallauslösend sein können, wenn sie nur zeitlich begrenzt sind, ergibt sich, daß das vorliegende Klagebegehren schon daran scheitert, daß der Tod des Versicherten nicht die Folge eines Unfalls war. Selbst wenn man im Sinne der Ausführungen des psychiatrischen Sachverständigen unterstellt, daß der Verstorbene im Rahmen seiner Berufsausübung als Seelsorger erkannt hatte, daß er als psychisch belastet für andere Menschen als Seelsorger keine Stütze sein könne und dies die Ursache für seinen Selbstmord war, dann werden damit die Folgen einer länger dauernden Entwicklung angesprochen, nicht aber ein plötzliches, dh zeitlich begrenztes psychisches Ereignis im Sinne eines seelischen Traumas, das eine zum Selbstmord führende depressive Verstimmung hervorgerufen hätte. Ein psychisches Trauma kann ursächlich sein, wenn spezielle berufsbedingte Umstände beim Versicherten einen Schock, dh eine schlagartig auftretende schwere psychische Erschütterung oder reaktive Depression mit der Vorstellung bewirken, sich in einer aussichtslosen Situation zu befinden. Betriebliche Ereignisse hingegen, die nicht im einzelnen, sondern erst in ihrer Gesamtheit eine meßbare Gesundheitsstörung zur Folge haben, stellen keinen Arbeitsunfall dar, wenn sie in einer über eine Arbeitsschicht hinausgehenden Zeit eintreten. Die letzte körperliche oder seelische Belastung am Todestag ist dann nur das Endglied einer Kette von alltäglichen Ereignissen, die allmählich eingewirkt haben, ohne daß einem die Bedeutung eines Arbeitsunfalles beigemessen werden kann (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit5 253 ff; 257 ff mwN; vgl auch Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung II 73, 489 n und die dort gegebenen Beispiele;
Podzun, Der Unfallsachbearbeiter 119, 11). Ein solches zeitlich
begrenztes psychisches Ereignis wurde weder behauptet noch
festgestellt und ergibt sich auch nicht aus dem genannten Gutachten
des psychiatrischen Sachverständigen. Ist aber der Entschluß zur
Selbsttötung nicht die Folge eines schweren psychischen Traumas,
sondern das Ergebnis einer längeren krankheitsbedingten,
möglicherweise auch berufsbedingten Entwicklung, dann kann nicht von
einem Unfall gesprochen werden. Liegt aber kein Unfall vor, dann
braucht nicht mehr geprüft zu werden, ob zumindest eine Ursache
dieses Unfalls auf die versicherte Erwerbstätigkeit zurückzuführen
ist. Die hier vertretene Auffassung steht daher auch nicht in
Widerspruch zu der Entscheidung des Senates SSV-NF 5/6. Nach den dort
zugrundeliegenden Feststellungen war unstrittig, daß der Versicherte
lange vor dem Selbstmord einen Arbeitsunfall erlitten hatte und
überdies an den Folgen einer Berufskrankheit litt. Der die freie
Willensbildung ausschließende Zustand der Unzurechnungsfähigkeit im
Zeitpunkt des Selbstmordes war damit nach den insoweit bindenden Feststellungen auf einen Arbeitsunfall und eine Berufskrankheit zurückzuführen. Im vorliegenden Fall hat sich aber gezeigt, daß dem Selbstmord des Versicherten kein Unfall und keine Berufskrankheit zugrunde lagen, weshalb das Klagebegehren im Ergebnis zutreffend abgewiesen wurde.
Der Revision war somit ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.
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