OGH 5Ob17/98f

OGH5Ob17/98f9.6.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schwarz, Dr.Floßmann, Dr.Baumann und Dr.Hradil als weitere Richter in der Mietrechtssache des Antragstellers Dr.Alexander W*****, Angestellter, ***** vertreten durch Edeltraud Duschek, Sekretärin der Mietervereinigung Österreichs, Währinger Straße 41, 1090 Wien, wider die Antragsgegnerin R***** AG, ***** vertreten durch RV *****GmbH, ***** diese vertreten durch Dr.Gerhard Eckert, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 8 MRG infolge außerordentlichen Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 20.Mai 1997, GZ 41 R 299/97t-24, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Josefstadt vom 20.Jänner 1997, GZ 4 Msch 33/95g-21, teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß, der unberührt bleibt, soweit er sich auf den Zeitraum vom 1.10.1991 bis 30.9.1992 bezieht (Absatz 1 und 2) wird im übrigen (Absatz 3 und 4) dahin abgeändert, daß die Entscheidung diesbezüglich wie folgt zu lauten hat:

"Die Antragsgegnerin hat als Vermieterin der Wohnung Nr.19 im Hause *****, gegenüber dem Antragsteller in der Zeit vom 1.10.1992 bis 31.8.1993 das zulässige Zinsausmaß wie folgt überschritten:

a) vom 1.10.1992 bis 31.12.1992 um monatlich S 4.337,49;

b) vom 1.1.1993 bis 31.8.1993 um monatlich S 3.984,34.

Die Antragsgegnerin ist schuldig, dem Antragsteller binnen 14 Tagen S 44.887,19 samt 4 % Zinsen aus je S 4.337,49 ab 1.Oktober, 1.November bzw 1.Dezember 1992 sowie aus je S 2.984,34 ab 1.1.1993 und dem Ersten der folgenden Monate, zuletzt ab 1.August 1993, zu zahlen.

Die Antragsgegnerin ist schuldig, dem Antragsteller die mit S 450,-

(Barauslagen) bestimmten Verfahrenskosten zu ersetzen."

Die Antragsgegnerin ist schuldig, dem Antragsteller binnen 14 Tagen die mit S 40,- (Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens zu ersetzen.

Text

Begründung

Das Erstgericht sprach - nach vorausgegangenem Verfahren vor der Schlichtungsstelle - aus, daß die Antragsgegnerin als Vermieterin der im Spruch dieses Beschlusses genannten Wohnung dem Antragsteller gegenüber durch Einhebung eines Hauptmietzinses von monatlich S 5.600,- (1.7.1991 bis 31.12.1992) und von monatlich S 5.246,85 (1.1.1993 bis 31.8.1993) das gesetzlich zulässige Zinsausmaß vom 1.10.1991 bis 30.11.1991 um monatlich S 5.011,23, vom 1.12.1991 bis 31.12.1992 um monatlich S 4.897,49 und vom 1.1.1993 bis 31.8.1993 um monatlich S 4.509,02 überschritten habe.

Dementsprechend verhielt das Erstgericht die Antragsgegnerin gemäß § 37 Abs 4 MRG zur Zurückzahlung von S 109.761,99 zuzüglich stufenweisen Zinsen.

Dieser Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Antragsgegnerin ist Eigentümerin der Liegenschaft mit dem Haus ***** in dem der Antragsteller die Wohnung top Nr.19 gemietet hatte. Anfang Oktober 1991 trat der Antragsteller bei der Antragsgegnerin in ein Dienstverhältnis als Vorstandassistent. Zeitgleich schloß er mit der Antragsgegnerin einen vom 1.10.1991 bis 30.9.1992 befristeten Mietvertrag über die Wohnung top Nr.19. Es wurde ein Hauptmietzins von S 5.600,- (mit Schwellwert 5 % bei der Wertsicherung) auf Grundlage des § 16 Abs 1 Z 5 MRG idF vor dem 3. WÄG vereinbart.

Bis Ende August 1991 waren Umbauarbeiten in dieser Wohnung durchgeführt worden. Es kann jedoch nicht festgestellt werden, welche Ausstattung die Wohnung vor der Adaptierung aufwies oder ob diese Arbeiten geeignet waren, die Ausstattung zu verbessern. Es kann auch nicht festgestellt werden, innerhalb welcher Frist nach Räumung des Vormieters die Arbeiten in Angriff genommen wurden und in welcher Höhe der Antragsgegnerin durch die Sanierungsarbeiten Kosten entstanden sind.

Die Wohnung mit einer Nutzfläche von 51,7 m2 war zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses mit Heizkörpern für eine Gasetagenheizung in jedem Hauptraum versehen und bestand aus Vorraum, WC einem zeitgemäßen Bad mit Warmwasserversorgung, einem Zimmer, einem Kabinett und einer Kochnische, in der sich keinerlei Einrichtungsgegenstände das heißt auch kein Abwaschbecken und kein Herd befanden, sondern lediglich entsprechende Wandanschlüsse für Versorgungsleitungen.

Um die Jahresmitte 1992 wurde das Dienstverhältnis des Antragstellers durch den Vorstand der Antragsgegnerin zunächst formlos für ausgelöst erklärt. Mittels Schreiben vom 25.9.1992 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, daß eine Umwandlung des befristeten in ein unbefristetes Mietverhältnis für sie nicht in Betracht komme und es somit beim Endzeitpunkt 30.9.1992 bleibe.

Da sich jedoch Probleme bei Beendigung des Dienstverhältnisses des Antragstellers ergeben hatten, wurden weitere Verhandlungen zur Klärung der arbeitsrechtlichen Ansprüche des Antragstellers geführt. Dabei brachte der Antragsteller, der vom Verlust seiner Wohnung bedroht war, das Gespräch nochmals auf das zu Ende gehende Mietverhältnis. Geleitet von ökonomischen Erwägungen - vor allem, daß leerstehende Wohnungen keinen Ertrag brächten - wurde im Rahmen einer Gesamteinigung zwischen dem Antragsteller und der Antragsgegnerin über die arbeits- und mietrechtlichen Punkte eine Weiterführung des Mietverhältnisses, jedoch zu den Bedingungen der Antragsgegnerin - das heißt zu einem angemessenen Mietzins - vereinbart. So schlossen die Parteien am 11.November 1992 einen Nachtrag zum Mietvertrag ab, worin festgehalten wurde, daß dieser auf unbestimmte Zeit (rückwirkend ab 1.10.1992) fortgesetzt worden war. Sie vereinbarten einen angemessenen Hauptmietzins von S 4.997,- mit 5 % Schwellwert, diesmal auf Grundlage des § 16 Abs 1 Z 7 MRG idF vor dem 3. WÄG.

Der Antragsteller zahlte vereinbarungsgemäß vom 1.10.1991 bis 30.9.1992 monatlich S 5.600,-, vom 1.10.1992 bis 31.12.1992 S 5.600,-

und im Jahre 1993 monatlich S 5.246,85 (entsprechend S 4.997,- zuzüglich 5 % Wertsicherung).

Unsystematisch im Rahmen der Beweiswürdigung stellte das Erstgericht noch fest, daß die Antragsgegnerin zur Fortsetzung des Mietverhältnisses und zum Abschluß des Nachtrages (auf unbestimmte Zeit) nur unter der Voraussetzung der Vereinbarung eines angemessenen Mietzinses bereit war. Auf Grundlage des Kategoriemietzinses wäre es zu einer Verlängerung des Mietverhältnisses auf unbestimmte Zeit nicht gekommen. Der Antragsteller hatte nur die Möglichkeit, das Fortsetzungsangebot mit angemessenen Mietzins zu akzeptieren oder die Wohnung zu räumen.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, die Voraussetzungen für die Vereinbarung eines angemessenen Mietzinses gemäß § 16 Abs 1 Z 5 MRG (aF) hätten von Anfang an nicht vorgelegen, weil die Antragsgegnerin entsprechende Tatsachenbehauptungen zu einer Standardanhebung nicht aufgestellt habe; derartiges sei auch aus in Verfahren nicht hervorgekommen. Auf die Vereinbarungen des angemessenen Mietzinses gemäß § 16 Abs 1 Z 7 MRG (aF) sei nicht zulässig gewesen, weil der Antragsteller den Zeitpunkt des neuen Mietvertrages sich unter wirtschaftlichen Druck befunden habe, also ebenso schutzwürdig wie ein Neumieter gewesen sei.

Das Rekursgericht änderte den Sachbeschluß des Erstgerichtes bezüglich der Feststellung der Mietzinsüber- schreitung für die Zeit vom 1.10.1991 bis 30.9.1992 - infolge einer dem Erstgericht bei Berücksichtigung der Umsatzsteuer unterlaufenen Fehlberechnung - und demgemäß ebenso bei Schaffung des Rückzahlungstitels nach § 37 Abs 4 MRG betragsmäßig ab (Absatz 1 und 2 des Beschlusses des Rekursgerichtes), wies den Antrag des Antragstellers betreffend die Zeit vom 1.10.1992 bis 31.8.1993 ab (Absatz 3 des Spruches) und erkannte die Antragsgegnerin schuldig, dem Antragsteller die Hälfte seiner Barauslagen binnen 14 Tagen zu ersetzen (Absatz 4 des Spruches).

Das Rekursgericht sprach schließlich aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Das Rekursgericht verneinte das Vorliegen des wirtschaftlichen Druckes für den Mieter im Zeitpunkt der Schaffung des Nachtrages zum Mietvertrag mit der Begründung, zu diesem Zeitpunkt sei das zunächst befristete Bestandverhältnis längst in ein unbefristetes übergegangen gewesen.

Der ordentliche Revisionsrekurs sei mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig.

Gegen den Sachbeschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs des Antragstellers mit dem Antrag, die Entscheidung der zweiten Instanz dahin abzuändern, daß der Sachbeschluß des Erstgerichtes wieder hergestellt werde; hilfsweise wurden Aufhebungsanträge gestellt.

Die Antragsgegnerin begehrt in der ihr freigestellten Beantwortung des Revisionsrekurses, diesen zurückzuweisen, in eventu, ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig und teilweise auch berechtigt.

a) Zur Zulässigkeit:

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil das Rekursgericht bezüglich der Zulässigkeit der im Nachtrag zum Mietvertrag vereinbarte Mietzinshöhe die Rechtslage verkannte und dabei von den Grundsätzen der bisherigen Rechtsprechung abwich.

b) Zum Anfechtungsumfang:

Im Revisionsrekurs des Antragstellers wird in der Rechtsmittelerklärung über den Anfechtungsumfang ausdrücklich nichts ausgesagt, doch ließe der Rechtsmittelantrag den Schluß zu, daß insgesamt der Sachbeschluß des Erstgerichtes wieder hergestellt werden möge. Die Rechtsmittelbegründung befaßt sich aber ausschließlich mit dem Zeitraum vom 1.10.1992 bis 31.8.1993 also jenem Teil der Entscheidung des Rekursgerichtes (Absatz 3 dessen Spruches), mit dem der Antrag des Antragstellers abgewiesen wurde. Bei richtiger Beurteilung des Gesamtinhaltes der Rechtsmittelschrift muß daher davon ausgegangen werden, daß sich auch die Anfechtung nur darauf bezieht. Da allerdings - wie noch gezeigt werden wird - der Revisionsrekurs des Antragstellers diesbezüglich teilweise berechtigt ist und daher vom Obersten Gerichtshof für den genannten Zeitraum eine neue Sachentscheidung getroffen wird, wird der Oberste Gerichtshof auch eine neue Entscheidung über die Kosten der Vorinstanzen (Abs 4 des Spruches des Rekursgerichtes) zu treffen haben.

c) Zur Sachentscheidung:

Entsprechend dem Anfechtungsumfang ist - ausgehend von den Feststellungen der Vorinstanzen - nur noch zu prüfen, ob die Vereinbarung eines den Kategoriemietzins übersteigenden Hauptmietzinses gemäß § 16 Abs 1 Z 5 MRG (idF vor dem 3.WÄG) in der Vereinbarung vom 11.11.1992 nach vorausgegangenem befristeten Mietverhältnis zulässig war.

Bei Verträgen mit unbedingtem Endtermin kommt es zur stillschweigenden Erneuerung des Vertrages, wenn der Bestandnehmer die Bestandsache weiterbenützt und der Bestandgeber es dabei bewenden läßt (§ 1114 ABGB). Dazu stellt § 569 ZPO die widerlegliche Vermutung dahin auf, daß eine solche Verlängerung dann anzunehmen ist, wenn nicht binnen 14 Tagen eine Klage auf Zurückstellung oder Zurücknahme eingebracht wird. Nach der Rechtsprechung wird die Vermutung aber auch durch jeden anderen Vorgang widerlegt, mit dem der Vermieter seinen Willen, den Vertrag nicht fortzusetzen, unzweideutig zum Ausdruck bringt. Nach der neueren Rechtsprechung genügt auch eine im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem Endtermin stehende, schon vor Ablauf der Bestandzeit abgegebene, erkennbar eindeutige Ablehnung der Vertragsverlängerung (s Würth/Zingher, Miet- und Wohnrecht20, MRG § 29 Rz 5 mwN; WoBl 1992, 104/72).

Nach den Feststellungen wurde von der Antragsgegnerin knapp vor Ablauf der Bestandzeit zu einem Zeitpunkt, als bereits schwerwiegende Auseinandersetzungen zwischen den Streitteilen über die Auflösung des Dienstverhältnisses bestanden, ausdrücklich erklärt, daß das Bestandverhältnis nicht fortgesetzt würde. Demgemäß bestand am 11.11.1992 (Zeitpunkt des Abschlusses eines schriftlichen Mietvertrages betreffend ein unbefristetes Mietverhältnis mit einem den Kategoriemietzins übersteigenden Hauptmietzins) noch kein unbefristetes Mietverhältnis; der Antragsteller befand sich vielmehr noch unter wirtschaftlichem Druck, wie es auch bei dem der Entscheidung MietSlg 37.316/45 zu Grunde liegenden Sachverhalt der Fall war. Daß damals ein auf sechs Monate befristeter Mietvertrag vorausgegangen war, hier ein mit einem Jahr befristeter, hat keinen Einfluß auf den die Entscheidung leitenden Grundgedanken und führt daher auch in der hier zu beurteilenden Rechtssache zu keinem anderen Ergebnis.

Der Kategoriemietzins (s die Zusammenstellung bei Würth/Zingher, Miet- und Wohnrecht20, MRG § 15a Rz 20) für die 51,7 m2 große Wohnung der Ausstattungskategorie B beträgt S 22,20 x 51,7 = S 1.147,74, zuzüglich 10 % Umsatzsteuer S 1.262,51. Die unzulässige Differenz zu den vorgeschriebenen und vom Antragsteller bezahlten Beträgen von S 5.600,- bzw S 5.246,- beträgt daher pro Monat S 4.337,49 (1.10.1992 bis 31.12.1992; für drei Monate daher S 13.012,47) bzw S 3.984,34 (1.1.1993 bis 31.8.1993; für acht Monate daher S 31.874,72), der für die Zeit vom 1.10.1992 bis 31.8.1993 zurückzuzahlende Betrag daher S 44.887,19.

Der antragsabweisende Teil des Sachbeschlusses des Rekursgerichtes war daher entsprechend abzuändern.

Die insgesamt neu zu fassende Kostenentscheidung gründet sich auf § 37 Abs 3 Z 19 MRG iVm den §§ 41 und 43 Abs 2 ZPO, für das Rechtsmittelverfahren auch auf § 50 Abs 1 ZPO.

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