OGH 5Ob140/98v

OGH5Ob140/98v26.5.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schwarz, Dr.Floßmann, Dr.Baumann und Dr.Hradil als weitere Richter in der Pflegschaftssache der Mj. Sabrina Nicole Z*****, vertreten durch ihren obsorgeberechtigten Vater Josef Z*****, infolge Revisionsrekurses der Mutter, Jutta G*****, vertreten durch Dr.Christian Kleinszig und Dr.Christian Puswald, Rechtsanwälte in St.Veit/Glan, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgericht vom 12.März 1998, GZ 3 R 74/98m-59, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes St.Veit/Glan vom 3. Februar 1998, GZ 2 P 3264/95d-56, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Die Ehe der Eltern der Minderjährigen wurde am 8.11.1988 geschieden; die Obsorge über das Kind steht nunmehr auf Grund eines Beschlusses vom 31.7.1991 dem Vater zu.

Die Mutter hat am 22.7.1994 wieder geheiratet und lebt in der Schweiz. Ihre Geldunterhaltspflicht für die Minderjährige wurde zuletzt mit Beschluß vom 4.1.1995 mit monatlich S 3.000,-- festgesetzt, am 31.10.1996 jedoch mit Zustimmung des Vaters für die Zeit vom 1.10.1996 bis 30.9.1997 ruhend gestellt. Grund hiefür war die Einkommenslosigkeit der Mutter nach der Geburt ihres Kindes aus zweiter Ehe am 10.10.1996.

Nunmehr beantragte die Mutter die gänzliche Befreiung von ihrer Unterhaltspflicht gegenüber der Mj. Sabrina auch für die Zeit ab 1.10.1997. Sie brachte vor, wegen ihres Kindes aus zweiter Ehe nur einer Teilzeitbeschäftigung als Aushilfskraft (Serviererin) nachgehen zu können. Sie sei an drei Sonntagen im Monat beschäftigt und beziehe hiefür rund 500 sFr (S 4.000,--) monatlich. Die Teilzeitbeschäftigung habe sie überhaupt nur angenommen, um sich - nach schwangerschaftsbedingten Zahnschäden - eine Zahnbehandlung leisten zu können. An ihren Arbeitstagen werde das Kleinkind von ihrem Ehemann versorgt. Im übrigen sei sie schon wieder schwanger und werde daher ihre Arbeitsstelle bald wieder aufgeben müssen.

Der Vater sprach sich gegen jede Unterhaltsbefreiung bzw -herabsetzung ab dem 1.10.1997 aus. Er selbst sei seit kurzem wieder geschieden, verdiene nur rund S 15.000,-- monatlich netto und habe für seine am 7.3.1993 geborene Tochter Jaqueline monatlich S 2.500,-- Unterhalt zu zahlen. Die Tagesmutter, die er zur Betreuung der Mj. Sabrina engagieren mußte, koste ihn monatlich S 2.000,--. Er sei auf die Unterhaltsleistungen der Mutter angewiesen.

Das Erstgericht befreite die Mutter mit Wirkung ab 1.10.1997 von ihrer Unterhaltspflicht gegenüber der Mj. Sabrina. Die Mutter habe lediglich bis Ende August 1996 als vollbeschäftigte Serviererin über ein "entsprechendes Einkommen" verfügt, anschließend den (in der Schweiz nur einmonatigen) Mutterschutzurlaub konsumiert und habe jetzt für ihre einjährige Tochter Sarah zu sorgen. Wegen dieser Sorgepflicht könne die Mutter derzeit nur aushilfsweise im Service tätig sein und verfüge lediglich über ein monatliches Einkommen von rund S 4.000,--. Damit sei sie derzeit außerstande, eine Geldunterhaltsleistung für die Mj. Sabrina zu erbringen. Sollte das zweite Kind nicht mehr auf eine persönliche Betreuung durch die Mutter angewiesen sein (durch Unterbringung in einer Kinderkrippe oder in einem Kindergarten) und die Mutter wieder einer entsprechenden Arbeit nachgehen können, stehe es dem Vater frei, einen neuen Unterhaltsfestsetzungsantrag einzubringen.

Das Rekursgericht änderte diese Entscheidung in der Weise ab, daß es den von der Mutter bisher zu erbringenden (ab 1.10.1997 wiederauflebenden) monatlichen Unterhaltsbeitrag von S 3.000,-- auf S 2.000,-- herabsetzte und das Mehrbegehren (auf gänzliche Unterhaltsbefreiung) abwies. Der abweisliche Teil dieser Entscheidung ist in Rechtskraft erwachsen. Die Aufrechterhaltung der Geldunterhaltspflicht der Mutter im Umfang von S 2.000,-- monatlich begründete das Rekursgericht wie folgt:

Die Mutter sei im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit und ihrer Lebensverhältnisse zur Leistung der zur Deckung der Bedürfnisse des Kindes notwendigen Geldmittel verpflichtet. Der statistisch erhobene Durchschnitts- bzw Regelbedarf von Kindern im Alter zwischen 10 und 15 Jahren belaufe sich derzeit auf S 3.700,-- monatlich. Nach der Prozentsatzjudikatur, welche auf die konkrete Leistungsfähigkeit des geldunterhaltspflichtigen Elternteils abstelle, bestehe ein prozentmäßiger Anspruch auf das Einkommen des geldunterhaltspflichtigen Elternteiles. Bei Kindern im Alter zwischen 10 und 15 Jahren betrage dieser Anteil 20 %, wovon allerdings bei konkurrierenden Unterhaltsansprüchen anderer Berechtigter bestimmte Prozentpunkte in Abzug zu bringen seien (für Ehegatten bis zu 3 %, für andere Kinder 1 bzw 2 %).

Zumindest dann, wenn der geldunterhaltspflichtige Elternteil keiner Vollbeschäftigung nachgeht und keine ausreichenden Unterhaltsbeiträge leistet, sei zu prüfen, ob er "nach seinen Kräften" ein höheres Einkommen erzielen könnte; dieses wäre sodann nach dem sogenannten Anspannungsgrundsatz als Unterhaltsbemessungsgrundlage heranzuziehen. Das gelte auch dann, wenn die an sich geldunterhaltspflichtige Mutter im Rahmen ihrer derzeitigen Ehe als Hausfrau über kein (wesentliches) Einkommen verfügt.

Der geldunterhaltspflichtigen Mutter stehe es zwar auch nach Schweizer Recht (Art 163 Zivilgesetzbuch) grundsätzlich frei, bei der Gestaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft mit ihrem zweiten Gatten zu vereinbaren, daß sie sich auf die Haushaltsführung und die Betreuung der Kinder beschränkt, während ihr Ehegatte seinen Beruf weiter ausübt. Der Verzicht der geldunterhaltspflichtigen Mutter auf die Erzielung eines ihr möglichen Einkommens dürfe aber nicht zu Lasten ihres Kindes aus erster Ehe gehen. Unterhaltsansprüche von Kindern aus mehreren Ehen seien nämlich grundsätzlich gleichrangig (6 Ob 2360/96v mwN). Eine Benachteiligung des außerhalb des Haushalts der Mutter lebenden, jedoch geldunterhaltsberechtigten Kindes müsse vermieden werden.

Die Mutter treffe somit die Obliegenheit, im Interesse ihrer Tochter Sabrina alle persönlichen Fähigkeiten, insbesondere auch ihre Arbeitskraft, soweit ihr das möglich und zumutbar ist, einzusetzen. Wenn ihr - trotz des in ihrem Haushalt lebenden Kleinkindes - eine volle oder teilweise Erwerbstätigkeit möglich und zumutbar ist, sei sie auf ein dadurch erzielbares Erwerbseinkommen anzuspannen.

Der Mutter eines Kleinkindes sei eine berufliche Tätigkeit aber nur dann zumutbar, wenn die Versorgung dieses in ihrer Pflege befindlichen Kleinkindes gesichert ist (6 Ob 2360/96v mwN). Da die Mutter derzeit eine Teilzeitbeschäftigung ausübt, sei die Zumutbarkeit derselben ohne weitere Prüfung zu bejahen. Eine Ganztagsbeschäftigung der Mutter sei aber - abgesehen von ihrer nun behaupteten neuerlichen Schwangerschaft - nicht zu fordern. Zwar sei die Unterbringung des Kindes in einer Tagesheimstätte, bei Verwandten odgl. auch bei Kindern bis zum 3. Lebensjahr möglich (6 Ob 659/95, 9 Ob 373/97m); für die derzeit 1/2-jährige Sarah erscheine jedoch die unmittelbare mütterliche Betreuung vorrangig.

Demnach sei vom derzeit erzielten Einkommen von rund S 4.000,-- monatlich auszugehen. Wegen des zusätzlichen Unterhaltsanspruches der Mutter gegenüber ihrem Gatten bedeute dieser Betrag aber nicht die bei der Prozentsatzberechnung heranzuziehende Bemessungsgrundlage. Der Gatte der Mutter hab nach der bei den Akten liegenden Auskunft des Sozialdienstes Prättigau ein monatliches Nettoeinkommen von rund 3.000,-- sFr (4.019,75 sFr abzüglich Krankheitskosten bzw diesbezügliche Versicherungen, Steuern und berufsbedingte anteilige Autokosten). Nach dem in letzterer Zeit ziemlich gleich gebliebenen mittleren Devisenkurs von rund S 8,60 für einen Schweizer Franken bedeute dies umgerechnet ein monatliches Nettoeinkommen von rund S 25.000,--.

Ein Anteil in der Höhe der Hälfte des tatsächlichen Einkommens der Mutter, also von S 2.000,-- für die geldunterhaltsberechtigte Sabrina erscheine sachgerecht und der Mutter zumutbar. Nur dadurch komme sie ihrer Unterhaltspflicht nicht nur gegenüber ihrer Tochter Sarah, sondern auch gegenüber ihrer Tochter Sabrina nach. Eine geringere Herabsetzung des bisherigen Unterhaltsbetrages von S 3.000,-- oder überhaupt eine Beibelassung desselben erscheint hingegen nicht gerechtfertigt. Einerseits habe die Mutter nach ihren grundsätzlich glaubhaften, der Höhe nach allerdings nicht konkretisierten Behauptungen hohe Zahnarztkosten; andererseits ist gegenüber ihrer früheren Leistungsfähigkeit (Einkommen von zumindest 2.000,-- sFr) eine ganz erhebliche Verschlechterung der finanziellen Situation eingetreten und zudem die Sorgepflicht für die Mj. Sarah entstanden.

Bemerkt werde, daß auch dann, wenn von der Mutter eine Berufsausübung überhaupt nicht gefordert werden könnte (zB in den letzten Schwangerschaftsmonaten, während einer Krankheit oder während der Betreuung eines Kleinstkindes), trotzdem eine Verpflichtung zur Erbringung von Geldleistungen an die Mj. Sabrina bestehen würde. In diesem Fall käme nämlich zum Tragen, daß die Mutter Unterhaltsansprüche gegenüber ihrem Gatten nicht nur in natura, sondern auch in Geld zustehen. Der Art 164 des Schweizer Zivilgesetzbuches besage nämlich: "Der Ehegatte, der den Haushalt besorgt, die Kinder betreut oder dem anderen im Beruf oder Gewerbe hilft, hat Anspruch darauf, daß der andere ihm regelmäßig einen angemessenen Betrag zur freien Verfügung ausrichtet. Bei der Festsetzung des Betrages sind eigene Einkünfte des berechtigten Ehegatten und eine verantwortungsbewußte Vorsorge für Familie, Beruf oder Gewerbe zu berücksichtigen." Der der Mutter von ihrem Gatten zur freien Verfügung zu stellende Betrag wäre dann zumindest zum Teil der Mj. Sabrina als Unterhaltsleistung weiterzuleiten. Die Verwendung dieses Geldunterhaltes ("Taschengeld" odgl) unterliege nämlich der freien Disposition der Gattin. Bei Geldunterhaltspflichten der Gattin sei dieses "Taschengeld" zur Erfüllung von Unterhaltspflichten zu verwenden und nach den Umständen des Einzelfalles weitgehend, nach der oberstgerichtlichen Entscheidung 6 Ob 2126/96g sogar zur Gänze abschöpfbar. Wie hoch ein solcher Geldunterhaltsanspruch der Mutter gegenüber ihrem Gatten derzeit wäre, brauche im Hinblick auf das diesen Betrag sicherlich übersteigende Eigeneinkommen der Mutter nicht geprüft zu werden. In Österreich und in Deutschland belaufe sich dieser Anspruch auf Taschengeld in der Regel auf etwa 5 % vom Nettoeinkommen des Gatten (6 Ob 2126/96g). Wenn diese Frage auf Grund eines neuerlichen Unterhaltsherabsetzungs- oder Erhöhungsantrages zu beantworten sein sollte, werde nicht nur das genaue Einkommen des Gatten der Mutter, sondern auch die Schweizer Judikatur zu diesem Themenbereich zu erheben sein; verwiesen werde dazu auf § 4 IPRG. Die vorliegende Entscheidung habe aber vom derzeitigen aktenkundigen Sachverhalt auszugehen. Bei einer Änderung des Sachverhaltes (zB Arbeitsplatzverlust der Mutter infolge fortgeschrittener Schwangerschaft usw) stehe es den Parteien frei, neuerliche Anträge zu stellen.

Diese Entscheidung enthält den Ausspruch, daß der ordentliche Revisionsrekurs nach § 14 Abs 1 AußStrG zulässig sei. Begründet wurde dies damit, daß hinsichtlich der verfahrensrelevanten Frage, in welchem Ausmaß das Einkommen einer Mutter, welcher nur eine Teilzeitbeschäftigung zumutbar ist, für den Unterhalt eines geldunterhaltsberechtigten Kindes zu verwenden ist (anders als bei einem freiwilligen Einkommensverzicht eines Hausmannes) soweit überblickbar eine oberstgerichtliche Rechtsprechung ebenso fehle wie zur Frage, bis zu welchem Kindesalter aus kinderpsychologischen und soziologischen Gründen eine unmittelbare Betreuung durch die Mutter zu fordern und eine Anspannung derselben somit zu verneinen ist (vgl EFSlg 77.163, 74.178 ua, die eine Anspannung der Mutter bis zum vollendeten dritten Lebensjahr des Kindes überhaupt verneinen).

Im jetzt vorliegenden Revisionsrekurs macht die Mutter im wesentlichen geltend, daß sie nach der herrschenden Judikatur nicht verpflichtet werden könnte, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen weil sie für ein Kleinkind zu sorgen hat. Es werde anerkannt, daß ein Kleinkind bis zum vollendeten 3. Lebensjahr die persönliche Betreuung durch die Mutter braucht. Ein zur Befreiung aus einer bestimmten Notlage erzieltes Einkommen dürfe aber bei der Unterhaltsbemessung nicht berücksichtigt werden. Das Einkommen des Ehemanns der Rechtsmittelwerberin reiche unter Berücksichtigung der hohen Lebenshaltungskosten (vor allem der Wohnungskosten) kaum aus, die notwendigsten Bedürfnisse der Familie zu decken. Im übrigen hätten die Vorinstanzen die Rechtskraft des Beschlusses mißachtet, mit der die Mutter für die Zeit vom 1.10.1996 bis zum 30.9.1997 von ihrer Unterhaltsverpflichtung gegenüber der Mj. Sabrina befreit wurde. Der Revisionsrekursantrag geht dahin, den angefochtenen Beschluß so abzuändern, daß der erstinstanzliche Beschluß bestätigt wird; in eventu soll der Beschluß der zweiten Instanz, allenfalls auch der der ersten Instanz aufgehoben und die Sache zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung an eine der Vorinstanzen zurückverwiesen werden.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, jedoch nicht berechtigt.

Vorweg ist darauf hinzuweisen, daß die gegenständliche Unterhaltsfestsetzung keineswegs mit der Rechtskraft des Befreiungsbeschlusses vom 31.10.1996 kollidiert. Abgesehen davon, daß die Rechtsmittelwerberin nur für die Zeit vom 1.10.1996 bis zum 30.9.1997 von ihrer Unterhaltsbeitragspflicht gegenüber der Mj. Sabrina befreit wurde und die jetzt normierte (geringere) Zahlungspflicht erst mit 1.10.1997 einsetzt, sich also nicht mit der zeitlichen Unterhaltsbefreiung überschneidet, ermöglicht jede Änderung der Verhältnisse eine neue Unterhaltsbemessung (vgl Klicka/Oberhammer, Außerstreitverfahren, Rz 52). Eine solche Änderung der entscheidungswesentlichen Umstände liegt schon allein darin, daß die im Zeitpunkt der letzten Beschlußfassung einkommenslose Mutter wieder über ein Erwerbseinkommen verfügt.

In der Sache selbst ist davon auszugehen, daß zum Einkommen, das der Unterhaltspflichtige zur Erfüllung seiner Unterhaltspflichten zu verwenden hat, alle tatsächlich in Geld oder geldwerten Leistungen erzielten Einkünfte zählen, über die er frei verfügen kann (vgl Schwimann in Schwimann2, Rz 46 zu § 140 ABGB; EFSlg 80.373; ÖA 1998, 21 ua). Es ist daher jedenfalls das von der Rechtsmittelwerberin auf Grund ihrer Teilzeitbeschäftigung als Serviererin erzielte Einkommen in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzubeziehen. Fraglich ist nur, ob sich darin der für Geldunterhaltsleistungen der Rechtsmittelwerberin an die Mj. Sabrina zur Verfügung stehende Fonds erschöpft, oder ob nicht auch die ihr vom Ehemann zufließenden Alimentationsleistungen bzw die ihm gegenüber bestehenden Alimentationsansprüche (Naturalunterhalt und Taschengeld) die Unterhaltsbemessungsgrundlage erhöhen. Ein weiteres Problem besteht darin, ob die Rechtsmittelwerberin, die im eigenen Haushalt ein Kleinkind betreut und für ein zweites, nicht in ihrem Haushalt lebendes Kind geldunterhaltspflichtig ist, auf eine Ausweitung ihrer Erwerbstätigkeit angespannt werden kann.

Zur ersten Rechtsfrage hat die Judikatur bereits klargestellt, daß jedenfalls das dem Unterhaltspflichtigen von einem Dritten zufließende Taschengeld oder ein ihm gegen den seinerseits Unterhaltspflichtigen - etwa den Ehegatten - zustehender Anspruch auf Taschengeld (letzterer nach den Regeln des Anspannungsgrundsatzes) zur Unterhaltsbemessungsgrundlage zählt (JBl 1997, 35; ÖA 1998, 18 ua). Strittig ist, ob auch Naturalunterhaltsleistungen, die der Unterhaltspflichtige von einem Dritten erhält oder erhalten müßte, als frei verfügbare und damit in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzubeziehende Einkünfte zu werten sind (gegen die Einbeziehung etwa JBl 1997, 35; für die Einbeziehung EFSlg 70.658; ÖA 1998, 21). Einfluß auf die Unterhaltsbemessung nehmen derartige Naturalleistungen zumindest insoweit, als sich in ihrem Ausmaß die Bedürfnisse des Unterhaltspflichtigen zur Bestreitung des eigenen Lebensunterhalts verringern (vgl Schwimann aaO). Wenn daher, wie hier behauptet wird, eine zu Geldunterhaltsleistungen an ihr Kind verpflichtete Mutter von ihrem Ehegatten nur das Allernötigste zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts bekommt und auch nicht mehr verlangen kann, steht ihr Naturalbezug bzw Anspruch darauf zwar nicht als Fonds für Unterhaltsansprüche ihres Kindes zur Verfügung, es sind jedoch die darüber hinausgehenden Einkünfte der Mutter, wenn sie ohnehin nur den notwendigsten Unterhalt des Kindes decken und keine konkurrierenden Unterhaltsansprüche bestehen, zur Gänze für die Erfüllung des Geldunterhaltsanspruchs des Kindes zu verwenden, weil die Einkünfte nicht mehr mit eigenen Lebenshaltungskosten der Mutter belastet sind.

Schon daraus folgt, daß die Entscheidung des Rekursgerichtes, den Geldunterhaltsanspruch der Mj. Sabrina mit ca der Hälfte des Erwerbseinkommens ihrer Mutter zu bemessen, rechtlich nicht angreifbar ist. Konkurrierende Geldunterhaltsansprüche bestehen nicht, weil das zweite Kind der Rechtsmittelwerberin durch ihre Betreuungsleistungen und den Naturalunterhalt vom Vater offenbar voll alimentiert ist. Belastet ist das Einkommen der Mutter nur durch die von ihr behaupteten Zahnbehandlungskosten (es hat dabei, wie sich den schriftlichen Eingaben der Mutter entnehmen läßt, um eigene schwangerschaftsbedingte Zahnschäden und nicht, wie jetzt von ihren Vertretern im Revisionsrekurs ausgeführt wird, um Zahnschäden des erst am 10.10.1996 geborenen zweiten Kindes!). Selbst wenn man diese Zahnbehandlungskosten einem existenziellen Sonderbedarf der Mutter zuordnet, den ihr Ehemann im Rahmen seiner Unterhaltspflicht nicht zu decken vermag, erschiene es gerechtfertigt, die geringen vorhandenen Mittel zwischen Mutter und Kind aufzuteilen, weil die Zahnbehandlung der Mutter nicht dringender sein kann als die ohnehin weit hinter dem Regelbedarf zurückbleibende Alimentierung ihrer Tochter.

Da der von der Rechtsmittelwerberin zu zahlende Unterhaltsbeitrag in der festgestellten Unterhaltsbemessungsgrundlage Deckung findet, ist es, wie schon das Rekursgericht ausführte, entbehrlich, den tatsächlichen Unterhaltsanspruch der Rechtsmittelwerberin gegen ihren Ehemann (insbesondere ihren Anspruch auf Taschengeld) zu ermitteln und auf das Anspannungsproblem einzugehen, ob einer Mutter, die in ihrem Haushalt ein Kleinkind betreut, die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zugemutet werden kann.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

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