OGH 14Os63/98

OGH14Os63/9826.5.1998

Der Oberste Gerichtshof hat am 26. Mai 1998 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Massauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer, Dr. Holzweber, Dr. Ratz und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Schimatschek als Schriftführer, in der Strafsache gegen Hans Peter H***** wegen des Verbrechens des Beischlafs mit Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Steyr als Schöffengericht vom 21. Jänner 1998, GZ 12 Vr 224/97-51, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Hans Peter H***** (zu I) des Verbrechens des Beischlafs mit Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB und des Vergehens der Blutschande nach § 211 Abs 1 StGB, ferner (zu II) des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB sowie (zu III) des Vergehens des Mißbrauches eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Darnach hat er zwischen 7. Jänner und 9. Juni 1997 in Pettenbach

(zu I) an seiner am 17. Jänner 1990 geborenen, somit unmündigen leiblichen Tochter Iris H***** zumindest einmal einen Geschlechtsverkehr vollzogen;

(zu II) die Genannte auf andere Weise als durch Beischlaf zur Unzucht mißbraucht, indem er sie in einer Mehrzahl von Angriffen im Geschlechtsbereich betastete, einen Finger in ihre Scheide einführte, dabei teilweise onanierte und sie veranlaßte, sein Glied zu betasten;

(zu III) durch die zu I und II geschilderten Tathandlungen sein minderjähriges Kind zur Unzucht mißbraucht.

Der gegen diesen Schuldspruch aus den Gründen der Z 4 und 5 a des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu.

Rechtliche Beurteilung

Durch die Ablehnung der (weiteren) psychodiagnostischen Untersuchung unter Beiziehung des Angeklagten, des Opfers, ferner der Mutter, des Großvaters und der nunmehrigen Betreuerin des Opfers wurden Verteidigungsrechte (Z 4) nicht verletzt.

Mit dem primär bezeichneten Ziel der "Aufarbeitung des offensichtlich vorliegenden psychischen Traumas der Zeugin Iris" wird von vornherein kein relevantes Beweisthema bezeichnet. Soweit damit (außerdem) nachgewiesen werden sollte, daß "die Zeugin Iris vermutlich durch den Einfluß einer dritten Person" die strafbaren Handlungen auf den Angeklagten "projiziert", ist der Beschwerdeführer auf das Gutachten des Sachverständigen Dr. Rothschedl zu verweisen, wonach die psychodiagnostische Befragung des Opfers im Beisein eines möglichen Täters nicht sinnvoll ist (S 326). Es wäre daher (schon) im Antrag darzutun gewesen, weshalb das zur Beurteilung der Persönlichkeit der Iris H***** erstattete psychiatrische Gutachten iS der §§ 125 f StPO mangelhaft sei (Mayerhofer StPO4 § 281 Z 4 E 133a).

Bei Prüfung des Einwandes hatte die im Rechtsmittel zusätzlich angeführte - im übrigen nicht stichhältige, nach Art einer im schöffengerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung argumentierende - Begründung des Antrages außer Betracht zu bleiben (Mayerhofer StPO4 § 281 Z 4 E 41).

Nach Prüfung der Akten anhand des weiteren Beschwerdevorbringens (Z 5 a) ergeben sich für den Obersten Gerichtshof keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der den Schuldspruch tragenden Tatsachenfeststellungen, die das Schöffengericht auf die Aussage des mißbrauchten Mädchens und das Gutachten des psychiatrischen Sachverständigen gründete, wonach die Spontaneität der gegenüber mehreren Personen vorgebrachten Beschuldigungen für deren Richtigkeit sprechen und wegen der intellektuellen Unterbegabung das Durchhalten einer fremdbestimmten Fehlbezichtigung dem Kind nicht zusinnbar ist (S 319, 328).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Kompetenz des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufung (§ 285 i StPO).

Die Kostenentscheidung ist in § 390 a StPO begründet.

Im übrigen wird bemerkt, daß die Rechtsansicht des Erstgerichtes (US 13) betreffend die Nichtanrechenbarkeit der Vorhaft aus dem Verfahren (richtig:) AZ Vr 485/96 des Landesgerichtes Steyr nicht der Judikatur (SSt 48/90; 15 Os 117/97 nv) entspricht. Darnach kommt es - abgesehen von der Voraussetzung nach dem letzten Teilsatz des § 38 Abs 1 StGB - nur darauf an, daß die beiden Verfahren (zumindest in Ansehung eines Teils der hievon erfaßten Straftaten) zu irgendeinem Zeitpunkt gemäß § 56 StPO hätten vereinigt werden können.

Dies trifft hier zu, weil das Verfahren AZ Vr 485/96 des Landesgerichtes Steyr erst am 23. Jänner 1997 eingestellt wurde, während der Deliktszeitraum der nunmehr abgeurteilten strafbaren Handlungen aber bereits am 7. Jänner 1997 begonnen hat.

Die vom Erstgericht ersichtlich angesprochene Entscheidung EvBl 1980/41 (zitiert bei Leukauf/Steininger Komm3 § 38 RN 1 aE) wurde mißverstanden. Sie betraf ohnedies den im Gesetz (§ 38 Abs 1 Z 2 StGB) geregelten Fall, daß auch eine Haft anzurechnen ist, die der Täter nach der Begehung der nunmehr abgeurteilten Tat in einem anderen Verfahren erlitten hat; es wurde nur klargestellt, daß es auch genügt, daß die Haft nur einem Teil der nunmehr abgeurteilten Taten nachgefolgt ist.

Dieser Fehler bei der Vorhaftanrechnung wird gemäß § 400 Abs 2 StPO vom Vorsitzenden zu berichtigen sein.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte