Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben und die Rechtssache an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Die Beklagten sind zur Hälfte Eigentümer der Wohnung EZ ***** KG W*****; nach der Scheidung der Beklagten ist ein Aufteilungsverfahren noch anhängig. Die Rechtsvorgängerin der Klägerin gewährte den Beklagten mit Zusage vom 28.12.1989 im Zuge einer Umschuldung ein Hypothekardarlehen über S 3,5 Mio und mit Zusage vom 27.4.1990 ein weiteres Hypothekardarlehen zu Konto Nr.501-55897-302 über S 300.000.-; jeweils in Punkt 3. der besonderen Bedingungen dieser Promessen wurde dabei vereinbart, daß die Zweitbeklagte lediglich als Realschuldnerin hinsichtlich der ihr zur Hälfte gehörenden Eigentumswohnung EZ ***** KG W*****, verbunden mit dem Wohnungseigentum an der Wohnung 8b, hafte. In beiden Schuldscheinen und in der Pfandbestellungsurkunde sind die Beklagten hingegen gemeinsam als Darlehensschuldner genannt.
Mit Hypothekarklage nimmt die Klägerin die Beklagten auf Zahlung von zuletzt S 340.676.- s.A. aus dem gekündigten Darlehensvertrag zu Konto Nr.501-55897-302 in Anspruch, und zwar den Erstbeklagten insbesondere, die Zweitbeklagte ausschließlich bei sonstiger Exekution in deren Anteile an der Liegenschaft EZ ***** KG W*****. Zur Haftung der Zweitbeklagten brachte die Klägerin vor, diese sei niemals über ihre Haftung als Realschuldnerin getäuscht, irregeführt oder sonst im Unklaren gelassen worden; nur ihre Haftung als Personalschuldnerin sei ausgeschlossen worden. Eine Stundung seiner Forderung, die der Zweitbeklagten als Realschuldnerin eventuell zugutekommen könnte, sei dem Erstbeklagten als Personalschuldner nie gewährt worden.
Gegen den Erstbeklagten erging ein Versäumungsurteil. Die Zweitbeklagte beantragte Klageabweisung. Sie wendete unter anderem ein, nicht Schuldnerin der Klägerin geworden zu sein; der Schuldschein entspreche insofern nicht der Vereinbarung. Auch habe die Klägerin dem Erstbeklagten Stundung der Darlehensforderung gewährt, die sich auch zugunsten der Zweitbeklagten auswirken müsse; sie beantragte zu diesem Thema die Vernehmung des Zeugen Mag.Herbert U*****.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren auch gegen die Zweitbeklagte Folge. Die Zweitbeklagte hafte zwar nur als Realschuldnerin, doch sei eine Stundungsvereinbarung der Klägerin mit dem Erstbeklagten nicht bewiesen worden.
Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Es ging auf den geltend gemachten Verfahrensmangel, den die Zweitbeklagte in der Unterlassung der Vernehmung des Zeugen Mag.Herbert U***** erblickt, inhaltlich nicht ein, weil es die Rechtsmeinung vertrat, die Zweitbeklagte hafte nicht nur akzessorisch als Interzedentin für eine fremde Verbindlichkeit, sondern sei (auch) Darlehensschuldnerin der Klägerin, wenn auch ihre Haftung auf einen Liegenschaftsanteil beschränkt sei; dies ergäbe sich zweifelsfrei aus allen auf die Darlehensgewährung bezughabenden Urkunden, in denen die Zweitbeklagte "teilweise" als Schuldnerin angeführt sei. Eine allfällige Stundungsvereinbarung der Klägerin mit dem Erstbeklagten schlage deshalb nicht auf die Zweitbeklagte durch.
Rechtliche Beurteilung
Die außerordentliche Revision der Zweitbeklagten ist zulässig, weil das Berufungsgericht den sich aus der Vertragslage ergebenden Umfang der Haftung der Zweitbeklagten unrichtig beurteilt hat; sie ist auch im Sinne des Aufhebungsantrages berechtigt.
Wenn auch in der Regel Schuld (als Leistensollen) und Haftung (als Einstehenmüssen für eine Schuld) zusammenfallen, gibt es doch Fälle, wo beides streng auseinanderzuhalten ist. Wurde etwa ein Darlehen zugezählt, so kann ein Dritter entweder für die Verbindlichkeit des Darlehensnehmers eine Hypothek bestellen und damit eine eigene Sache für fremde Schuld verpfänden, oder er kann selbst (Mit-)Schuldner der Darlehensvereinbarung, beschränkt auf die reine Sachhaftung mit einer Liegenschaft, werden (JBl 1969, 496). Die Vertragsauslegung entscheidet im Streitfall darüber, welche dieser beiden Varianten als von den Parteien gewollt den rechtlichen Überlegungen zugrundezulegen ist.
Nach § 914 ABGB ist bei der Auslegung von Verträgen nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften, sondern die Absicht der Parteien zu erforschen und der Vertrag so zu verstehen, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht. Unter Parteiabsicht ist dabei nicht irgendein unkontrollierbarer Parteiwille, sondern der redlicherweise zu unterstellende Geschäftszweck zu verstehen (EvBl 1972/111; MietSlg 34.132/14; RdW 1988, 88 uva; Binder in Schwimann, ABGB**2 Rz 36 zu § 914). Es braucht nicht der subjektive, unerkennbare Parteiwille ergründet zu werden; vielmehr ist herauszufinden, wie der andere Teil die Erklärung verstehen mußte (MietSlg 42.110 ua; Binder aaO). Unter der Absicht der Parteien ist die dem Erklärungsgegner erkennbare und von ihm widerspruchslos zur Kenntnis genommene Absicht des Erklärenden zu verstehen (SZ 62/9; SZ 62/46; JBl 1991, 642, Koziol/Welser10 I 91).
Haben die Vertragsparteien in der Darlehenspromesse ausdrücklich vereinbart, daß die Zweitbeklagte lediglich als Realschuldnerin haften solle (Punkt 3. der Promesse), wurde das Darlehen in der Folge dem Girokonto des Erstbeklagten zugezählt (S. 5 der Revisionsbeantwortung) und hat sich die Zweitbeklagte sodann im Prozeß zu ihren Gunsten auf eine Stundungsvereinbarung des als Personalschuldner in Anspruch genommenen Erstbeklagten berufen, welcher Rechtsmeinung die Klägerin beigetreten ist (Schriftsatz vom 24.10.1996 ON 12 S. 8), kann es zur Stützung der Vertragsauslegung der Klägerin, auch die Zweitbeklagte sei Darlehensschuldnerin, nicht genügen, darauf zu verweisen, daß die Zweitbeklagte auch in Schuldschein und Pfandbestellungsurkunde formal als "Schuldnerin" bezeichnet wird. Es ist unter den dargestellten widersprüchlichen Umständen, die in ihrer Interessenlage den einer reinen Pfandbestellung zugrundeliegenden Wertungen gleichen, von der Klägerin vielmehr zu verlangen, daß sie ein Vorbringen dahingehend erstattet, aus welchen besonderen Gründen (etwa einem eigenen wirtschaftlichen Interesse der Zweitbeklagten) die Parteien hier eine Verpflichtung der Zweitbeklagten als Mitschuldnerin vereinbart haben; einen solchen Beweis hat die Klägerin aber nicht angetreten.
Die Vertragsauslegung durch das Berufungsgericht, die Zweitbeklagte sei als Darlehens-(Mit-)Schuldnerin eine eigene Verbindlichkeit gegenüber der klagenden Bank (wenn auch mit eingeschränkter Exekutionsmöglichkeit) eingegangen, läßt die Widersprüche in den über das Darlehen errichteten Urkunden unberücksichtigt und entspricht nicht der dargestellten Beweislastverteilung. Es ist vielmehr davon auszugehen, daß die Zweitbeklagte nur mit der ihr gehörigen Hälfte der Eigentumswohnung als Interzedentin für eine materiell fremde Verbindlichkeit gutzustehen hat.
Die Hypothek als akzessorisches Recht setzt regelmäßig das Entstehen und auch das Fortbestehen einer Forderung aus gültigem Rechtsgrund voraus (Petrasch in Rummel, ABGB**2 Rz 1 zu § 449 mwN). Aus dieser Abhängigkeit folgt, daß sich der beklagte Eigentümer der Pfandliegenschaft aller Einwendungen gegen den Bestand des Pfandrechtes und der Pfandforderung bedienen kann, die dem Personalschuldner zustehen (Hinteregger in Schwimann, ABGB**2 Rz 8 zu § 466 mwN). Dies gilt auch für die rechtshemmende Einrede der Stundung (vgl. auch die analogen Ausführungen zum Bürgen bei Gamerith in Rummel, ABGB**2 Rz 6 zu § 1351). Der Ausgang des Rechtsstreites hängt damit letztlich davon ab, ob eine wirksame Stundungsvereinbarung zwischen der Darlehensgeberin und dem Erstbeklagten abgeschlossen worden ist. Diese Frage kann aber erst dann abschließend beurteilt werden, wenn der von der Zweitbeklagten zu diesem Thema beantragte Zeuge Mag.U***** gehört worden ist. Dieser Verfahrensmangel führt zur Aufhebung der Vorentscheidungen, ohne daß in diesem Verfahrensstadium auf die weiteren in der Revision aufgeworfenen Fragen einzugehen war.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 zweiter Satz ZPO.
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