OGH 9ObA150/98v

OGH9ObA150/98v20.5.1998

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hradil und Dr.Spenling als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Republik Österreich (Bundesministerium für Justiz), vertreten durch die Finanzprokuratur, 1010 Wien, Singerstraße 17, wider die beklagte Partei Dr.Karlheinz D*****, Pensionist, *****, vertreten durch Dr.Walter Strigl und Dr.Gerhard Horak, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 49.000,- infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien vom 5.9.1995, GZ 14 Nc 15/95-1, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Mit ihrer am 11.8.1995 beim Arbeits- und Sozialgericht Wien eingebrachten Klage begehrte die Klägerin vom Beklagten - dem früheren Präsidenten des *****gerichtes W***** - aus dem Titel der Organhaftpflicht S 49.000,- sA. Mit Beschluß vom 5.9.1995 bestimmte das Oberlandesgericht Wien gemäß § 8 Abs 2 OrgHG zur Verhandlung und Entscheidung über diese Klage das Landesgericht Wr.Neustadt als Arbeits- und Sozialgericht als zuständig. Ob dieser Beschluß dem Beklagten zugestellt wurde, ist nicht feststellbar.

Mit Urteil vom 4.3.1997 erkannte das Landesgericht Wr.Neustadt die Klageforderung als mit S 34.213,40 sA zu Recht und eine vom Beklagten eingewendete Gegenforderung als nicht zu Recht bestehend und gab der Klage im Umfang von S 34.213,40 sA statt.

Mit der vom Beklagten gegen den stattgebenden Teil dieses Urteils erhobenen Berufung verband er den Rekurs gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien vom 5.9.1995, der ihm nie zugestellt worden sei. In diesem Rekurs beantragt er, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und das Verfahren ab Zustellung der Klage als nichtig zu erklären.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist zulässig. Die Entscheidung des übergeordneten Gerichts über eine gemäß § 8 Abs 2 OrgHG notwendige Delegierung ist anfechtbar, wenn sich - wie hier - kein Rechtsmittelausschluß aus allgemeinen Rekursbeschränkungen ergibt (Ris-Justiz RS0105631; zuletzt 1 Ob 2232/96h zur insoweit vergleichbaren Bestimmung des § 9 Abs 4 AHG).

Der Rekurs ist auch rechtzeitig, weil nicht feststellbar ist, daß der angefochtene Beschluß dem Beklagten zugestellt wurde. Daß die Zustellung bislang (allenfalls) nicht erfolgte, steht der Rekurserhebung nicht entgegen, weil schon vor der Zustellung eines Beschlusses wirksam dagegen Rekurs erhoben werden kann, sofern nur das Gericht - wie hier - selbst schon an seine Entscheidung gebunden ist (Kodek in Rechberger, ZPO, Rz 3 zu § 521, Rz 3 zu § 464).

Der Rekurs ist aber nicht berechtigt.

Wird der nach dem OrgHG geltend gemachte Ersatzanspruch aus einer Verfügung (ua) des Präsidenten eines Gerichtshofs erster Instanz abgeleitet, der nach den Bestimmungen des OrgHG unmittelbar oder im Instanzenzuge zuständig wäre, ist gemäß § 8 Abs 2 OrgHG vom übergeordneten Gericht unter Bedachtnahme auf die Grundsätze der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung der Rechtssache zu bestimmen. Es handelt sich dabei um eine "notwendige" und der Parteiendisposition entzogene Delegierung, durch die gewährleistet werden soll, daß auch nur der Anschein der Befangenheit von Richtern nicht entstehen kann, wenn der geltend gemachte Anspruch (ua) das Verhalten des Präsidenten eines Gerichtshofes betrifft. Richter eines Gerichtshofes sollen nicht über Ansprüche erkennen, die ein Verhalten (ua) eines Präsidenten desselben Gerichtshofes zum Gegenstand haben (vgl die zur weitgehend identen und daher vergleichbaren Bestimmung des § 9 Abs 4 AHG ergangenen E. Ris-Justiz RS0056449; zuletzt 1 Ob 356/97b; 1 Ob 2232/96h). Dabei ist es - wie ebenfalls bereits zu § 9 Abs 4 AHG erkannt wurde - irrelevant, ob der betroffene Richter zum Zeitpunkt der Einbringung der Klage noch beim angerufenen Gericht seinen Dienst versieht oder nicht (1 Ob 6/90). Daß der Beklagte - wie er geltend macht - bereits seit 3.5.1989 als Richter und als Präsident des *****gerichtes W***** suspendiert war, ändert daher an der Notwendigkeit einer Delegierung ebensowenig, wie der Umstand, daß er mit der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 19.9.1995 zu DS 2/89 - somit überdies nach Erlassung des angefochtenen Beschlusses - in den dauernden Ruhestand versetzt wurde.

Auf den Einwand des Rekurswerbers, daß die Klägerin im in der Folge vor dem Landesgericht Wr.Neustadt abgeführten Verfahren ihren Anspruch auch auf Bereicherung stützte und das genannte Gericht (nur) diesen Rechtsgrund als gegeben annahm, wird im Rechtsmittelverfahren betreffend das bereits ergangene Urteil einzugehen sein. Die Richtigkeit des hier zu beurteilenden Beschlusses, der bereits vor der Geltendmachung des Rechtsgrundes der Bereicherung erlassen wurde, kann durch diesen Einwand jedenfalls nicht in Frage gestellt werden.

Weitere Einwände gegen die Richtigkeit des angefochtenen Beschlusses wurden nicht erhoben.

Die Entscheidung über die Rekurskosten gründet sich auf die §§ 40, 50 ZPO.

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