OGH 10ObS156/98h

OGH10ObS156/98h19.5.1998

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Ehmayr und Hon.Prof.Dr.Danzl als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter MR Mag.Georg Genser (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Raimund Bröthaler (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Wolfgang A*****, im Revisionsverfahren nicht vertreten, gegen die beklagte Partei Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, 1200 Wien, Adalbert-Stifter-Straße 65, vertreten durch Dr.Vera Kremslehner, Dr.Josef Milchram und Dr.Anton Ehm, Rechtsanwälte in Wien, wegen Versehrtenrente, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 18.Dezember 1997, GZ 11 Rs 286/97a-29, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 9. Juni 1997, GZ 19 Cgs 20/96y-25, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Die Ausführungen der Revisionswerberin sind nicht geeignet, Bedenken gegen die Richtigkeit der rechtlichen Beurteilung des Berufungsgerichtes hervorzurufen (§ 510 Abs 3 zweiter Satz ZPO).

Soweit die beklagte Partei ins Treffen führt, der Kläger sei bei den Schlägerungsarbeiten im Rahmen seiner Landwirtschaft (oder eines Nebengewerbes zu dieser) tätig geworden, läßt sie die Feststellungen außer Acht. Danach wurde der Kläger bei diesen Arbeiten als unselbständig Beschäftigter für einen Schlägerungsunternehmer tätig und war daher als solcher versichert.

Die beklagte Partei vertritt den Standpunkt, daß die Bemessungsgrundlage richtig gemäß § 182 ASVG nach billigem Ermessen zu ermitteln sei, wobei eine weitgehende Anlehnung an die feste Bemessungsgrundlage gemäß § 181 Abs 2 Z 1 ASVG zu erfolgen habe, weil die vom Kläger verrichtete Tätigkeit, bei der sich der Unfall ereignete, im wesentlichen einer Tätigkeit im Rahmen des landwirtschaftlichen Betriebes des Klägers entsprochen habe und insbesondere nur für kurze Zeit vorgesehen gewesen sei. Sie beruft sich dabei vor allem auf die Entscheidung SSV-NF 4/88, deren Grundsätze sie auf den vorliegenden Fall für anwendbar erachtet. Dem kann nicht beigetreten werden.

Grundsätzlich ist die Bemessungsgrundlage dann, wenn die Versicherung, wie dies hier der Fall war, noch nicht sechs Wochen gedauert hat, nach § 179 Abs 3 ASVG zu ermitteln. Nur dann, wenn die Bemessungsgrundlage nach den §§ 179 bis 181 b ASVG nicht errechnet werden kann oder die Errechnung nach diesen Bestimmungen eine Unbilligkeit bedeuten würde, ist sie nach § 182 ASVG nach billigem Ermessen festzustellen. Die letztgenannte Voraussetzung ist etwa anzunehmen, wenn ein Beschäftigungsverhältnis nur auf kurze Dauer - für wenige Tage - eingegangen wurde (Seitler SozSi 1974, 563 ff [566]). In diesem Sinne wurde in der Entscheidung SSV-NF 4/88 die Anwendbarkeit des § 182 ASVG bejaht. Dort wurde ein Pensionist zu Hilfstätigkeiten herangezogen, wobei die Beschäftigung jeweils nur für einen Tag vereinbart war, und im Hinblick auf den Gesamtumfang der zu leistenden Arbeit feststand, daß insgesamt nur wenige Arbeitstage in Frage kommen konnten. Der erkennende Senat kam im Hinblick auf diesen Sachverhalt zu dem Schluß, daß die Ermittlung der Bemessungsgrundlage nach § 179 Abs 3 ASVG unter diesen Umständen nicht der Billigkeit entspreche. Aus den Ausführungen zur Begründung dieser Entscheidung, aber auch den zitierten Literaturstellen ergibt sich, daß dann, wenn Grundlagen für die Errechnung der Bemessungsgrundlage nach den §§ 179 bis 181b ASVG zur Verfügung stehen, die Ermittlung der Bemessungsgrundlage nach § 182 ASVG nur einen Ausnahmsfall bilden kann. Im Hinblick auf den der Entscheidung SSV-NF 4/88 zugrundeliegenden Sachverhalt lag dort ein solcher besonderer Fall vor.

Im vorliegenden Fall ist der Sachverhalt anders gelagert. Fest steht, daß der Kläger ab Jänner 1995 und damit auch im Unfallszeitpunkt als Arbeiter bei einem Holzschlägerungsunternehmer beschäftigt war. Dafür, daß das Dienstverhältnis von vornherein befristet gewesen wäre, bestehen keine Anhaltspunkte (tatsächlich hat es bis 31.12.1995 gedauert). Ob das Dienstverhältnis ursprünglich für die Dauer eines Jahres geplant war, ist unerheblich; ob die Einkünfte aus einem Dienstverhältnis stammen, das auf Dauer oder weniger als ein Jahr angelegt war, ist nämlich irrelevant (Tomandl in Tomandl, System [8. ErgLfg] 325). Grundsätzlich ist immer dann, wenn das Dienstverhältnis noch nicht 6 Wochen gedauert hat, die Bemessungsgrundlage nach § 179 Abs 3 ASVG heranzuziehen.

Die objektive Beweislast dafür, daß ein atypisches Dienstverhältnis vorlag, das im Hinblick auf seine Art und insbesondere nur die für kurze Zeit vorgesehene Dauer die Anwendung einer niedrigeren als der sich nach § 179 Abs 3 ASVG ergebenden Bemessungsgrundlage rechtfertigt, wäre der beklagten Partei oblegen. Ein solcher Sachverhalt konnte jedoch nicht erwiesen werden. Weder der Umstand, daß der Kläger davor neben seiner Tätigkeit als selbständiger Landwirt viele Jahre hindurch nicht in einem Beschäftigungsverhältnis stand, noch daß nicht festgestellt werden konnte, daß das Dienstverhältnis zumindest für die Dauer eines Jahres vorgesehen war, rechtfertigen die Annahme einer in der Heranziehung der Bemessungsgrundlage nach § 179 Abs 3 ASVG gelegenen Unbilligkeit. Eine Befristung des Dienstverhältnisses auf sehr kurze Zeit, wie in dem der Entscheidung SSV-NF 4/88 zugrundeliegenden Fall, wurde jedoch weder festgestellt, noch rechtfertigt der Sachverhalt, den die Vorinstanzen ihren Entscheidungen zugrundelegten, einen Schluß in dieser Richtung.

Zutreffend wurde daher die Bemessungsgrundlage für die unselbständige Tätigkeit des Klägers ausgehend von der Bestimmung des § 179 Abs 3 ASVG errechnet. Daß bei der Berechnung der Versehrtenrente zusätzlich auch die Bemessungsgrundlage gemäß § 181 Abs 2 ASVG berücksichtigt wurde, entspricht der Bestimmung des § 178 Abs 1 ASVG (idS auch SSV-NF 6/83).

Gegen die Höhe der auf dieser Grundlage errechneten Leistung wird in der Revision nichts vorgebracht.

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Eine Kostenentscheidung hatte zu entfallen, weil sich der Kläger mangels Erstattung einer Revisionsbeantwortung am Revisionsverfahren nicht beteiligt hat.

Stichworte