OGH 7Ob115/98g

OGH7Ob115/98g19.5.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Huber und Dr.Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Land Niederösterreich, vertreten durch Dr.Erich Hermann, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Johann C*****, vertreten durch Dr.Werner Zaunfal, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 57.600,- sA, infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 11.November 1997, GZ 44 R 862/97h-25, womit die Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Hernals vom 2.Juli 1997, GZ 1 C 169/96v-19, zurückgewiesen wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Die Ehe des Beklagten und der Eveline C***** wurde am 11.10.1979 aus dem Verschulden des Beklagten geschieden. In dem am selben Tag geschlossenen Vergleich verpflichtete sich der Beklagte zu monatlichen Unterhaltsleistungen von S 3.200,- an Eveline C*****. Dieser wird vom Land Niederösterreich Sozialhilfe gemäß dem NÖSHG 1974 gewährt.

Mit der am 10.10.1996 eingebrachten Klage begehrte das Land Niederösterreich S 57.600,- als Rückersatz für die der Eveline C***** im Zeitraum vom 1.1.1995 bis 30.6.1996 gewährte Sozialhilfe bis zur Höhe von S 3.200,- monatlich. Der der Eveline C***** auf Grund des Vergleiches vom 11.10.1979 zustehende Unterhaltsanspruch gegen den Beklagten sei gemäß § 43 NÖSHG auf das Land Niederösterreich übergegangen. Der Anspruch werde weiters auf jeglichen erdenklichen Rechtsgrund, insbesondere auf § 1042 ABGB und hilfsweise auf § 1431 ABGB gestützt.

Der Beklagte bestritt den Forderungsübergang und wendete weiters ein, daß die Geltendmachung des Unterhaltes seitens Eveline C***** rechtsmißbräuchlich sei, weil sie eine Lebensgemeinschaft geführt und von einer Eheschließung nur Abstand genommen habe, um ihre Ansprüche auf Sozialhilfe und Unterhalt nicht einzubüßen. Eveline C***** gehe einer Beschäftigung als Raumpflegerin nach und sei selbsterhaltungsfähig.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. In einem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Baden vom 24.9.1985 sei dem Beklagten angezeigt worden, daß er nunmehr seine Unterhaltsleistungen an den Sozialhilfeträger zu erbringen habe. Es sei daher der Unterhaltsanspruch der Eveline C***** gemäß § 43 NÖSHG im Wege der Legalzession auf das Land Niederösterreich übergegangen. Ein sittenwidriges Verhalten der Eveline C***** gegenüber dem Unterhaltspflichtigen (§ 42 Abs 2 NÖSHG) sei nicht vorgelegen. Eveline C***** verfüge über kein sonstiges Einkommen.

Dieses Urteil wurde dem Vertreter des Beklagten am 10.7.1997 zugestellt. Die dagegen erhobene Berufung des Beklagten wurde am 18.9.1997 zur Post gegeben.

Mit dem angefochtenen Beschluß hat das Berufungsgericht die Berufung des Beklagten als verspätet zurückgewiesen, weil eine Ferialsache im Sinn des § 224 Abs 1 Z 4 ZPO vorliege und die vierwöchige Berufungsfrist des § 464 Abs 1 ZPO bereits am 7.8.1997 abgelaufen sei.

Der dagegen erhobene Rekurs des Beklagten ist gemäß § 519 Abs 1 ZPO zulässig. Er ist aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Wie das Berufungsgericht zutreffend ausführte, ändert der Umstand, daß Unterhaltsansprüche der Höhe nach durch Vergleich festgesetzt sind, nichts an der Natur der gesetzlichen Unterhaltsansprüche (EFSlg 10.552 uva). Dies gilt auch für den Unterhalt gemäß § 66 EheG (JBl 1977, 43; JBl 1979, 543).

Der Oberste Gerichtshof hat ebenfalls bereits mehrfach ausgesprochen, daß die Folge des gesetzlichen Forderungsüberganges (dort jeweils nach den vergleichbaren Bestimmungen der §§ 25 und 27 Wiener Sozialhilfegesetz) ausschließlich im Wechsel der Rechtszuständigkeit liegt und daß sich dadurch an der rechtlichen Natur der übertragenen Forderung nichts geändert hat (JBl 1979, 543; 2 Ob 526/90; Rz 1995/77). Unbeschadet des Umstandes, daß der Unter- haltsanspruch von einem Legalzessionar geltend gemacht wird, liegt eine familienrechtliche Streitigkeit im Sinn des § 49 Abs 2 Z 2 JN (RZ 1995/77) und damit auch eine Ferialsache im Sinn des mit § 49 Abs 2 Z 1 und Z 2 ZPO wortgleichen § 224 Abs 1 Z 4 ZPO vor. Die in § 224 Abs 1 ZPO genannten Streitigkeiten sind ex lege Ferialsachen, bei denen es nicht darauf ankommt, ob sie im konkreten Fall auch besonders dringend sind (EFSlg 49.326). Dabei spielt es auch keine Rolle, ob die geltend gemachte Forderung durch Zession erworben wurde (EvBl 1975/254).

Dem Argument des Rekurses, daß der Sozialhilfeträger, auf den der Unterhaltsanspruch übergegangen sei, nicht im gleichen Maß schutzwürdig sei wie die Unterhaltsberechtigte persönlich, so daß bei derart übergegangenen Ansprüchen keine Veranlassung zur besonderen Dringlichkeit bestehe, ist zudem entgegenzuhalten, daß die dringende Erledigung derartiger Streitigkeiten nicht nur im Interesse der unterhaltsfordernden Partei, sondern generell auch im Interesse der in Anspruch genommenen Partei geboten ist und von der Rechtsprechung auch Klagen auf Herabsetzung oder Einstellung eines Unterhaltsanspruches zu den Ferialsachen gerechnet werden (6 Ob 631/94, 1 Ob 519/88 ua).

Stichworte