OGH 1Ob414/97g

OGH1Ob414/97g19.5.1998

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Schlosser als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Karl P*****, vertreten durch Buchner & Haller, Rechtsanwälte in Salzburg, wider die beklagte Partei A***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr.Peter Jesch, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen 184.000 S sA infolge Revision der beklagten Partei (Revisionsinteresse 174.000 S sA) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgerichts vom 17.September 1997, GZ 2 R 94/97z-35, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 5.Februar 1997, GZ 6 Cg 76/96x-25, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 9.135 S (darin 1.522,50 S USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die beklagte Partei betreibt einen Kraftfahrzeugfachbetrieb, handelt mit Neu- und Gebrauchtwagen sowie Reifen und ist zur wiederkehrenden Begutachtungen von Kraftfahrzeugen gemäß § 57a KFG berechtigt.

Der Kläger kaufte bei der beklagten Partei am 17.Februar 1992 einen gebrauchten PKW Toyota Corolla 1,6 GL, der eine Fahrleistung von 34.000 km aufwies und am 24.August 1989 erstmals zum Verkehr zugelassen worden war. Er war mit einer gültigen Begutachtungsplakette gemäß § 57a Abs 5 KFG versehen. Am 27.Jänner 1992 hatte ihn der Leiter der Gebrauchtwagenabteilung der beklagten Partei mit kaufmännischer Ausbildung einem Ankaufstest unterzogen und „in Ordnung befunden“. Der PKW war mit Winterreifen ausgestattet, die eine Profiltiefe „über dem Grenzwert“ hatten. Diese Reifen der Marke „Semperit“ waren in der 42.Kalenderwoche 1982 produziert worden und im Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses daher neun Jahre und zweiundzwanzig Wochen alt. Angestellte der beklagten Partei hatten den Kläger nicht auf das Reifenalter hingewiesen. Es war ihm auch sonst nicht bekannt. Er ging vielmehr davon aus, es entspreche jenem des PKW. Auf den Reifen war als Kennung „DOT 422“ angebracht.

Dieser „offene“ Code, der jedem Reifenhändler bekannt ist, dient der Ablesung des Reifenalters. Er wird auf Reifen der Marken Semperit, Uniroyal und Continental verwendet. Kraftfahrzeugreifen haben kein vorherbestimmtes „Ablaufdatum“. Jeder Reifen soll jedoch nach längstens zehn Jahren - selbst bei gutem äußeren Erscheinungsbild - ausgeschieden werden, weil seine Verkehrssicherheit durch altersbedingte reifentechnische Faktoren stark beeinträchtigt werden kann. Das ist bei Reifenherstellern und -händlern allgemein bekannt und in einer Broschüre der Semperit-Reifen Aktiengesellschaft neben der Tatsache, daß selbst Reifen mit ausreichender Profiltiefe nach sechs Jahren von einem Fachmann auf ihre weitere Gebrauchstauglichkeit geprüft werden sollten, festgehalten. Dieser Ratgeber wird allen Reifenhändlern und auf Verlangen auch Tankstelleninhabern zur Verfügung gestellt.

Im Frühjahr 1992 wechselte der Kläger von Winterreifen auf Sommerreifen. Erstere lagerte er während des Sommers 1992 in einem kühlen und trockenen Kellerraum. Anfang November 1992 ließ er an seinem Fahrzeug wieder Winterreifen montieren. An der Vorderachse wurden zwei neue Reifen, die er im Herbst 1992 gekauft hatte, an der Hinterachse dagegen zwei von jenen vier Winterreifen, mit denen der PKW im Zeitpunkt des Kaufs ausgerüstet war, verwendet. Mit dieser Reifenausstattung legte der Kläger im Winter 1992/1993 insgesamt etwa 6000 km zurück. Am 31.März 1993 fuhr er auf der Westautobahn in Richtung Salzburg. Vor Aufnahme der Fahrt hatte er bei einer Tankstelle in Wien den Reifendruck kontrolliert. Auf der Autobahn hielt er eine Fahrgeschwindigkeit von 130 km/h ein. Im Gemeindegebiet von Schörfling löste sich durch Fliehkräfte die Lauffläche des rechten Hinterrads mit der oberen zweiten Gürtellage bis zum völligem Abriß. Das verursachte ein kurzes Blockieren des Rads. Der PKW brach nach Gegensteuern aus. Schließlich verlor der Kläger die Herrschaft über das Fahrzeug, das in der Folge gegen die Mittelleitschiene prallte und sich mehrfach überschlug. Am PKW entstand Totalschaden. Der Zeitwert betrug 104.000 S, der Restwert 4.000 S. Der sonstige Sachschaden und unfallkausale Spesen summierten sich auf 4.000 S. Der Kläger erlitt einen Bruch des Schlüsselbeins links mit Zertrümmerung des körperfernen Endes. Deshalb hatte er einen Tag starke, zehn Tage mittelstarke sowie drei bis vier Wochen leichte Schmerzen zu leiden. Es verblieben Dauerfolgen. Spätfolgen sind auszuschließen.

Der während der Fahrt schadhaft gewordene Reifen wies keinen Erzeugungsfehler auf. Er war jedoch zu alt. Die innere Alterung hatte die Bindung von Gummi und Stahlgewebe zwischen den Gürtellagen aufgelöst, obgleich der Reifen keine Überlastungsspuren oder mechanische Schäden durch Überfahren spitzer bzw scharfkantiger Hindernisse aufwies. Zusätzlich negativ hatte sich die Originalfelge mit einer Breite von 5 Zoll ausgewirkt. Dem Fahrzeugtypenschein zufolge durften auf der Felge nur Reifen der Dimension 175/70 verwendet werden. Der tatsächlich montierte breitere Reifen der Dimension 185/70 R 13 hätte aufgrund technischer Empfehlungen eine 5,5 Zoll breite Felge vorausgesetzt. Die um 0,5 Zoll zu schmale - zwar nicht empfohlene, jedoch noch erlaubte - Felge führte zur Einschnürung des Reifens an den Wülsten. Dadurch wurden die Reifenschultern mehr nach innen gezogen, was die Lauffläche stärker bombierte. Dieser Umstand in Verbindung mit der altersbedingt herabgesetzten Bindung der Reifenmaterialien bewirkte die Verreibung zwischen den Gürtellagen und das Ablösen der Lauffläche samt der oberen Gürtellage.

Der Kläger begehrte den Zuspruch von insgesamt 184.000 S (Sachschäden und unfallkausale Spesen 104.000 S, Schmerzengeld 80.000 S) und brachte vor, Unfallsursache sei die Verwendung eines zu alten Reifens mit - entsprechend der Fahrzeugtypisierung - unzutreffender Dimension gewesen. Die beklagte Partei wäre verpflichtet gewesen, ihn auf das hohe Alter und die nicht typengemäße Dimension hinzuweisen. Wegen Verletzung dieser Aufklärungs- und Warnpflicht habe die beklagte Partei für den geltend gemachten Schaden einzustehen.

Die beklagte Partei wendete ein, das Alter des Reifens sei nicht erkennbar und die Dimension zulässig gewesen. Es existiere keine Rechtsnorm, die das höchstzulässige Alter von Fahrzeugreifen begrenze. Auch die wiederkehrende Fahrzeugbegutachtung gemäß § 57a KFG erfordere keine Überprüfung des Reifenalters.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit einem Teilbetrag von 159.000 S sA statt und wies das Mehrbegehren ab. Die beklagte Partei war nach seiner Ansicht verpflichtet, das hohe Alter der am PKW montierten Reifen festzustellen und den Kläger über die damit verbundenen Gefahren aufzuklären. Daher sei der Schadenersatzanspruch dem Grunde nach berechtigt. An Schmerzengeld seien 55.000 S angemessen. Das ergebe insgesamt einen Zuspruch von 159.000 S.

Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil dahin ab, daß es dem Kläger 174.000 S sA zusprach und das Mehrbegehren von 10.000 S abwies; es sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Nach seiner Ansicht ist streitentscheidend, ob der beklagten Partei ein rechtswidriges und schuldhaftes Fehlverhalten bei der Vertragsabwicklung anzulasten sei. Bezogen auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses sei daher die Frage einer „Untersuchungs- und Warnpflicht“ der beklagten Partei zu beantworten. Dabei seien das für die Verkehrssicherheit maßgebliche Alter der Reifen und ihre nicht typengemäße Dimension von Bedeutung. Ein Händler sei im allgemeinen nicht verpflichtet, eigene kostspielige Untersuchungen zur Prüfung der Eignung einer Ware für gewisse Verwendungen durchzuführen. Er könne sich regelmäßig auf die Hinweise des Produzenten verlassen, soweit er an deren Richtigkeit nicht bereits aufgrund bekannter Schadensfälle zweifeln müsse. Greife diese Einschränkung nicht, genüge es, wenn der Händler eine Gebrauchsanweisung des Herstellers an den Käufer bloß weitergebe, es sei denn, es ergäben sich aus der Kenntnis des Händlers über den individuellen Verwendungszweck des Kaufobjekts Hinweispflichten. Der Verkäufer einer Ware habe nur dann besondere Aufklärungs- und Warnpflichten, wenn er solche entweder vertraglich übernommen bzw nach der Verkehrssitte oder einem Handelsbrauch zu erfüllen habe. Beim Verkauf von Sachen, deren ordnungsgemäße Verwendung bestimmte Kenntnisse voraussetze, die nicht bei jedermann, insbesondere aber nicht beim Käufer zu erwarten seien, habe der Verkäufer den Käufer auch ohne ausdrückliche Vereinbarung entsprechend anzuleiten. Eine Aufklärungspflicht bestehe auch dann, wenn die für den Verkäufer vorhersehbare Verwendung eines an sich fehlerfreien Produkts in bestimmten Teilbereichen zur Schädigung führen könne. Das gelte vor allem beim Verkauf von Maschinen und Geräten. Deren gewerbsmäßiger Händler habe für die Folgen fehlender Sachkenntnis gemäß § 1299 ABGB einzustehen. Er verletze den Vertrag, wenn er die erforderliche Anleitung des Käufers unterlasse. Art und Ausmaß der Anleitungspflicht seien an den vorauszusetzenden Kenntnissen des Käufers zu orientieren.

Beim Kauf eines Gebrauchtwagens seien bestimmte Mängel hinzunehmen. Das gelte im besonderen für den dem Fahrzeugalter und der Kilometerleistung entsprechenden Verschleiß, der auch größere Reparaturen nicht ausschließe. Es sei stets eine Frage des Einzelfalls, welche Mängel hinzunehmen seien. Bei der Abwägung seien das Fahrzeugalter, die Kilometerleistung und der Kaufpreis dem Gesamtbild der Mängel gegenüberzustellen. Im Falle eines verhältnismäßig „jungen und entsprechend teuren Gebrauchtwagen mit geringer Kilometerleistung“ gelte nicht nur die Fahrbereitschaft, sondern auch die Verkehrs- und Betriebssicherheit sowie die „Typengemäßheit des Fahrzeugs und seiner Ausrüstung als schlüssig zugesichert“. An dieser Verkehrserwartung, dem technisch Möglichen und wirtschaftlich Zumutbaren sei der Umfang der Untersuchungspflicht des Gebrauchtwagenhändlers zu messen. Jedes Fahrzeug sei einer „fachmännischen äußeren Besichtigung ('Sichtprüfung') zu unterziehen“. Das habe nicht ein Verkaufsangestellter, sondern ein Techniker zu besorgen. Der Händler habe eine mangelnde berufliche Qualifikation seiner Mitarbeiter zu vertreten. Reifen und Felgen seien stets darauf zu prüfen, ob sie der Zulassung entsprächen. Das Reifenalter sei jedenfalls aus besonderem Anlaß zu ermitteln. Der Vertragshändler müsse zumindest die Richtlinien und Empfehlungen der Hersteller der von ihm vertriebenen Markenprodukte kennen und beachten.

Der Kläger habe „von Verkehrs- und Betriebssicherheit und Zulassungsgemäßheit des Fahrzeugs und seiner Ausrüstung sowie mangels eines ausdrücklichen gegenteiligen Hinweises auch davon ausgehen“ dürfen, daß das Alter „der am Fahrzeug bei Vertragsabschluß und Übergabe auf Originalfelgen montierten Reifen“ mit dem Fahrzeugalter übereinstimme. Die Reifen seien jedoch nicht zweieinhalb, sondern etwas weniger als neuneinhalb Jahre alt gewesen. Deren Dimension habe überdies der Typengenehmigung des Fahrzeugs widersprochen. Das Reifenalter hätte die beklagte Partei, die auch mit Reifen handle, an der sichtbar angebrachten offenen Codierung erkennen und ferner auch die Reifendimension ablesen können. Sie wäre „als im Neu- und Gebrauchtwagenhandel tätiger Kfz-Fachbetrieb“ verpflichtet gewesen, das im Zeitpunkt der Veräußerung an den Kläger noch relativ junge Gebrauchtfahrzeug durch einen technisch versierten Mitarbeiter auf seine Verkehrs- und Betriebssicherheit sowie Typengemäßheit überprüfen zu lassen. Die Sichtprüfung hätte sich jedenfalls auch auf das Reifenalter erstrecken müssen, weil die von der Typengenehmigung abweichende Reifendimension die Vermutung nahegelegt habe, daß der Voreigentümer ältere, für ein anderes Fahrzeug angeschaffte Winterreifen weiterverwendet habe. Die tatsächliche Besichtigung des Kaufgegenstands durch einen kaufmännisch ausgebildeten Mitarbeiter, dem die erforderlichen Kenntnisse gefehlt hätten, sei ungenügend gewesen. Die „DOT-Codierung“ müsse jedem Reifenhändler bekannt sein. Gleiches gelte für den Umstand, daß jeder Fahrzeugreifen im Interesse der Verkehrssicherheit nach längstens zehn Jahren auszuscheiden sei. Die beklagte Partei habe als Reifenhändler auch fehlende besondere Kenntnisse, die bei einem solchen Gewerbetreibenden vorauszusetzen seien, zu verantworten. Daß die Reifendimension nicht den Angaben im Typenschein entsprochen habe, sei aus letzterem ablesbar gewesen. Obgleich die Reifen im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch nicht zehn Jahre alt gewesen seien, habe die beklagte Partei mit deren Verwendung „bis zum Erreichen der Mindestprofiltiefe“ rechnen müssen. Demnach sei vorhersehbar gewesen, daß der Kläger die Winterreifengarnitur in Unkenntnis ihres tatsächlichen Alters auch noch im Winter 1992/1993 verwenden werde. Daher hätte die beklagte Partei auf die Gefahr eines Reifenschadens bei Weiterverwendung der Winterreifen im Jahr 1993 hinweisen müssen. Durch die von der Typengenehmigung abweichende Reifendimension habe sie auch ihre Vertragspflicht „zur Lieferung eines zulassunsgemäßen Fahrzeugs“ schuldhaft verletzt, weil dieser Mangel bei „Überprüfung der Reifen und Felgen und Vergleich mit dem Typenschein unschwer zu ermitteln gewesen wäre“. Die tatsächliche Reifendimension sei neben dem Reifenalter mitursächlich für den Unfall gewesen. Die beklagte Partei hafte daher für die Schäden des Klägers aus dem Verkehrsunfall vom 31.März 1993. Als Schmerzengeld sei ein Betrag von insgesamt 70.000 S angemessen, sodaß dem Kläger unter Berücksichtigung seiner Vermögensschäden 174.000 S zuzusprechen seien.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, sie ist jedoch nicht berechtigt.

Bestimmte Eigenschaften eines Kaufobjekts können auch stillschweigend im Sinne des § 863 ABGB zugesichert werden (SZ 68/105 = ecolex 1995, 485; SZ 63/160 = VR 1991, 174 = ZVR 1992/58 = RdW 1991, 142; JBl 1987, 315; SZ 58/174 = JBl 1986, 245 = RZ 1986/43; SZ 58/11 = JBl 1985, 620 ua). Eine schlüssige Willenserklärung ist jedoch nur dann zu bejahen, wenn das dahin gedeutete Verhalten nach den die Verkehrssitte bestimmenden Gewohnheiten und Gebräuchen eindeutig als solche zu beurteilen ist. Dabei hängt die Beantwortung der Frage, ob eine konkrete Sacheigenschaft als gewöhnlich vorausgesetzt gilt, nicht vom Willen des Erklärenden, sondern davon ab, was der Erklärungsempfänger dem rechtsgeschäftlich bedeutsamen Verhalten seines Vertragspartners - gemessen an der Verkehrsauffassung (SZ 68/105; Reischauer in Rummel, ABGB2 Rz 4 zu §§ 922, 923 ABGB) - nach Treu und Glauben entnehmen durfte (SZ 68/105; JBl 1987, 315 mwN). Muß der Verkäufer aus der Sicht des Erwerbers den Mangel der erwarteten Qualität kennen oder zumindest erkennen, gilt letztere bei Nichtaufklärung über die Untauglichkeit des Kaufobjekts als stillschweigend zugesagt (SZ 68/105; NZ 1994, 234; SZ 63/160).

Der Oberste Gerichtshof sprach zum Gebrauchtwagenkauf wiederholt aus, daß die dem Alter und der Kilometerleistung entsprechenden Verschleiß- und Abnützungserscheinigungen des Fahrzeugs keine Sachmängel sind, weil sie zu seiner gewöhnlichen Beschaffenheit gehören (SZ 63/160; JBl 1990, 655 = ZVR 1991/16). Das wird von der Lehre gebilligt (Binder in Schwimann, ABGB2 Rz 2 zu § 923; Reinking/Eggert, Der Autokauf6 [1996] Rz 1923). Dagegen gilt die Fahrbereitschaft eines Gebrauchtwagens - und damit seine Verkehrs- und Betriebssicherheit - nach den bereits erörterten Grundsätzen als schlüssig zugesichert (SZ 63/160; Binder in Schwimann aaO). Dafür ist der Umstand maßgeblich, daß Neuwagenhändler mit Gebrauchtwagenabteilung und reine Gebrauchtwagenhändler mit Werkstättenbetrieb durch ihr Auftreten im geschäftlichen Verkehr die Erwartung hervorrufen, die von ihnen angebotenen Fahrzeuge seien „werkstattgeprüft“. Deshalb vertrauen Kaufinteressenten auf eine fachgerechte Untersuchung solcher Gebrauchtwagen und die Behebung jener Mängel, die eine Beeinträchtigung der Verkehrs- und Betriebssicherheit und daher eine stete Gefahrenquelle darstellen. Diese Erwartung ist schutzwürdig, weil sie erfahrungsgemäß den Ausschlag für den Kauf beim gewerblichen Händler zu einem - verglichen mit einem Erwerb vom Privatmann - deutlich höheren Preis gibt. Dem Händler wird daher auch die Erfüllung dieser Prüf- und Instandsetzungspflicht preislich abgegolten (Reinking/Eggert aaO Rz 1921, 1923).

Der Umfang der Untersuchungspflicht bestimmt sich, wie bereits das Berufungsgericht zutreffend ausführte, nach dem technisch Möglichen und dem wirtschaftlich Zumutbaren. Als Beurteilungsmaßstab dienen jene Kenntnisse und Fähigkeiten sowie jener Ausrüstungsstandard, die bei fachkundigen gewerblichen Gebrauchtwagenhändlern als branchenüblich vorauszusetzen sind (Reinking/Eggert aaO Rz 1923). Danach ist jedes Fahrzeug von einem technisch versierten Mitarbeiter mit der erforderlichen beruflichen Qualifikation zumindest einer Sichtprüfung seines Äußeren - also einem Augenschein - zu unterziehen. Diese Prüfung hat den gesamten optisch zugänglichen Bereich - darunter die Felgen und Reifen - zu erfassen. Reifen und Felgen sind stets darauf zu untersuchen, ob sie der Zulassung entsprechen. Das Reifenalter ist jedenfalls bei besonderem Anlaß festzustellen (Reinking/Eggert aaO Rz 1924).

Ein solcher Anlaß bestand hier deshalb, weil auf Originalfelgen Reifen einer der behördlichen Typisierung widersprechenden Dimension montiert waren. Dieser Umstand war durch einen Augenschein in Verbindung mit einer Beachtung der Ausstattungsmerkmale des Fahrzeugs laut Typenschein erkennbar. Die tatsächlich nicht typengerechte Reifendimension legte - entsprechend der Ansicht des Gerichts zweiter Instanz - die Annahme nahe, der Voreigentümer des vom Kläger erworbenen Gebrauchtwagens habe ältere, noch für ein anderes Fahrzeug angeschaffte Reifen weiterverwendet. Das hat nichts mit der Frage zu tun, ob die festgestellte Reifendimension - nach technischen Gesichtspunkten - auf Originalfelgen des Kaufobjekts gerade noch oder nicht mehr verwendet werden durfte. Die beklagte Partei wäre daher aus besonderem Anlaß verpflichtet gewesen, das Reifenalter zu prüfen, weil Kaufinteressenten nach der redlichen Verkehrssitte nicht damit rechnen müssen, daß an einem im gewerblichen Handel zum Kauf angebotenen, rund zweieinhalb Jahre alten Kraftfahrzeug etwas weniger als neuneinhalb Jahre alte Reifen montiert sein würden. Hätte die beklagte Partei dieser Prüfpflicht entsprochen, so wäre für einen sachkundigen und technisch versierten Mitarbeiter auch erkennbar gewesen, daß die Reifengarnitur des Kaufobjekts - nach Kriterien der Verkehrs- und Betriebssicherheit - dem zeitlichen Ende ihrer Verwendbarkeit nahe war. Dafür ist ausschlaggebend, daß nach dem Sorgfaltsmaßstab des § 1299 ABGB von jedem gewerblichen Gebrauchtwagenhändler unter Berücksichtigung branchenüblicher Kenntnisse, des technisch Möglichen und wirtschaftlich Zumutbaren zu erwarten ist, daß er den an Reifen bekannter und - nach den Gegebenheiten des Markts - auch bedeutender Hersteller sichtbar angebrachten „offenen“ Alterscode versteht und beachtet. Als komplementäres Grundwissen ist aber auch die unschwer verschaffbare Kenntnis der in Herstellerbroschüren verfügbaren Produktinformation über die zeitliche Verwendbarkeit von Reifen nach Kriterien der Verkehrs- und Betriebssicherheit vorauszusetzen. Dazu erkennt die beklagte Partei - wenn auch argumentativ in einem anderen Zusammenhang - selbst, es bedürfe „keiner weiteren Erwähnung, daß insbesondere der einwandfreie Zustand von Fahrzeugreifen für die Betriebssicherheit eines Fahrzeuges von entscheidender Bedeutung“ sei. Ein verkehrs- und betriebssicherer Zustand ist aber bei fast neuneinhalb Jahre alten Reifen, die - nach den Feststellungen - ein Fachmann bereits im Alter von sechs Jahren auf ihre weitere Verwendbarkeit zu prüfen hat und die spätestens nach zehn Jahren jedenfalls auszuscheiden sind, nicht mehr ohne weiteres gewährleistet.

Nach Ansicht der beklagten Partei ist das erörterte Wissen für einen gewerblichen Gebrauchtwagenhändler entbehrlich, ohne daß deshalb Haftungskonsequenzen entstünden, weil ein solcher Händler kein „Reifenspezialist“ sei und auch die wiederkehrende Fahrzeugbegutachtung gemäß § 57a KFG keine Prüfung des Reifenalters vorsehe. Die Sorgfaltspflichten eines Händlers dürften keinem strengeren Maßstab unterworfen werden, als er behördlichen Sicherheitsvorschriften eigen ist. Keiner dieser Einwände schlägt indes durch.

Es bedarf nicht der technischen Kenntnisse und Fähigkeiten eines „Reifenspezialisten“, um aus dem im Zuge einer Reifensichtprüfung ablesbaren „offenen“ Alterscode in Verbindung mit einem allenfalls erforderlichen Nachlesen in Herstellertabellen ein bestimmtes Reifenalter zu ermitteln. Daß ein gewerblicher Gebrauchtwagenhändler einen derartigen Code als solchen erkennen muß, ergibt sich aus seiner - letztlich auch von der beklagten Partei zugestandenen - Bedeutung für die Verkehrs- und Betriebssicherheit der Reifengarnitur eines Kraftfahrzeugs. Die Auffassung ein gewerblicher Gebrauchtwagenhändler müsse den „offenen“ Alterscode auf Reifen von - nach den Marktverhältnissen - bedeutenden Herstellern als solchen nicht erkennen, hätte zur Folge, daß ein derartiger beschränkter Kenntnisstand nicht weiterreichte als der jedes Laien, für den der rein äußerliche Verschleiß und allfällige Beschädigungen der Sichtflächen des Mantels sowie der Lauffläche von Reifen ebenfalls wahrnehmbar sind. Sein Kenntnisstand wäre dann um bestimmte wesentliche Umstände verkürzt, die für die Verkehrs- und Betriebssicherheit eines Gebrauchtfahrzeugs von essentieller Bedeutung sind. Gerade die Verkehrs- und Betriebssicherheit eines vor seinem Weiterverkauf durch einen gewerblichen Händler als Fachmann geprüften und hier auch noch verhältnismäßig jungen Gebrauchtwagens höherer Preislage ist jedoch, wie den einleitenden Rechtsausführungen zu entnehmen ist, eine schlüssig vereinbarte Eigenschaft des Kaufobjekts. Zusammenfassend ist daher festzuhalten, daß die fachkundige Sichtprüfung eines Gebrauchtwagens auch das Erkennen und die richtige Auswertung der „offenen“ Codierung des Reifenalters erfordert, soweit sich der Gebrauchtwagenhändler solche Informationen ohne große Schwierigkeiten beschaffen kann. Das ist aber nach den maßgeblichen Feststellungen bei Reifen der Marke Semperit, die jedenfalls auf dem österreichischen Markt von nicht bloß untergeordneter Bedeutung sind, zu bejahen. Die erörterten Grundsätze gelten für jeden gewerblichen Gebrauchtwagenhändler, gleichviel, ob er daneben - wie die beklagte Partei - auch noch Reifenhändler ist. Keiner Stellungnahme bedarf daher die Ansicht der beklagten Partei, ein Kraftfahrzeug- und Reifenhändler dürfe einem Gebrauchtwagenkäufer die in der Funktion als Reifenhändler vorauszusetzenden Fachkenntnisse selbst dann vorenthalten, wenn diese für Fragen der Verkehrs- und Betriebssicherheit des Kaufobjekts von Bedeutung sind.

Was die wiederkehrende Begutachtung von Kraftfahrzeugen gemäß § 57a KFG betrifft, sprach der erkennende Senat in der Entscheidung 1 Ob 3/90 (= JBl 1991, 180 [Rebhahn]) auf Grundlage der einschlägigen Prüfvorschriften aus, daß die Anbringung einer Begutachtungsplakette schon bei Vorliegen auch nur eines schweren Mangels zu unterbleiben habe, die Begutachtung jedoch „ohne Zerlegungsarbeiten“ erfolge, sodaß es nur auf „offensichtlich“ - also durch bloßen Augenschein - erkennbare Fahrzeugmängel ankomme. Diese Ausführungen sind nach der Entscheidung 1 Ob 2331/96t so zu verstehen, daß Zerlegungsarbeiten nur im Regelfall unterbleiben dürfen. Ihrem Zustand nach „besonders bedenkliche Teile des zu untersuchenden Kraftfahrzeugs“ seien jedoch zu zerlegen, „wenn das die ordnungsgemäße Untersuchung des Kraftfahrzeugs - namentlich bei dringendem Verdacht auf sonst nur schwer feststellbare Brems- bzw Lenkungsdefekte -“ erfordere. Das folge aus dem Zweck der wiederkehrenden Begutachtung, den Betrieb „von nicht verkehrs- bzw betriebssicheren Kraftfahrzeugen im öffentlichen Verkehr“ und die „damit verbundenen Gefahren“ zu vermeiden. Demnach sind die öffentlich-rechtlichen Vorschriften über die Prüfungsdetails der wiederkehrenden Begutachtung von Kraftfahrzeugen zweckorientiert, also nicht buchstabengetreu restriktiv, sondern so auszulegen, daß das Ergebnis der ratio der gesamten Überprüfungsordnung gerecht wird. Sind aber bei der wiederkehrenden Begutachtung gemäß § 57a KFG selbst Zerlegungsarbeiten durchzuführen, um augenscheinlichen Verdachtsmomenten, die einen den Erfordernissen der Verkehrs- und Betriebssicherheit nicht mehr entsprechenden Fahrzeugzustand indizieren, auf den Grund zu gehen, ist umsomehr dem „offenen“ und in der beschriebenen Weise leicht zu entschlüsselnden Alterscode von Reifen Beachtung zu schenken, wenn ein fachkundiger Augenschein der Reifen und Felgen in Verbindung mit der behördlichen Typengenehmigung des Fahrzeugs, deren Kenntnis beim beliehenen öffentlichen Unternehmer in ihren für die Verkehrs- und Betriebssicherheit bedeutsamen Teilen vorauszusetzen ist, den Verdacht nährt, die montierten Reifen könnten - trotz rein äußerlich guten Erhaltungszustands - wesentlich älter als das überprüfte Fahrzeug und deshalb eine latente Gefahrenquelle sein. Der augenscheinliche Zustand der Reifen und Felgen des vom Kläger erworbenen Gebrauchtfahrzeugs hätte die beklagte Partei als beliehener öffentlicher Unternehmer daher auch im Rahmen einer wiederkehrenden Begutachtung gemäß § 57a KFG veranlassen müssen, das Reifenalter in der erörterten und einfach handzuhabenden Weise zu entschlüsseln. Wird den Revisionsausführungen dieses Ergebnisses zugrundegelegt, steht selbst für die beklagte Partei „außer Diskussion, daß der im Rahmen der § 57a KFG-Überprüfung anzuwendende Sorgfaltsmaßstab zur Feststellung der Verkehrs- und Betriebssicherheit auch für den Gebrauchtwagenhandel anzuwenden ist“. Es stellt sich somit nicht mehr die in der Revisionsbeantwortung angeschnittene Frage, ob allfällige „behördliche Auflagen bzw Anordnungen“ die Sorgfaltspflicht eines fachkundigen Unternehmers erschöpfend regeln oder ihn „das Fehlen solcher Anordnungen von der gebotenen Sorgfaltspflicht“ befreit.

Die beklagte Partei hätte den Kläger daher über das Reifenalter aufklären müssen. Die Gründe für das Informationsbedürfnis des Klägers wurden bereits vom Berufungsgericht zutreffend dargelegt. Auch den allgemeinen Ausführungen zu den Grenzen der Aufklärungspflichten eines Händlers ist nicht entgegenzutreten. Auf diese Abschnitte der angefochtenen Entscheidung wird daher gemäß § 510 Abs 3 ZPO verwiesen.

Weil die beklagte Partei als Verkäufer die vom Käufer erwartete Fahrzeugausstattung - eine dem Fahrzeugalter entsprechende Bereifung - kennen oder zumindest erkennen mußte, aber die erforderliche Aufklärung über das Reifenalter bzw seine unterbliebene Prüfung trotz eines die Notwendigkeit der Altersfeststellung bedingenden Umstands unterließ, gilt die aus der Sicht des Käufers erwartete, jedoch mangelnde Fahrzeugausstattung - entsprechend den einleitenden Darlegungen - als stillschweigend bedungen. Die beklagte Partei verletzte daher wegen des zu hohen - und für die Verkehrssicherheit zumindest schon kurz nach dem Fahrzeugverkauf gefährlichen - Reifenalters schuldhaft ihre vertragliche Erfüllungspflicht. Demzufolge hat sie dem Kläger gemäß § 932 Abs 1 letzter Satz ABGB für den geltend gemachten Mangelfolgeschaden einzustehen. Das beruht auf den Haftungsfolgen der hier verwirklichten positiven Vertragsverletzung (vgl zu dieser Rechtsfigur etwa 3 Ob 382/97s mwN). So gesehen stellt sich daher nicht die in der deutschen Praxis erörterte Frage, ob die Verschuldenshaftung des gewerblichen Gebrauchtwagenhändlers für jene Schäden, die durch ein Defizit des Käufers in dessen Information über die für die Verkehrs- und Betriebssicherheit des Vertragsgegenstands wesentlichen Umstände verursacht wurden, auf culpa in contrahendo beruhen könnte (Reinking/Eggert, aaO Rz 1928 und 1030).

Der Revision muß somit ein Erfolg versagt bleiben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

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