OGH 8Ob106/98s

OGH8Ob106/98s30.4.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Langer, Dr.Rohrer, Dr.Adamovic und Dr.Spenling als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. Tatjana H*****, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses des Vaters Heinrich H*****, vertreten durch Dr.Adolf Kriegler und Dr.Helmut Berger, Rechtsanwält in Wien, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 20. Februar 1998, GZ 43 R 116/98x-62, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs des Vaters wird mangels der Voraussetzungen des § 14 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 16 Abs 4 AußStrG iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Der die Zuständigkeit nach dem Haager Minderjährigenschutzabkommen (MSA) begründende "gewöhnliche Aufenthalt" im Vertragsstaat wird im allgemeinen ab einer Aufenthaltsdauer von ungefähr sechs Monaten und gegebener weitgehender Integration des Minderjährigen angenommen (EvBl 1978/128; IPRax 1986, 385; 1 Ob 2155/96k). Daß diese Zuständigkeitsvoraussetzung gegeben ist, kann in Anbetracht des Umstandes, daß sich die Minderjährige seit Beginn des Jahres 1996 in Wien aufhält und hier aktenkundigerweise ihren Lebensmittelpunkt hat, nicht zweifelhaft sein.

Es ist ständige Rechtsprechung, daß zum Sachanwendungsbereich des Haager Minderjährigenschutzabkommens auch die die Obsorge und das Besuchsrecht betreffenden Regelungen zählen (EvBl 1978/128; JBl 1984, 153 [zust. Schwimann]; RZ 1988/41; ÖA 1990, 19; RZ 1994/53; 2 Ob 536/95). Grundlage der Entscheidung ist stets das Kindeswohl, dessen Beachtung, soferne es - wie hier - auch im Heimatstaat berücksichtigt wird, selbst ein gesetzliches Gewaltverhältnis im Sinne des Art 3 MSA verdrängen könnte, wie sich schon aus der vom Revisionsrekurswerber zitierten Entscheidung 7 Ob 596/90 (SZ 63/204) ergibt. Auf die Frage einer akuten Gefährdung des Wohles der Minderjährigen kommt es im hier zu entscheidenden Fall entgegen der vom Vater offenkundig vertretenen Ansicht nicht an, weil die Eilzuständigkeit des Art 8 MSA nicht in Anspruch genommen wird. Schon die Vorinstanzen haben darauf verwiesen, daß der Vater selbst zugesteht, daß das Kind in den ersten Lebensjahren bei der Mutter besser aufgehoben sei (AS 269). Die Frage einer geplanten Änderung des Familiennamens und des Religionsbekenntnisses steht mit der Entscheidung über die Obsorge in keinem unmittelbaren Zusammenhang.

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