OGH 1Ob120/98y

OGH1Ob120/98y28.4.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei C***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Wilhelm Schlein, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien und Gegner der gefährdeten Partei 1. P***** Aktiengesellschaft, ***** vertreten durch Dr.Walter Prüfling, Rechtsanwalt in Wien, und 2. Dr.Robert B*****, wegen Erteilung einer Zustimmung (Streitwert S 450.000,- -), infolge von Revisionsrekursen der beklagten Parteien und Gegner der gefährdeten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 3.Februar 1998, GZ 40 R 56/98a-15, womit der Beschluß des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 10.Dezember 1997, GZ 48 C 596/97b-7, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Den Revisionsrekursen wird Folge gegeben.

Der Beschluß des Rekursgerichts wird dahin abgeändert, daß die erstinstanzliche Entscheidung wiederhergestellt wird.

Die klagende und gefährdete Partei ist schuldig, den beklagten Parteien und Gegnern der gefährdeten Partei binnen 14 Tagen die jeweils mit S 36.378,-- (darin enthalten S 6.063,-- Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu bezahlen.

Die Revisionsrekursbeantwortung der klagenden und gefährdeten Partei wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die klagende und gefährdete Partei (in der Folge kurz klagende Partei) ist Mieterin mehrerer Bestandobjekte in einem Haus in der Wiener Innenstadt. Sie betreibt in diesen einen Gastronomiebetrieb. Die erstbeklagte Partei und Erstgegnerin (in der Folge erstbeklagte Partei) ist seit 1978 zu einem Sechstel Eigentümerin der Liegenschaft, auf der sich das Haus mit den Mietobjekten befindet. Seit dem Jahre 1995 ist der Zweitbeklagte und Zweitgegner (in der Folge Zweitbeklagter) zu 5/6 Miteigentümer dieser Liegenschaft. Mit Mietvertrag vom 14.7.1961 hatte Max F***** das Bestandobjekt zum Betrieb eines Gast- und Kaffeehausgewerbes von den damaligen Eigentümern gemietet. Seit 1978 betrieb er auf dem öffentlichen Grund vor dem Mietobjekt in einem genau bestimmten Bereich einen "Schanigarten", wofür ihm bzw einem Pächter jeweils für ein Jahr die Bewilligung zur Benützung des öffentlichen Grunds und zur Betreibung des Schanigartens erteilt wurde. Mit Bescheid des Magistrats (MA 35) vom 12.12.1996 wurde dem Betreiber des Gastronomiebetriebs erstmals aufgetragen, vor Inanspruchnahme der Verkehrsfläche das Einvernehmen mit den Eigentümern der Liegenschaft, auf der sich das Bestandobjekt befindet, herzustellen. Der Zweitbeklagte verweigerte mit Schreiben vom 17.11.1997 die von der klagenden Partei begehrte Zustimmung zu der von der Gemeinde Wien für das Jahr 1998 zu erteilenden Gebrauchserlaubnis. Die beklagten Parteien haben nie ausdrücklich ihre Zustimmung zum Betrieb des Schanigartens erteilt. Mit Schreiben vom 31.10.1997 wurde der klagenden Partei seitens der Behörde aufgetragen, die Zustimmung des Eigentümers der Liegenschaft zum Ansuchen um Gebrauchserlaubnis für das Jahr 1998 binnen 14 Tagen nachzubringen. Die klagende Partei ersuchte daraufhin die Behörde um Fristverlängerung. Über den Antrag der klagenden Partei auf Erteilung der Gebrauchserlaubnis für das Jahr 1998 wurde von der Behörde noch nicht entschieden.

Die klagende Partei begehrte die Erlassung einer einstweiligen Verfügung, mit der den beklagten Parteien zur Sicherung des Anspruchs der klagenden Partei gegen die beklagten Parteien auf Abgabe der Zustimmungserklärung zur Errichtung des Schanigartens für das Jahr 1998 vor der in deren Eigentum stehenden Liegenschaft aufgetragen werde, ab sofort diese Zustimmungserklärung abzugeben. Seit dem Jahre 1978 sei der Schanigarten in der Zeit vom jeweils 1.3. bis 15.11. aufgrund der Gebrauchserlaubnis des Magistrats der Stadt Wien auf öffentlichem Grund betrieben worden. Die Liegenschaftseigentümer hätten dies gewußt und zumindest schlüssig ihre Zustimmung zur Aufstellung des Schanigartens erteilt. Der Betrieb des Schanigartens in den Monaten März bis November sei nötig, um den Geschäftsbetrieb aufrecht zu erhalten. Durch den Betrieb der angemieteten Bestandflächen alleine sei dies nicht möglich. Bei Nichtabgabe der Zustimmungserklärung durch die beklagten Parteien drohe der klagenden Partei ein unwiederbringlicher Schaden, weil sich der von ihr mühevoll aufgebaute Kundenstock innerhalb kürzester Zeit verlaufen würde und zu befürchten sei, daß ein anderer Gastronomiebetrieb den vakanten Bereich für den Betrieb eines Schanigartens in Anspruch nehmen werde. Dann wäre aber der bisherige Standort für die klagende Partei endgültig verloren.

Die beklagten Parteien wendeten ein, die Voraussetzungen für die Erlassung der begehrten einstweiligen Verfügung lägen nicht vor. Die beklagten Parteien seien zum Betrieb eines Schanigartens nie von der zuständigen Behörde gehört worden; auch schlüssig hätten sie niemals ihre Zustimmung zur Aufstellung eines Schanigartens erteilt. Aus dem Bestandvertrag sei eine Verpflichtung der Vermieter zur Erteilung der Zustimmung zum Betrieb eines Schanigartens nicht abzuleiten. Die klagende Partei sei nicht bereit, für die von ihr begehrte Zustimmungserklärung eine adäquate Gegenleistung zu erbringen. Von einer Gefährdung des Anspruchs der klagenden Partei könne keine Rede sein, das Verfahren zur Erlangung der Gebrauchserlaubnis sei auch nur zaghaft betrieben worden; die von der Behörde gesetzte 14tägige Frist zur Beibringung der Zustimmungserklärung sei bereits verstrichen, sodaß der Grund für die einstweilige Verfügung, nämlich die Sicherung des Standorts für den Schanigarten, weggefallen sei.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Aus dem Mietvertrag lasse sich eine ausdrücklich vereinbarte Zustimmungspflicht nicht ableiten. Aber auch eine im Wege der (ergänzenden) Vertragsauslegung gemäß § 914 ABGB ableitbare vertragliche Nebenpflicht zur Abgabe der Zustimmungserklärung sei zu verneinen. Der Vermieter sei nicht verpflichtet, dem Mieter mehr zu gewähren, als Gesetz und Vertrag verlangen. Aus der bloßen Kenntnis von der Aufstellung eines Schanigartens könne eine konkludente Zustimmung nicht abgeleitet werden; dem Schweigen der Vermieter komme überhaupt kein Erklärungswert zu. Die Hauseigentümer seien berechtigt, die Freiheit ihres Eigentums zu verteidigen. Die Wahrung und Verfolgung solcher Rechte schließe die Annahme einer schikanösen Rechtsausübung aus. Wenngleich das Lokal der klagenden Partei ohne Betrieb des Schanigartens nicht gewinnbringend zu führen und das Unternehmen ohne die Bewilligung des Betriebs eines Schanigartens für 1998 in seiner Existenz bedroht (die klagende Partei sohin gefährdet) sei, könne eine einstweilige Verfügung nicht erlassen werden, weil die klagende Partei ihren Anspruch nicht bescheinigt habe. Bei gänzlichem Fehlen der Bescheinigung des Anspruchs sei aber auch die Erlassung einer einstweiligen Verfügung unter Auferlegung einer Sicherheitsleistung nicht zulässig.

Das Rekursgericht erließ die einstweilige Verfügung in Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung in modifizierter Form. Es sprach aus, daß die Zustimmung der beklagten Parteien zu der vom Magistrat der Stadt Wien zu entscheidenden Verlängerung der Bewilligung zur Aufstellung von Tischen und Stühlen vor dem Haus (der beklagten Parteien) im Ausmaß eines bestimmten Bescheids zur Sicherung des Anspruchs der klagenden Partei gegen die beklagten Parteien auf Erteilung der Zustimmung zur Errichtung eines Schanigartens vor der Liegenschaft der beklagten Parteien in genau bezeichnetem Umfang für das Jahr 1998 ersetzt werde; die Bewilligung gelte mit Wirksamkeit dieses Beschlusses als erteilt. Die Wirksamkeit der einstweiligen Verfügung wurde vom Erlag einer Sicherheitsleistung von S 100.000 - deren Erlag auch erfolgt ist - abhängig gemacht. Das Rekursgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstands S 260.000 übersteige und daß der Revisionsrekurs zulässig sei. Der Bestandvertrag regle die Frage nicht, ob die Mieterin berechtigt sei, vor der Liegenschaft der beklagten Parteien einen Schanigarten zu betreiben. Es sei daher subsidiär nach Vertragszweck, Ortsgebrauch und Verkehrssitte zu entscheiden, ob die beklagten Parteien eine entsprechende Zustimmungserklärung abgeben müßten. Da das Bestandobjekt vom Rechtsvorgänger der klagenden Partei zum Betrieb eines gastronomischen Unternehmens angemietet worden sei, hätten die beklagten Parteien als Bestandgeber der klagenden Partei die Erreichung des vereinbarten Zwecks, also die Führung eines solchen Unternehmens, zu ermöglichen. Änderungen im Rahmen der wirtschaftlichen, technischen und betriebsbedingten Entwicklung seien zu berücksichtigen; ein Vertragspartner könne sich nicht darauf berufen, daß zur Zeit des Vertragsabschlusses ein erst später vom anderen gewünschter, mittlerweile üblich gewordener Standard noch nicht gebräuchlich gewesen sei. Es schade also nicht, daß der Schanigarten erst Jahre nach der Inbetriebnahme des gastronomischen Unternehmens eröffnet worden sei. Die Verpflichtung des Bestandgebers, in allenfalls nötigen behördlichen Verfahren mitzuwirken und erforderliche Zustimmungen zu erteilen, sei insbesondere dann anzunehmen, wenn die Adaption eines Bestandlokals zur Aufrechterhaltung des Betriebs notwendig sei. Ohne den Schanigarten wäre das Lokal der klagenden Partei nicht gewinnbringend zu führen und das Unternehmen ohne Bewilligung des Betriebs eines Schanigartens für das Jahr 1998 in seiner Existenz bedroht. Dies führe in Anbetracht der vertraglichen Bindung zwischen den Streitteilen dazu, daß die beklagten Parteien unter Bedachtnahme auf Ortsgebrauch und Verkehrssitte dem Begehren der klagenden Partei auf Inbetriebnahme eines Schanigartens zuzustimmen hätten. Die klagende Partei habe sohin ihren Anspruch bescheinigt. Deren Begehren entspreche auch dem Bestimmtheitsgebot des § 226 ZPO. Das Rekursgericht habe lediglich dem von der klagenden Partei geforderten Spruch eine klarere und deutlichere Fassung gegeben. Von einer Unmöglichkeit der Leistung, weil die vom Magistrat gesetzte 14tägige Frist bereits verstrichen sei, könne nicht die Rede sein, weil das Klagebegehren so lange erfüllt werden könne, als die Zustimmung (durch die beklagten Parteien) noch nicht erteilt sei. Die Voraussetzung des § 381 Z 2 EO sei erfüllt, weil der klagenden Partei ein unwiederbringlicher Schaden (Existenzgefährdung!) drohe. Da Eingriffe in die Interessen der beklagten Parteien nicht ausgeschlossen werden könnten, sei die Erlassung der einstweiligen Verfügung vom Erlag einer Sicherheitsleistung abhängig zu machen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionsrekurse der beklagten Parteien sind berechtigt.

Gemäß § 1 Abs 1 des Gebrauchsabgabegesetzes 1966, LGBl W 1966/20 idF LGBl W 1982/13, ist für den Gebrauch von öffentlichem Gemeindegrund, der als Verkehrsfläche dem öffentlichen Verkehr dient, samt den dazugehörigen Anlagen und Grünstreifen einschließlich seines Untergrunds und des darüber befindlichen Luftraums vorher eine Gebrauchserlaubnis zu erwirken, wenn der Gebrauch über die widmungsmäßigen Zwecke dieser Fläche hinausgehen soll. Die Erteilung einer Gebrauchserlaubnis ist gemäß § 2 Abs 1 dieses Gesetzes nur auf Antrag zulässig; nach Abs 2 sind Bedingungen, Befristungen oder Auflagen vorzuschreiben, soweit dies zur Wahrung bestimmter, näher bezeichneter "Rücksichten" erforderlich ist. Abs 5 zufolge ist anläßlich des Antrags auf Erteilung der Gebrauchserlaubnis die Zustimmung des Eigentümers der Liegenschaft, von der aus der Gebrauch erfolgt oder erfolgen soll, nachzuweisen, sofern die Zustimmung zu der mit der gleichen Gebrauchsart verbundenen Beeinträchtigung des Eigentumsrechts nicht schon früher einem anderen Erlaubnisträger gegeben wurde; im Genehmigungsverfahren haben nur der Antragsteller und die genannten Zustimmungsberechtigten Parteistellung.

Der Antrag auf Erteilung der Gebrauchserlaubnis bedarf somit der Zustimmung, nicht bloß der Anhörung des Liegenschaftseigentümers in dessen Belieben, ob er diese Zustimmung erteilt oder versagt. Eine (ausdrückliche) vertragliche Beschränkung dieses Rechts ist zwar möglich, doch ist eine solche im vorliegenden Fall von den Vorinstanzen nicht festgestellt. Entgegen der Ansicht des Gerichts zweiter Instanz besteht aber auch nach dem Zweck des Bestandvertrags, dem Ortsgebrauch und der Verkehrssitte keine Verpflichtung der Bestandgeber, die Zustimmung zum Betrieb eines Schanigartens vor der in ihrem Eigentum stehenden Liegenschaft zu erteilen. Bei Abschluß des Bestandvertrags im Jahre 1961 war die Errichtung eines Schanigartens möglicherweise nicht bedacht worden. Die Mietrechte der klagenden Partei bzw ihrer Rechtsvorgänger erstreckten sich jedenfalls nur auf die im Haus gelegenen Bestandräumlichkeiten. Auch wenn sich die Bedürfnisse der Gäste und damit auch der Betreiber gastgewerblicher Unternehmen in der Folge dahin geändert haben mögen, daß - gerade auch in der Wiener Innenstadt - der Betrieb von Schanigärten gewünscht wird, dann hat das für sich noch nicht zur Folge, daß die Mietrechte des Mieters von Bestandräumlichkeiten, in welchen ein gastgewerbliches Unternehmen betrieben wird, ohne weiteres eine Ausdehnung in der Richtung erfuhren, daß die Vermieter verpflichtet wären, einer solchen Betriebserweiterung allein schon deshalb, weil sie Räume zum Zweck des Betriebs eines Gastronomieunternehmens vermietet haben, die Zustimmung zu erteilen. Der Umfang des Gebrauchsrechts eines Bestandnehmers bestimmt sich in erster Linie nach dem Vertragsinhalt, dann nach dem Zweck des Bestandverhältnisses und zuletzt nach dem aufgrund redlicher Verkehrssitte auszulegenden Parteiwillen (WoBl 1997, 38; WoBl 1996, 144). Tritt nun ein Fall ein, den die Parteien bei Abschluß des Bestandvertrags nicht vorhergesehen haben, und kann ein Parteiwille nicht festgestellt werden, ist, wenn dieser unvorhergesehene Fall von entscheidendem Einfluß auf die Art bzw den Umfang der Benützung des Bestandgegenstands ist, im Sinne der vom Obersten Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung in Übereinstimmung mit der Lehre ausgesprochenen Rechtsansicht der Vertrag gemäß § 914 ABGB durch den Richter nach den Richtlinen von Treu und Glauben im Verkehr sowie nach den Richtlinien des Vertrags dahin zu ergänzen, was zwischen den Parteien rechtens sein soll. Unter Berücksichtigung der übrigen Vertragsbestimmungen und des von den Parteien verfolgten Zwecks sowie unter Heranziehung der Verkehrssitte ist dabei zu prüfen, welche Lösung redliche und vernünftige Parteien vereinbart hätten (SZ 49/86). Macht § 2 Abs 5 des Gebrauchsabgabegesetzes 1966 die Antragsberechtigung - ua - von der Zustimmung des Liegenschaftseigentümers abhängig, so unterstellt diese Bestimmung wie selbstverständlich, daß dieser das Recht hat, die erforderliche Zustimmung zu erteilen, von Bedingungen oder Gegenleistungen abhängig zu machen oder zu verweigern. Allein deshalb, weil der Betrieb von Schanigärten - wieder - üblich wurde, kann das Recht des Liegenschaftseigentümers, der - wie auch hier - regelmäßig mit dem Vermieter identisch ist, nicht einfach in eine (vertragliche Neben-)Pflicht umgedeutet werden. Der Betrieb eines Schanigartens und die damit verbundene Störung der Ruhe des Vermieters und der übrigen Mieter läßt es dem Vermieter geboten erscheinen, vor Erteilung oder Verweigerung der Zustimmung genaue Prüfungen und Interessenabwägungen anzustellen; daß er jedenfalls der Errichtung eines Schanigartens - noch dazu ohne zusätzliches Entgelt - zugestimmt hätte, kann schon deshalb nicht angenommen werden. Der bedungene Gebrauch ist dadurch gewährleistet, daß es der klagenden Partei durchaus möglich ist, den Gastronomiebetrieb in den angemieteten Räumlichkeiten zu führen. Daran ändert nichts, daß der Betrieb möglicherweise ohne Schanigarten nicht kostendeckend oder gar gewinnbringend geführt werden könnte. Andernfalls könnte der Mieter von Geschäftsräumlichkeiten, der sein Unternehmen nur bei räumlicher Ausweitung aus der Verlustzone führen könnte, letztlich vom Vermieter auch die Überlassung weiterer Räumlichkeiten fordern, jedenfalls dann, wenn diesem solche zur Verfügung stehen. Die Ausdehnung der Mietrechte kann nicht einfach unter Berufung auf den bedungenen Gebrauch begehrt werden. Allein durch die Verweigerung der Zustimmung verstößt der Bestandgeber noch nicht gegen seine Verpflichtung, dem Bestandnehmer den bedungenen Gebrauch der Bestandsache zu gewähren und diese in brauchbarem Zustand zu erhalten. Ein Mieter ist zur Ausdehnung der ihm eingeräumten Bestandrechte nicht berechtigt, sodaß er Veränderungen des Umfangs des Mietgegenstands nicht einseitig herbeiführen kann (SZ 63/14). Dem Vermieter steht es vielmehr - ua - frei, die Abgabe der Zustimmungserklärung zum Betrieb eines Schanigartens von einem besonderen (angemessenen) Entgelt abhängig zu machen (vgl 3 Ob 522/93).

Eine konkludente Erweiterung der im Mietvertrag vereinbarten Rechte setzt eine langjährige Überlassung ohne Vorbehalt oder eine ebensolche Duldung des Gebrauchs ohne zusätzliches Entgelt voraus (WoBl 1997, 139 ua). In dem Umstand, daß der Schanigarten seit dem Jahre 1978 betrieben wurde, kann deren (schlüssige) Zustimmung zum Betrieb eines solchen Schanigartens für immerwährende Zeit und damit eine konkludente Erweiterung der mietvertraglich vereinbarten Rechte nicht erblickt werden. Es ist zwar möglich, daß die Parteien ihren Willen auf Änderung eines Vertrags durch langjährige Übung zum Ausdruck bringen können, doch ist ein solcher Parteiwille nur dann anzunehmen, wenn ihn die Handlungen und Unterlassungen der Parteien mit Überlegung aller Umstände zweifelsfrei erkennen lassen. Bei der Beurteilung der Frage, ob eine Verpflichtung stillschweigend eingegangen wurde, ist größte Zurückhaltung geboten. Gerade bei Dauerschuldverhältnissen ist den Handlungen oder Unterlassungen der Parteien keine übermäßige Bedeutung beizumessen. Dies gilt insbesondere dann, wenn daraus eine Novation oder Umänderung des abgeschlossenen Vertrags abgeleitet wird. Die Anwendung des § 863 ABGB ist in einem solchen Fall nur dann gerechtfertigt, wenn ganz besondere Umstände für die Annahme einer stillschweigenden Verpflichtungserklärung sprechen (MietSlg 25.126/27). Selbst wenn aufgrund der Kenntnis der Vermieter im Jahre 1978 unterstellt werden würde, sie hätten damals dem Betrieb eines Schanigartens durch die Rechtsvorgängerin der klagenden Partei (stillschweigend) zugestimmt, obwohl sie dem Verwaltungsverfahren gar nicht beigezogen worden waren, wäre für die klagende Partei nichts gewonnen: Da die Gebrauchserlaubnis jeweils nur befristet (bloß für ein Jahr) erteilt wurde, konnte sich eine solche (stillschweigende) Zustimmung zum Betrieb eines Schanigartens wohl auch nur auf den jeweils durch die Gebrauchserlaubnis gedeckten Zeitraum erstrecken und nicht auch für alle Zukunft, sollte nicht aus ganz besonderen Verhaltensweisen des Vermieters eine solche unbeschränkte Zustimmung ableitbar sein. Im übrigen ist gar nicht bescheinigt, daß dem Vermieter früher - also vor dem Einschreiten des Zweitklägers - überhaupt bekannt war, daß der Betrieb eines Schanigartens auf öffentlichem Grund nur mit deren Zustimmung zulässig war. Sollte ihnen diese Rechtslage und damit das Zustimmungserfordernis gar nicht geläufig gewesen sein, so kann schon deshalb aus der widerspruchslosen Hinnahme des Schanigartenbetriebs nicht zweifellos iSd § 863 ABGB auf deren Zustimmung geschlossen werden: In diesem Fall wäre zumindest ebenso der Schluß gerechtfertigt, daß sie nur deshalb nicht dagegen vorgingen, weil sie der Ansicht waren, daß sie dagegen ohnehin nichts unternehmen könnten. Eine stillschweigende Zustimmung der Liegenschaftseigentümer im Sinne des § 2 Abs 5 des Gebrauchsabgabegesetzes 1966 auch für das Jahr 1998 (und die fernere Zukunft) ist somit zu verneinen.

Auch sittenwidrigem Rechtsmißbrauch im Sinne des § 1295 Abs 2 ABGB, also von schikanöser Rechtsausübung, kann keine Rede sein. Ein solcher läge nur dann vor, wenn den Vermietern ein berechtigtes Interesse an der Beschränkung der Mietrechte der klagenden Partei auf den vertraglich vereinbarten Umfang nicht zuzubilligen wäre (EvBl 1976/127). Hauseigentümer, die bemüht sind, auf die Einhaltung der vom Mieter vertraglich übernommenen Verpflichtungen zu dringen und zugleich bestrebt sind, hiedurch eine Erweiterung der dem Mieter zugestandenen Rechte zu verhindern, verteidigen damit letzten Endes nur die sich aus der Freiheit des Eigentums ergebenden Rechte. Die Wahrung und Verfolgung solcher Rechte schließt die Annahme einer schikanösen Rechtsausübung aus (MietSlg 25.126/27).

Der klagenden Partei ist es demnach nicht gelungen, ihren Anspruch zu bescheinigen. Demzufolge bedarf es keines Eingehens auf die übrigen, insbesondere vom Zweitbeklagten vorgebrachten Argumente, die allenfalls auch zu einer Abweisung des Provisorialantrags führen könnten.

In Stattgebung der Revisionsrekurse der beklagten Parteien ist die Entscheidung des Erstgerichts wiederherzustellen.

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens beruht auf den §§ 402 und 78 EO sowie auf den §§ 41 und 50 ZPO. Die im Provisorialverfahren obsiegenden Antragsgegner haben Anspruch auf Ersatz ihrer notwendigen Kosten. Die Entrichtung einer Pauschalgebühr ist bei Anfechtung von einstweiligen Verfügungen nicht vorgesehen.

Die Revisionsrekursbeantwortung der klagenden Partei ist zurückzuweisen, weil die Frist für die Erstattung einer Rekursbeantwortung gemäß § 402 Abs 3 EO 14 Tage beträgt. Die Revisionsrekurse wurden der klagenden Partei am 11.3.1998 zugestellt, deren Revisionsrekursbeantwortung aber erst am 8.4.1998, also außerhalb der genannten Frist, zur Post gegeben.

Stichworte