OGH 9ObA31/98v

OGH9ObA31/98v1.4.1998

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Spenling sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Elmar A. Peterlunger und Herbert Hannig als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Heinz Sch*****, vertreten durch Dr. Thaddäus Schäfer und Mag. Peter Prechtl, Rechtsanwälte in Innsbruck, wider die beklagten Parteien 1. I*****-Unternehmung Josef K*****GmbH & Co KG, *****, 2. F*****technik GmbH, ebendort, beide vertreten durch Dr. Alfons Klaunzer und Dr. Josef Klaunzer, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen S 133.177,94 sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 29. Oktober 1997, GZ 13 Ra 37/97g-24, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 25. April 1997, GZ 43 Cga 194/96z-18, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 8.365,50 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 1.394,25 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht hat zutreffend eine Verpflichtung des Klägers, Überstunden zu leisten, und infolge Verweigerung der Überstundenleistung das Vorliegen des Entlassungsgrundes der beharrlichen Pflichtenvernachlässigung bejaht. Es reicht daher insoweit aus, auf die Richtigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (§ 510 Abs 3 zweiter Satz ZPO).

Ergänzend ist den Revisionsausführungen entgegenzuhalten:

Als Rechtsgrundlage einer individuellen Pflicht des Arbeitnehmers zur Leistung von Überstunden kommt zwar nicht das Arbeitszeitgesetz (Arb 11.112) wohl aber Gesetz, Kollektivvertrag, Betriebsvereinbarung und vor allem der Einzelvertrag in Betracht (Grillberger, AZG Erläuterung 5 zu § 6).

Die Arbeitnehmer der Beklagten arbeiten in Baugruppen. Es bestand "seit jeher" eine "Regelung", daß "bei Bedarf" Überstunden angeordnet werden und "angeordnet werden dürfen". An diese Regelung (betriebliche Übung) haben sich alle anderen Arbeitnehmer der beklagten Parteien auch gehalten. Für den Fall der betrieblichen Notwendigkeit zur Überstundenleistung gibt es eine "Betriebsvereinbarung", die die angeordnete Mehrarbeit bzw Überstundenarbeit innerhalb der kollektivvertraglichen Grenzen verteilt. Der einschlägige Kollektivvertrag beschränkt sich keineswegs auf die Anordnung, daß die Überstunden "verweigert" werden dürfen (so Grillberger AZG § 6 Erläuterung 5.1.), sondern berechtigt den Arbeitgeber in Punkt VII Z 2, 4 und 5 zur Anordnung von

Überstunden (.... bei Anordnung ....., vor der Anordnung .....,

Überstunden für den laufenden Tag dürfen ... nur .... angeordnet

werden). Der Kollektivvertrag als Normvertrag wirkte daher auf den Einzelvertrag des Klägers ein (Floretta/Spielbücher/Strasser Arbeitsrecht II3, 143). Auch die aus dem Kollektivvertrag hervorgehende Branchenüblichkeit von Überstunden ließe in ergänzender Vertragsauslegung die Annahme einer Überstundenleistungsverpflichtung zu (Grillberger aaO § 6 Erläuterung 5.1.). Die Beklagten waren daher berechtigt, den Kläger zu mit § 7 Abs 1 AZG nicht im Widerspruch stehenden Überstundenleistungen zu verpflichten. Die beharrliche Weigerung, diese Überstunden zu leisten, begründete den Entlassungsgrund des § 82 Glied f Gewerbeordnung zweiter Tatbestand.

Die bisherigen wiederholten Weigerungen, den mündlichen Überstundenanordnungen Folge zu leisten, die zu keinem Entlassungsausspruch führten, bewirkten nur für die konkreten Fälle einen Verzicht auf das Entlassungsrecht, hatten aber keine Auswirkung auf die Nichtbefolgung der schriftlichen Überstundenanordnung vom 26.6.1996. Die Weigerung, diese angeordneten Überstunden zu leisten mit dem Hinweis, daß er dieser Weisung nicht nachkommen müsse, war zu diesem Zeitpunkt nur eine sanktionslose Ankündigung der Nichtbefolgung der Weisung (RdW 1997, 91, 290 ua). Infolge der erstmaligen schriftlichen Aufforderung, auf deren Einhaltung der Geschäftsführer bestanden hatte, ließ das bisherige Nichtbefolgen mündlicher Weisungen oder die Ankündigung, daß er dieser Weisung nicht nachkommen müsse noch nicht den zwingenden Schluß zu, daß der Kläger zweifellos auch die schriftliche Weisung nicht beachten werde. Das Zuwarten mit dem Ausspruch der Entlassung durch den Geschäftsführer nach Verweigerung der Überstunden am Freitag gegenüber dem Bauleiter bis Montag begründete daher noch keinen Vertrauenstatbestand, aus dem der Kläger einen Verzicht auf die Entlassung ableiten konnte.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

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