OGH 7Ob348/97w

OGH7Ob348/97w26.3.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S***** Aktiengesellschaft ***** vertreten durch Siemer-Siegel-Füreder & Partner, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei C***** GmbH, ***** vertreten durch Dr.Udo Kaiser, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 133.910,40 sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 16.Mai 1997, GZ 4 R 48/97a-10, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 10.Dezember 1996, GZ 36 Cg 426/96k-5, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die Beklagte ist schuldig, der Klägerin die mit S 7.605,-- (darin enthalten S 1.267,50 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Beklagte mietete von der Klägerin am 22.4.1993 eine Fernsprechnebenstellenanlage. Sie verzichtete bis 31.12.2003 auf eine Aufkündigung. Weiters wurde vereinbart, daß die Klägerin im Fall der Aufgabe der Anlage vor Ablauf des Kündigungsverzichtes die Hälfte der bis zum Ende des Kündigungstermins fälligen Restmieten beanspruchen könne. Mit Schreiben vom 1.4.1996 "kündigte" die Beklagte den Mietvertrag auf.

Das Erstgericht gab dem auf die Zahlung der halben Restmieten gerichteten Begehren der Klägerin statt.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei, weil keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage der Sittenwidrigkeit einer Klausel, die derartige Zahlungen bei vorzeitiger Auflösung eines Mietvertrages vorsehe, vorhanden sei.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Beklagten ist jedoch mangels einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO unzulässig.

Der Oberste Gerichtshof hat sich bereits wiederholt mit der strittigen Vertragsbestimmung befaßt.

Wie in RdW 1987, 10 = EvBl 1987/41 ausgeführt wurde, sanktioniert zwar der für den Fall der Aufgabe der Freisprechanlage durch die Beklagte vor Ablauf des Kündigungsverzichtes vereinbarte Vergütungsbetrag ein vertragswidriges Verhalten der Beklagten; es ist jedoch mangels von Anhaltspunkten dafür, daß damit der Beklagten ein Recht auf ein solches Verhalten eingeräumt werden sollte, davon auszugehen, daß der Vergütungsbetrag dann zu entrichten ist, wenn die Beklagte den Vertrag nicht weiter erfüllen möchte und die Klägerin auf ein solches Ansinnen eingeht. Die einvernehmliche Vertragsauflösung steht der Beurteilung als Konventionalstrafe nicht entgegen, wenn der Vergütungsbetrag für ein vertragswidriges Verhalten vorgesehen ist. Die zitierte Entscheidung steht somit der Ansicht der Revision, daß eine einvernehmliche Vertragsauflösung und nicht ein einseitiges Abgehen vom Vertrag vorliege, entgegen.

Es entspricht weiters der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, daß allein in der Sphäre der Beklagten eintretende Umstände - wie etwa die Einstellung des Geschäftsbetriebes infolge schlechter Wirtschaftslage - keinen wichtigen Grund bilden, entgegen dem erklärten Kündigungsverzicht die vorzeitige Lösung des Mietvertrages ohne Verstoß gegen ihre Verpflichtungen zu bewirken und sie nicht von der vereinbarten Konventionalstrafe befreien. Die von der Beklagten für ihre Schuldlosigkeit ins Treffen geführten Umstände (Verlegung des Betriebsstandortes infolge von Umsatzrückgängen und Ertragseinbußen) sind nicht geeignet, das Fehlen eines Verschuldens an der objektiv jedenfalls feststehenden Vertragsverletzung zu begründen. Eine Änderung der Verhältnisse, die einem Wegfall der Geschäftsgrundlage gleich einem wichtigen Grund zur Aufhebung des Dauerschuldverhältnisses bieten kann, rechtfertigt das Umgehen des Kündigungsverzichtes nur dann nicht, wenn sie sich ausschließlich im Bereich der Klägerin ereignet (5 Ob 796/81).

Die Sittenwidrigkeit der strittigen Bestimmung wurde vom Obersten Gerichtshof ebenfalls bereits verneint (SZ 49/109), und zwar insbesondere auch im Sinn des seit 1.10.1979 in Kraft stehenden, durch § 33 Z 4 KSchG eingefügten Abs 3 des § 879 ABGB (5 Ob 796/81; 6 Ob 1621/91).

Die Entscheidung RdW 1987, 10 enthält insoweit ein obiter dictum, als sie die dort nicht zur Entscheidung anstehende Frage der gröblichen Benachteiligung einer 50 %igen Restmietenforderung abhandelt. Sie nimmt nicht auf § 55 FernsprechO Bedacht, der eine dem hier strittigen Vertragspunkt entsprechende Bestimmung enthält (6 Ob 1621/91). Die in der Revision zitierte Entscheidung EvBl 1983/129 betraf eine anläßlich eines Kfz-Leasingvertrages vereinbarte Vertragsstrafe, sodaß § 55 FernsprechO nicht zu berücksichtigen war.

Die Fernsprechordnung ist zwar gemäß § 49 Z 1 lit f und § 53 Abs 1 FernmeldeG 1993 mit 1.4.1994 außer Kraft getreten, stand aber bei Abschluß des hier vorliegenden Vertrages (22.4.1993) noch in Geltung, so daß die Entscheidungen, die während des aufrechten Bestandes des § 55 FernsprechO ergangen sind, ohneweiteres auch im vorliegenden Fall heranzuziehen sind.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen entsprachen daher der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, sodaß die Revision mangels erheblicher Rechtsfrage zurückzuweisen war.

Gemäß den §§ 40 und 51 ZPO hat die Beklagte der Klägerin die Kosten der Revisionsbeantwortung, in der auf die Unzulässigkeit der Revision aus diesem Grund hingewiesen wurde, zu ersetzen.

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