OGH 6Ob72/98a

OGH6Ob72/98a19.3.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kellner, Dr.Schiemer, Dr.Prückner und Dr.Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei Mag.Kathrin Z*****, vertreten durch Dr.Gottfried Korn und Dr.Peter Zöchbauer, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei und Gegner der gefährdeten Partei Günter S*****, vertreten durch Mag.Werner Tomanek, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert im Provisorialverfahren 110.000,-- S), infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 18.November 1997, GZ 11 R 115/97f-10 , den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs der klagenden Partei wird gemäß den §§ 78 und 402 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Klägerin begehrt mit Klage und Sicherungsantrag die Unterlassung der vom Beklagten "gegenüber den Strafbehörden" aufgestellten Behauptung, die Klägerin hätte Kokain bezogen und konsumiert.

Der Beklagte habe "bewußt haltlose Vorwürfe" erhoben (S 6 der Klage). Zu diesem Thema der Wissentlichkeit enthält die Klage kein Beweis-(Bescheinigungs-)Anbot.

Das Erstgericht erließ ohne Anhörung des Beklagten die beantragte einstweilige Verfügung. Es stellte nur die Verbreitung der Tatsachenbehauptung fest. Zur Wahrheit der Behauptung und zur Kenntnis des Beklagten über die Unwahrheit wurden keine Feststellungen getroffen.

Das Rekursgericht wies den Sicherungsantrag ab. Es bejahte schon nach dem Klagevorbringen einen Rechtfertigungsgrund und die Voraussetzungen des § 1330 Abs 2 Satz 3 ABGB.

Die Revisionsrekurswerberin steht auf dem Standpunkt, sie hätte nur die Verbreitung der Tatsachenbehauptung zu bescheinigen. Der Beklagte hingegen hätte zu behaupten und zu bescheinigen gehabt, daß er die Klägerin nicht wissentlich falsch, sondern im guten Glauben über die Richtigkeit seines Vorwurfs bezichtigt habe.

Rechtliche Beurteilung

Auf die in ständiger jüngerer Rechtsprechung seit der Entscheidung MR 1991, 18 (folgend MR 1994, 203; 6 Ob 148/97a uva) vertretene Beweislastverteilung bei rufschädigenden Tatsachenbehauptungen, die zugleich ehrenbeleidigend sind, wonach der Verletzte nur die Tatsachenverbreitung, der Täter aber die Wahrheit und die mangelnde Rechtswidrigkeit zu beweisen habe, kann sich die Klägerin hier nicht berufen, weil sich schon aus der Klageerzählung ergibt, daß ein Fall des § 1330 Abs 2 Satz 3 ABGB vorliegt. Die Rechtswidrigkeit der bekämpften Äußerung wäre zu verneinen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen nach der zitierten Gesetzesstelle bejaht werden können. Der Sachverhalt ist mit demjenigen der Erstattung einer Strafanzeige vergleichbar. Eine solche ist nur rechtswidrig, wenn sie wider besseres Wissen erfolgte (SZ 59/190). Auch bei einem nur anläßlich einer Vernehmung vor einer Strafbehörde geäußerten Tatverdacht ist die Vertraulichkeit des Vorwurfs wegen der Amtsverschwiegenheit gewährleistet. Daß der Beklagte wissentlich einen falschen Vorwurf erhoben hätte, wurde nicht festgestellt. Die Revisionsrekurswerberin rügt die fehlenden Feststellungen zum Vorsatz des Beklagten nicht. Sie releviert nur, daß den Beklagten in dieser Frage die Beweislast treffe. Die gegenteilige Ansicht des Rekursgerichtes steht jedoch im Einklang mit der ständigen jüngeren oberstgerichtlichen Rechtsprechung (6 Ob 60/97k mwN), die sich auch auf einhellige Lehrmeinungen stützen kann (Reischauer in Rummel, ABGB2 Rz 24 zu § 1330; Korn/Neumayer, Persönlichkeitsschutz 68; Harrer in Schwimann, ABGB2 Rz 42 zu § 1330).

Außerhalb der Zulassungsbeschwerde rügt die Klägerin noch, daß das Rekursgericht die angefochtene einstweilige Verfügung nicht im Sinne einer Abweisung des Sicherungsantrages hätte abändern dürfen, weil der Beklagte nur einen Aufhebungsantrag gestellt habe. Letzteres trifft zwar zu, doch war der gestellte Rekursantrag nach dem gesamten Inhalt der Rekursausführungen auszulegen. Der Beklagte hatte ausgeführt, daß er sich durch die einstweilige Verfügung für beschwert erachte, weil er seine gegen die Klägerin erhobene Anschuldigung vor der Strafbehörde aufrecht erhalten wolle. Wenn das Rekursgericht dies in Richtung eines angestrebten Abänderungsantrages deutete, liegt darin keine Fehlbeurteilung. Mangels erheblicher Rechtsfragen im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO ist der Revisionsrekurs der Klägerin unzulässig.

Stichworte