OGH 4Ob65/98g

OGH4Ob65/98g17.3.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei O***** Co., Ltd, ***** vertreten durch Preslmayr & Partner Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Eskimo Iglo Gesellschaft mbH, Wien 11, Wienerbergstraße 7, vertreten durch Schönherr Barfuß Torggler & Partner Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 450.000.-), infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 27. November 1997, GZ 1 R 243/97f-10, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 4. September 1997, GZ 24 Cg 61/97x-3, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 19.845.- (darin S 3.307,50 USt) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Klägerin ist eine nach thailändischem Recht errichtete Gesellschaft mit dem Sitz in Bangkok. Sie ist gem. § 11 Abs 1 MSchG berechtigte Markeninhaberin der österreichischen Marke Nr. 150.638 "WHITE SHARK", angemeldet in der Klasse 32 (alkoholfreie Getränke, Sirupe und andere Präparate zur Zubereitung von Getränken) am 30. 4. 1993. Sie vertreibt unter dieser Marke in Thailand einen "Energy-Drink", der zukünftig auch in Europa auf den Markt kommen soll. Diese Marke hat folgendes Aussehen:

Die Beklagte vertreibt in Österreich ein Speiseeis am Stiel unter der Marke "RED SHARK", die zugunsten ihrer Konzernmutter U***** N.V. unter Nr. 159.848 registriert ist. Dieses Eisprodukt wird aus koffeinhaltigem Wassereis mit Guarana hergestellt; seine Verpackung zeigt eine rote Haifisch-Rückenflosse vor hellblauem Himmel und über dunkelblauem Wasser, in dem sich der rote Schriftzug "RED SHARK" mit zarter weißer Umrahmung und darunter etwa viermal so klein die weiße Aufschrift "ENERGY ON ICE - MIT GUARANA." befindet; links neben der Rückenflosse ist das Firmenlogo "Eskimo", unter dem die Beklagte ihr Speiseeis vertreibt, abgebildet. Insgesamt bietet die Verpackung folgendes Bild:

Zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches begehrt die Klägerin die Erlassung einer einstweiligen Verfügung, wonach der Beklagten für die Dauer des Rechtsstreites verboten werde, im geschäftlichen Verkehr Zeichen zu benützen, die geeignet sind, Verwechslungen mit der Wort-(Bild-)Marke "White Shark", insbesondere durch Benützung von Wort-(Bild-)Zeichen mit dem Bestandteil "Shark", vor allem der Bezeichnung "Red Shark", hervorzurufen. Gestützt auf § 9 Abs 3 UWG bringt sie dazu vor, in der Eile des geschäftlichen Verkehrs könne für flüchtige Konsumenten der unrichtige Eindruck entstehen, das Eis der Beklagten und der Energy-Drink der Klägerin stammten aus demselben Unternehmen. Auch liege der Gedanke an eine Serienmarke nahe. Es sei Warengleichartigkeit anzunehmen, da alkoholfreie Getränke und Speiseeis nicht nur ähnliche Beschaffenheit aufwiesen, sondern auch einen ähnlichen Verwendungszweck erfüllten, in aller Regel in denselben Geschäften erhältlich seien und auch von denselben Bevölkerungskreisen gekauft würden.

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Sicherungsantrages. Verwechslungsgefahr sei auf Grund auffälliger Unterschiede zwischen der Marke der Klägerin und der Warenausstattung der Beklagten zu verneinen; Motivschutz (hier: am wörtlichen und bildlichen Gebrauch eines Haies) sei dem österreichischen Kennzeichnungsrecht fremd. Auch liege keine Warengleichartigkeit vor, sei doch Speiseeis kein durch Gefrieren in einen festen Zustand gebrachter "Drink"; die Produkte stünden einander nach Ursprung, Herkunft, Verwendungsweise, regelmäßiger Erzeugungsstätte oder nach ihren Verkaufsstellen nicht so nahe, daß beim Durchschnittskäufer der Eindruck entstünde, die Waren stammten aus demselben Betrieb.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Zwar sei das Wort "Shark" grundsätzlich unterscheidungs- und kennzeichnungkräftig, doch verwende es die Beklagte im Zusammenhang mit der bildlichen Darstellung und ihrem äußerst bekannten Firmenlogo "Eskimo" auf eine solche Weise, daß eine unmittelbare Verwechslungsgefahr noch nicht vorliege. Demgegenüber falle die beschreibende Bezeichnung "Energy" nicht ins Gewicht. Dazu komme noch, daß das Kennzeichen der Beklagten nicht innerhalb der für das Zeichen der Klägerin geschützten Warenklasse verwendet werde.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,- übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs mangels höchstgerichtlicher Rechtsprechung zur Warengleichheit zwischen Speiseeis und alkoholfreien Getränken zulässig sei. Es bejahte eine Verwechslungsgefahr im engeren und weiteren Sinne, weil das Wort "Shark" ein unterscheidungskräftiges Phantasiewort von normaler Kennzeichnungskraft sei, das im gegebenen Zusammenhang den Eindruck erwecke, die Hersteller beider Produkte stünden in wirtschaftlichem oder organisatorischem Zusammenhang. Mangels Warengleichheit habe das Erstgericht aber im Ergebnis den Sicherungsantrag zu Recht abgewiesen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Klägerin ist entgegen der Meinung der Beklagten aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig; er ist aber nicht berechtigt.

Verwechslungsgefahr iS des § 9 Abs 1 UWG ist dann anzunehmen, wenn durch den Gebrauch der Bezeichnung die Annahme einer Herkunft der Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder aus solchen Unternehmen, die untereinander in besonderen Beziehungen wirtschaftlicher oder organisatorischer Art stehen, hervorgerufen werden kann (ÖBl 1983, 80 - Bayer; ÖBl 1990, 29 - Imperial uva). Sie wird vor allem durch die Gleichheit oder Ähnlichkeit der vertriebenen Waren (Dienstleistungen) ausgelöst, wobei ein Schutz nach § 9 Abs 1 UWG dann nicht mehr gewährt wird, wenn die von den Parteien vertriebenen Waren oder Dienstleistungen so weit voneinander entfernt sind, daß keine Gefahr von Verwechslungen mehr besteht (ÖBl 1986, 73 - Hotel Sacher; ÖBl 1992, 147 - AVL; ÖBl 1997, 72 - Schürzenjäger uva). Als Kriterien für die Warengleichheit kommen insbesondere die ähnliche Beschaffenheit oder Zusammensetzung der Waren, Übereinstimmung von Herstellungsart und -ort, gleiche Verkaufsstellen oder ähnlicher Verwendungszweck in Betracht, wobei diese Voraussetzungen nur alternativ, nicht aber kumulativ vorliegen müssen; maßgebend ist die Verkehrsauffassung (PBl 1972, 131; ÖBl 1980, 132 - IKEA/IKERA mwN). Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen dem Grad der Ähnlichkeit der Bezeichnung, ihrer Verkehrsgeltung und dem Grad der Branchenverschiedenheit (Teplitzky, GroßKomm UWG § 16 dUWG Rz 361ff): Bei völliger Branchenverschiedenheit wird Verwechslungsgefahr höchstens bei Bezeichnungen mit gesteigerter Verkehrsgeltung bestehen können (ohne daß sie aber auch dann einfach unterstellt werden dürfte: ÖBl 1992, 147 - AVL mwN); andererseits kann sogar die Identität der Bezeichnungen bei völliger Branchenverschiedenheit dann nicht zur Annahme einer Verwechslungsgefahr führen, wenn der Verkehr infolge verschiedener Geschäftsbereiche trotz der Übereinstimmung der Bezeichnungen nicht annimmt, die Waren (Dienstleistungen) stammten aus demselben Unternehmen oder aus solchen Unternehmen, die organisatorisch oder wirtschaftlich miteinander verbunden sind. Es sind also desto höhere Anforderungen an die Verwechslungseignung zu stellen, je branchenferner die beteiligten Unternehmen arbeiten (Koppensteiner, Österreichisches und europäisches Wettbewerbsrecht3 § 29 Rz 61).

In Anwendung dieser Grundsätze ist den Vorinstanzen darin beizupflichten, daß die Beklagte mit ihrer Warenausstattung für ein Speiseeis nicht in Markenrechte der Klägerin eingegriffen hat. Zutreffend verweist die Beklagte in ihrer Revisionsrekursbeantwortung darauf, daß Speiseeis (das sie im übrigen nach der Aktenlage nie als "Energy-Drink-Eis" bezeichnet oder beworben hat) nach seiner Beschaffenheit und Herstellung grundsätzlich etwas anderes ist als ein durch Gefrieren in einen festen Zustand gebrachter "Energy-Drink". Daß es in Österreich Unternehmen gäbe, die sowohl Speiseeis als auch Energy-Drinks herstellten, hat die Klägerin nicht einmal behauptet. Auch unterscheiden sich die Verwendungszwecke beider Produkte insofern, als bei einem alkoholfreien Getränk in erster Linie sein Charakter als Durstlöscher im Vordergrund steht, während ein Speiseeis demgegenüber als Näscherei vorwiegend der Befriedigung eines "süßen Hungers" dient. Dieser verschiedene Verwendungszweck wird auch in der unterschiedlichen Form der Nahrungsaufnahme beider Produkte (Trinken aus Glas, Flasche oder Dose gegenüber Schlecken vom Stiel) deutlich. Gegenüber diesen ausgeprägten Unterschieden tritt völlig in den Hintergrund, daß die Produkte vielfach in denselben Geschäften geführt werden, sodaß auf Grund dieses Umstandes alleine die Warengleichartigkeit noch nicht bejaht werden kann (vgl. auch PBl 1975, 161, wo ausgesprochen wurde, daß Rauchartikel nicht warengleich mit Tabak und Tabakerzeugnissen sind, obgleich beide Warengattungen regelmäßig in denselben Geschäften vertrieben werden).

Sind demnach die Branchen der beteiligten Unternehmen nicht identisch, führen die vorliegenden Unterschiede zwischen der Marke der Klägerin und der Warenausstattung der Beklagten im Sinne des oben dargestellten "beweglichen Systems" von Branchenverschiedenheit und Ähnlichkeit der Bezeichnung jedenfalls zu einer Verneinung der Verwechslungsgefahr. Besonders hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang, daß im Rahmen des Gesamteindruckes ein flüchtiger Betrachter in der Eile des Geschäftsverkehrs möglicherweise zwar zunächst den Wortbestandteil "Shark" als bei beiden Produkten übereinstimmend wahrnehmen wird, daß er aber angesichts der völlig unterschiedlichen bildlichen Gestaltung eines Haies bei beiden Produkten sowie des äußerst bekannten Firmenlogos der Beklagten "Eskimo" nur auf der Eisverpackung noch nicht den Eindruck einer Unternehmensidentität oder -verknüpfung gewinnen wird.

Auch eine von der Revisionsrekurswerberin gewünschte "richtlinienkonforme Auslegung" des § 9 UWG vermag an diesem Ergebnis nichts zu ändern. Nach der Rsp des EuGH zur Markenrichtlinie (RL 89/104/EWG) besteht der spezifische Gegenstand des kommerziellen Eigentums darin, daß der Inhaber durch das ausschließliche Recht, ein Erzeugnis erstmals in den Verkehr zu bringen und dabei das Warenzeichen zu benutzen, Schutz vor Konkurrenten erlangt, die unter Mißbrauch der auf Grund des Warenzeichens erworbenen Stellung und Kreditwürdigkeit widerrechtlich mit diesem Zeichen versehene Erzeugnisse veräußern. Das Warenzeichenrecht soll die Zeicheninhaber gegen Handlungen Dritter schützen, die durch Herbeiführung einer Verwechslungsgefahr für die Verbraucher den mit dem Zeichen verbundenen Ruf für sich auszunutzen versuchen. Das Warenzeichen soll Gewähr bieten, daß alle Erzeugnisse, die mit ihm versehen sind, unter der Kontrolle eines einzigen Unternehmens hergestellt worden sind, das für ihre Qualität verantwortlich ist (ÖBl 1997, 83 - Football Association mwN; ecolex 1997, 951). Ausdrücklich abgelehnt wird eine Ausdehnung des in Art 4 Abs 1 lit b der RL normierten Eintragungshindernisses der verwechslungsfähigen Ähnlichkeit auch auf Fälle, in denen eine Verwechslungsgefahr nicht besteht, aber eine rein assoziative gedankliche Verbindung vom Publikum über die Übereinstimmung des Sinngehaltes zweier Marken zwischen diesen hergestellt werden könnte (EuGH Rs C-251/95 - Puma, WBl 1998, 34). Ebendies muß aber auch für die Auslegung des Schutzbereiches des Art 5 der RL gelten, der seine Grenzen in der (hier zu verneinenden) Verwechslungsfähigkeit zweier Marken findet.

Dem Revisionsrekurs war deshalb ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 402, 78 EO iVm §§ 41, 50 ZPO.

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