OGH 15Os175/97

OGH15Os175/9712.3.1998

Der Oberste Gerichtshof hat am 12.März 1998 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Rouschal als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Strieder, Dr.Mayrhofer, Dr.Schmucker und Dr.Zehetner als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Poech als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Judith K***** und andere Angeklagte wegen der Verbrechen nach §§ 3 b und 3 g VG über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Judith K*****, Dagmar O*****, Brigtte Bi***** und Angela Br***** gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 24. September 1997, GZ 20 t Vr 9058/95-177, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Tiegs, der Angeklagten K*****, O*****, Bi***** und Br***** sowie des Verteidigers Dr.Langer zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil, das auch unangefochten gebliebene Teilfreisprüche und einen gänzlichen Freispruch eines Angeklagten enthält, wurden (zugleich mit anderen Angeklagten, deren Urteil in Rechtskraft erwachsen ist) - teilweise abweichend von der Anklage ON 109 - die Angeklagten Judith K*****, geb. S*****, Dagmar O***** und Brigitte Bi*****, geb.G*****, (diese zu I.) des Verbrechens nach § 3 g VG, Angela Br*****, geb.F*****, des Verbrechens nach § 3 b erster Fall VG (zu I.) sowie nach § 3 b zweiter Fall VG (zu II.) und Bi***** überdies (zu II.) des Verbrechens nach § 3 b zweiter Fall VG schuldig erkannt.

Danach haben (hier zusammengefaßt wiedergegeben) vornehmlich in Wien

Judith K***** zwischen August und Dezember 1991 sich auf andere (zu ergänzen: als die in den §§ 3 a bis 3 f VG bezeichnete) Weise im nationalsozialistischen Sinn dadurch betätigt, daß sie eine Verbindung der im § 3 a Z 2 VG bezeichneten Art, und zwar eine solche, deren Zweck es ist, durch Betätigung ihrer Mitglieder im nationalsozialistischen Sinn die Selbständigkeit und Unabhängigkeit der Republik Österreich dadurch zu untergraben, daß zumindest auf längere Sicht die Beseitigung der auf der Verfassung beruhenden demokratischen Rechtsordnung der Republik Österreich und deren Ersatz durch eine nationalsozialistische Regierung unter Einbindung Österreichs in ein wieder zu errichtendes nationalsozialistisches Großdeutsches Reich angestrebt wird, nämlich die "Volkstreue Außerparlamentarische Opposition" (im folgenden kurz: VAPO), durch Geldzuwendungen unterstützte, indem sie im August 1991 100 S und von September bis Dezember 1991 monatlich jeweils 50 S zu den Mietkosten des sogenannten "Gaulokales" der VAPO "H*****" beisteuerte (Eventualfrage 9 zur Hauptfrage 9);

Dagmar O***** zwischen August 1991 und Februar 1992 sich auf andere (zu ergänzen: als die in den §§ 3 a bis 3 f VG bezeichnete) Weise im nationalsozialistischen Sinn dadurch betätigt, daß sie eine Verbindung der in § 3 a Z 2 VG bezeichneten Art, nämlich die oben näher beschriebene VAPO, durch Geldzuwendungen unterstützte, indem sie monatlich 100 S zu den Mietkosten des sogenannten "Gaulokales" der VAPO "Hornbostelkeller" beisteuerte (Eventualfrage 11 zur Hauptfrage 11);

Brigitte Bi*****

I. sich auf andere (zu ergänzen: als die in den §§ 3 a bis 3 f VG bezeichnete) Weise im nationalsozialistischen Sinn dadurch betätigt, daß sie an einer Verbindung der in § 3 a Z 2 VG bezeichneten Art, nämlich an der oben näher beschriebenen VAPO, teilnahm, indem sie

1. zwischen Ende 1990 und November 1993 wiederholt an den regelmäßig an Donnerstagen im "P*****" veranstalteten "Stammtischen" mitwirkte, welche neben der Pflege des geselligen Beisammenseins die Funktion hatten, Kontakte zwischen Interessierten, Sympathisanten und Teilnehmern an der VAPO (VAPO-Mitgliedern) herzustellen, wobei das politische Geschehen auch aus nationalsozialistischer Perspektive kommentiert und diskutiert wurde,

2. zwischen Ende 1990 und Mai 1992 wiederholt an den regelmäßig an Montagen im "H*****" angesetzten "Kameradschaftsabenden" mitwirkte, bei denen die männlichen Kameraden zum Exerzieren sowie zum Vortrag politischer Referate verhalten wurden und auch politische Diskussionen geführt wurden, in welchen der historische Nationalsozialismus, nationalsozialistische Weltanschauung und Programmatik in einseitiger und propagandistisch vorteilhafter Weise an die Zuhörer herangetragen wurden, um diese im Sinne der nationalsozialistischen Ideologie zu unterweisen, ihnen Diskussionsgrundlagen und Argumentationshilfen zu vermitteln, die sie in die Lage versetzen sollten, als erfolgreiche Propagandisten des Nationalsozialismus aufzutreten, rassistisch motivierte Ausländerfeindlichkeit zu schüren, die Vortragenden und Diskutierenden zugleich rhetorisch zu schulen, und bei denen im Sinne der Zielsetzungen der VAPO erst zu unternehmende oder bereits durchgeführt derartige Aktionen besprochen wurden,

3. am 20.April 1992 in Tresdorf (bei Korneuburg) an einer "H*****-Geburtstagsfeier" mitwirkte, an welcher etwa insgesamt 30 Personen - vorwiegend Mitglieder der VAPO - teilnahmen, in deren Verlauf ein maßgebliches VAPO-Mitglied in einer Rede kurz auf den Anlaß (nämlich den sich jährenden Geburtstag Adolf H*****s) einging und der "Stellvertreter des Bereichsleiters" der VAPO eine politische Ansprache hielt (Eventualfrage 6 zur Hauptfrage 6);

II. zwischen August und Dezember 1991 eine Verbindung der in § 3 a Z 2 VG bezeichneten Art, nämlich die oben näher beschriebene VAPO, durch Geldzuwendungen unterstützt, indem sie monatlich 100 S zu den Mietkosten des sogenannten "Gaulokales" der VAPO "H*****" beisteuerte (Hauptfrage 13);

Angela Br*****

I. an einer Verbindung der in § 3 a Z 2 VG bezeichneten Art, nämlich an der oben näher beschriebenen VAPO, teilgenommen, indem sie

1. in den Jahren 1990 bis 1992 wiederholt an den unter I.1. dargestellten "Stammtischen" mitwirkte,

2. zwischen Jahresende 1990 und Mai 1992 an den zu I.2. beschriebenen "Kameradschaftsabenden" mitwirkte,

3. zwischen 1990 und 28.Mai 1991 im Rahmen der VAPO "Heimabende" leitete, an denen mehrere Personen weiblichen Geschlechts mitwirkten, wobei in diesen Runden auch Grundsätze nationalsozialistischer Familien- und Bevölkerungspolitik vertreten wurden,

4. in der Nacht zum 1.Mai 1991 in Oberwölbling (bei St.Pölten) an einer von der VAPO veranstalteten "Heldengedenkfeier"/"Walpurgisnacht-Feier" mitwirkte, zu der sich zahlreiche Mitglieder und allenfalls (gemeint: teilweise) auch Sympathisanten dieser Gruppierung eingefunden hatten, von denen zumindest ein Teil paramilitärisch gekleidet war und teilweise auch Fahnen der VAPO (ein schwarzes Keltenkreuz auf weißem kreisrunden Grund, dieser wieder auf rotem Feld) mit sich führte, wobei diese Veranstaltung zugleich der Verherrlichung eines nationalsozialistisch geprägten Militarismus dienen sollte,

5. am 20.April 1991 in Baumgarten (bei Gmunden) an einer am Jahrestag der Geburt Adolf H*****s in einem öffentlichen Lokal abgehaltenen Feier und der gleichzeitigen "Gründungsveranstaltung" der "VAPO-Kameradschaft Gmunden" mitwirkte, in deren Verlauf der damals als "Gaubeauftragter" der VAPO für Wien eingesetzt gewesene Reinhold K***** in einer Rede insbesondere über die "Wiener VAPO-Kameradschaft" und deren Aktivitäten berichtete, dabei auch darauf hinwies, daß sie (gemeint: die VAPO) aktuelle politische Themen wie zB "Was ist Nationalsozialismus?" bearbeite, und ausführte, die Zeit sei reif dafür, daß man endlich aufstehe und gegen das ganze Pack antrete, den Staat zu Fall bringe, einen Staat, der nicht die Interessen des Volkes vertrete, wogegen der damals als "Gaubeauftragter" der VAPO für Niederösterreich auftretende Hans-Jörg Sch***** jun. im Zuge seiner Rede vornehmlich auf paramilitärische Aktivitäten von Kameradschaftsmitgliedern einging, seiner Überzeugung Ausdruck verlieh, daß dann die Straße "uns" (gemeint: der VAPO) gehöre, dieser Staat über kurz oder lang uns gehöre, was unser Ziel sei, wobei ferner der als "Bereichsleiter" der VAPO auftretende Gottfried K***** im Verlauf seiner Rede auf das Anwachsen der VAPO einging und abschließend insbesondere erklärte: "Kameraden, wir werden zahlen, wir werden sitzen und wir werden sterben, aber wir werden siegen!" (Hauptfrage 7);

II. zwischen August und Dezember 1991 eine Verbindung der in § 3 a Z 2 VG bezeichneten Art, nämlich die oben näher beschriebene VAPO, durch Geldzuwendungen unterstützt, indem sie monatlich 100 S zu den Mietkosten des sogenannten "Gaulokales" der VAPO "H*****" beisteuerte (Hauptfrage 14).

Soweit dies für die Erledigung der Rechtsmittel bedeutsam ist, haben die Geschworenen die anklagekonform auf das Verbrechen nach § 3 b erster Fall VG gerichtete Hauptfrage 7 (bezüglich Br***** zu I.) und jene anklagegemäß auf das Verbrechen nach § 3 b zweiter Fall VG lautenden Hauptfragen 13 (bezüglich Bi***** zu II.) und 14 (bezüglich Br***** zu II.) bejaht, hingegen die auf das Verbrechen nach § 3 b erster und zweiter Fall VG gerichteten Hauptfragen 1 und 9 (bezüglich K*****), 3, 11 (bezüglich O*****) und 6 (bezüglich B*****) verneint und die korrespondierenden auf das Verbrechen nach § 3 g VG lautenden Eventualfragen 6 (bezüglich B*****) 9 (bezüglich K*****) und 11 (bezüglich O*****) bejaht.

Die sie betreffenden Schuldsprüche bekämpfen die Angeklagten K*****, O*****, Bi***** und Br***** (in einer gemeinsamen Rechtsmittelschrift - ON 180) mit Nichtigkeitsbeschwerden, die sie auf Z 6, 10 a und 11 lit a, die Angeklagten Bi***** und Br***** überdies auf Z 9 und 12 des § 345 Abs 1 StPO stützen.

Keine der Beschwerden ist berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Angeklagten Bi***** und Br***** rügen die Fragestellung (Z 6 iVm § 312 Abs 1 StPO), den Wahrspruch (Z 9 und 10 a) und die darauf beruhenden Schuldsprüche (Z 11 lit a), indem sie unter mehreren Nichtigkeitsgründen zur Bejahung der Eventualfrage 6 und der Hauptfrage 7 (welche die Grundlage für die sie betreffenden Schuldsprüche jeweils laut Punkt I. bilden) die Auffassung vertreten, daß der darin verwendete abstrakte Begriff der "Mitwirkung" an diversen Veranstaltungen der VAPO mangels deren Konkretisierung über Art, Umfang und Intensität ein bestimmtes tatbestandsmäßiges Handeln nicht erkennen lasse; der Wahrspruch der Geschworenen sei daher insoweit undeutlich; die bloße Feststellung der "Mitwirkung" stelle überhaupt noch keinen gerichtlich strafbaren Tatbestand her.

Die Einwände versagen.

Der Angeklagten Bi***** liegt laut Schuldspruch I. zur Last, sich durch Teilnahme an der VAPO auf andere als die in den §§ 3 a bis 3 f VG bezeichnete Weise im nationalsozialistischen Sinn betätigt und hiedurch das Verbrechen nach § 3 g VG verwirklicht zu haben. Diese Strafbestimmung erfaßt im Sinne des nach Art einer Generalklausel (SSt 57/40) gestalteten Auffangtatbestandes jede nationalsozialistische Betätigung, die nicht bereits unter die besonders signifikante Verhaltensweisen erfassenden, strengere Strafsätze enthaltenden Normen nach §§ 3 a bis 3 f VG subsumiert werden kann (vgl 15 Os 107, 108/96). Dieser Tatbestand kann daher durch Handlungen verschiedenster Art verwirklicht werden, die sich als Betätigung im nationalsozialistischen Sinn darstellen (Mayerhofer/Rieder Nebengesetze3 § 3 g VG E 4 und 5).

Gemäß dem Wahrspruch zur Eventualfrage 6 hat die Angeklagte Bi***** wiederholt (vom subintelligierten spezifischen Vorsatz getragen) an nach Zeit und Ort bestimmten Veranstaltungen der VAPO, die nationalsozialistischen Zielsetzungen dienten, (aktiv) mitgewirkt, und zwar an "Stammtischen" der Verbindung im "P*****", bei denen insbesondere das aktuelle politische Geschehen aus nationalsozialistischer Sicht kommentiert und diskutiert wurde, weiters an "Kameradschaftsabenden" im "H*****", bei denen politische Diskussionen geführt wurden, in welchen der historische Nationalsozialismus und nationalsozialistische Weltanschauung in einseitiger und propagandistisch vorteilhafter Weise an die Zuhörer herangetragen wurden, um sie zu erfolgreichen Propagandisten des Nationalsozialismus auszubilden, und schließlich an einer Feier des sich jährenden Geburtstages Adolf H*****s, bei welcher der "Stellvertreter des Bereichsleiters" der VAPO eine politische Ansprache hielt.

Demnach wurde im Wahrspruch - was die Beschwerde aber prozeßordnungswidrig übergeht - ein zu den Veranstaltungen beitragendes konkret individualisiertes (aktives) Verhalten aller Angeklagten, die sich laut ihrer gemäß § 35 Abs 2 StPO erstatteten Äußerung - auf eine zitierte Kommentarstelle berufend, jedoch unzulässig über das bisherige Vorbringen hinausgehend - gleichsam bloß in der Position als "neugieriger Kiebitz, oder ein nicht einmal neugieriger Ehegatte bzw Lebensgefährte eines Mitgliedes aus dem aktiven Sympatisantenkreis" sehen wollen, klar und unmißverständlich konstatiert, das rechtsrichtig dem Tatbestand des § 3 g VG unterstellt wurde (I.1. bis 3. des Schuldspruchs). Einer noch weiteren Anreicherung der Tatbeschreibung mit Einzelheiten bedurfte es zu dieser Beurteilung nicht.

Die Angeklagte Br***** hinwieder hat zu I. zu verantworten, an der VAPO teilgenommen und dadurch das Verbrechen nach § 3 b erster Fall VG begangen zu haben. Ihre im Wahrspruch zur Hauptfrage 7 festgestellte Mitwirkung an zahlreichen örtlich und zeitlich determinierten Veranstaltungen der VAPO umschreibt indes nicht bloß - wie auch diese Beschwerdeführerin prozeßordnungswidrig argumentiert - eine von ihr für möglich gehaltene "passive Anwesenheit", sondern Aktivitäten in einer Verbindung, deren Zweck es ist, durch Betätigung ihrer Mitglieder im nationalsozialistischen Sinn die Selbständigkeit und Unabhängigkeit der Republik Österreich zu untergraben (§ 3 a Z 2 VG). Das in Rede stehende Verhalten der Angeklagten Br***** ist auch ohne weitere Detaillierung ebenso als tatbestandsmäßiges Teilnehmen an der Verbindung zu bewerten wie die von den genannten Einwänden gar nicht erfaßte Leitung von "Heimabenden" im Rahmen der VAPO (I.1. bis 5.).

In diesem Zusammenhang sei erwähnt, daß schon der Verfassungsgesetzgeber des Verbotsgesetzes vom 8.Mai 1945, StGBl. Nr. 13, unter Teilnahme einer Verbindung der bezeichneten Art die bloße Mitgliedschaft verstand, die nicht formeller Natur sein muß, sondern darin besteht, daß sich jemand an den Veranstaltungen, Zusammenkünften udgl einer solchen Verbindung beteiligt und mit ihren Angehörigen Fühlung unterhält. Als Teilnehmer im Sinne des § 3 b VG ist daher jeder anzusehen, der ua für eine solche Verbindung Beiträge leistet, für sie wirkt oder ihren Zusammenkünften beiwohnt (vgl Heller/Loebenstein/Werner Komm z. NS.-Gesetz II 113).

Alle vier Angeklagten vermissen Zusatzfragen zu den bejahten Haupt- und Eventualfragen nach einem (nicht vorwerfbaren) Rechtsirrtum im Sinne des § 9 StGB (Z 6).

Die Fragestellungsrüge entbehrt jedoch einer gesetzmäßigen Ausführung. Die Beschwerdeführerinnen knüpfen nämlich ihre Einwände nicht an Verfahrensergebnisse, die eine zumindest teilweise Bejahung (§ 330 Abs 2 StPO) der Schuldfragen gestatten, sondern an eine ihrer (verfehlten) Meinung nach indizierte Fallgestaltung, die - recht besehen - schon zur Verneinung der Haupt- und Eventualfragen geführt und daher den reklamierten Zusatzfragen keine Grundlage mehr geboten hätte.

Dies gilt sowohl für das - dem Verdikt der Geschworenen widerstreitende - Beschwerdevorbringen der Angeklagten Bi***** und Br*****, die auf eine bloß "passive", durch keine konkrete Wiederbetätigungshandlungen gekennzeichnete und nur "aus Gründen, die in keinem Zusammenhang mit der VAPO stehen", geschehene Teilnahme an deren Veranstaltungen abstellen, als auch für das von allen vier Angeklagten zur Stützung der Rüge vorgebrachte (aber lediglich auf beweiswürdigende, isoliert aus dem Zusammenhang gerissene punktuelle Passagen ihrer Verantwortungen und der Aussage des Zeugen Bernhard Ku***** gegründete) Argument, ihnen sei der festgestellte Verwendungszweck der (von ihnen als "Bagatellbeträge" bezeichneten) Zahlungen nicht bekannt gewesen.

Die Tatsachenrüge (Z 10 a), welche irrig auch gegen einen gar nicht gefällten Schuldspruch der Angeklagten Br***** nach § 3 g VG gerichtet ist, vermag mit ausschließlich beweiswürdigenden Hinweisen einerseits auf die (jedweden auf nationalsozialistische Wiederbetätigung gerichteten Vorsatz) leugnenden Verantwortungen der Beschwerdeführerinnen, andererseits auf einzelne, ihnen günstig scheinende Teile aus den Aussagen der Zeugen Peter Bi*****, Reinhold K*****, Sascha Ka***** und Bernhard Ku***** sowie auf Leistung bloßer "Bagatellzahlungen" und mit einer pauschalen Bestreitung belastender Verfahrensergebnisse keine Bedenken (geschweige denn solche erheblicher Art) gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch der Geschworenen festgestellten entscheidenden Tatsachen zu wecken oder einen Plausibilitätsfehler aufzuzeigen (vgl hiezu die Verantwortungen ua 339, 351, 495/I; 7 ff, 27, 381, 541/II iVm 333/IV).

Eine unvollständige Ausschöpfung von Beweisquellen hinwieder kann unter dem angerufenen Nichtigkeitsgrund nur ausnahmsweise geltend gemacht werden. Dazu müßten allerdings aus den Akten solche - unter einem gravierenden Verstoß gegen die Pflicht des Gerichtes zur amtswegigen Wahrheitsforschung (§§ 3, 232 Abs 2, 254 StPO) entstandene - Mängel der Sachverhaltsermittlung hervorgehen, daß erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der im Wahrspruch der Geschworenen festgestellten entscheidenden Tatsachen auf der Basis der bisherigen Verfahrensergebnisse bestehen (vgl SSt 59/36). Davon kann aber im vorliegenden Fall - entgegen dem unsubstantiierten Beschwerdeeinwand - keine Rede sein.

Unter Z 11 lit a bekämpfen die Angeklagten die strafrechtliche Erfassung der Beisteuerung von (erneut bloß als "Bagatellbeträge" apostrophierten) Geldbeträgen zu den Mietkosten des sogenannten"Gaulokales" der VAPO als Verbrechen nach § 3 b zweiter Fall VG (bei Bi***** und Br***** jeweils zu II.) oder nach § 3 g VG (bei K***** und O*****) mit dem Hinweis auf die geringe Höhe der Zahlungen.

Ein bestimmtes Mindestausmaß der Unterstützung einer Verbindung durch Geldzuwendungen ist indes - dem verfehlten Beschwerdestandpunkt zuwider - kein Tatbestandserfordernis des § 3 b zweiter Fall VG. Denn diese Strafvorschrift enthält keine für die Subsumtion wesentliche Abstufung finanzieller Unterstützung (wie etwa § 246 Abs 2 und 3 StGB - vgl Leukauf/Steininger Komm3 RN 8 a, Foregger in WK Rz 11 und Mayerhofer/Rieder StGB4 Anm 7 jeweils zu § 246 - und wie § 279 Abs 1 StGB - vgl Leukauf/Steininger aaO RN 3, Mayerhofer/Rieder aaO Anm 5 und Steininger in WK Rz 15 jeweils zu § 279 -). Auch dem Auffangtatbestand des § 3 g VG ist die von der Beschwerde behauptete Einschränkung geleisteter Geldzuwendungen fremd.

Einer von den Beschwerdeführern in ihrer gemäß § 35 Abs 2 StPO erstatteten Replik mit Nachdruck geforderten analogen Anwendung der in den §§ 246 und 279 StGB normierten Erheblichkeitsschwelle auch auf Geldunterstützungen einer der im § 3 a Z 2 VG bezeichneten Art steht ua die Tatsache entgegen, daß sich der moderne Verfassungsgesetzgeber des Jahres 1992 bei Novellierung des Verbotsgesetzes, BGBl 1992/148, nicht veranlaßt sah, an diesem von Anfang an bestehenden Tatbestandskriterium etwas zu ändern.

Die verbleibenden Rechtsrügen der Angeklagten Bi***** und Br***** sind ebenfalls nicht dem Gesetze gemäß ausgeführt.

Weder die abermalige Bestreitung der konstatierten konkreten "Mitwirkung" an diversen Veranstaltungen der VAPO noch die Infragestellung der Strafbarkeit einerseits durch "bloße mehrmalige Anwesenheit" bei Veranstaltungen der VAPO, "ohne daß eine konkrete Wiederbetätigungshandlung begangen wurde", andererseits durch Zahlung von "Bagatellbeträgen (Z 11 lit a), noch die Behauptung eines Subsumtionsfehlers (Z 12), weil eine konkrete Teilnahme an der VAPO oder eine Unstützung derselben durch Geldzuwendungen nicht festgestellt sei, orientieren sich am Tatsachengehalt des Verdiktes der Geschworenen. Die Beschwerdeführerinnen stellen vielmehr prozeßordnungswidrig im Wahrspruch explizit konstatierte Aktivitäten bei Veranstaltungen der VAPO (Eventualfrage 6 und Hauptfrage 7) und die Geldzuwendungen zur Finanzierung des "Gaulokales" der VAPO (Hauptfragen 13 und 14) in Abrede. Solcherart verfehlen sie aber vollends die von der Strafprozeßordnung an die Geltendmachung materiellrechtlicher Nichtigkeitsgründe gestellten Anforderungen, nämlich am gesamten Inhalt des Wahrspruchs festzuhalten (vgl Mayerhofer aaO § 345 Z 11 a E 1 f und § 345 Z 12 E 8).

Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher zu verwerfen.

Das Geschworenengericht verurteilte die Angeklagten jeweils unter Anwendung des § 41 Abs 1 StGB zu - gemäß § 43 Abs 1 StGB für eine Probezeit von je drei Jahren bedingt nachgesehenen - Freiheitsstrafen, und zwar Judith K***** nach § 3 g VG zu vier Monaten, Dagmar O***** nach § 3 g VG zu fünf Monaten, Brigitte Bi***** nach § 28 StGB, § 3 b VG zu acht Monaten und Angela Br***** nach § 3 b VG sowie unter Bedachtnahme gemäß §§ 31 und 40 StGB auf die Strafverfügung des Bezirksgerichtes Hernals vom 31.Oktober 1994, GZ 9 U 988/94-4 (wegen des Vergehens des versuchten Diebstahls nach §§ 15, 127 StGB), zusätzlich zu acht Monaten.

Bei der Strafbemessung war bei K***** und O***** nichts erschwerend, bei Bi***** und Br***** hingegen die Tatsache, "daß sie durch ihr Verhalten das Verbrechen nach dem Verbotsgesetz auf mehrfache Weise begangen haben" (korrekt: daß sie mehrere strafbare Handlungen derselben und verschiedener Art verübt haben, vgl § 33 Z 1 StGB); demgegenüber wertete das Erstgericht bei allen vier Angeklagten als mildernd die bisherige Unbescholtenheit und ihre untergeordnete Rolle, ferner, daß ihr deliktisches Verhalten schon längere Zeit zurückliegt und sie von ihren damaligen Freunden, Lebensgefährten und Ehemännern in "diese Kreise" gebracht wurden.

Gegen diese Strafaussprüche richten sich die (ebenfalls in einer gemeinsamen Rechtsmittelschrift undifferenziert erhobenen) Berufungen der Angeklagten, mit denen sie eine Strafreduktion auf jeweils "drei Monate" beantragen, um ihnen - wie sie sich ausdrücken - durch eine beschränkte Auskunft (gemäß § 6 Abs 2 Z 1 TilgG) den Wiedereinstieg in das Berufsleben zu ermöglichen.

Keine der Berufungen ist im Recht.

Nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes hat das Geschworenengericht die vorhandenen Strafzumessungsgründe (im Ergebnis) nicht nur vollständig erfaßt, sondern sie auch zutreffend gewürdigt und unter weitgehender Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung nach § 41 Abs 1 StGB über die Angeklagten abgestufte Sanktionen verhängt, die sowohl dem Unrechtsgehalt der Straftaten als auch der personalen Täterschuld der Angeklagten entsprechen.

Die von den Berufungswerbern pauschal ins Treffen geführten zusätzlichen Milderungsgründe liegen nach der Aktenlage nicht vor. Dies gilt für den behaupteten "Beitrag zur Wahrheitsfindung" (§ 34 Z 17 StGB) ebenso wie für ihr angebliches Handeln "in einem die Schuld nicht ausschließenden Rechtsirrtum" (Z 12 leg cit). Die zudem hervorgekehrten "umfangreichen Sorgepflichten für minderjährige Kinder" könnten nur dann mildernd sein, wenn ihnen die Angeklagten aus Not nicht hätten nachkommen können und dies der einzige Beweggrund für ihre Straftaten gewesen wäre oder wenn ihre Erfüllung zu einer drückenden Notlage im Sinne des § 34 Z 10 StGB geführt hätte (vgl Leukauf/Steininger aaO RN 30 und Foregger/Kodek StGB6 Anm III jeweils zu § 34), somit Umstände, die weder der Aktenlage zu entnehmen sind, noch in der Berufungsschrift substantiiert werden. Die Tatsachen hinwieder, daß "ein radikaler Gesinnungswandel" bereits längst eingetreten ist, hat das Erstgericht ohnehin, zwar mit anderen Worten, aber der Sache nach unmißverständlich zum Ausdruck gebracht (vgl US 54 unten bis 55 oben).

Demnach war auch den Berufungen ein Erfolg zu versagen.

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