OGH 3Ob43/98i

OGH3Ob43/98i11.3.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Pimmer, Dr.Zechner und Dr.Sailer als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Dr.Josef P*****, vertreten durch Dr.Walter Schuppich ua Rechtsanwälte in Wien, wider die verpflichtete Partei Ing.Gerald H.W*****, vertreten durch Hule & Heinke Rechtsanwälte KEG in Wien, wegen Widerrufs, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Korneuburg als Rekursgerichtes vom 21.Oktober 1997, GZ 21 R 393/97k-7, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Klosterneuburg vom 19.August 1997, GZ 8 E 3588/97f-2, abgeändert wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben; der Beschluß des Rekursgerichtes wird dahin abgeändert, daß der erstgerichtliche Exekutionsbewilligungsbeschluß wieder hergestellt wird.

Die verpflichtete Partei ist schuldig, der betreibenden Partei die mit S 8.112,- (darin enthalten S 1.352,- Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsrekurses binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung

Der nunmehrige Verpflichtete hat sich gegenüber der nunmehrigen betreibenden Partei mit dem vor dem Handelsgericht Wien am 29.4.1996 abgeschlossenen Vergleich, 39 Cg 54/95z-9, verpflichtet, bis längstens 31.10.1996 nachstehenden Widerruf im "Informationsblatt der Freien Liste Klosterneuburg - Der neue Bezirksreport" in der Form des § 13 MedienG auf eigene Kosten zu veröffentlichen:

Widerruf

Herr Ing.Gerald W*****, verpflichtet sich, in Hinkunft Behauptungen, daß

a) Herr Dr.Josef P*****, vom Landesparteigericht für schuldig befunden wurde, Handlungen, die das Ansehen der Partei schädigen oder gegen die guten Sitten verstoßen, gesetzt zu haben;

b) Dr.Josef P***** seiner politischen Funktion enthoben wurde;

c) es eine Zeugin gebe, die gestanden habe, daß sie von Dr.Josef P***** und dem FPÖ-Bezirksobmann zur Bespitzelung des Ing.Gerald W***** angestiftet wurde;

d) Dr.Josef P***** das Parteilokal mehrfach vermietet habe;

e) Dr.Josef P***** politische Strategien verraten, bespitzelt und Amtsmißbrauch begangen habe,

zu unterlassen."

Der betreibende Gläubiger brachte in dem am 7.8.1997 eingebrachten Exekutionsantrag vor, der Verpflichtete sei dieser Verpflichtung innerhalb der Leistungsfrist nicht nachgekommen. Der betreibende Gläubiger stellte daher den Antrag, die Exekution gemäß § 354 EO wegen Erwirkung der Veröffentlichung des Widerrufs in dem von der verpflichteten Partei vertriebenen Informationsblatt der Freien Liste Klosterneuburg zu bewilligen und der verpflichteten Partei aufzutragen, diesen Widerruf binnen einer Frist von 14 Tagen zu veröffentlichen, widrigenfalls gegen sie eine Geldstrafe von 20.000 S verhängt werde.

Das Erstgericht bewilligte die beantragte Exekution.

Das Rekursgericht änderte diesen Beschluß dahin ab, daß der Exekutionsantrag abgewiesen wurde; es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei, weil die Voraussetzungen nach § 528 Abs 1 ZPO nicht vorliegen. In rechtlicher Hinsicht führte das Rekursgericht aus, bei der Verpflichtung zur Veröffentlichung eines Widerrufs handle es sich um eine vertretbare Handlung, welche nicht nach § 354 EO, sondern nach § 353 EO vollstreckbar sei. Bei § 354 EO handle es sich um die Exekution zur Erwirkung unvertretbarer Handlungen, während § 353 EO die Exekution zur Erwirkung vertretbarer Handlungen regle. Die Anordnungen der Exekutionsordnung über die Exekutionsarten nach den §§ 353 und 354 EO seien zwingendes Recht. Verstöße dagegen seien von Amts wegen zu berücksichtigen. Keinesfalls könne nach Wahl und Willen des betreibenden Gläubigers entweder nach § 353 oder nach § 354 Exekution geführt werden. Im vorliegenden Fall sei somit nur die Exekution zur Erwirkung einer vertretbaren Handlung zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des betreibenden Gläubigers ist zulässig und berechtigt.

Zur Abgrenzung der Exekution zur Durchsetzung vertretbarer Handlungen im Sinn des § 353 EO und der Exekution zur Durchsetzung unvertretbarer Handlungen im Sinn des § 354 EO wurden in der Entscheidung JBl 1986, 257 (zust Pfersmann mwN), ihr folgend SZ 69/160, folgende Grundsätze dargelegt:

Die Exekution nach § 354 EO setzt voraus, daß der betriebene Anspruch in einer Handlung besteht, die durch einen Dritten nicht vorgenommen werden kann und deren Vornahme zugleich ausschließlich vom Willen des Verpflichteten abhängt; denn nur ein solcher Anspruch wird gemäß § 354 Abs 1 EO dadurch vollstreckt, daß der Verpflichtete auf Antrag vom Exekutionsgericht durch Geldstrafe oder durch Haft zur Vornahme der Handlung angehalten wird. Sollte dagegen die vom Verpflichteten vorzunehmende Handlung derart sein, daß ihre Vornahme auch durch einen Dritten erfolgen kann, wäre die betreibende Partei gemäß § 353 Abs 1 EO auf Antrag von dem die Exekution bewilligenden Gericht zu ermächtigen, die Handlung auf Kosten des Verpflichteten vornehmen zu lassen. Eine Handlung ist vertretbar im Sinn des § 353 EO, wenn sie nicht nur der Verpflichtete, sonderen auch ein Dritter vornehmen kann, ohne daß es für den betreibenden Gläubiger einen rechtlichen oder wirtschaftlichen Unterschied macht, wer sie tatsächlich vornimmt; sie ist unvertretbar, wenn sie nur vom Verpflichteten persönlich vorgenommen werden kann und (zur Zeit des Exekutionsaktes) ausschließlich vom Willen des Verpflichteten abhängt. Im Zweifel, ob eine Handlung als vertretbar oder als unvertretbar anzusehen ist, wird die Handlung (zunächst) als vertretbar angesehen, weil die Exekution vertretbarer Handlungen den Verpflichteten weniger belastet und weil sie vor allem eher zur Durchsetzung des Exekutionstitels in der Richtung führt, daß der Inhalt des Titels wirklich durchgeführt werden kann. Die Anordnungen der EO über die Exekutionsakten nach den §§ 353 und 354 sind zwingendes Recht, Verstöße dagegen sind von Amts wegen zu berücksichtigen; keineswegs kann nach Wahl und Willkür des betreibenden Gläubigers Exekution entweder nach § 353 oder nach § 354 EO geführt werden.

Im vorliegenden Fall wurde der Verpflichtete im Exekutionstitel schuldig erkannt, bestimmte Behauptungen als unwahr zu widerrufen, wobei dieser Widerruf durch eine bestimmte Art der Veröffentlichung näher umschrieben wurde. Der Verpflichtete ist nach den für die Exekutionsbewilligung maßgeblichen Behauptungen im Exekutionsantrag der ihm selbst obliegenden Verpflichtung zur Veröffentlichung des Widerrufs in einem Medium, dessen Medieninhaber er - auch nach dem von ihm nicht bestrittenen Vorbringen des Klägers (und nunmehrigen betreibenden Gläubigers) im Titelverfahren - ist, nicht nachgekommen.

Wie der Oberste Gerichtshof bereits in der Entscheidung SZ 69/160 ausgeführt hat, betreibt der Medieninhaber nicht nur das Unternehmen auf seine Rechnung, er hat auch die Verfügungsmacht, die für ein solches Unternehmen vorausgesetzt wird (Hartmann/Rieder, MedienG 33). Bei dieser Veröffentlichung handelt es sich - wie beim Widerruf an sich (OLG Wien ÖBl 1957, 91; Holzhammer, Österreichisches Zwangsvollstreckungsrecht4 389; vgl weiters ZBl 1932/244 zu der vom Schriftleiter in einem Vergleich vor dem Strafrichter übernommenen Verpflichtung zur Veröffentlichung einer Erklärung) - somit um eine Handlung, die nur vom Verpflichteten persönlich vorgenommen werden kann und (zur Zeit des Exekutionsaktes) ausschließlich vom Willen des Verpflichteten abhängt. Diese ausschließliche Abhängigkeit vom Willen des Verpflichteten begründet auch eine andere Behandlung als in den Fällen, in denen der Verpflichtete zur Veröffentlichung in einem von einem Dritten herausgegebenen Medium verpflichtet ist; in einem solchen Fall kann nämlich sowohl der Verpflichtete als auch ein Dritter die Veröffentlichung in Auftrag geben, ohne daß dies für den betreibenden Gläubiger einen rechtlichen und wirtschaftlichen Unterschied macht.

Da der Verpflichtete die Veröffentlichung des Widerrufs innerhalb der Leistungsfrist nicht vorgenommen hat, besteht auch kein Zweifel in der Richtung, ob die Handlung als vertretbar oder unvertretbar anzusehen ist. Da die Veröffentlichung eines Widerrufs in einem vom Verpflichteten als Medieninhaber herausgegebenen Medium eine unvertretbare Handlung ist, ist die Exekution nach § 354 EO zu führen.

Es war daher in Stattgebung des Revisionsrekurses des betreibenden Gläubigers die erstinstanzliche Exekutionsbewilligung wieder herzustellen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 78 EO, §§ 40, 50 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte