OGH 9ObA422/97t

OGH9ObA422/97t25.2.1998

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Spenling sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Peter Bukovec und Dr. Bernhard Rupp als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Mag. Karin G*****, Vertragsbedienstete, *****, vertreten durch Dr. Kurt Klein ua, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, 1011 Wien, Singerstraße 17-19, wegen Feststellung, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 11. September 1997, GZ 7 Ra 107/97b-11, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 20. November 1996, GZ 33 Cga 112/96p-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 11.437,50 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin wurde mit Dienstvertrag vom 21. 10. 1994 mit Wirksamkeit vom 3. 10. 1994 vom Landesschulrat für Steiermark als Vertragsbedienstete des Bundes "auf bestimmte Zeit d.i. auf die Dauer der Dienstabwesenheit von VB Ingrid S*****, längstens jedoch bis zum Wiederantritt des Dienstes von Rev. Martina E*****, vorerst befristet bis 2. 6. 1995" aufgenommen. Bei Abschluß des Dienstvertrages waren ihr die Befristung und der Umstand, daß sie nur als Ersatzkraft aufgenommen wurde, bewußt. Am 16. 12. 1994 suchte sie um die Verlängerung des Dienstverhältnisses an. Mit dem "1. Nachtrag zum Dienstvertrag" vom 15. 5. 1995 vereinbarten die Streitteile die Verlängerung des Dienstverhältnisses "auf bestimmte Zeit, das ist für die gesamte Dauer der Abwesenheit von VB Ingrid S*****, längstens jedoch bis zum Wiederantritt von Rev. Martina E*****". VB Ingrid S***** beendete ihren Karenzurlaub am 30. 4. 1996. Sie trat ihren Dienst am 2. 5. 1996 wieder an. Die Beklagte teilte der Klägerin mit Schreiben vom 10. 4. 1996 mit, daß ihr Dienstverhältnis mit Ablauf des 30. 4. 1996 ende.

Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage die Feststellung, daß ihr Dienstverhältnis zur Beklagten über den 30. 4. 1996 hinaus aufrecht fortbestehe. Da die Verlängerung ihres befristeten Dienstverhältnisses drei Monate überschritten habe, sei es nach § 4 VBG als von Anfang an auf unbestimmte Zeit eingegangen anzusehen.

Die Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. Nach § 76 Abs 2 Ausschreibungsgesetz 1989 (AusG) gelte die befristete Fortsetzung des Dienstverhältnisses nicht als Verlängerung iS § 4 Abs 4 VBG.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die Klägerin sei gemäß § 24 Z 1 AusG als Ersatzkraft aufgenommen worden. Gemäß § 76 Abs 1 AusG gelte daher die befristete Fortsetzung des Dienstverhältnisses nicht als Verlängerung nach § 4 Abs 4 VBG. Es liege daher kein Dienstverhältnis auf unbestimmte Zeit vor.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Es teilte die Rechtsauffassung des Erstgerichtes. Ob der Dienstvertrag einen Hinweis auf das AusG enthalte, sei für dessen Anwendung ohne Bedeutung.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im klagestattgebenden Sinn abzuändern.

Die beklagte Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Die Revision ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Klägerin stützt ihr Begehren auf § 4 Abs 4 VBG. Nach dieser Bestimmung kann ein Dienstverhältnis, das auf bestimmte Zeit eingegangen worden ist, einmal verlängert werden; diese Verlängerung darf drei Monate nicht überschreiten. Wird das Dienstverhältnis darüber hinaus fortgesetzt, so wird es von da ab so angesehen, wie wenn es von Anfang an auf unbestimmte Zeit eingegangen worden wäre. Die Vorinstanzen sind aber zutreffend davon ausgegangen, daß die von der Klägerin aus dieser Bestimmung abgeleiteten Rechtsfolgen hier im Hinblick auf die Anordnungen des AusG nicht zum Tragen kommen.

Nach § 24 Z 1 AusG kann "bei Ersatzkräften für Bedienstete nach Punkt 4 des Allgemeinen Teiles des Stellenplanes, Anlage III des für das jeweilige Finanzjahr geltenden Bundesfinanzgesetzes" von einer Ausschreibung abgesehen werden. Werden Ersatzkräfte iS der genannten Gesetzesstelle ohne Ausschreibung in den Bundesdienst aufgenommen, ist gemäß § 26 Abs 2 AusG die Dauer ihres Dienstverhältnisses mit höchstens acht Monaten zu begrenzen. Strebt eine nach § 24 Z 1 AusG ohne Ausschreibung aufgenommene Ersatzkraft eine Verlängerung ihres Dienstverhältnisses über die Dauer von acht Monaten hinaus an, hat ein Überprüfungsverfahren nach § 75 AusG stattzufinden, nach dessen Ergebnissen die zuständige Dienststelle zu entscheiden hat, ob das Dienstverhältnis befristet oder unbefristet oder nicht verlängert wird (§ 76 Abs 1 AusG). Nach § 76 Abs 2 AusG gilt eine befristete Fortsetzung des Dienstverhältnisses nicht als Verlängerung nach § 4 Abs 4 VBG oder gleichartiger Vorschriften.

Im vorliegenden Fall ist nicht mehr strittig, daß die Voraussetzungen für eine Aufnahme der Klägerin als Ersatzkraft iS § 24 Z 1 AusG gegeben waren und daß die Klägerin ohne Ausschreibung als Ersatzkraft - wirksam befristet mit längstens acht Monaten - aufgenommen wurde. Damit kommen die eben wiedergegebenen Regelungen zur Anwendung, ohne daß es darauf ankommt, ob das AusG im zwischen den Streitteilen geschlossenen Dienstvertrag ausdrücklich zitiert wurde. § 4 Abs 4 VBG, auf den sich die Klägerin stützt, kommt daher iS § 76 Abs 2 AusG nicht zum Tragen, sodaß die im Zuge der Verlängerung des Dienstverhältnisses vorgenommene Befristung wirksam ist.

Der nunmehr von der Revisionswerberin dagegen erhobene Einwand, die bei der Verlängerung des Dienstverhältnisses vorgenommene Befristung sei unwirksam, weil sie den Vertretenden im Unklaren lasse, inwieweit der Wiederantritt eines der Vertretenen das Dienstverhältnis berühre und weil sie dem Dienstgeber die Möglichkeit eröffne, je nach Gutdünken bereits nach Rückkehr der ersten vertretenen Person das Vertragsverhältnis zu lösen oder die Rückkehr der zweiten vertretenen Person abzuwarten, ist unzutreffend.

Die zeitliche Dauer einer Befristung des Arbeits- oder Dienstverhältnisses kann kalendermäßig fixiert sein oder an ein bestimmtes Ereignis anknüpfen, dessen Eintritt zum Zeitpunkt der Vereinbarung feststeht. Es genügt, wenn der Endzeitpunkt objektiv feststellbar und der willkürlichen Beeinflussung durch die Vertragsparteien entzogen ist (Schwarz/Löschnigg, Arbeitsrecht6 230 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung). Für den Bereich des VBG ordnet dessen § 4 Abs 3 an, daß das Dienstverhältnis nur dann als auf bestimmte Zeit eingegangen gilt, wenn es von vornherein auf die Besorgung einer bestimmten, zeitlich begrenzten Arbeit oder auf eine kalendermäßig bestimmte Zeit abgestellt ist.

Hier erfolgte die Verlängerung "auf bestimmte Zeit, das ist für die gesamte Dauer der Abwesenheit von VB Ingrid S*****, längstens jedoch bis zum Wiederantritt des Dienstes von Rev. Marina E*****". Der dadurch bestimmte Endzeitpunkt ist objektiv feststellbar und der willkürlichen Beeinflussung durch die Parteien entzogen. Die vom Revisionswerber geltend gemachte Unklarheit liegt nicht vor, weil die gewählte Formulierung klarstellt, daß der Dienstantritt jeder der beiden Vertretenen das Dienstverhältnis beendet. Auch den Anforderungen des § 4 Abs 3 VBG ist damit entsprochen, weil die in objektiv feststellbarer Weise befristete Vertretung bestimmter Personen als "Besorgung einer bestimmten, zeitlich begrenzten Arbeit" anzusehen ist.

Soweit die Revisionswerberin eine unzulässige Umgehung des § 4 Abs 4 VBG aus dem Umstand folgert, daß die Befristung nicht unter Anwendung des § 38 VBG erfolgte, ist sie darauf zu verweisen, daß diese Bestimmung nur für Vertragslehrer gilt und daher auf die Klägerin nicht anwendbar ist.

Ebensowenig teilt der Oberste Gerichtshof die Bedenken der Revisionswerberin gegen die Verfassungsmäßigkeit der hier anzuwendenden Bestimmungen des AusG. Die damit geschaffenen Sonderregelungen für Ersatzkräfte sind nicht als unsachliche Differenzierung anzusehen.

Unter dem in der Revision ins Treffen geführten "Günstigkeitsprinzip" ist der Grundsatz zu verstehen, daß die jeweils nachrangigen Rechtsquellen die Stellung des Arbeitnehmers nicht verschlechtern, sondern nur verbessern können (Floretta/Spielbüchler/Strasser, Arbeitsrecht I3 80; Schwarz/Löschnigg, Arbeitsrecht6 69). Es kommt daher auf den hier zu beurteilenden Fall nicht zur Anwendung, in dem einander zwei Gesetze - also Normen gleichen Ranges - gegenüberstehen, deren Verhältnis dadurch zweifelsfrei geregelt wird, daß das spätere das frühere für bestimmte Sachverhalte als nicht anwendbar erklärt.

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

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