OGH 12Os171/97

OGH12Os171/9712.2.1998

Der Oberste Gerichtshof hat am 12.Februar 1998 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Rzeszut als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schindler, Dr.E.Adamovic, Dr.Holzweber und Dr.Philipp als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Gesek als Schriftführer in der Strafsache gegen Peter S***** wegen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 24.Juni 1997, GZ 20 z Vr 8656/96-127, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, des Generalanwaltes Dr.Fabrizy, des Angeklagten und des Verteidigers Mag.DDr.Hopmeier zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung der Staatsanwaltschaft wird Folge gegeben und über den Angeklagten eine lebenslange Freiheitsstrafe verhängt.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Der am 8.Oktober 1945 geborene Peter S***** wurde auf Grund des Wahrspruchs der Geschworenen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB und des Vergehens nach § 36 Abs 1 Z 1 WaffG schuldig erkannt.

Demnach hat er

I. in der Nacht zum 13.August 1996 in Perchtoldsdorf Fritz N***** durch Abgabe von elf Schüssen aus insgesamt drei Faustfeuerwaffen in beide Oberschenkel, die Gesäßspalte, die linke Gesäßbacke, die rechte vordere Brustwand, den rechten Oberarm und den Hinterkopf vorsätzlich getötet;

II. in der Zeit von Anfang September bis 1.November 1996 in Wien und anderen Orten eine Faustfeuerwaffe, nämlich eine Pistole CZ, Kaliber 6,35 mm, unbefugt besessen und geführt.

Die Geschworenen hatten jeweils stimmeneinhellig die auf das Verbrechen des Mordes gerichtete Hauptfrage A und die auf das Vergehen nach § 36 Abs 1 Z 1 WaffG lautende Hauptfrage B bejaht, in Richtung Notwehr, Notwehrüberschreitung, irrtümliche Annahme eines recht- fertigenden Sachverhaltes, Putativnotwehrüberschreitung und Zurechnungsunfähigkeit gestellte Zusatzfragen (a, b, d, f und h) zur Hauptfrage A verneint.

Die aus § 345 Abs 1 Z 5, 6, 8 und 9 StPO allein gegen den Schuldspruch wegen Mordes gerichtete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.

Rechtliche Beurteilung

Mit der Verfahrensrüge (Z 5) wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Abweisung des Antrages, anhand zweier selbstangefertigter Skizzen mit schießtechnischem und gerichtsmedizinischem Sachverständigen Art und Lokalisation der Einschüsse zu erörtern (S 517/III). Er übersieht hiebei, daß sich der ablehnende Beschluß des Schwurgerichtshofes nur auf die Einführung der beiden Skizzen in die Haupt- verhandlung bezog, die (mit dem Antrag erwünschte, allein wesentliche) Befragung der beiden Sachverständigen zu sämtlichen Problemfacetten der Schußverletzungen jedoch ohnedies uneingeschränkt ermöglicht wurde (S 517 ff/III). Die Verteidigungsrechte des Beschwerdeführers wurden daher nicht verletzt.

Der Fragestellungsrüge (Z 6) zuwider genügt es, bei der Abfassung von echten Zusatzfragen (§ 313 StPO) jene im Gesetz angeführten Gründe anzugeben, welche nach dem eine solche Frage indizierenden Tatsachenvorbringen in der Hauptverhandlung den in Betracht kommenden Straflosigkeitsgrund in concreto zu begründen vermögen, ohne daß es einer weitergehenden Konkretisierung und Spezialisierung bedarf (Mayerhofer StPO4 § 313 E 3 a, § 345 Z 6 E 18 a und 18 b). Die Beschränkung der Formulierung der Zusatzfrage b auf die Wiedergabe der wesentlichen Gesetzeskriterien nach § 3 Abs 2 StGB entspricht sohin dem zitierten Gesetzesauftrag.

Die Instruktionsrüge (Z 8) zeigt keine Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der den Geschworenen erteilten Rechtsbelehrung (Beilage B zum Hauptverhandlungsprotokoll ON 126) auf (§ 321 StPO), vermag sie doch keinen konkreten Umstand anzugeben, dessen Nichtaufnahme in die Rechtsbelehrung zu einem Irrtum der Geschworenen hätte Anlaß geben können. Die gesetzlichen Merkmale der von der Fragestellung umfaßten strafbaren Handlungen und allenfalls in Betracht kommender Strafausschließungsgründe wurden unverwechselbar dargelegt, wobei sich der Unterschied zwischen den einzelnen Delikten bzw Instituten schon aus deren andersartigen Voraussetzungen ergibt. Auch bestand für die vom Beschwerdeführer vermißte Darstellung des "Zusammenspiels" zwischen den auf Notwehrüberschreitung, irrtümliche Annahme eines rechtfertigenden Sachverhaltes bzw Putativnotwehrüberschreitung gerichteten Zusatzfragen b, d und f kein Grund, weil die genannten Rechtsinstitute einander ausschließen und das Verhältnis der erwähnten Fragen zueinander jeweils am Beginn der Erörterung der einzelnen Fragen dargelegt wurde.

Entgegen dem zum Nichtigkeitsgrund der Z 9 des § 345 Abs 1 StPO erstatteten Beschwerdevorbringen ist die Antwort der Geschworenen auf die Zusatzfrage b keineswegs undeutlich, haben diese doch durch deren uneingeschränkte Verneinung eindeutig ihre Meinung dahin zum Ausdruck gebracht, daß der Angeklagte weder aus Bestürzung, Furcht oder Schrecken das gerechtfertigte Maß der Verteidigung überschritten noch sich einer offensichtlich unangemessenen Verteidigung bedient hatte (§ 3 Abs 2 StGB).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Geschworenengericht verhängte über den Angeklagten nach §§ 28 Abs 1, 75 StGB eine zwanzigjährige Freiheitsstrafe, wobei es bei der Strafbemessung das Tatsachengeständnis nach dem WaffG sowie die massive Persönlichkeitsstörung des Angeklagten als mildernd wertete, als erschwerend hingegen das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen, die Abgabe mehrerer Schüsse, die Verletzung einer weiteren Person (Manuela W*****), die sorgfältige Vorbereitung der Tat und die qualvolle Tötung des Opfers.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe unter das gesetzliche Mindestmaß an, während der öffentliche Ankläger die Verhängung einer lebenslangen Freiheitsstrafe begehrt.

Nur die Berufung der Staatsanwaltschaft ist berechtigt.

Mag auch der Angeklagte mit keiner gerichtlichen Vorstrafe belastet sein, kommt ihm doch schon auf Grund der von ihm zugestandenen Art, wie sich sein Zusammenleben mit Manuela W***** gestaltete (fortgesetzter Zugriff auf Millionenverdienst aus Prostitution, S 93 ff/I; Sachbeschädigungen, S 381/II) kein bisher ordentlicher Lebenwandel zustatten. Daß jene von einer Kugel getroffen wurde, bestritt der Angeklagte nie.

Die - dem Berufungsstandpunkt des Angeklagten zuwider ersichtlich längerfristig angebahnte - gezielt schrittweise "Hinrichtung" eines ihm bis zur Tat Unbekannten, nur weil dieser eine Freundschaft zu der bereits seit Monaten von ihm getrennten früheren Lebensgefährtin pflegte, stellt sich als Ausdruck einer exzessiven Bereitschaft zu hemmungsloser Mißachtung selbst fundamentalster rechtlicher Grundwerte dar und verdeutlicht insbesonders vor dem Hintergrund der vorliegend außergewöhnlich akzentuierten Tatmodalitäten ein solches Maß an Tatunrecht und deliktischer Willensintensität, daß die Verhängung einer zeitlich bestimmten Freiheitsstrafe nach Lage des Falles nicht mehr gerechtfertigt ist.

Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

Der Kostenausspruch stützt sich auf die angeführte Gesetzesstelle.

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