OGH 4Ob14/98g

OGH4Ob14/98g27.1.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, durch die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk und durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei V***** Gesellschaft mbH & Co KG, ***** vertreten durch Dr. Michael Graff und Dr. Michael Brand, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagten Parteien 1. M***** Gesellschaft mbH & Co KG, 2. M***** Gesellschaft mbH, ***** beide vertreten durch Giger, Ruggenthaler & Simon, Rechtsanwälte KEG in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 450.000,--), infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der Klägerin gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 7. Oktober 1997, GZ 15 R 120/97w-9, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs der Klägerin wird gemäß §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

In der Entscheidung ÖBl 1996, 150 - Bazar-Alles-Gutschein II hat der erkennende Senat ausgesprochen, daß Gutscheine, die in Bargeld abzulösen sind, einen Geldrabatt verbriefen, während bei Gutscheinen, die dem Käufer das Anrecht auf den Bezug einer Ware oder Leistung geben, bei Gleichartigkeit der Waren ein Naturalrabatt, bei Verschiedenheit der Waren oder Leistungen eine Zugabe im engeren Sinne vorliegt. Gutscheine sind daher nur dann erlaubte Geldzugaben im Sinne des § 9a Abs 2 Z 5 UWG, wenn sie gegen Geld eingelöst werden, nicht aber dann, wenn ein darin genannter Betrag vom Kaufpreis einer (anderen) Ware abgezogen wird.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall war in einer Tageszeitung ein Gutschein abgedruckt, der einen Preisnachlaß von S 5,-- beim Kauf eines Anzeigenblattes verbriefte. Die Leser der Tageszeitung erhielten den Gutschein ohne besondere Berechnung, so daß sich die Frage stellte, ob der Gutschein eine unzulässige Zugabe oder ein unter die Ausnahmebestimmung des § 9a Abs 2 Z 5 UWG fallender Geldrabatt war. Im vorliegenden Fall verbrieft der Gutschein ("Reisescheck") einen Preisnachlaß beim Bezug einer Dienstleistung; der Gutschein selbst ist aber, anders als der Bazar-Alles-Gutschein, nicht unentgeltlich, sondern nur gegen Zahlung von S 999,-- erhältlich. Der vorliegende Fall unterscheidet sich demnach grundlegend von dem der Entscheidung ÖBl 1996, 150 - Bazar-Alles-Gutschein II zugrunde liegenden Sachverhalt.

Der von den Beklagten zu ihrem Abonnement angebotene "Reisescheck" ist eine Form der Wertreklame. Den verschiedenen Formen dieser Werbeart ist gemeinsam, daß der Werbende nicht nur durch die Güte und Preiswürdigkeit seiner Ware oder gewerblichen Leistung, sondern zugleich oder vor allem durch ein unsachliches Mittel, das Gewähren einer besonderen Vergünstigung, Kunden zu gewinnen sucht. Wertreklame ist nicht schlechthin wettbewerbswidrig. Sie entspricht jedoch nicht dem Leitbild des Leistungswettbewerbes und ist deshalb strenger zu beurteilen als die übliche Werbung durch Wort und Bild (ÖBl 1995, 211 - Falschpark-Strafzettel mwN).

§ 9a UWG verbietet nur unentgeltliche Zugaben oder Zugaben zu Scheinpreisen; angesichts dieser Wertung kann nicht schon jedes günstige Angebot einer Nebenware gegen § 1 UWG verstoßen. Ein Vorspannangebot ist nur dann unzulässig, wenn es geeignet ist, Verbraucher ohne jede sachliche Prüfung allein wegen der Möglichkeit, die Vorspannware zu einem Bruchteil des üblichen Preises zu erwerben, zum Kauf einer Hauptware zu verleiten, die sie sonst erfahrungsgemäß nicht gekauft hätten (ÖBl 1993, 234 - 777-Jubel-Abo; ÖBl 1997, 75 - OÖN-Hochzeitspaket, jeweils mwN). Dies gilt auch dann, wenn die Nebenware in einem Gutschein besteht, der einen Preisnachlaß beim Bezug einer anderen Ware oder Leistung verbrieft. Auch eine solche Wertreklame ist nur dann sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG, wenn sie sachliche Erwägungen gänzlich verdrängt. Ob diese Voraussetzungen im konkreten Fall gegeben sind, hat keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung.

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