OGH 4Ob9/98x

OGH4Ob9/98x27.1.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, durch die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S*****GesmbH, ***** vertreten durch Dr. Gerhard Daxböck, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Herbert G***** Kaufmann, *****, vertreten durch Dr. Karin Hermann, Rechtsanwältin in Graz, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 450.000.-), infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgerichtes vom 9. Dezember 1997, GZ 6 R 201/97v-7, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs der klagenden Partei wird gemäß §§ 78, 402 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Das Nachahmen eines fremden Produktes, das keinen Sonderschutz - etwa nach dem MschG, dem UrhG oder als Unternehmenskennzeichen - genießt, ist an sich nicht wettbewerbswidrig; ein Verstoß gegen § 1 UWG ist aber dann anzunehmen, wenn im Einzelfall besondere Umstände hinzutreten, aus denen sich die Sittenwidrigkeit der Handlung ergibt (ÖBl 1989, 39 - Klimt-Wandleuchte mwN; ÖBl 1992, 19 - Verpackungs-Etiketten; ÖBl 1997, 34 - Mutan-Beipackzettel, MR 1997, 222 - Schokobananen uva).

Das ist (ua) dann der Fall, wenn der Nachahmende das Vorbild nicht nur als Anregung zu eigenem Schaffen benützt, sondern seinem Produkt ohne ausreichenden Grund die Gestaltungsform eines fremden Erzeugnisses gibt und dadurch die Gefahr von Verwechslungen hervorruft. Der Nachahmer muß von dem nachgeahmten Erzeugnis im Rahmen des Möglichen, vor allem dann, wenn ihm eine große Anzahl von Gestaltungsmöglichkeiten zur Verfügung steht, angemessenen Abstand halten. Eine "vermeidbare Herkunftstäuschung" setzt voraus, daß eine bewußte Nachahmung vorliegt, die Gefahr von Verwechslungen herbeigeführt wird und eine andersartige Gestaltung zumutbar gewesen wäre (ÖBl 1992, 109 - Prallbrecher; ÖBl 1996, 292 - Hier wohnt, jeweils mwN; MR 1997, 111 = WBl 1997, 308 = ecolex 1997, 586 = ÖBl 1997, 167 - Astoria). Sittenwidrigkeit ist ausgeschlossen, wenn die Form, welche zur Erzeugung der Ware am wirtschaftlichsten und zweckmäßigsten ist, nachgeahmt oder eine ihr ähnliche Form gewählt wird, da keine oder nur ganz beschränkte Ausweichmöglichkeiten bestehen (SZ 49/65 = ÖBl 1976, 154 - Schwedenbombe).

Verwechslungsgefahr ist weiters nur dann anzunehmen, wenn dem nachgeahmten Produkt wettbewerbliche Eigenart und eine gewisse Verkehrsbekanntheit zukommt (ÖBl 1991, 213 - Cartes Classiques; ÖBl 1996, 292 - Hier wohnt; ÖBl 1997, 167 - Astoria). Ist die wettbewerbliche Eigenart nur gering, kann nur ein eingeschränkter Schutz in Anspruch genommen werden; in einem solchen Fall können schon geringe Abweichungen die Gefahr von Verwechslungen beseitigen (4 Ob 102/88).

Das Rekursgericht ist von den Grundsätzen dieser Rechtsprechung nicht abgewichen, wenn es das vom Kläger vertriebene Produkt als solches mit geringer wettbewerblicher Eigenart qualifiziert und die vom Beklagten gewählte Form des von ihm vertriebenen Produktes (halbkugelförmiges Gehäuse mit drei Haltepunkten und einem rechteckigen, geteilten Haltegriff) als für einen Arbeitsscheinwerfer funktionsbedingt und für eine wirtschaftliche und zweckmäßige Art der Erzeugung erforderlich beurteilt hat, bei der nur ganz geringfügige Ausweichmöglichkeiten in der Gestaltung bestehen. Bei dieser Sachlage beseitigen die festgestellten Abweichungen der beiden zu vergleichenden Produkte, mögen diese auch nur im Detail liegen, insbesondere jedoch die unterschiedlichen Bezeichnungen auf den Produkten und auf deren Verpackungen (was die Vorinstanzen unbedenklich auch aufgrund der Urkunde Beilage ./1 als bescheinigt annehmen durften), die Gefahr von Verwechslungen. Auf die im Revisionsrekurs aufgeworfenen Fragen des Qualitätsunterschiedes zwischen den beiden Produkten bzw. der Schutzfähigkeit infolge "Ensemblewirkung" mehrerer typischer Merkmale kommt es damit nicht mehr an, weshalb eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO nicht vorliegt.

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