OGH 15Os191/97

OGH15Os191/9715.1.1998

Der Oberste Gerichtshof hat am 15.Jänner 1998 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Strieder und Dr.Zehetner als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Kubiczek als Schriftführer, in der bei dem Landesgericht Innsbruck zum AZ 25 Vr 81/97 anhängigen Strafsache gegen Jasenko Z***** und andere Beschuldigte wegen des Verbrechens des versuchten Mordes nach §§ 15, 75 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Grundrechtsbeschwerde des Beschuldigten Sefik N***** gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 18. November 1997, AZ 7 Bs 491/97 (ON 161 des Vr-Aktes), nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Sefik N***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Text

Gründe:

Gegen den bosnischen Staatsangehörigen Sefik N***** ist beim Landesgericht Innsbruck eine Voruntersuchung wegen des Verdachtes der Verbrechen des versuchten Mordes als Beteiligter nach §§ 12 dritter Fall, 15, 75 StGB und der versuchten schweren Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB sowie wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 1 und 2 Z 4 StGB anhängig. In dieser wird dem Beschuldigten angelastet, er habe

1. am 19.Mai 1994 in Brixlegg an einem gegen Werner H***** mit einer Pumpgun durchgeführten Schußattentat teilgenommen bzw hiezu einen Beitrag geleistet, indem er dem als Täter in Betracht kommenden Jasenko Z***** Munition beschaffte;

2. Ende 1995 den Hasan S***** in die Justizanstalt Innsbruck bestellt und dort von ihm verlangt, sofort zu einem Rechtsanwalt zu gehen und die von ihm im Verfahren wegen des Mordversuches an Werner Heim gemachten Aussagen zu widerrufen, andernfalls er "wegen seines großen Mundes tot sein werde und Jasenko auch einmal aus dem Gefängnis herauskommen und ihn umbringen würde";

3. am 18.Februar 1995 in Kirchbichl Hasan S***** am Körper schwer verletzt, indem er diesen einen Kopfstoß in das Gesicht versetzt, ihn mit den Händen am Hals erfaßt, gegen eine Mauer gedrückt und ihm schließlich mehrere Faustschläge in das Gesicht versetzt habe, wodurch dieser einen Nasenbeinfraktur, eine Kopfprellung mit einer Rißquetschwunde und eine sichtbare Rötung der Haut am linken Oberschenkel erlitten habe.

Aufgrund eines über Antrag der Staatsanwaltschaft Innsbruck vom Untersuchungsrichter erlassenen internationalen Haftbefehls wurde der Beschuldigte am 16.März 1997 in Kroatien festgenommen und, nachdem der Justizminister der Republik Kroatien die Bewilligung der Auslieferung zur Verfolgung wegen der drei genannten Straftaten erteilt hatte, am 29.September 1997 den österreichischen Behörden übergeben.

Einem Antrag der Staatsanwaltschaft entsprechend (3ss) leitete der Untersuchungsrichter wegen der genannten strafbaren Handlungen die Voruntersuchung ein (3uu) und verhängte am 2.Oktober 1997 über Sefik N***** die Untersuchungshaft gemäß § 180 Abs 7 StPO (ON 130).

Diese Untersuchungshaft wurde nach Durchfüh- rung einer Haftverhandlung zuletzt am 31.Oktober 1997 (ON 150) bis längstens 31. Dezember 1997 fortgesetzt.

Einer dagegen erhobenen Beschwerde gab das Oberlandesgericht Innsbruck mit dem angefochtenen Beschluß (im Ergebnis) nicht Folge und ordnete die Fortsetzung der Untersuchungshaft aus dem Haftgrund der Fluchtgefahr gemäß § 180 Abs 2 Z 1 StPO bis längstens 19.Jänner 1998 an.

In dieser Entscheidung verneinte das Rechtsmittelgericht zwar den dringenden Tatverdacht zum Verbrechen des versuchten Mordes als Beteiligter nach §§ 12 dritter Fall, 15, 75 StGB und somit die Voraussetzungen für die obligatorische Untersuchungshaft gemäß § 180 Abs 7 StPO. Im übrigen bestätigte es aber unter Hinweis auf die sicherheitspolizeilichen Erhebungen und die Angaben des Zeugen Hasan S***** den dringenden Tatverdacht zum Verbrechen der versuchten schweren Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB ebenso wie zum Vergehen der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 1 und 2 Z 4 StGB und nahm wegen der fehlenden sozialen Integration des Beschuldigten in Österreich, seiner Flucht in das Gebiet des ehemaligen Jugoslawien und der zu erwartenden, nicht unbeträchtlichen Strafe den Haftgrund der Fluchtgefahr gemäß § 180 Abs 2 Z 1 StPO an, welcher durch gelindere Mittel nicht ersetzt werden könnte. Die Dauer der Untersuchungshaft sah es im Hinblick auf die Bedeutung der Sache und der aufgrund der Vorstrafenbelastung des Beschuldigten zu erwartenden Strafe nicht als unverhältnismäßig an.

In seiner gegen diesen Beschluß erhobenen Grundrechtsbeschwerde macht der Beschuldigte (bloß) geltend, die Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft sei zu Unrecht erfolgt, weil eine solche nur über Antrag der Anklagebehörde verhängt und aufrechterhalten werden dürfe, die Staatsanwaltschaft Innsbruck aber nur einen Haftantrag nach § 180 Abs 7 StPO, nicht jedoch einen solchen aus dem Haftgrund des § 180 Abs 2 Z 1 StPO gestellt habe. Die Annahme eines dringenden Tatverdachtes in Ansehung der beiden zuletzt bezeichneten Straftaten und der Fluchtgefahr sowie das Ergebnis der Verhältnismäßigkeitsprüfung wird von der Beschwerde nicht bekämpft.

Rechtliche Beurteilung

Eine Verletzung des Grundrechtes auf persönliche Freiheit liegt indes nicht vor.

Gemäß § 180 Abs 1 StPO darf die Untersuchungshaft nur auf Antrag des Staatsanwaltes und nur dann verhängt oder fortgesetzt werden, wenn gegen den Beschuldigten eine Voruntersuchung geführt wird oder Anklage erhoben worden ist und der Beschuldigte einer bestimmten Tat dringend verdächtig ist, einer der in den Absätzen 2 oder 7 des § 180 StPO angeführten Haftgründe vorliegt und der Beschuldigte durch das Gericht bereits zur Sache und zu den Voraussetzungen der Untersuchungshaft vernommen worden ist.

Voraussetzung für die Verhängung oder Fortsetzung der Haft ist somit - abgesehen von den übrigen nicht in Frage gestellten Prämissen - nicht die ziffernmäßige Bezeichnung eines Haftgrundes durch den Staatsanwalt, sondern nur dessen Antrag auf Verhängung oder Fortsetzung der Untersuchungshaft und das objektive Vorliegen eines Haftgrundes. Ein Antrag auf Haftverhängung wurde aber von der Staatsanwaltschaft Innsbruck bereits am 11.Dezember 1996 (3ss) gestellt; das Oberlandesgericht Innsbruck hinwieder hat mit zutreffender Begründung den Haftgrund der Fluchtgefahr gemäß § 180 Abs 2 Z 1 StPO angenommen.

Damit erfolgte aber entgegen der Beschwerde die Fortsetzung der Untersuchungshaft rechtmäßig. Demnach wurde Sefik N***** in seinem Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt, weshalb seine Grundrechtsbeschwerde ohne Kostenausspruch (§ 8 GRBG) abzuweisen war.

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