OGH 3Ob280/97s

OGH3Ob280/97s14.1.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Pimmer, Dr.Zechner und Dr.Sailer als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei B***** AG, ***** vertreten durch Dr.Karl Safron, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die verpflichteten Parteien 1. Peter D*****, 2. Ingrid D*****, beide vertreten durch DDr.Georg M.Krainer, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen S 5,676,726 sA, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgerichtes vom 20. Juni 1997, GZ 1 R 150/97x-7, womit der Exekutionsbewilligungsbeschluß des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 26. März 1997, GZ 7 E 71/97p-2, teilweise abgeändert wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben; der Beschluß des Rekursgerichtes, der in seinem bestätigenden Teil in Rechtskraft erwachsen ist, wird im abändernden Teil insoweit bestätigt, als der Antrag auf Bewilligung der Zwangsversteigerung der im Eigentum beider Verpflichteten stehenden Anteile an der Liegenschaft GB ***** V***** EZ ***** je 10993/200000 Anteile, B-LNR 5 und 6, je 588/200000 Anteile B-LNR 25 und 26, je 1139/200000 Anteile B-LNR 32 und 33, je 2009/200000 Anteile B-LNR 39 und 40, je 292/200000 Anteile B-LNR 49 und 50, wider die Zweitverpflichtete zur Hereinbringung der Kosten von S 295.112,38 samt 4 % Zinsen seit 20.7.1996, abgewiesen wird, im weiteren abändernden Teil und in der Kostenentscheidung dahin abgeändert, daß der Exekutionsbewilligungsbeschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die betreibende Partei ist schuldig, den verpflichteten Parteien die mit S 12.578,94 (darin enthalten S 2.096,49 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Rekurses gegen den Exekutionsbewilligungsbeschluß des Erstgerichtes binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Die mit S 37.882,43 (darin enthalten S 6.313,74 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsrekurses der betreibenden Partei werden als weitere Exekutionskosten bestimmt.

Text

Begründung

Die Verpflichteten sind Ehegatten. Der über das Vermögen des Erstverpflichteten mit Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt vom 9.12.1994, 5 S 160/94, eröffnete Konkurs wurde mit Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt vom 14.2.1996 aufgehoben. Die Verpflichteten sind Eigentümer von je einem halben Mindestanteil (§ 9 WEG) an der Liegenschaft EZ ***** GB ***** V*****. Bei diesen Mindestanteilen ist jeweils ein gegenseitiges Belastungs- und Veräußerungsverbot einverleibt.

Die betreibende Partei beantragte, ihr aufgrund des gegen den Erstverpflichteten ergangenen Anerkenntnisurteils des Landesgerichtes Klagenfurt vom 11.12.1995, 28 Cg 261/93f und aufgrund des gegen die Zweitverpflichtete ergangenen Urteils des Landesgerichtes Klagenfurt vom 20.7.1996, 28 Cg 261/93f, zur Hereinbringung der Forderung von S 5,676.726 samt 16,5 % Zinsen aus S 5,840.167 vom 1.8.1993 bis 5.10.1994, aus S 5,758.826 vom 6.10.1994 bis 3.11.1994, aus S 5,707.676 vom 4.11.1994 bis 6.12.1994 und aus S 5,676.726 seit 7.12.1994, weiters von Kosten gegen die Zweitverpflichtete in Höhe von S 295.112,38 samt 4 % Zinsen seit 20.7.1996 die Zwangsversteigerung von im Eigentum beider Verpflichteten stehenden Anteilen an der Liegenschaft EZ ***** GB ***** V***** sowie weiterer im Alleineigentum der Zweitverpflichteten stehender Anteile zu bewilligen.

Das Erstgericht bewilligte die beantragte Zwangsversteigerung.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluß, soweit die Exekutionsbewilligung im Alleineigentum der Zweitverpflichteten bestehende Anteile betrifft; insoweit ist der zweitinstanzliche Beschluß in Rechtskraft erwachsen. Im übrigen änderte das Rekursgericht den Exekutionsbewilligungsbeschluß ab und wies den Exekutionsantrag betreffend die Zwangsversteigerung der im Eigentum beider Verpflichteten stehenden Liegenschaftsanteile ab; es ließ den ordentlichen Revisionsrekurs wegen der klaren Rechtslage nicht zu. In rechtlicher Hinsicht führte das Rekursgericht aus, den Exekutionstiteln sei nicht der geringste Hinweis auf eine bestehende Solidarverpflichtung zu entnehmen. Die Anteile beider Verpflichteten seien jeweils mit einem Belastungs- und Veräußerungsverbot belastet. Ein solches stehe einer exekutiven Bewilligung der Belastung oder Veräußerung nur dann nicht entgegen, wenn der Verpflichtete und der Verbotsberechtigte die betriebene Forderung nach dem Exekutionstitel als Gesamtschuldner zu leisten haben. Die Durchbrechung des Exekutionshindernisses müsse aufgrund einer bestehenden Solidarverpflichtung dem Exekutionstitel zweifelsfrei zu entnehmen sein. Darüber hinaus seien die im Eigentum beider Verpflichteten stehenden Liegenschaftsanteile nach dem Grundbuchsstand jeweils nach § 12 Abs 1 WEG verbunden, sodaß die Zwangsvollstreckung hinsichtlich dieser Liegenschaftsanteile aufgrund eines Exekutionstitels, der bloß gegen einen der Ehegatten bestehe, gemäß § 9 Abs 2 WEG nur im Weg des mit der Pfändung des Anspruchs auf Aufhebung des gemeinsamen Wohnungseigentums zu verbindenden Antrags auf Zwangsversteigerung des gesamten Mindestanteils und des damit verbundenen gemeinsamen Wohnungseigentums zulässig sei.

Weiters bestünden Unklarheiten über den den Erstverpflichteten belastenden Exekutionstitel. Während im Exekutionsantrag der Titel als Anerkenntnisurteil bezeichnet werde, sei tatsächlich ein Beschluß mit demselben Aktenzeichen und demselben Datum vorgelegt worden, wonach der Erstverpflichtete schuldig sei, der betreibenden Partei den in Rede stehenden Betrag samt Anhang zu bezahlen, wobei sich weiters der Satz findet: "Nunmehr anerkennt die erstbeklagte Partei das Klagebegehren.". Allfällige Unklarheiten in bezug auf den Titel gingen zu Lasten der betreibenden Partei. Hinzu komme auch noch, daß dieser Beschluß neben der Leistungsverpflichtung vorsehe, daß die Beträge bei sonstiger Exekution auf der verpfändeten Liegenschaft EZ ***** KG ***** V***** zu bezahlen seien. Der Erstverpflichtete sei aber nicht Eigentümer der Gesamtliegenschaft, sondern nur einiger Liegenschaftsanteile gemeinsam mit seiner Ehegattin, der Zweitverpflichteten.

Weiters könne die Exekution gegen die Zweitverpflichtete hinsichtlich der Kosten von S 295.112,38 nicht bewilligt werden. In dem gegen den Erstverpflichteten gerichteten Exekutionstitel seien nämlich keine Kosten aufgenommen; solche fänden sich in der genannten Höhe lediglich in dem Urteil gegen die Zweitverpflichtete. Unter Punkt 11 des "Klagevorbringens" sei folgendes festgehalten: "Abweichung von der ursprünglichen Forderung im Punkt 07: Die Kosten des Titels wurden getilgt.". Dies könne sich zwangsläufig nur auf Kosten beziehen, die in einem Titel genannt sind, das eben nur in jenem gegen die Zweitverpflichtete der Fall sei. Damit sei aber hinlänglich klargestellt, daß gar kein Antrag vorliege, die Exekution auch hinsichtlich dieser Kosten zu bewilligen.

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs der betreibenden Partei ist zulässig und teilweise berechtigt.

Gemäß § 9 Abs 2 Satz 2 WEG ist die Zwangsvollstreckung aufgrund eines Exekutionstitels, der bloß gegen einen Ehegatten besteht, nur im Weg des mit der Pfändung des Anspruchs auf Aufhebung des gemeinsamen Wohnungseigentums zu verbindenden Antrags auf Zwangsversteigerung des gesamten Mindestanteils und des damit verbundenen gemeinsamen Wohnungseigentums zulässig. Die Exekution aus Ansprüchen gegen beide Ehegatten auf den ganzen Mindestanteil ist hingegen ohne Besonderheiten zulässig (Würth in Rummel, ABGB**2, Rz 4 zu § 9 WEG).

Wie der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 3 Ob 131/97d,

veröffentlicht in JBl 1997, 723 = ÖBA 1997, 1030 = immolex 1997, 333

= ecolex 1997, 929, ausgeführt hat, sollen nach den

Gesetzesmaterialien (AB 1681 BlgNR 13.GP 5) durch § 9 Abs 2 WEG 1975

"die Rechte des anderen Ehegatten, gegen den kein Exekutionstitel

besteht und dem daher die Hälfte des Meistbots abzugsfrei zusteht,

... durch die vorgesehene Beteiligtenstellung und

Rechtsmittellegitimation gewahrt" werden. Die exekutionsrechtlichen

Sonderbestimmungen in § 9 Abs 2 Sätze 2 und 3 WEG 1975 greifen daher

lediglich "bei Schulden nur eines Ehegatten" ein (Dirnbacher,

Wohnungseigentumsgesetz i.d.F. der Novellen 1997, 63). Bestehen

dagegen (titulierte und vollstreckbare) Ansprüche gegen beide

Ehegatten, ist die Exekution auf den gesamten Mindestanteil ohne

Besonderheiten zulässig (Schweighofer, Lebensgemeinschaft,

Ehegattenwohnungseigentum und die eingetragene Erwerbsgesellschaft,

WoBl 1996, 95 [102]). Deshalb betont auch die Rechtsprechung immer

wieder, die hier erörterten Sonderbestimmungen seien nur anwendbar,

wenn ein Exekutionstitel bloß gegen einen Ehegatten bestehe (SZ 65/66

= JUS Z 1091, 1094; NZ 1992, 60 = MietSlg 42.433 = JUS Z 686; WoBl

1991, 18 [zustimmend Call] = EvBl 1990/132 = MietSlg 42.432/18 =

EFSlg 64.300 = JUS Z 475). Beantragt dagegen der betreibende

Gläubiger aufgrund je eines gegen jeden Ehegatten erwirkten Exekutionstitels über Forderungen in gleicher Höhe die Bewilligung der Zwangsversteigerung des gesamten Mindestanteils und macht er nach dem Inhalt seines Exekutionsantrags eine Solidarschuld, also inhaltlich weniger geltend, als er aufgrund der beiden Exekutionstitel ohne Hinweis auf eine Solidarverbindlichkeit betreiben könnte, stehen die Bestimmungen des § 9 Abs 2 Sätze 2 und 3 WEG 1975 einer Exekutionsbewilligung nicht entgegen, könnte doch aufgrund solcher Exekutionstitel - nach dem vom Gesetzgeber in den Materialien behandelten Regelungszweck - jedenfalls keinem der Ehegatten "die Hälfte des Meistbots abzugsfrei" zustehen. Die erörterten Sonderbestimmungen wollen daher nur den Ehegatten schützen, der nicht auch selbst aufgrund eines vollstreckbaren Exekutionstitels Schuldner des betreibenden Gläubigers ist. Die Bewilligung der Zwangsversteigerung des gesamten Mindestansteils setzt daher nicht jedenfalls Exekutionstitel voraus, nach deren Inhalt die Ehegatten für ein und dieselbe Forderung solidarisch haften. Einem Exekutionsantrag kann vielmehr auch dann stattgegeben werden, wenn dem Begehren auf Zwangsversteigerung Exekutionstitel zugrundeliegen, die sich auf je eine gesonderte vollstreckbare Forderung gegen jeden der beiden Ehegatten beziehen.

Diese Voraussetzungen sind hier gegeben.

Entgegen der Rechtsansicht des Rekursgerichtes steht der Umstand, daß den mit dem Exekutionsantrag vorgelegten Ausfertigungen der gegen die Verpflichteten aufgrund derselben Klage getrennt erwirkten Exekutionstitel eine Solidarverpflichtung nicht zu entnehmen ist, der Exekution auf den gesamten Mindestanteil von Ehegatten nicht entgegen.

Bei dem Exekutionstitel gegen den Erstverpflichteten handelt es sich um ein Anerkenntnisurteil; so wurde der Exekutionstitel auch im Exekutionsantrag bezeichnet. Wenn die vorgelegte Ausfertigung nicht die richtige Bezeichnung als Anerkenntnisurteil trägt, sondern als "Beschluß" überschrieben ist, ändert dies nichts daran, daß die Verpflichtung des Erstverpflichteten zur Zahlung klar zum Ausdruck kommt. Der in der Ausfertigung folgende Satz "Nunmehr anerkennt die erstbeklagte Partei das Klagebegehren." bedeutet keine Einschränkung dieser Zahlungsverpflichtung, sondern wurde offenbar irrtümlich aus dem Verhandlungsprotokoll übernommen.

Diesem Exekutionstitel ist auch mit ausreichender Klarheit zu entnehmen, daß die betriebene Forderung bei sonstiger Exekution auf den jeweiligen Anteil des Erstverpflichteten an den Mindestanteilen an der Liegenschaft EZ ***** GB ***** V***** zu bezahlen ist. Entgegen der Rechtsansicht des Rekursgerichtes ist der Exekutionstitel auch in dieser Richtung ausreichend klar; es besteht kein Anhaltspunkt, daß mit der Formulierung im Exekutionstitel "bei sonstiger Exekution auf der verpfändeten Liegenschaft ....", an der tatsächlich Wohnungseigentum begründet wurde, die Exekutionsführung auf Anteile des Erstverpflichteten am Mindestanteil nicht möglich sein sollte; im Gegenteil ist bei dieser Sachlage gerade die Möglichkeit einer derartigen Exekution offensichtlich von den Parteien beabsichtigt, sodaß sie ein Anerkenntnisurteil als Exekutionstitel erwirkt haben.

Auch das Vorbringen im Exekutionsantrag unter Feldgruppe 11 "Abweichung von der ursprünglichen Forderung in Punkt 07: Die Kosten des Titels wurden getilgt." bezieht sich mit ausreichender Klarheit auf das Anerkenntnisurteils gegen den Erstverpflichteten, bei dem in Feldgruppe 07 keine Kosten angeführt sind. Die betreibende Partei bringt damit klar zum Ausdruck, daß sie hier (schon im Titelverfahren) bewußt keine Kosten verzeichnet hatte. Es wäre hingegen völlig widersinnig, wenn die betreibende Partei gegen die Zweitverpflichtete unter Feldgruppe 07 ausdrücklich Exekution auch zur Hereinbringung von Kosten begehren würde, die nach ihrem späteren Vorbringen im gleichen Exekutionsantrag bereits getilgt wären.

Insoweit liegen die vom Rekursgericht herangezogenen Gründe für eine Abweisung des Exekutionsantrags nicht vor. Wohl aber liegt ein Exekutionstitel über die betriebene Kostenforderung nur gegen die Zweitverpflichtete, nicht jedoch gegen den Erstverpflichteten vor. Da insoweit keine Solidarverpflichtung besteht, kann zur Hereinbringung dieser Forderung nicht Exekution durch Zwangsversteigerung der Anteile am Mindestanteil (§ 9 WEG) geführt werden. In der Abweisung dieses Teiles des Exekutionsantrags war der Beschluß des Rekursgerichtes zu bestätigen.

Da die weiteren vom Rekursgericht angenommenen Hindernisse einer Exekutionsbewilligung nicht vorliegen, war im übrigen der erstinstanzliche Exekutionsbewilligungsbeschluß wiederherzustellen.

Die Kostenentscheidung gründet sich hinsichtlich der Kosten des Rekurses der Verpflichteten gegen den erstinstanzlichen Exekutionsbewilligungsbeschluß auf §§ 41, 50 ZPO, §§ 78, 402 Abs 4 EO, hinsichtlich der Kosten des Revisionsrekurses der betreibenden Partei auf § 74 EO.

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