OGH 11Os130/97

OGH11Os130/9723.12.1997

Der Oberste Gerichtshof hat am 23. Dezember 1997 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kuch als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Schmucker, Dr. Habl und Dr. Zehetner als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Kubiczek als Schriftführer, in der Strafsache gegen Johann H***** und Rosemarie K***** wegen des Finanzvergehens nach § 33 Abs 1 FinStrG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Johann H***** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 25. April 1997, GZ 12 b Vr 3660/94-79, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Aus deren Anlaß wird das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Ausspruch über die Höhe der Kapitalertragssteuerbeträge und demgemäß auch im Strafausspruch aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auch einen Freispruch der Mitangeklagten Rosemarie K***** enthaltenden Urteil wurde Johann H***** des Finanzvergehens nach § 33 Abs 1 FinStrG schuldig erkannt, weil er in Wien als Geschäftsführer der S***** GmbH vorsätzlich fortgesetzt in mehreren Tathandlungen unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht, nämlich durch die Aufnahme gewinnmindernder Scheinrechnungen und Zahlungen an die "Briefkastenfirma" V***** Ltd und die Unterlassung der Einbehaltung und Abfuhr eine Verkürzung der selbst zu berechnenden Kapitalertragssteuer im nachgenannten Ausmaß bewirkte, und zwar im Jahre 1989 747.334 S, im Jahre 1990 1,926.726 S sowie im Jahre 1991

113.270 S.

Gegen diesen Schuldspruch richtet sich die auf die Gründe der Z 5, 9 lit a und b des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der auch den Strafausspruch mit Berufung anficht.

Rechtliche Beurteilung

Mit dem erstgenannten Nichtigkeitsgrund behauptet der Beschwerdeführer undeutliche Feststellungen zur subjektiven Tatseite, ohne jedoch tatsächlich Begründungsmängel aufzuzeigen. Die Urteilsfeststellung, daß der Angeklagte die Londoner "Briefkastenfirma V***** Ltd mit der Absicht begründete und gebrauchte, um in den Besitz von Scheinrechnungen zu gelangen und die aus dem Urteilstenor ersichtlichen Abgabenhinterziehungen bewirken zu können" (US 6), bringt jedenfalls mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck, daß der Angeklagte in der Absicht handelte, unter Verletzung seiner ihn als Wahrnehmender für die S***** GmbH (§ 80 Abs 1 und Abs 2 BAO) treffenden Anzeige- und Offenlegungspflicht sowie der Verpflichtung zum Kapitalertragsteuerabzug (§ 95 Abs 3 EStG) eine Abgabenverkürzung zu bewirken.

Soweit der Beschwerdeführer mit dem Hinweis auf einen Teil der rechtlichen Beurteilung eine offenbar unzureichende Begründung des Urteils moniert, ist ihm die ausführliche Beweiswürdigung des Erstgerichtes entgegenzuhalten (US 7 f), in der sich die Tatrichter mit sämtlichen Beweisergebnissen auseinandersetzen.

Die in der Rechtsrüge (Z 9 lit a) erhobene Behauptung von Feststellungsmängeln zur subjektiven Tatseite gelangt nicht zur gesetzesgemäßen Darstellung, wiederholt doch der Angeklagte bloß alle zu seinem Vorsatz getroffenen Konstatierungen des Schöffengerichtes, ohne aufzuzeigen, welche Komponente der subjektiven Tatseite unberücksichtigt geblieben wäre. Solcherart wird dieser Nichtigkeitsgrund nicht zur gesetzesgemäßen Darstellung gebracht.

Entgegen den weiteren, ebenfalls Feststellungsmängel reklamierenden Rechtsmittelausführungen stellte das Erstgericht alle übrigen Tatbestandsvoraussetzungen zum Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG fest:

Demnach war der Angeklagte bis Ende 1989 als bestellter Geschäftsführer und darnach aufgrund einer umfassenden Handlungsvollmacht de facto weiterhin als Geschäftsführer der bloß nominell von Rosemarie K***** vertretenen S***** GmbH tätig (US 5). Als solcher verfügte er die Auszahlung eines Gesamtbetrages von 8,361.809 S an die in London domizilierte V***** Ltd (US 6). Daß dieser Betrag nach Ansicht des Gerichtes als verdeckte Gewinnausschüttung an den Angeklagten (als einer einem Gesellschafter - hier seiner Schwester Elisabeth S***** - nahestehenden Person) zu betrachten ist, ergibt sich nicht nur aus dem Urteilstenor ("gewinnmindernde Scheinrechnungen und Zahlungen" - US 3), sondern auch aus dem Urteil, AZ 12 d Vr 1933/92 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien (dort S 46 ff), auf welches, was die Beschwerde unbeachtet läßt, das Schöffengericht ausdrücklich Bezug genommen hat (US 4). Damit trifft den Beschwerdeführer aber als Vertreter nach § 80 Abs 2 BAO die für die S***** GmbH aus § 95 Abs 3 EStG abzuleitende Anzeige- (§ 96 Abs 3 EStG) und Offenlegungspflicht sowie die Verpflichtung zur Einbehaltung und zum Abzug der Kapitalertragsteuer (§ 95 Abs 2, Abs 3 Z 1 und Abs 4 EStG) und zur Abfuhr derselben (§ 96 Abs 1 Z 1 EStG), sodaß das Erstgericht zu Recht von der unmittelbaren Täterschaft des Angeklagten im Sinne der §§ 11 erster Fall, 33 Abs 1 FinStrG ausgegangen ist.

Nicht im Recht ist der Beschwerdeführer auch, soweit er in der auf § 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO gestützten Rechtsrüge fehlende Feststellungen zur Verjährung der Strafbarkeit bemängelt, ohne aber ein aus dem Akt ableitbares Tatsachensubstrat für den Strafaufhebungsgrund nach § 31 Abs 2 FinStrG aufzuzeigen. Die verdeckten Gewinnausschüttungen erfolgten bis Februar 1991; die gerichtlichen Vorerhebungen wurden am 31. März 1994 eingeleitet (S 3 gggg). Damit liegen zwischen dem Abschluß der mit Strafe bedrohten Tätigkeit und der die Fortlaufhemmung (§ 31 Abs 4 lit b FinStrG) bewirkenden Gerichtsanhängigkeit weniger als 15 Jahre, sodaß die Strafbarkeit des inkrimi- nierten Finanzvergehens durch Verjährung noch nicht erloschen ist.

Der Beschwerde zuwider ist auch nicht offen geblieben, welcher Steuersatz der Berechnung der Höhe der Kapitalertragsteuer zugrunde gelegt wurde. Der im Tatzeitraum gültige Steuersatz von 25 % ergibt sich nämlich aus § 95 EStG und bedurfte daher keiner ausdrücklichen Feststellung. Unter der Voraussetzung, daß die GmbH die Kapitalertragsteuer einbehalten und abführen hätte müssen, stellt die Kapitalertragsteuer für den Begünstigten jedoch einen weiteren abzugpflichtigen Kapitalertrag dar (§ 95 Abs 4 Z 3 EStG), weshalb dem 25 %igen Steuersatz vom gesamten Kapitalertrag eine rechnerische Quote von 33,33 % des ausbezahlten Nettobetrages entspricht; davon ausgehend errechnet sich der Kapitalertragsteuerbetrag, für den die S***** GmbH zu haften hat (§ 95 Abs 2 letzter Satz EStG), mit 2,787.330 S (richtig allerdings 2,787,270: ein Drittel von 8,361.809 S = 25 % aus der Summe von 8,361.809 S + 2,787.270 S).

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten erweist sich daher als teilweise offenbar unbegründet, teilweise als unsubstantiiert und erstgerichtliche Feststellungen übergehend, somit nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt, weshalb ihr kein Erfolg beschieden sein konnte.

Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde überzeugte sich der Oberste Gerichtshof jedoch davon, daß zum Nachteil des Angeklagten das Strafgesetz unrichtig angewendet wurde, ohne daß dieser Nichtigkeitsgrund vom Beschwerdeführer geltend gemacht worden ist.

Der (dem Angeklagten finanzstrafrechtlich zur Last fallende) erhöhte Steuersatz von 33,33 % des Nettozuflusses setzt, wie oben ausgeführt, voraus, daß die Gesellschaft als Schuldnerin der Kapitalerträge die Kapital- ertragsteuer für den eigentlichen Steuerschuldner, nämlich hier den durch die verdeckte Gewinnausschüttung Begün- stigten, tatsächlich übernommen hat. Trifft dies nicht zu, haftet sie nur für die Höhe des vom Steuerschuldner abzuführenden Steuerbetrages, also nur für 25 % des diesem zugekommenen Kapitalertrages, hier somit für 25 % von 8,361.809 S = 2,090.452 S.

Weil daher die Kapitalertragsteuer nur dann als weiterer Kapitalertrag einzustufen ist, wenn kein Zweifel daran besteht, daß der Schuldner der Kapitalerträge (vorliegend die S***** GmbH) die Kapitalertragsteuer zugunsten des Angeklagten als Begünstigten und damit eigentlichen Steuerschuldners übernommen hat, ist die Feststellung unabdingbar, wer die Kapitalertragsteuer trägt (VwGH 14.5.80, 1333/79).

Eine solche Feststellung ist dem angefochtenen Urteil nicht zu entnehmen. Entgegen der in der Stellungnahme der Generalprokuratur vertretenen Auffassung kann auch aus dem (konstatierten) Unterlassen des Kapitalertragsteuerabzugs durch die Gesellschaft nicht zwingend die Übernahme der Kapitalertragsteuer durch die GmbH und damit ein weiterer Kapitalertrag des Begünstigten angenommen werden (VwGH 26.2.79, 1525/77). Mangels eines Abgabebescheides über das Vorliegen einer verdeckten Gewinnausschüttung können auch daraus keine Schlußfolgerungen darüber gezogen werden, wer die Kapitalertragsteuer zu tragen hat (vgl Quantschnigg ÖStZ 1981 S 244).

Der aufgezeigte Feststellungsmangel betrifft als eine den Strafsatz berührende (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO), keiner Korrektur zugängliche Nichtigkeit im Sinne des § 281 Abs 1 Z 11 StPO unmittelbar den Strafausspruch und erzwingt damit dessen Aufhebung sowie, wegen des untrennbaren Zusammenhanges, auch des Ausspruches über die Höhe der Verkürzungsbeträge.

Die Kostenentscheidung ist in § 390 a StPO begründet.

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