OGH 4Ob375/97v

OGH4Ob375/97v19.12.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek und Dr.Niederreiter sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr.Griß und Dr.Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Helmut R*****, vertreten durch Mag.Dr.Michael Michor und Mag.Walter Dorn, Rechtsanwälte in Villach, wider die beklagte Partei R***** GmbH, ***** vertreten durch Dr.Norbert Stelzer, Rechtsanwalt in Fürstenfeld, wegen Nichtigerklärung von Generalversammlungsbeschlüssen (Streitwert S 450.000,-), infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 22.Oktober 1997, GZ 2 R 192/97s-24, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508 a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Nach § 37 Abs 1 GmbHG muß die Generalversammlung auch dann ohne Verzug einberufen werden, wenn Gesellschafter, deren Stammeinlagen den zehnten Teil oder den im Gesellschaftsvertrag hiefür bestimmten geringeren Teil des Stammkapitals erreichen, die Einberufung schriftlich unter Angabe des Zweckes verlangen.

An wen dieses Einberufungsverlangen zu richten ist, sagt das Gesetz - ebensowenig wie der im wesentlichen inhaltsgleiche § 50d GmbHG - nicht ausdrücklich. In der Lehre (Gellis/Feil Rz 6 zu § 37 GmbHG; Reich-Rohrwig, Das österreichische GmbH-Recht 334; Koppensteiner, Rz 4 zu § 37 GmbHG) wird die Auffassung vertreten, daß dieses (schriftliche) Verlangen an die Gesellschaft zu adressieren sei. Gellis/Feil (aaO) begründen diese Auffassung damit, daß jede Mitteilung, sofern nichts anderes angeordnet ist oder sich aus dem Inhalt des Vorgangs aufdrängt, an die Gesellschaft zu richten sei. Es sei schon richtig, daß die Gesellschaft keine Versammlungen einberufen kann; trotzdem sei es aber richtig, daß die Aufforderung an sie gerichtet wird. Keine Grundlage im Gesetz sei dafür zu finden, daß die Aufforderung an sämtliche Geschäftsführer, geschweige denn an schon ausgeschiedene, die im Firmenbuch noch nicht gelöscht sind, gerichtet werde. Koppensteiner (aaO) leitet diese These aus § 37 Abs 2 GmbHG ab, der auf alle einberufungsbefugten Organe Bezug nimmt. § 37 Abs 2 GmbHG ordnet nämlich an, daß dann, wenn dem Verlangen von den zur Einberufung der Versammlung befugten Organen nicht innerhalb von 14 Tagen nach der Aufforderung entsprochen wird oder solche Organe nicht vorhanden sind, die Berechtigten die Einberufung selbst bewirken könnten.

Nach § 36 Abs 1 GmbHG wird die Generalversammlung, soweit nicht nach dem Gesetz oder dem Gesellschaftsvertrag auch andere Personen dazu befugt sind, durch die Geschäftsführer einberufen. In dem hier zu beurteilenden Fall sieht Punkt Zwölftens des Gesellschafts- vertrages die Einberufung der Generalversammlung durch den oder die Geschäftsführer vor. Nach den Feststellungen war der Kläger bis zum 24. Juli 1996 - also auch zu dem Zeitpunkt, da das Einberufungsverlangen schriftlich erhoben wurde (10.Juni 1996) - alleiniger Geschäftsführer der beklagten Partei.

Bei dieser Sachlage zu fordern, daß das Einberufungsverlangen an die Gesellschaft mbH zu richten sei - welches dann der Kläger als einziger Geschäftsführer in Empfang zu nehmen hätte -, nicht aber an den (einzigen) Geschäftsführer selbst, wäre ein durch nichts zu rechtfer- tigender Formalismus. Bei durchaus vergleichbarer Rechtslage wird dementsprechend in der Bundesrepublik Deutschland die Auffassung vertreten, daß das Einberufungsverlangen zwar mangels besonderer Bestimmung grundsätzlich an die GmbH zu richten sei, die dabei im allgemeinen durch ihre Geschäftsführer organschaftlich vertreten wird. Es genüge aber der Zugang an einen von mehreren Geschäftsführern. Sei die Versammlung durch die Geschäftsführer einzuberufen, sei es unschädlich, wenn das Begehren an sie persönlich adressiert werde. Sei aber für die Einberufung eine andere Stelle - besonders ein Aufsichtsrat - zuständig, so könne das Verlangen jedenfalls an die GmbH, vertreten durch die Geschäftsführer, gerichtet werden, die es an die zuständige Stelle weiterzuleiten hätten. Mangels entgegenstehender Vorschriften müsse es aber in diesem Fall auch genügen, wenn sich die Gesellschafter unmittelbar an die zuständige Stelle wendeten (Hachenburg/Hüffer in Großkomm GmbHG8 Rz 12 zu § 50d GmbH).

Diese Schlußfolgerung ergibt sich so klar aus dem Gesetz und dem Zweck der Norm, daß es einer Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes hiezu nicht bedarf.

Selbst wenn man anderer Meinung sein wollte, wäre aber für den Kläger deshalb nichts zu gewinnen, weil der allenfalls verfehlten Anschrift keinerlei Relevanz für das Beschlußergebnis zukommt. Nach mehreren Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes ist ein Beschluß schon dann unanfechtbar, wenn ein Mangel der Einladung für den Beschlußinhalt nicht kausal sei (SZ 47/70; SZ 59/55; GesRZ 1991, 98). Auch wenn man der daran von der Lehre geübten Kritik (insbesondere Ostheim, GesRZ 1975, 46 ff; Koppensteiner aaO Rz 12 zu § 38; Gellis/Feil aaO Rz 10) folgen wollte, würde das am Ergebnis nichts ändern. Nach diesen Lehrmeinungen ist zwar nicht nach der Kausalität, wohl aber nach der Relevanz des Mangels für das Beschlußergebnis, also danach zu fragen, ob der Zweck der übertretenen Norm die Anfechtbarkeit des Beschlusses fordert. Das trifft hier aber keinesfalls zu, kann es doch keinen Unterschied machen, ob das letztlich jedenfalls für den - zur Einberufung zuständigen - Kläger bestimmte (und ihm auch zugekommene) Schreiben zu Recht oder zu Unrecht an ihn oder an die GmbH adressiert war.

Da die Revision mangels erheblicher Rechtsfrage zurückzuweisen ist, kommt dem Fehlen des hier an sich erforderlichen Bewertungsausspruches nach § 500 Abs 2 Z 1 ZPO keine Bedeutung zu; dem Berufungsgericht braucht daher nicht der Nachtrag dieses Ausspruches aufgetragen zu werden.

Stichworte