OGH 4Ob308/97s

OGH4Ob308/97s9.12.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber als Vorsitzenden, durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek und Dr. Niederreiter sowie durch die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K*****, vertreten durch Dr. Georg Schuchlenz, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die beklagte Partei T***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Anton Mikosch, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen S 73.000,-- sA, infolge außerordentlicher Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Berufungsgericht vom 22. August 1997, GZ 1 R 224/97d-18, mit dem das Urteil des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 20. Mai 1997, GZ 22 C 885/96x-14, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß die Entscheidung insgesamt, einschließlich des bestätigten Teiles, wie folgt zu lauten hat:

"Die Beklagte ist schuldig, der Klägerin S 17.000,-- samt 5 % Zinsen seit 20.12.1992 binnen 14 Tagen zu zahlen und die mit S 727,50 bestimmten anteiligen Barauslagen des Verfahrens erster Instanz zu ersetzen.

Die Klägerin ist schuldig, der Beklagten die mit S 9.708,96 bestimmten anteiligen Kosten des Verfahrens erster Instanz (darin S 1.618,16 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Das Mehrbegehren, die Beklagte sei schuldig, der Klägerin S 56.000,-- samt 12 5/8 % Zinsen aus S 142.799,-- vom 20.12.1992 bis 19.1.1993, aus S 117.154,-- vom 20.1.1993 bis 2.2.1993, aus S 56.000,-- seit 3.2.1993 und 7 5/8 % Zinsen aus S 17.000,-- seit 20.12.1992, binnen 14 Tagen zu zahlen, wird abgewiesen."

Die Klägerin ist schuldig, der Beklagten die mit S 4.464,96 bestimmten anteiligen Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin S 744,16 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die Beklagte ist schuldig, der Klägerin die mit S 2.980,-- bestimmten anteiligen Barauslagen des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin lieferte der Beklagten mit Rechnung Nr. 547 vom 20.11.1992 Schuhe der Marke "Nike". Die Rechnung belief sich auf S 159.799,--. Gleichzeitig verständigte die Klägerin die Beklagte, daß sie den Rechnungsbetrag der Z***** AG zediert habe. Die Beklagte zahlte auf das ihr von der Klägerin angegebene Konto am 20.1.1993 S 25.645,-- und am 3.2.1993 S 61.154,--.

Die Geschäftsbeziehung zwischen den Streitteilen hatte Liliana S***** vermittelt. Liliana S***** schied mit 31.3.1991 aus dem Unternehmen der Klägerin aus; in der Folge sollte sie der Klägerin auf Provisionsbasis Kunden vermitteln. In weiterer Folge verzichtete die Klägerin auf jede Mitarbeit von Liliana S*****.

Am 1.3.1993 ersuchte Liliana S***** die Beklagte, den restlichen Rechnungsbetrag zu zahlen. Sie gab vor, das Geld dringend zu benötigen, um einem Unternehmen in U***** die von der Klägerin geschuldete Provision zahlen zu können. Die Beklagte übergab Liliana S***** S 56.000,--. Sie beachtete weder die Zession noch hielt sie mit der Klägerin Rücksprache. Erst mit Telefax vom 3.3.1993 teilte die Beklagte der Klägerin mit, daß sie Liliana S***** S 56.000,-- gezahlt hatte. In ihrem Antwortschreiben lehnte es die Klägerin ab, die Zahlung als schuldbefreiend anzuerkennen.

Am 11.2.1994 mahnte die Klägerin den Betrag von S 73.000,-- samt 12 % Verzugszinsen ein. Sie setzte der Beklagten eine Zahlungsfrist bis 23.2.1994. Die Beklagte antwortete am 14.2.1994 (ua) wie folgt:

"Laut unserer Abrechnung haben wir bei Ihrem Unternehmen einen offenen Saldo per öS 17.000,-- und werden wir Ihnen den Betrag überweisen, sobald wir von Ihnen eine Saldobestätigung über diesen Betrag erhalten."

Am 12.4.1996 zedierte die Z***** AG die Forderung aus der Rechnung Nr. 547 vom 20.11.1992 der Klägerin zurück. Per 3.2.1993 waren S 73.000,-- offen.

Die Klägerin begehrt S 73.000,-- sA.

Liliana S***** sei nicht berechtigt gewesen, Zahlungen entgegenzunehmen. Sie habe den Betrag auch nicht an die Klägerin weitergeleitet. Die Forderung der Klägerin sei nicht verjährt. Die Beklagte habe die Forderung durch die Teilzahlungen anerkannt; ihr Schreiben vom 14.2.1994 habe die Verjährung unterbrochen. Darüber hinaus habe der Klagevertreter für den Fall der Verjährungsunterbrechung die Forderung der Klägerin mit Schreiben vom 6.9.1995 anerkannt.

Die Beklagte beantragt, das Klagebegehren abzuweisen.

Sie habe nicht erkennen können, daß Liliana S***** nicht berechtigt war, für die Klägerin Zahlungen entgegenzunehmen. Die allenfalls zu Recht bestehende Restforderung der Klägerin sei verjährt. Laut Telefax der Beklagten vom 14.2.1994 setze sich der Klagsbetrag aus S 56.000,-- und S 17.000,-- zusammen. Die Beklagte habe S 70.375,-- gezahlt; den Restbetrag von S 2.625,-- samt 5 % Zinsen seit 1.3.1993 anerkenne sie.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Die Zahlung von S 56.000,-- an Liliana S***** habe die Beklagte nicht von ihrer Schuld befreit, weil sie nicht an den Zessionar gezahlt habe. Die Forderung der Klägerin sei aber verjährt. Mit dem Schreiben vom 14.2.1994 habe die Beklagte den Restbetrag von S 17.000,-- zwar deklarativ anerkannt; das Anerkenntnis hätte aber gegenüber dem Zessionar erfolgen müssen.

Das Berufungsgericht änderte die Entscheidung des Erstgerichtes dahin ab, daß es der Klägerin S 2.625,-- zusprach; im übrigen bestätigte es die Entscheidung des Erstgerichtes. Das Berufungsgericht sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Nach herrschender Auffassung müsse ein Anerkenntnis zwar gegenüber dem Berechtigten selbst oder gegenüber seinem Vertreter abgegeben werden; ein Teil der Lehre vertrete aber die Meinung, daß die Forderung auch gegenüber demjenigen anerkannt werden könne, von dem der Berechtigte sein Recht ableite. Das Schreiben der Beklagten vom 14.2.1994 habe die Verjährung aber dennoch nicht unterbrochen, weil es kein vorbehaltloses, sondern bloß ein bedingtes Anerkenntnis enthalte. Das Schreiben des Beklagtenvertreters vom 6.9.1995 habe die Klägerin nicht vorgelegt. Der Klägerin sei aber ein Teilbetrag von S 2.625,-- sA zuzusprechen, weil die Beklagte diesen Betrag anerkannt habe.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen diese Entscheidung gerichtete außerordentliche Revision der Klägerin ist zulässig, weil die angefochtene Entscheidung der Rechtsprechung zur Frage, unter welchen Voraussetzungen ein die Verjährung unterbrechendes Anerkenntnis vorliegt, widerspricht; die Revision ist auch teilweise berechtigt.

Die Klägerin rügt das Fehlen von Feststellungen. Es hätte festgestellt werden müssen, daß Banken als Zessionare die Betreibung der Forderung üblicherweise dem Zedenten überlassen. Die Ratenzahlungen und auch das Anerkenntnis hätten die Verjährung unterbrochen. Die Verjährung habe erst mit der letzten fälligen Teilzahlung begonnen. Mit dem Anerkenntnis eines Betrages von S 2.625,-- habe die Beklagte auch den Restbetrag anerkannt. Sie habe damit auf die Verjährungseinrede verzichtet.

Gemäß § 1486 Z 1 ABGB verjähren die Forderungen für Lieferung von Sachen oder Ausführung von Arbeiten oder sonstige Leistungen in einem gewerblichen, kaufmännischen oder sonstigen geschäftlichen Betriebe in drei Jahren. Die Verjährung wird unterbrochen, wenn der Schuldner die Forderung ausdrücklich oder schlüssig anerkannt hat (§ 1497 ABGB). Dazu bedarf es keines konstitutiven Anerkenntnisses, auch das deklarative Anerkenntnis, eine bloße Wissenserklärung, unterbricht die Verjährung. Es genügt auch ein Anerkenntnis dem Grunde nach, es sei denn, daß der Schuldner ausdrücklich nur einen Teil der Forderung anerkennt und den darüber hinausgehenden Teil bestreitet (Schubert in Rummel, ABGB**2 § 1497 Rz 2 mwN; 2 Ob 26/94 = ZfRV 1995/40 = ZVR 1996, 86).

Das Anerkenntnis muß nicht ausdrücklich erklärt werden; Anerkenntnis ist jede Rechtshandlung des Schuldners, die die Anerkennung des Gläubigerrechts denknotwendig voraussetzt oder seine Absicht, die Schuld anzuerkennen, deutlich erschließen läßt (stRsp ua SZ 43/98 = EvBl 1970/360; SZ 48/44; ecolex 1992, 231). Es genügt ein Verhalten, aus dem sich entnehmen läßt, daß der Schuldner das Bewußtsein hat, verpflichtet zu sein, das aber die Erklärung des Verpflichtungswillens nicht zum Ausdruck bringen muß (RIS-Justiz RS0034477; Schwimann/Mader, ABGB**2 VII § 1497 Rz 2 mwN).

Das Anerkenntnis ist dem Berechtigten oder seinem Vertreter gegenüber zu erklären (ecolex 1992, 231 mwN); aus dem Verhalten gegenüber Dritten kann kein Anerkenntnis erschlossen werden (RIS-Justiz RS0034494). Kein Dritter in diesem Sinn ist aber derjenige, von dem der Berechtigte sein Recht ableitet (Schwimann/Mader aaO § 1497 Rz 2 mwN). Auf ein gegenüber dem Zedenten abgegebenes Anerkenntnis kann sich demnach auch der Zessionar berufen.

Die Klägerin hat vorgebracht, daß ihre Rechnung Nr. 547 vom 20.11.1992 am 20.12.1992 fällig gewesen sei. Die Beklagte habe "Teilraten" gezahlt: S 25.645,-- am 20.1.1993, S 61.154,-- am 3.2.1993. Dies sei als eindeutige Anerkennung der Forderung zu werten.

Die Klägerin hat nicht behauptet, daß die Beklagte mit den Zahlungen am 20.1.1993 und am 3.2.1993 zu vorher vereinbarten Terminen geleistet hätte; ebensowenig hat sie vorgebracht, daß für den Restbetrag ein - vom 20.12.1992 verschiedener - Fälligkeitstermin vereinbart gewesen wäre. Auch dem festgestellten Sachverhalt ist nicht zu entnehmen, daß derartige Vereinbarungen getroffen worden wären.

Nach dem Vorbringen der Klägerin hat die Verjährungsfrist demnach am 20.12.1992 zu laufen begonnen; der von ihr behauptete Zahlungsverzug der Beklagten konnte den Beginn der Verjährung nicht hinausschieben.

Davon zu trennen ist die Frage, ob die Beklagte durch ihre Teilzahlungen oder durch sonstige Handlungen die Forderung der Klägerin anerkannt hat, wodurch die Verjährung unterbrochen worden wäre. Ob die Teilzahlungen vom 20.1.1993 und vom 3.2.1993 als Anerkenntnis der Restforderung zu werten sind, kann offen bleiben, weil zwischen diesen beiden Terminen und dem Tag der Klageeinbringung (7.5.1996) mehr als drei Jahre verstrichen sind.

Ein weiteres Anerkenntnis erblickt die Klägerin im Schreiben der Beklagten vom 14.2.1994 und im Schreiben des Beklagtenvertreters vom 6.9.1995. Das - im wesentlichen Punkt ohnehin mit dem Schreiben der Beklagten vom 14.2.1994 inhaltsgleiche - Schreiben des Beklagtenvertreters vom 6.9.1995 hat die Klägerin erst mit der Revision vorgelegt; es ist daher unbeachtlich.

In ihrem Schreiben vom 14.2.1994 hat die Beklagte ausgeführt:

"Laut unserer Abrechnung haben wir bei Ihrem Unternehmen einen offenen Saldo per öS 17.000,-- und werden wir Ihnen den Betrag überweisen, sobald wir von Ihnen eine Saldobestätigung über diesen Betrag erhalten."

Denknotwendige Voraussetzung dieser Ausführungen ist die Überzeugung der Beklagten, daß noch S 17.000,-- offen sind. Die Zahlung dieses Betrages macht die Beklagte davon abhängig, daß sie die Saldenbestätigung der Klägerin erhält, aus der hervorgehen soll, daß die Klägerin die Zahlung von S 56.000,-- an Liliana S***** gegen sich gelten läßt.

Bedingt ist demnach nur die Zusage der Beklagten, der Klägerin S 17.000,-- überweisen zu wollen; ihre (Wissens-)Erklärung, der Klägerin S 17.000,-- zu schulden, steht unter keinem Vorbehalt. Mit ihrer - insoweit vorbehaltlosen - Erklärung hat die Beklagte die Forderung der Klägerin in einem Teilbetrag von S 17.000,-- anerkannt.

Das Anerkenntnis ist wirksam, obwohl die Forderung in jenem Zeitpunkt noch der Z***** AG offen zediert war. Dem Anerkenntnis gegenüber dem Berechtigten oder seinem Vertreter steht, wie oben ausgeführt, das Anerkenntnis dem gegenüber gleich, von dem der Berechtigte sein Recht ableitet.

Das Anerkenntnis der Beklagten hat die Verjährung eines Teilbetrages von S 17.000,-- unterbrochen; insoweit war die Forderung der Klägerin bei Klageeinbringung demnach noch nicht verjährt. Im Verfahren hat die Beklagte S 2.625,-- anerkannt. Sie hat diesen Betrag dadurch errechnet, daß sie von der Klageforderung S 70.375,-- als den Betrag abgezogen hat, den sie Liliana S***** gezahlt habe. Nach dem festgestellten Sachverhalt hat die Beklagte nicht S 70.375,--, sondern S 56.000,-- gezahlt. Da sich ihr Anerkenntnis offenkundig auf jenen Betrag bezogen hat, der nach der Zahlung an Liliana S***** noch offen ist, können der Klägerin die durch das Schreiben vom 14.2.1994 anerkannten S 17.000,-- nicht zusätzlich zum anerkannten Betrag von S 2.625,-- zugesprochen werden. Das (prozessuale) Anerkenntnis der Beklagten hat sich vielmehr auf einen Teil jenes Betrages bezogen, dessen Verjährung schon durch das Schreiben vom 14.2.1994 unterbrochen worden war.

Damit ist den Ausführungen der Klägerin der Boden entzogen, mit denen sie aus dem Anerkenntnis eines Teilbetrages von S 2.625,-- auf einen Verzicht auf die Verjährungseinrede schließen will. Die Beklagte hat im übrigen im Verfahren nur diesen Betrag anerkannt; aus ihrem Anerkenntnis geht nicht hervor, daß sie damit auch irgendeine Erklärung in bezug auf die Restforderung abgeben hätte wollen. Die Klägerin hat im Verfahren erster Instanz auch nichts derartiges behauptet.

Der geltend gemachte Verfahrensmangel liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

Der Revision war teilweise Folge zu geben. Der Klägerin waren S 17.000,-- samt 5 % Zinsen zuzusprechen; das Zinsenmehrbegehren war abzuweisen, weil die Klägerin die behauptete Zinsenvereinbarung nicht bewiesen hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 43 Abs 1, § 50 ZPO. Die Klägerin ist mit rund einem Viertel ihrer Forderung durchgedrungen; sie hat der Beklagten daher die halben Kosten zu ersetzen. Die Klägerin hat Anspruch auf Ersatz von einem Viertel ihrer Barauslagen.

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