OGH 9Ob380/97s

OGH9Ob380/97s26.11.1997

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Bauer, Dr.Steinbauer, Dr.Spenling und Dr.Hradil als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Anna M*****, Hausfrau, ***** vertreten durch Dr.Dieter Poßnig, Rechtsanwalt in Villach, wider die beklagtePartei K***** reg.Gen.mbH, ***** vertreten durch Dr.Johann Quendler und Dr.Alexander Klaus, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wegen S 149.800 sA und Feststellung (S 5.000,-), infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgericht vom 7.Oktober 1997, GZ 4 R 194/97z-18, womit infolge Rekurses der klagenden Partei der Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt vom 6.Juli 1997, GZ 29 Cg 101/96b-15, abgeändert wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem außerordentlichen Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 8.370,- bestimmten Kosten des Revisionsrekurses (darin S 1.395 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Am 2.10.1993 zog sich die Klägerin bei einem Sturz in einer Passage des C***** - Marktes in V*****, eine Verletzung im Bereich des linken Ellenbogens zu.

Die Klägerin begehrte mit ihrer Klage die Verpflichtung der mit "K***** registrierte Genossenschaft mit beschränkter Haftung" (in der Folge: K*****) bezeichneten Beklagten zur Zahlung von S 149.800,-

sowie die Feststellung der Haftung der Beklagten für sämtliche künftig aus dem Unfall resultierenden Schäden. Zum Sturz sei es gekommen, weil der Boden der Passage verschmutzt und rutschig gewesen sei. Dies sei der Beklagten, die Betreiberin des C*****-Marktes sei, als Verschulden zuzurechnen.

Die Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen und brachte ua vor, daß zum Unfallszeitpunkt nicht sie, sondern die K***** GmbH (in der Folge: GesmbH) Betreiberin des Marktes gewesen sei, sodaß Schadenersatzansprüche nur gegen diese geltend gemacht werden könnten.

In den Tagsatzungen vom 5.12.1996 und vom 24.3.1997 beharrte die Klägerin weiter auf ihrem Standpunkt, daß zum Unfallszeitpunkt die Beklagte Betreiberin des Marktes gewesen sei, und stellte zum Beweis für ihre Behauptungen Beweisanträge. Erst mit Schriftsatz vom 18.6.1997, vorgetragen in der Tagsatzung vom 19.6.1997, brachte auch die Klägerin unter Hinweis auf die Aussage eines in der vorangegangen Tagsatzung einvernommenen Zeugen vor, daß zum Unfallszeitpunkt die GesmbH - eine 100%ige Tochter der Beklagten - Betreiberin des Marktes gewesen sei. Dies sei für sie aufgrund der vorprozessualen Korrespondenz und der eingeholten Auskünfte jedoch nicht erkennbar gewesen. Da sie schon mit der Klage den tatsächlichen Betreiber des Marktes in Anspruch habe nehmen wollen, werde nunmehr die Richtigstellung der Parteibezeichnung auf "K***** GesmbH" beantragt.

Die Beklagte sprach sich gegen diesen Antrag aus, weil damit in Wahrheit ein Parteiwechsel angestrebt werde.

Das Erstgericht wies den Antrag ab. Unabdingbare Voraussetzung für die Zulässigkeit der Richtigstellung der Parteibezeichnung sei, daß aus der Klage jene Person, die beklagt sei, in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise erkennbar sei, weil eine solche Berichtigung nur dann vorliege, wenn lediglich die Bezeichnung des in der Klage genannten Rechtssubjektes geändert werde, nicht aber an die Stelle des bisher als Partei auftretenden ein anderes Rechtssubjekt trete. Hier strebe die Klägerin den Austausch eines existierenden Rechtssubjektes gegen ein anderes, also einen Parteiwechsel, an, weshalb ihr Antrag abzuweisen sei.

Das Rekursgericht änderte diesen Beschluß über Rekurs der Klägerin im Sinne der begehrten Richtigstellung der Parteibezeichnung ab und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Es vertrat ebenfalls die Rechtsauffassung, daß die Richtigstellung der Parteibezeichnung voraussetze, daß aus der Klage diejenige Person, die geklagt werde, in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise erkennbar sei. Als Beispiel dafür, wann sich aus dem gesamten Inhalt der Klage eindeutig die richtige Partei ergebe, nenne § 235 Abs 5 ZPO die Anführung der "Bezeichnung ihres Unternehmens". Dies komme auch hier zum Tragen: Die Klägerin habe in der Klage zwar den K***** als Beklagten bezeichnet, habe jedoch in der Klageerzählung mehrfach darauf hingewiesen, den Betreiber des C*****-Marktes in Anspruch nehmen zu wollen. Daß dies im Unfallszeitpunkt die GesmbH gewesen sei, sei für sie zunächst nicht erkennbar gewesen. Die GesmbH sei zunächst ein 100%iges Tochterunternehmen des K***** gewesen, der auch jetzt an ihr zu 75% beteiligt sei. Beide Gesellschaften hätten ihren Sitz an der nämlichen Geschäftsadresse. Da die Klägerin in der Klage erklärt habe, den Betreiber des Marktes klagen zu wollen, und da nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Streitteile im Unfallszeitpunkt die GesmbH Betreiberin des Marktes gewesen sei, sei die beantragte Richtigstellung der Parteibezeichnung daher zulässig. Der ordentliche Revisionsrekurs sei nicht zulässig, weil eine gesicherte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vorliege.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der beklagten Partei (K*****) mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung iS der Wiederherstellung des erstinstanzlichen Beschlusses abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil die angefochtene Entscheidung nicht der ständigen Rechtsprechung des OGH entspricht. Er ist auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Nach § 235 Abs 5 ZPO idF des Art IV Z 39 der ZVN 1983 ist es "weder eine Änderung der Klage noch eine Änderung der Partei", wenn die Parteibezeichnung "auf diejenige Person richtiggestellt wird, von der oder gegen die nach dem Inhalt der Klage in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise, etwa durch Anführung der Bezeichnung ihres Unternehmens, das Klagebegehren erhoben worden ist". Der Gesetzgeber wollte mit dieser Bestimmung jene Fälle erfassen, in denen Fehler bei der Bezeichnung der Partei vom Prozeßgegner zur Bestreitung der (Aktiv- oder Passiv-)Legitimation ausgenützt werden (EB zur RV der ZVN 1983, 669 BlgNR 15.GP 52 f zu Z 31 [§ 235 ZPO]; RIS-Justiz RS0039411).

Die Richtigstellung der Parteibezeichnung ist in jeder Lage des Verfahrens auf Antrag oder von Amts wegen vorzunehmen, darf aber keinesfalls dazu führen, daß anstelle der bisherigen Partei ein anderes Rechtssubjekt in das Verfahren eintritt (Fasching, LB2 Rz 323 mwN) und somit die fehlende Sachlegitimation des als Kläger oder Beklagter bezeichneten Rechtssubjektes saniert würde (Rechberger in Rechberger, ZPO Rz 11 zu § 235; RIS-Justiz RS0035266). Voraussetzung einer Berichtigung ist, daß nach dem Inhalt der Klage die Prozeßpartei in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise erkennbar ist (ecolex 1992, 243; EvBl 1996/129 uva).

Existiert das Rechtssubjekt mit der vom Kläger in der Klage gewählten (unrichtigen) Bezeichnung, ist bei der Prüfung der Frage, ob eine zulässige Berichtigung der Parteibezeichnung oder eine unzulässige Parteiänderung vorliegt, ein strenger Maßstab anzulegen (ecolex 1992, 243; RIS-Justiz RS0039731).

Im vorliegenden Fall ist der Klageerzählung zwar zu entnehmen, daß die Klägerin die Beklagte als die im Unfallszeitpunkt den C*****-Markt betreibende Rechtsperson in Anspruch nehmen wollte. Sie hat diesen Standpunkt allerdings trotz des Einwandes der Beklagten, zum Unfallszeitpunkt sei die GesmbH Betreiber des Marktes gewesen, in zwei Tagsatzungen aufrecht erhalten und zum Beweis ihrer Behauptungen Beweisanträge gestellt. Damit kann an ihrer Absicht, nicht die GesmbH, sondern die Beklagte zu klagen, kein Zweifel bestehen. Von einer irrtümlichen Fehlbezeichnung im oben dargestellten Sinn kann daher nicht die Rede sein (so schon - wenn auch zur Rechtslage vor der ZVN 1983 - 4 Ob 112/82; zuletzt 9 ObA 2218/96h). Vielmehr stellt sich der Antrag der Klägerin auf Richtigstellung der Parteibezeichnung als Versuch dar, aufgrund der Ergebnisse des dazu abgeführten Beweisverfahrens das Fehlen der Sachlegitimation der von ihr bis dahin unzweifelhaft in Anspruch genommenen Rechtsperson durch den Eintritt einer anderen Rechtsperson in den Prozeß zu sanieren. Damit strebt sie aber in Wahrheit eine Parteiänderung an, sodaß ihrem Antrag ein Erfolg versagt bleiben muß.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens gründet sich - die Beklagte ist in einem Zwischenstreit siegreich geblieben - auf die §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

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