OGH 11Os109/97

OGH11Os109/9711.11.1997

Der Oberste Gerichtshof hat am 11.November 1997 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kuch als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Ebner, Dr.Schmucker, Dr.Habl und Dr.Zehetner als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Grems als Schriftführer, in der Strafsache gegen Alexander Z***** wegen des Verbrechens nach § 12 Abs 1 SGG und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Schöffengericht vom 22.April 1997, GZ 18 Vr 1457/96-15, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Tiegs, und des Verteidigers Dr.Vana, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Alexander Z***** außer wegen des zum Teil in der Entwicklungsstufe des Versuchs gebliebenen Vergehens nach § 16 Abs 1 SGG auch des Verbrechens nach § 12 Abs 1 SGG deshalb schuldig erkannt, weil er im Mai 1996 im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit Christian F***** als Mittäter den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer großen Menge, nämlich 25 Gramm Kokain und ca 5 Gramm Heroin durch Schmuggel über Deutschland nach Österreich aus- und eingeführt hat.

Nur diesen Punkt des Schuldspruches bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z 5, 5 a und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde, der jedoch keine Berechtigung zukommt.

Dem Beschwerdeführer, dessen Einwendungen die Ansicht zugrundeliegt, die tatgegenständlichen Suchtgiftmengen - 25 Gramm Kokain und "ca 5 Gramm Heroin" - würden bei gesonderter Betrachtung keine große Menge im Sinn des § 12 Abs 1 SGG ergeben, ist vorweg folgendes zu erwidern:

Rechtliche Beurteilung

Für die Beurteilung einer Suchtgiftmenge als groß kommt es nur auf die Eignung an, bei Weitergabe eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit einer großen Zahl von Menschen entstehen zu lassen. Nicht entscheidend ist es, ob diese Menge, auf die sich ein einheitliches Tatgeschehen bezieht, aus einem oder verschiedenen Suchtgiften besteht, weil auch die Weitergabe mehrerer Suchtgifte in ihrer Gesamtauswirkung die bezeichnete Gefahr begründen kann (EvBl 1988/127; 13 Os 59/97).

Die tatverfangene Kokainmenge von 25 Gramm hatte auf Grund der Konzentration von zumindest 45 % einen Reinsubstanzgehalt von wenigstens 11,25 Gramm, das sind drei Viertel der Grenzmenge von 15 Gramm. In den "ca 5 Gramm" Heroin mit einer Konzentration von zumindest 20 % (US 5) war etwa 1 Gramm reine Heroinbase enthalten, somit rund zwei Drittel der für Heroin maßgebenden Grenzmenge von 1,5 Gramm.

Die gesamte Wirkstoffmenge der gleichzeitig geschmuggelten Suchtgifte lag demnach deutlich (etwa um die Hälfte) über der vom Tatbestand des § 12 Abs 1 SGG geforderten Grenzmenge.

Ausgehend davon versagt der gegen die Feststellung einer Heroinmenge von "ca 5 Gramm" gerichtete Einwand der Undeutlichkeit (Z 5). Zur Erreichung einer insgesamt großen Suchtgiftmenge, von der das geschmuggelte Kokain bereits drei Viertel ausmachte, hätte weit weniger Heroin der genannten Qualität (nämlich eine Menge von rund 2 Gramm) genügt. Die Unschärfe der bekämpften Konstatierung liegt daher in einem Bereich, auf den es für die rechtliche Beurteilung nicht ankommt, weil die Grenzmenge jedenfalls überschritten ist.

Als unzureichend begründet (Z 5) rügt der Angeklagte die Feststellung, daß er die Schmuggelfahrt im Wissen unternahm, Suchtgift in einer Menge aus- und einzuführen, deren Weitergabe die schon bezeichnete Gefahreneignung aufwies. Der behauptete Begründungsmangel läge jedoch nur dann vor, wenn für den Ausspruch über eine entscheidende Tatsache entweder überhaupt keine oder nur solche Gründe angegeben wären, aus denen sich nach den Denkgesetzen und der allgemeinen Lebenserfahrung ein Schluß auf die zu begründende Tatsache nicht ziehen ließe (Mayerhofer, StPO4 § 281 Z 5 E 114). Der Schöffensenat hat aber die bemängelte Urteilsannahme nach Lage des Falles - der heroinerfahrene (II 2 des Schuldspruches) Angeklagte kannte Christian F***** als Konsument und Händler von Suchtgift und war sich über den Zweck der Fahrt nach Amsterdam ebenso im klaren wie über Art und Menge der Schmuggelware (US 4 f) - unter Hervorhebung der schon genannten Suchtgiftmengen logisch und empirisch einwandfrei begründet (US 10).

Mit dem aktenkonformen Hinweis auf die von Christian F***** "zum Nachdenken" genützte Zeitspanne zwischen den Vernehmungen und die differenzierte Abänderung der ursprünglichen Angaben hat der Schöffensenat in den Entscheidungsgründen nachvollziehbar dargelegt, aus welchen Erwägungen er der zweiten Aussage des Genannten vor dem Untersuchungsrichter folgte und die frühere, den Angeklagten hinsichtlich der Suchtgiftmengen weniger belastende Darstellung verwarf (US 7; S 113). Von der behaupteten Unvollständigkeit der Urteilsbegründung kann demnach keine Rede sein.

In der Tatsachenrüge (Z 5 a) bekämpft der Beschwerdeführer auf der Grundlage seiner unzutreffenden Einstufung der Suchtgiftmengen "im Grenzbereich" einer großen Menge die erstrichterliche Beweiswürdigung unzulässigerweise nach Art einer Schuldberufung, indem er gegenüber den verschiedenen, vom Erstgericht ohnedies erörterten Angaben des Christian F***** seine eigene, im Urteil aus einsichtigen Gründen abgelehnte Verantwortung den Vorzug einräumt. Solcherart zeigt er jedoch keine Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen aus den Akten auf.

Die in der Subsumtionsrüge (Z 10) vertretene Auffassung, daß die festgestellten Suchtgiftmengen gesondert zu betrachten und daher nicht als große Menge im Sinn des § 12 Abs 1 SGG zu beurteilen seien, ist aus den bereits dargelegten Erwägungen unzutreffend.

Mit dem übrigen Vorbringen verfehlt der Angeklagte eine prozeßordnungsgemäße Ausführung des materiellen Nichtigkeitsgrundes, weil er nicht an den Urteilsannahmen festhält:

Der Feststellung einer Heroinmenge von ca 5 Gramm mißt der Beschwerdeführer "im Zweifel zu seinen Gunsten" einen urteilsfremden Sinngehalt zu, nachdem auch bei Betrachtung beider Suchtgifte zusammen - mangels einer großen Menge - nur der Tatbestand nach § 16 Abs 1 SGG erfüllt wäre.

Welche Vorstellung der Angeklagte von der Qualität der geschmuggelten Suchtgifte hatte, kommt in der Konstatierung seines Wissens darüber zum Ausdruck, daß die Weitergabe der ihm bekannten Menge geeignet war, im großen Ausmaß eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen entstehen zu lassen (US 5). Ein (nominell auch unter der Z 5, der Sache nach nur unter der Z 10 geltend gemachter) Feststellungsmangel liegt insoweit nicht vor.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht, das über den Angeklagten nach § 28 StGB, § 12 Abs 1 SGG eine siebenmonatige Freiheitsstrafe verhängte, hatte neben einer verstärkten Tatbildmäßigkeit des Vergehens nach § 16 SGG die ungeachtet eines anhängigen Strafverfahrens unternommene Schmuggelfahrt als erschwerend und die teilweise geständige Verantwortung des Angeklagten, seine Unbescholtenheit, die Sicherstellung des Suchtgiftes sowie den Umstand, daß die Tat (§ 16 Abs 1 SGG) teilweise beim Versuch geblieben ist, als mildernd gewertet und die Gewährung bedingter Strafnachsicht aus generalpräventiven Überlegungen abgelehnt.

Zusätzliche Milderungsgründe vermochte der Angeklagte in seiner Berufung, mit der er eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe und deren bedingte Nachsicht anstrebt, nicht geltend zu machen. Der Strafausspruch des Schöffengerichtes entspricht auch nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes einem ausgewogenen Verhältnis der vollständig erfaßten Strafzumessungsgründe. Weil auch die Gewährung bedingter Stafnachsicht trotz der Unbescholtenheit des Berufungswerbers aus generalpräventiven Erwägungen zu Recht abgelehnt wurde, mußte die Berufung zur Gänze erfolglos bleiben.

Die Kostenentscheidung ist in § 390 a StPO begründet.

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